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2 LITERATURÜBERSICHT

2.3 Sushi

2.3.1 Sushi und Sashimi

Sushi und Sashimi sind verzehrfertige Lebensmittel im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005. Diese sind vom Hersteller zum unmittelbaren Verzehr bestimmt, ohne dass eine Verarbeitung5 zur Abtötung oder Reduzierung von Mikroorganismen erfor-derlich ist [VO (EG) Nr. 2073/2005 Art.2]. Der verwendete rohe Fisch stellt ein unver-arbeitetes6 Erzeugnis dar [VO (EG) Nr. 852/2004 Kap. 1 Art. 2].

Sushi existiert als typisch japanisches, traditionelles Produkt in vielen Formen (TAKENO 2000; MILLARD u. ROCKLIFF 2003; ISHIGE 2011). Aus japanischer Sichtweise erfordert eine ordnungsgemäße Zubereitung Erfahrung sowie eine lange Ausbildung (ISHIGE 2001). Die modernen Sushi-Arten bestehen aus mundgerecht geformtem Reis mit einem Belag oder einer Füllung. Als Zutaten werden Fisch, Meeresfrüchte, Fischrogen, Ei, Fleisch, Tofu, Gemüse, Meeresalgen und Sesamsaat in rohem Zustand sowie gekocht, gesalzen, mariniert oder gesäuert verwendet (FEHD 2000; NSW FOOD AUTHORITY 2007; NSW FOOD AUTHORITY 2008; AID 2009; MOURITSEN 2010). Sushi ist Teil des neuen Lebensmittel-Trends „Fast Casual Food“, der sich als gesunde Alternative zum Fast Food durch Qualität und die Verwendung frischer Zutaten auszeichnet (RÜTZLER 2005; LEBENSMINISTERIUM 2006). Nigiri- und Maki-Sushi sind sowohl in Japan als auch in westlichen Ländern, einschließlich Deutschland, die häufigsten Varianten (YAMAMOTO u. HICKS 2000;

ATANASSOVA et al. 2006; NSW FOOD AUTHORITY 2008; MOURITSEN 2010;

ISHIGE 2011). Nigiri-Sushi besteht aus einer handgeformten Portion Reis, die mit einer Scheibe rohen Fisches oder einer anderen Zutat belegt ist (YAMAMOTO u.

HICKS 2000; ISHIGE 2001; ATANASSOVA et al. 2006; NSW FOOD AUTHORITY 2008). Oftmals befindet sich etwas Wasabi zwischen Reis und Fisch (TAKENO 2000). Für Maki-Sushi werden der Reis und die Füllung mit einer Bambusmatte in

5 „Verarbeitung“: eine wesentliche Veränderung des ursprünglichen Erzeugnisses, z.B. durch Erhitzen, Räuchern, Reifen, Marinieren (…) oder eine Kombination verschiedener Verfahren [VO (EG) 852/2004 Kap.1 Art. 2]

6 „unverarbeitete Erzeugnisse“: Lebensmittel, die keiner Verarbeitung unterzogen wurden, einschließlich Erzeugnisse, die geteilt, in Scheiben geschnitten, fein zerkleinert, enthäutet, gesäubert, gekühlt, gefroren, tiefgefroren oder aufgetaut wurden (…) [VO (EG) Nr. 852/2004 Kap.1 Art. 2]

Algenblätter (Nori) gerollt und anschließend in Stücke geschnitten (FEHD 2000;

YAMAMOTO u. HICKS 2000; ATANASSOVA et al. 2006; NSW FOOD AUTHORITY 2007; NSW FOOD AUTHORITY 2008; MOURITSEN 2010; ISHIGE 2011). Wegen des Verzehrs mit Stäbchen oder als Finger-Food sind Sushi-Stücke von geringer Größe (YOSHII et al. 2006; MOURITSEN 2010). Das Nigiri-Reiskissen wiegt etwa 25 g bis 30 g (FEHD 2000). Für die Fischscheiben wurden Gewichte zwischen 3 g und 26 g bei einem Durchschnitt je nach Spezies von 10 g bis 13 g ermittelt (ADAMS et al. 1994). Sushi-Reis wird aus gekochtem Kurzkornreis mit möglichst guten Klebeeigenschaften zubereitet und nach dem Abkühlen mit Essig gesäuert, teilweise wird Zucker oder Salz hinzugesetzt (FEHD 2000; NSW FOOD AUTHORITY 2007;

