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9 Expositionsberechnung und Diskussion

10 Best Practice/Best Available Techniques

10.2 Umgang mit Konzentraten in flüssiger Form

10.2.1 Umgang mit geringen Mengen

Überall dort, wo Biozide immer an der selben Stelle verdünnt werden – in der Regel an zentralen Wasseranschlüssen von z. B. Krankenhäusern, Küchen, Schwimm-bädern etc. – kann die Exposition durch die Einrichtung einer automatischen Dosierstation verringert werden. Findet die Dosierung an einem Ort mit häufigem Publikumsverkehr statt, so könnte eine solche Anlage durch eine abschließbare Einhausung vor Missbrauch geschützt werden.

Eine weitere Optimierung kann dadurch erfolgen, dass der Verwender des Biozids überhaupt keinen Umgang mit den Konzentraten hat. Dies ist der Fall, wenn Konzentrat nicht nach der Abgabe über die automatischen Dosieranlagen noch manuell verdünnt werden muss, sondern es über eine technische Dosiervorrichtung automatisch bereits einem Wasserstrahl zudosiert wird, sodass der Verwender dem System direkt die Gebrauchsverdünnung entnimmt. Diese Technik ist bereits weit verbreitet.

Abb. 10.3 Automatische Zudosierung zum Wasserstrahl

Bei wechselnden Einsatzorten in Verbindung mit geringen Verbrauchsmengen kann es günstiger sein, eine Konzentratflasche mit Dosieraufsatz zu verwenden als ein schwereres, mit Gebrauchslösung gefülltes Gefäß (z. B. Eimer) von der auto-matischen Dosierstation zum Anwendungsort zu tragen. Fest auf Flaschen aufschraubbare Dosierhilfen stellen bislang die beste Lösung für diesen Fall dar.

Dies setzt jedoch das Vorhandensein „dezentraler“ Wasseranschlüsse voraus.

Für die Flächendesinfektion im Krankenhaus ist die zentrale Aufbereitung der Wischtücher und -mops in einer Waschmaschine (inklusive Applikation des Desinfektionsmittels nach dem letzten Waschgang) sowohl aus hygienischen und wirtschaftlichen Gründen wie auch aus Sicht des Arbeitsschutzes die bislang optimale Variante. Für die Beschickung von Spülmaschinen und Waschmaschinen bietet das von der Firma JohnsonDiversey entwickelte System „Safe-Pack“ die sicherste Lösung. Das System wurde in einem Gastronomiebetrieb und in einem Krankenhaus beobachtet und funktioniert nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip:

Abb. 10.4 Steckvorrichtung an automatischen Dosierstationen

Biozide und/oder andere Reinigungsmittel werden in Plastikbeuteln geliefert, an die ein Auslassstutzen mit produktspezifischem Gewinde angebracht ist. Das am Entnahmeschlauch an der Spülmaschine angebrachte Gegengewinde passt nur auf das zugehörige Liefergebinde. Zum Anschluss werden die Gewinde zusammen-gedreht, wodurch ein Kugelventil am Gewinde des Plastikbeutels geöffnet wird und das Produkt entnommen werden kann. Beim Auseinanderschrauben der Gewinde fällt der Kugelverschluss wieder in seine ursprüngliche Position zurück und der restentleerte Beutel wird verschlossen. Auf diese Weise ist Kontakt mit dem Konzentrat praktisch nicht mehr möglich. Für den sicheren Transport und eine gute Stapelbarkeit sind die Plastikbeutel in Pappkartons verpackt.

Dieses System würde sich ebenfalls für die Anbindung von Konzentratbehältern an automatische Dosierstationen zur Entnahme von Konzentrat oder auch zur automatischen Zudosierung in den Wasserstrahl eignen.

Das best-practice-Modell des Schlüssel-Schloss-Prinzips wurde in den Schutz-leitfaden “Kanisterwechsel an Dosierstationen“ in der Anlage aufgenommen. In den Leitfaden eingeflossene Erkenntnisse aus den Begehungen und weitergehende Überlegungen werden an dieser Stelle noch einmal kurz zusammengefasst:

- Die Nutzung von Dosierstationen ist bereits mit einer sehr geringen Exposition verbunden, die mit dem Wechsel von Entnahmelanzen aus Konzentratkanistern einher geht. Mit der Vermeidung von Entnahmelanzen kann daher die Exposition weiter verringert werden.

