6. S YNTHETISCHE A RBEITEN UND R ESULTATE
6.1 Synthese des DNA‐Spalters
6.1.1 Synthesestrategie 1
Die Iodierung von 49 erwies sich während dieser Arbeit aber in allen Versuchen als unre‐
produzierbar. Mehrere Versuche brachten keinerlei Ausbeute, wobei auch das Edukt nicht reisoliert werden konnte. Da die bekannte Synthese nicht zuverlässig dieses wichtige Molekül liefern konnte, musste eine reproduzierbare Alternative entwickelt werden.
Die Moleküle 47 und 49 unterscheiden sich in der An‐ bzw. Abwesenheit der elektronen‐
ziehenden Carbonsäureester‐Funktion. Somit musste diese funktionelle Gruppe für die starke Desaktivierung verantwortlich sein. Ein Vergleich der NMR‐Spektren von 47 und 49 zeigte sehr deutlich, dass sich die aromatischen Protonen im Molekül 49 weniger unter‐
scheiden als im Isophthalonitril 47.
Als Ausweg erschien die Umwandlung der elektronenziehenden in eine elektronen‐
schiebende Gruppe via LiAlH4‐Reduktion auf der Stufe des 1,3,5‐Benzoltricarbonsäure‐
trimethylesters 52. Dieser Weg ist in Synthese‐Schema 1 beschrieben (siehe hierzu Abbildung 6‐3).
6.1.1 Synthesestrategie 1
6.1.1.1 Planung
Das Ausgangsmolekül 1,3,5‐Benzoltricarbonsäure 51 wird zunächst unter Schwefelsäure‐
katalyse in den Trimethylester 52 überführt und dann unter Verwendung von LiAlH4 zum Monoalkohol 53 reduziert. Nach Schützung der Alkohol‐Funktion als Methylether 54 werden dessen Ester‐Gruppen in flüssigem NH3 unter Druck in das Bisamid 55 überführt, welches dann mit POCl3 zum Bisnitril 56 dehydratisiert wird. Nach Deprotonierung mit LDA zwischen den beiden Nitrilen erfolgt eine Iodierung zu 57, um später an dieser Stelle das Naphtho‐1,8‐
diol einführen zu können. Zuvor wird aber noch der Methylether mit BBr3 gespalten, und der Alkohol 58 mit einem geeigneten Oxidationsmittel zur Carbonsäure 59 oxidiert.
51 52 53
54 55 56
57 58 59 60
NC CN
O
O N
H COOCH3
OH
O
O N
H COOCH3 OH
BocHN NHBoc
O
O N
H COOH OH
BocHN NHBoc
61 62 63
64 65
Abbildung 6‐3: Synthesestrategie 1 ausgehend von 1,3,5‐Benzoltricarbonsäure und Methoxyether‐Verwendung als Schutzgruppe (14 Stufen ohne Polyamid‐Synthese).
Über eine Amidkupplung mit Glycinmethylester wird die Carbonsäurefunktion geschützt und das Molekül 60 gleichzeitig für die Kupplung mit dem Polyamid vorbereitet.
In einer SNAr‐Reaktion wird nun das Iod gegen Naphtho‐1,8‐diol ersetzt, die beiden Nitrile von 61 unter H2‐Druck in das Amin umgewandelt und sogleich mit Boc2O geschützt. Nach der
42 6. SYNTHETISCHE ARBEITEN UND RESULTATE
Verseifung der Ester‐Funktion von 62 wird dann mit klassischen Reagenzien wie HBTU das Hairpin‐Polyamid (zur Synthese des Hairpin‐Polyamids siehe Kapitel 6.2) gekuppelt. Zuletzt folgt die Entfernung der Boc‐Schutzgruppen mit TFA und der Aufbau der Guanidine mit Dihydroimidazoliumsulfonsäure zum Zielmolekül 65.
6.1.1.2 Durchführung
Die Darstellung des Trimethylesters 52 gelang ohne Probleme nahezu quantitativ. Sowohl durch Schwefelsäurekatalyse in siedendem Methanol (Abbildung 6‐4) als auch durch Aktivierung mit Thionylchlorid als Säurechlorid (Abbildung 6‐5) ließen sich exzellente Ausbeuten erzielen.
Für die Ester‐Synthese unter Schwefelsäure‐Katalyse löst man das Edukt in Methanol, fügt dann die Säure hinzu und refluxiert für 12 h.
Zur Aktivierung der Tricarbonsäure als Säurechlorid wird der Feststoff in Thionylchlorid suspendiert, etwas abs. DMF hinzugegeben (ohne DMF läuft keine Reaktion ab) und dann zwei Stunden zum Sieden erhitzt. Die heiße, gelbe Lösung wird dann in gekühltes Methanol getropft.
51 52
Abbildung 6‐5: Tricarbonsäureester‐Darstellung durch SOCl2‐Aktivierung.
Die Reduktion zu 53 konnte mit einer Ausbeute von ~65 % durchgeführt werden. Hierzu wird das Edukt in abs. THF gelöst und in der Kälte portionsweise mit LiAlH4‐Pulver versetzt. Man muss hierbei den Reaktionsfortschritt jedoch in Intervallen via DC überprüfen, um nicht das zweifach‐reduzierte Nebenprodukt zu erhalten.
Ein Gemisch aus Produkt und Nebenprodukt ist (außer durch HPLC) säulenchroma‐
tographisch kaum aufzureinigen, da beide Moleküle einen sehr ähnlichen Rf‐Wert besitzen.