MOURITSEN 2010; ISHIGE 2011). Der säuerliche Geschmack von Sushi ist wahrscheinlich namensgebend, da sich seine Bezeichnung von einer klassischen schriftlichen Form des japanischen Begriffs ableitet, welche „sauer“ oder „säuerlich“

bedeutet (ATANASSOVA et al. 2006; SHIMBO 2006; HEITER u. SCHULTZ 2007;

SUPPIN et al. 2007; AID 2009; ISHIGE 2011). Als weitere Sushi-Zutat werden dünne schwarz-violett-glänzende, getrocknete Nori-Algenblätter aus Spezies der Rotalge Porphyra hergestellt (NISIZAWA et al. 1987; MCHUGH 2003).

Sashimi ist ein japanisches Gericht aus den für Sushi typischen Zutaten, jedoch wird kein Reis verwendet (YAMAMOTO u. HICKS 2000; SCHULZ-SCHROEDER et al.

2003; AID 2009). Es wird aus Filets von Seefischen sowie Weichtieren, Krustentieren oder Fischrogen hergestellt und hauptsächlich roh, teilweise auch gekocht oder mariniert verzehrt. Die Rohstoffe werden in etwa 1 cm dicke Scheiben geschnitten und häufig unter Verwendung weiterer Ingredienzien kunstvoll angerichtet. Sashimi kann als Vorspeise zu Beginn einer japanischen Mahlzeit, auch vor Sushi, oder als eigenständiges Gericht serviert werden (FEHD 2000; YAMAMOTO u. HICKS 2000;

YOSHII et al. 2006; TSUJI u. FISHER 2007; AID 2009; MOURITSEN 2010). Zur Vermeidung unangenehmer Gerüche ist für Sashimi sehr frischer Fisch zu verwenden (ISHIGE 2001).

2.3.2 Spezielle Gewürze

Folgende Gewürze gehören üblicherweise zu einem Sushi- bzw. Sashimi-Menü:

Wasabi (japanischer Meerrettich, Wasabia japonica Matsum) ist ein traditionelles, scharfes Gewürz in der japanischen Küche und wird insbesondere für rohen Fisch sowie bestimmte Nudelgerichte verwendet. Der Geschmack ähnelt jenem des entfernt verwandten südeuropäischen echten Meerrettichs (Armoracia rusticana).

(HODGE 1974; CHADWICK et al. 1993; DEPREE et al. 1999; KINAE et al. 2000;

MOCHIDA u. OGAWA 2008). Der grüne Wasabi eignet sich hervorragend um Lebensmittel, wie in der japanischen Küche gewünscht, ansprechend zu präsen-tieren. Er wird teils frisch vermarktet und gerieben verwendet, der Großteil der Ernte wird indes getrocknet, pulverisiert und vor Verwendung mit Wasser zu einer Paste angerührt. Diese dient, mit Sojasoße vermischt, zum Eintauchen des rohen Fisches vor dem Verzehr (HODGE 1974). Eine grüngefärbte Zubereitung aus Meerrettich und Senf wird häufig angeboten, darf jedoch nicht als „Wasabi“ bezeichnet werden (LGL BAYERN 2010).

Ingwer (Zingiber officinale Roscoe) ist ein bekanntes Gewürz mit weltweitem Einsatz.

