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3.   P HOSPHORYLTRANSFER UND  E NZYMMIMETIKA

3.4  Künstliche Spalter von Phosphodiestern

3.4.1   Metallhaltige Modelle

 

Die  Darstellung  von  künstlichen  Phosphodiester‐Spaltern,  welche  strukturell  wesentlich  einfacher aufgebaut und dazu weniger anhängig vom Lösungsmittel Wasser sind als ihre  biologischen Vorbilder, ist seit geraumer Zeit ein aktiv bearbeitetes Forschungsfeld. 

Für diese Moleküle gäbe es sehr viele Einsatzgebiete: 

 

• als biomimetische Systeme, um den Mechanismus eines entsprechenden Restrik‐

tionsenzyms aufzuklären, 

• als maßgeschneiderte künstliche Restriktionsenzyme, 

• als Footprinting‐Reagenzien, 

• als  Entgiftungsmittel  für  Pestizide  bzw.  generell  Substanzen,  die  Phosphatester  enthalten und 

• als antibiotisches oder chemotherapeutisches Medikament. 

 

Die mögliche Verwendung von Metall‐Ionen für diese Verbindungen eröffnet dabei zwei  prinzipielle Wege, die entweder zu metallhaltigen oder zu metallfreien Modellen führt. Diese  beiden Ansätze sollen im Folgenden kurz an einigen Beispielen vorgestellt werden (eine  vollständigere Aufstellung ist in der Literatur verfügbar[18,19,20]). 

   

3.4.1 Metallhaltige Modelle   

Eingangs sei erwähnt, dass der Einsatz von Metallionen neben dem hydrolytischen Weg der  Spaltung potentiell auch noch einen oxidativen Weg eröffnet. Die oxidative Spaltung der DNA  führt durch Modifikationen am Zucker zu irreversiblen Schäden und Abbau der DNA[21,22]. Der  Mechanismus dieses Abbaus soll hier am Beispiel des Zytostatikums Fe(II)*Bleomycin kurz  dargestellt werden: 

Der Komplex aus Fe(II) und Bleomycin bindet an die minor groove der DNA und wird durch  molekularen Sauerstoff oder H2O2 aktiviert. Durch dieses Radikal wird zunächst am C von 1  ein H‐Atom abstrahiert, wodurch das Radikal 2 entsteht. Dieses reagiert weiter mit O2, einem  Elektron und einem Proton zum Intermediat 4, welches in zwei Schritten unter weiterer  Anlagerung eines Wasser‐Moleküls in 6, in das Nukleobasen‐Propenal und das Oligo‐

nukleotid‐5´‐phosphat 8 zerfällt.  

 

   

14 3. PHOSPHORYLTRANSFER UND ENZYMMIMETIKA

Abbildung 3‐4: Von Worth et al. und Hecht vorgeschlagener Reaktionsmechanismus des DNA‐Abbaus durch  Fe(II)*Bleomycin‐induzierte C‐H‐Abstraktion. (A) „aktiviertes Bleomycin“, (B) O2, (C) e, H+, (D) ‐OH, +H2O. 

 

Wie  man  Abbildung  3‐4  entnehmen  kann,  wird  bei  dieser  Reaktion  die  Desoxyribose  irreversibel unter Verlust einer Nukleobase zerstört. Eine Re‐Ligation ist daher nicht mehr  möglich.  

Dieser Effekt ist für ein reversibel hydrolytisches Mimetikum unerwünscht und zu vermeiden. 

Aus diesem Grund soll an dieser Stelle nur auf hydrolytisch wirkende Modelle bzw. Komplexe  eingegangen werden. 

 

Bei den Metalloenzym‐Mimetika sind ein‐ und zweikernige Komplexe bekannt[23], die über‐

wiegend Elemente des d‐ oder f‐Blocks (hier Lanthanide) enthalten. Dabei wurden vor allem  drei‐ und vierwertige Metalle wie Tm, Yb, Lu, Pr, Eu, Er und Ce eingesetzt, die –in geeignete  Liganden eingebettet‐ bemerkenswerte Hydrolyseaktivitäten gezeigt haben. Da Lanthanid‐

Komplexe aber schlecht löslich und toxisch sind, bei physiologischem pH Hydroxid‐Gele  formen und einem leichten Ligandenaustausch  unterliegen  was die Einsetzbarkeit stark  einschränkt[24], hat man auch Elemente wie Zn[25], Cu, Co und Fe untersucht. 