- Beim Umstrecken offener Schläuche kann ebenfalls Restkonzentrat aus den Schlauchenden verspritzen. Mit der Installation von Rückschlagventilen kann dies nahezu ausgeschlossen werden.

- Leckagen, im schlimmsten Fall Unfallsituationen, die durch den Anschluss des Gebindes an das falsche Zielsystem hervorgerufen werden, können mit Hilfe

eines integrierten Schlüssel-Schloss-Systems verhindert werden, da auf diese Weise ein falscher Anschluss technisch nicht möglich ist.

- Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen ist eine Exposition im regulären Anwendungsfall ausgeschlossen.

- Bei einer korrekten Konstruktion eines solchen Schlüssel-Schloss-Systems ist Schutzkleidung i.d.R. nicht zwingend erforderlich.

10.2.2 Umgang mit großen Mengen

Wo flüssiges Konzentrat in größeren Mengen eingesetzt wird, bietet es sich aus Sicht des Arbeitsschutzes an, das Konzentrat über Schläuche am bodennahen Auslass des Gebindes zu entnehmen und es entweder im freien Fall oder mittels einer Pumpe in den Ansatzbehälter oder das Prozesssystem einzuspeisen. Beim Wechsel des Kanisters wird der Biozidfluss mit Hilfe eines Hahns am Gebindeauslass gesteuert. Somit entfällt die Gefahr des Verspritzens von Konzentrat bei der Entnahme einer Lanze. Ein solches System (siehe Datenbögen Szenarienkategorie 3c, Nr. 10 und 14) wurde in beiden besichtigten Unternehmen der Papierindustrie eingesetzt.

Es sollte jedoch sichergestellt werden, dass Konzentratreste aus den Entnahme-schläuchen nicht auslaufen oder verspritzen können.

Die Begehungen haben gezeigt, dass die Verwendung geeigneter Trittleitern oder mobiler Podeste in der Regel nur dann erfolgt, wenn die Arbeit anderweitig nicht ausführbar ist. Das heißt, dass aus Zeitgründen eher über Kopf bzw. mit nach oben gerichteten Armen gearbeitet wird, als dass die bereitgestellten Leitern oder Podeste geholt, aufgebaut und wieder weggeräumt werden.

Eine Positionierung des Gebindes in Bodennähe wäre daher von Vorteil. Sollte dies nicht möglich sein, so ist die Einrichtung einer fest installierten Arbeitsbühne empfehlenswert

Die beschriebene Konstruktion könnte daher wie folgt aufgebaut sein.

Abb. 10.5 Konstruktionsvorschlag für eine Entnahmevorrichtung flüssiger Biozid-Konzentrate aus Großgebinden (Konzentrat wird aus dem Gebinde gepumpt, Pumpe nicht dargestellt; (schematisch))

Wird das Biozid an Ort und Stelle in das System eingespeist, sind längere Leitungen nicht erforderlich. Ansonsten sollte der Schlauch durch ein dichtes Hüllrohr verlaufen, das ggf. auftretende Leckagen auffängt.

Der Auslass am Gebinde und der anzukoppelnde Schlauch kann – wie für kleinere Verpackungsgrößen dargestellt – auch nach einem Schlüssel-Schloss-Prinzip mit Rückschlagventil ausgestaltet werden, sodass ein Verspritzen von Konzentrat aus den Schlauchenden beim Umstecken vollständig vermieden werden kann.

Da diese Steckvorrichtung für jedes Produkt unterschiedlich ausgeführt werden kann, entfällt die Gefahr des Umfüllens/Anschließens eines falschen Produktes an Stationen, an denen mehrere Produkte eingespeist werden so wie z. B. im Falle des Papierherstellers 2.

Daher gilt der in Kap. 10.2.1 entwickelte Schutzleitfaden sinngemäß.