Das beliebteste Produkt in Japan ist in eine Essiglösung mit Salz und Zucker einge-legter Ingwer „Gari“ (IIJIMA et al. 2003). Das typische Ingweraroma entsteht durch Schärfe infolge vorhandener Gingerole und ihre Abbauprodukte sowie durch ätherisches Öl (z.B. eine feine Citrusnote) (HARTMANN u. KOSTNER 1994). Gari dient zwischen dem Verzehr einzelner Sushi-Stücke zum Neutralisieren des Nachge-schmacks und führt somit zu einer verbesserten Wahrnehmung der Aromanuancen von Fisch und Meeresfrüchten (YOSHINO 1994; YAMAMOTO u. HICKS 2000;

MOURITSEN 2010).

Traditionell im japanischen Stil fermentierte Sojasoße („Shoyu“) ist als flüssiges Würzmittel in Japan, anderen asiatischen Ländern sowie mittlerweile auch im Westen beliebt (YOKOTSUKA 1986; KATAOKA 2005; KREMER et al. 2009). Sie wird aus Sojabohnen und Getreide hergestellt. Diese werden für zwei bis vier Tage mit den Schimmelpilzen Aspergillus oryzae bzw. Aspergillus sojae inokuliert.

Anschließend werden Natriumchlorid und Wasser hinzugesetzt, eine 4- bis 8-monatige Fermentation durch Milchsäurebakterien und Hefen folgt (FUKUSHIMA

1981; YOKOTSUKA 1986; KATAOKA 2005). Eine chemische Hydrolyse ist als schnellere und kostengünstigere Alternative möglich, verursacht aber Qualitäts-einbußen (FUKUSHIMA 1981; YOKOTSUKA 1986; KATAOKA 2005). Fermentierte Sojasoße weist einen hohen Gehalt an Glutaminsäure auf (SKURRAY u. PUCAR 1988), die zu einem für Sojasoßen charakteristischen Geschmack („umami“ oder

„würziger Geschmack“) beiträgt (KATSURA et al. 2005; LIOE et al. 2010). Für die existierenden 5 Varianten japanischer Sojasoße sind durchschnittliche pH-Werte zwischen 4,6 und 4,8 bestimmt worden (FUKUSHIMA 1981).

2.3.3 Historie

Sashimi entwickelte sich aus dünn geschnittenem, mit einem Essig-Dressing über-gossenem rohen Fisch („namasu“), welcher seit dem 8. Jhdt. beschrieben wurde. Die Bezeichnung „Sashimi“ erschien im 15. Jhdt. in der Literatur (ISHIGE 2001). Sushi wurde in einem etwa im 2. bis 4. Jhdt n. Chr. verfassten chinesischen Lexikon erst-mals schriftlich erwähnt. Seine genaue Herkunft aus den Gebirgsgegenden und reis-anbauenden Regionen Südostasiens ist ungeklärt (YOSHINO 1994; SHIMBO 2006;

HEITER u. SCHULTZ 2007; MOURITSEN 2010). Wann Sushi nach Japan eingeführt wurde ist unklar. Die erste Aufzeichnung über Nare-Sushi in Japan findet sich in dem Gesetzbuch „Yoro-Ritsuryo“ aus dem Jahre 718 (MATSUDA 2000; ICHISHIMA 2004;

SHIMBO 2006). Nare-Sushi ist die früheste Form von Sushi (TAKENO 2000;

ICHISHIMA 2004) und wurde in Japan zu Nigiri-Sushi weiterentwickelt (MATSUDA 2000). Ursprünglich diente es der Konservierung von rohem Fisch. Dieser wird gesalzen und mit Reis unter Druck mindestens 6 Monate gelagert. Dabei findet Milchsäurefermentation statt, woraus ein stark saures, gesalzenes Produkt resultiert, von dem nur der Fisch verzehrt wird (ISHIGE 1993; YOSHINO 1994; TAKENO 2000;

ISHIGE 2001; SHIMBO 2006; KUDA et al. 2010; MOURITSEN 2010). Der saure Geschmack sowie ein pH-Wert < 5, welcher vor bakteriellem Verderb schützt, resul-tieren aus einer Akkumulation organischer Säuren (ISHIGE 1993; ITOU et al. 2006).