 

Mit Fe2(DTPB)(μ‐O)(μ‐Ac)Cl(BF4)2 hat man einen Komplex gefunden, der Plasmid‐DNA mit  einer  Halbwertszeit  (HWZ)  von  5  min  von  Form  I  in  Form  II  umwandeln  kann  (Geschwindigkeitskonstante: 2.1*10‐3 s‐1 bei 37 °C und pH 7)[26]

   

  10 

Abbildung 3‐5: Struktur des Benzimidazol‐haltigen Liganden DTPB 10 (1,1,4,7,7‐penta‐(2´‐benzimidazol‐2‐

ylmethyl)‐triazaheptane). 

 

Auf der Basis von Cu hat man einen Alkylamin‐Komplex mit Acridin (einem DNA‐Interkalator)  konjugiert, und konnte so die Affinität zur DNA weiter erhöhen. Dieser Komplex 11 ist reaktiv  genug, um Plasmid‐DNA bei pH 7 und 37 °C unter aeroben und anaeroben Bedingungen zu  hydrolysieren[27]

 

  11 

Abbildung 3‐6: Struktur des Cu‐Komplexes mit 1,4,7‐Triazacyclononan als Ligand und angebrachtem Acridin als  DNA‐Affinitäts‐Einheit. 

 

Ein anderer Cu‐Komplex mit dem substituierten Triaminocyclohexan (R = OH) 12 als Ligand  spaltet Plasmid‐DNA bei 35 °C und pH 8.1. Die Reaktion konnte weder durch Hydroxyl‐

radikalfänger noch durch anaerobe Reaktionsbedingungen unterdrückt werden[28].   

  12 

Abbildung 3‐7: Der dreizähnige Ligand cis,cis‐Triaminocyclohexan zur Komplexierung von Cu. 

 

Trotz  dieser  Ergebnisse  konnte  eine  nicht‐hydrolytische  Spaltung  nicht  vollends  ausge‐

schlossen werden, da Re‐Ligationsexperimente mit den Spaltfragmenten nicht erfolgreich  waren. 

   

16 3. PHOSPHORYLTRANSFER UND ENZYMMIMETIKA

Lu  et  al.  stellten  2008  den  dinuklearen  Zink‐Komplex  13  mit  einem  Azakronenether‐

tragenden Pyridin‐Derivat als Liganden vor[29]. Dieser Komplex spaltet in einer Konzentration  von 100 µM pUC19 Plasmid‐DNA zu 80 % bei 37 °C, pH 6.8 und 15 h Inkubation.  BNPP und DNA hydrolysieren können[30]. Bei dieser Mutante sind die 2 Cystein‐Aminosäuren,  die normalerweise an das Zn binden, gegen Histidin ersetzt worden[31], wobei die Sequenz  generell auf der des Transkriptionsfaktors Sp1 basiert. Durch die Anlehnung an Sp1 kommt  auch die hohe Affinität und Selektivität für die GC‐Box[32]. Die Affinität konnte noch weiter  gesteigert  werden,  indem  drei  solcher  Zink‐Finger  direkt  hintereinander  synthetisiert  wurden[33]. Unter Verwendung der DNA‐spaltenden Domäne von FokI ist mit Zink‐Fingern ein  Konjugat hergestellt worden, mit dem selektiv DNA gespalten werden konnte[34].  

Eine Alternative ist die Verwendung von PNA‐Molekülen, an die eine Metall‐chelatisierende  Einheit synthetisiert wird. Diesen Ansatz haben Krämer et al. verfolgt, und mit Verwendung  von Zr(IV) selektiv Einzelstrang‐DNA hydrolysieren können[35]. Da aber wegen der niedrigen  Metall‐Affinität des Chelators ein Überschuss von Zr(IV) eingesetzt werden musste, trat auch  eine nicht unerhebliche Menge von unspezifischen, nicht‐selektiven Spaltstellen auf. Trotz‐

dem wiesen die Spaltstellen eine erstaunliche Regioselektivität auf, denn man erhielt über‐

wiegend Spaltung der P‐O3´‐Bindung. 

   

3.4.2 Metallfreie Modelle   

Während die Literatur für metallhaltige Modelle sehr viele Beispiele und Publikationen  aufweist, ist für metallfreie Modelle genau das Gegenteil zutreffend. Es ist ohne Verwendung  von metallischen Lewis‐Säuren wesentlich schwieriger (aber nicht unmöglich), Moleküle mit  DNA‐spaltenden Eigenschaften darzustellen. 

Interessant ist daher das von Lu et al. vorgestellte Molekül 14[36], welches, wie manche der  bereits in der Arbeitsgruppe Göbel bekannten Moleküle, ein Guanidin und eine (hier alipha‐