Daher wird über die DC‐Kontrolle der Zeitpunkt bestimmt, wenn sich das Nebenprodukt zu bilden beginnt.
52 53
Abbildung 6‐6: Reduktion einer von drei Esterfunktionen mit LiAlH4.
Die bei der Aufarbeitung von LiAlH4‐Reduktionen üblicherweise anfallenden Feststoffe konnten durch die ausgearbeitete Prozedur komplett vermieden werden.
Die Einführung der Alkohol‐Schutzgruppe zu 54 gelang ohne Probleme und mit guten Ausbeuten über eine Williamson´sche Ethersynthese. Wieder wird das Edukt in abs. THF gelöst und mit Methyliodid versetzt. Danach wird einfach NaH als Base zugegeben und gerührt. Nach einem Zeitraum von 4 h kann die Reaktion auf Vollständigkeit kontrolliert und gegebenenfalls nochmals NaH zugegeben werden. Testreaktionen mit Methyliodid einerseits und Dimethylsulfat andererseits zeigten, dass sich Methyliodid für diese Reaktion besser eignet, da sich die spätere Aufarbeitung in der Praxis wesentlich einfacher gestaltet.
53 54
Abbildung 6‐7: Schützung der Alkohol‐Funktion von 53 durch eine Williamson´sche Ethersynthese.
Die Amid‐Synthese in flüssigem Ammoniak und die anschließende Dehydratisierung in siedendem Pyridin mit POCl3 zum Bisnitril 56 funktionierte analog zur beschriebenen Prozedur[47].
54 56
Abbildung 6‐8: Umwandlung der Ester‐Gruppen in Nitrile via Amid‐Synthese und anschließender Dehydratisierung mit Phosphoroxychlorid.
44 6. SYNTHETISCHE ARBEITEN UND RESULTATE
Die nun folgende Iodierung zu 57 gelang ‐ wie erwünscht ‐ mit besseren Ausbeuten als 5 %, erreichte jedoch bei weitem nicht die 80 % Ausbeute wie im Falle von Isophthalsäuredinitril, sondern war mit bestenfalls ~ 30 % immer noch nicht zufrieden stellend. Hinzu kam, dass die
Rf‐Werte von Edukt und Produkt wieder sehr ähnlich sind, und sich das Produkt nur durch
säulenchromatographische Aufreinigung und anschließendem mehrfachen Umkristallisieren elementaranalysenrein erhalten ließ.
56 57
Abbildung 6‐9: Iodierung mit LDA und I2 zu 57. Die Reaktion funktioniert besser als die analoge mit dem Ester als Substituent (para zu Iod).
Die Spaltung des Ethers zu 58 ließ sich mit BBr3 durchführen, wobei DC‐Analysen und NMR‐
Untersuchungen deutliche Mengen eines unpolaren Nebenproduktes zeigten, was natürlich die Gesamtausbeute weiter reduziert.
57 58
Abbildung 6‐10: Erfolgreiche Etherspaltung mit BBr3, jedoch mit einem großen Anteil Nebenprodukt.
Hinzu kam noch, dass bei den klassischen Bedingungen wie DCM als Lösungsmittel und ‐78
°C auch nach Stunden keinerlei Umsatz nachzuweisen war. Die Reaktion setzte erst bei ca. 0
°C ein.
Eine anschließende Oxidation mit PDC/H5IO6 zu 59 ließ sich ohne Probleme durchführen.
Da der gewonnene Ausbeutezuwachs der modifizierten Iodierung zu 57 durch die problematische Etherspaltung zu 58 wieder aufgehoben wurde (und die Synthese insgesamt 4 Stufen länger wurde (vgl. Z. Nazir[47]), sollte eine andere Schutzgruppe verwendet werden, die einfacher abzuspalten ist.
6.1.2 Synthesestrategie 2
6.1.2.1 Planung
Aus den oben genannten Gründen wurde versucht, eine Silylschutzgruppe (spg) einzuführen, welche unter deutlich milderen Bedingungen (TBAF oder HF/Pyridin) wieder zu Entfernen sein sollte (siehe hierzu Abbildung 6‐11).
Die Alkohol‐Gruppe des Moleküls 53 wird zunächst mit Imidazol als Base/Aktivator als TBDPS‐Ether 66 geschützt und dann wie in Strategie 1 mit flüssigem NH3 unter Druck in das Bisamid 67 überführt. Aus diesem Molekül soll dann analog mit POCl3 das Bisnitril 70 dehydratisiert werden.
53 66 spg = TBDPS 67 spg = TBDPS
68 spg = TBDMS 69 spg = TBDMS
70 spg = TBDPS 71 spg = TBDPS 58
72 spg = TBDMS 73 spg = TBDMS
Abbildung 6‐11: Synthesestrategie 2 mit Verwendung von Silylethern als Schutzgruppe (14 Stufen ohne Polyamid‐Synthese).
Bei der folgenden Deprotonierung mit LDA und Iodierung zu Verbindung 71 ist eine Schützung der Alkohol‐Funktion noch erforderlich, kann aber danach mit HF/Pyridin oder ähnlichen Reagenzien entfernt werden, um Molekül 58 zu erhalten. Ab hier sollte dann wieder Strategie 1 verfolgt werden, um Zielmolekül 65 darzustellen.
Auf dem selben Wege sollte als Alternative die TBDMS‐Schutzgruppe getestet werden (siehe hierzu ebenfalls Abbildung 6‐11).