Milchsäure ist dabei vorherrschend (ITOU et al. 2006; AN et al. 2010; KUDA et al.

2010). Bevor Konservenherstellung und Tiefkühlen möglich waren, gehörte die Fermentation neben Trocknen und Salzen zu den traditionellen Methoden der Lebensmittelkonservierung (STILES 1996). Fermentierte Fischprodukte, wie Nare-Sushi bzw. Funa-Nare-Sushi, sind noch heute in manchen Gebieten Japans sowie in Südostasien und China verbreitet (MATSUDA 2000; TAKENO 2000; ISHIGE 2001;

SHIMBO 2006; KUBO et al. 2008; KUDA et al. 2009; KUDA et al. 2010;

MOURITSEN 2010). Seit dem 15. Jhdt. war eine Verkürzung der Fermentationszeit auf einige Tage bis einen Monat möglich (Namanare-Sushi). Der Fisch bleibt folglich annähernd roh, zudem ist der Reis nun ebenfalls verzehrbar. Im späten 17. Jhdt.

wurde die Milchsäurefermentation durch Zugabe von Essig zum Reis ersetzt,

„schnelles Sushi“ (Haya-Sushi) entstand (YOSHINO 1994; ISHIGE 2001; SHIMBO 2006; MOURITSEN 2010). Beide Formen werden noch gegenwärtig produziert (TSUKAMOTO et al. 2007). Haya-Sushi ist Grundlage vieler moderner, ohne großen Druck produzierter Sushi-Varianten (YOSHINO 1994). Dazu gehören Kasten-Sushi (Hako-Sushi) sowie das im frühen 19. Jhdt. in Tokio entwickelte Nigiri-Sushi (YOSHINO 1994; MATSUDA 2000; ISHIGE 2001; SHIMBO 2006; MOURITSEN 2010). Durch letzteres war die Verwandlung von einem konservierten Lebensmittel zu Fast Food vollzogen (ISHIGE 2001). Der Belag des frühen Nigiri-Sushis bestand nur aus gekochtem oder haltbargemachten Fisch oder Meeresfrüchten (SHIMBO 2006). Roher Fisch konnte erst infolge einer Entwicklung von Kühltechnologie und schnellen Transportmöglichkeiten verwendet werden (ATANASSOVA et al. 2006;

SHIMBO 2006). Das Maki-Sushi entstand wahrscheinlich vor dem Nigiri-Sushi (YOSHINO 1994; SHIMBO 2006; MOURITSEN 2010), so erschien die Variante Norimaki erstmals 1779 in Tokio (MATSUDA 2000). Zusammenfassend wird in modernem Sushi der saure Geschmack meist nicht durch Fermentation verursacht, sondern ist durch Essigbeigabe regulierbar (ISHIGE 1993; TAKENO 2000).

2.3.4 Verbreitung

Eine Vielzahl verschiedener Sushi-Arten ist überall in Japan verbreitet (ISHIGE 2011). In den 1960er und 70er Jahren breitete sich das Interesse an japanischen

Restaurants und Sushi in Amerika aus (CWIERTKA 2001; SHIMBO 2006; CARROLL 2009; MOURITSEN 2010). Erste Sushi-Bars wurden eröffnet, so 1966 in Los Angeles (SHURTLEFF u. AOYAGI 2009) und 1969 im Raum Seattle (ADAMS et al.

1994). Zuerst florierte Sushi in Kalifornien, eine weitere Verbreitung erfolgte über die Großstädte der USA bis in die europäischen Hauptstädte. Vorangetrieben wurde die Ausbreitung des Sushis in Europa durch seine gesundheitlichen Vorzüge, ein steigendes Ansehen Japans sowie ein Übernehmen der amerikanischen Mode-erscheinung (CWIERTKA 2001). Heutzutage ist Sushi weltbekannt und wird in Res-taurants in den meisten Großstädten angeboten (OSHIMA 1987; NAWA et al. 2005).

Über die Beliebtheit von Sushi und Sashimi sind wenig statistische Angaben verfüg-bar, viele Autoren bezeichnen sie in Europa, insbesondere im deutschsprachigen Raum, sowie weltweit als zunehmend (KANT. LABORATORIUM BL 2003; SASAKI et al. 2003; SCHULZ-SCHROEDER et al. 2003; HAMADA-SATO et al. 2005;

ATANASSOVA et al. 2006; TAKEI u. POWELL 2007; TRIGO et al. 2007; WICHT et al. 2007; JOFRE et al. 2008; NSW FOOD AUTHORITY 2008; HOCHBERG u.

HAMER 2010). Allumfassende Daten der aktuellen Entwicklung liegen nicht vor, allerdings verzeichnete z.B. die Restaurantkette „Sushi Circle“ einen Umsatzzuwachs gegenüber dem Vorjahr (ohne Neueröffnungen) von + 3,4 % im Jahr 2008 sowie eine Zunahme von + 6,0 % in 2009 (FOOD-SERVICE u. DFV 2010b). Zudem stieg der Nettozuwachs des Unternehmens um + 1,1 % (2009) an (FOOD-SERVICE u. DFV 2010a) und steigerte sich in 2010 mit + 26,1 % deutlich (FOOD-SERVICE u. DFV 2011). Dies kann ein Hinweis auf den anhaltenden Trend sein.

Sushi als „Lieblings-Hauptspeise“ gaben 7,7 % der Teilnehmer einer deutschen Untersuchung an, dies war mit 13,3 % bei den 20- bis 40-Jährigen gegenüber 2,5 % bei den über 50-Jährigen altersabhängig. Somit erreichte das japanische Produkt Position 21 von 27 Gerichten (MARKETAGENT u. GW-REDAKTION 2011). Für 25 % der Männer und 31 % der Frauen war Sushi das beliebteste Fast Food (13. Position von 15 Fast Food-Arten) (K.&A. AG u. RESPONDI AG 2008). Gegenwärtig ist nicht von einer massiven Abnahme des Sushi-Verzehrs infolge des Reaktorunfalls in Japan auszugehen. Ein geringer Lebensmittelimport aus Japan, demnach nur wenig Sushi-Zutaten mit dieser Herkunft (vgl. Kapitel 2.1.4), sowie die in den

Durch-führungsverordnungen (EU) Nr. 297/2011 bzw. Nr. 961/2011 sowie Nr. 351/2011 dargelegten Maßnahmen zum Schutz vor kontaminierten Lebensmitteln führen zu einem derzeit niedrigen Risiko. Zudem verzichten einige Sushi-Restaurants gezielt auf Zutaten aus Japan (VZHH 2011). Dennoch ist eine Verunsicherung der Verbraucher teilweise vorhanden, folglich ist die weitere Entwicklung abzuwarten.

2.3.5 Angebotsformen

Sushi wird in speziellen Sushi-Bars frisch zubereitet und gekühlt sowie in japanischen Spezialitätenrestaurants, am Schnellimbiss oder als gekühlte bzw.

gefrorene Ware in Supermärkten angeboten (SCHULZ-SCHROEDER et al. 2003;

ATANASSOVA et al. 2008; MILLER 2010). Es wird in Sushi-Bars an der Theke aus-gelegt oder erst nach der Bestellung zubereitet. Bei der Präsentation auf einem Fließband kann der Verbraucher nach Belieben einzelne Sushi-Arten wählen (Kaiten-Sushi). Weiterhin werden Sushi-Menüs zum Mitnehmen verkauft (DE SILVA u.

YAMAO 2006; NSW FOOD AUTHORITY 2008) oder über Bringdienste ausgeliefert (TRIGO et al. 2007). Die Durchmischung östlicher und westlicher Kochkunst ergab neue Sushi-Kombinationen. Zutaten und Geschmack wurden an die regionalen Wün-sche angepasst (DE SILVA u. YAMAO 2006). Die Sushi-Kultur wird stetig, auch außerhalb Japans, weiterentwickelt (MOURITSEN 2010). Dabei hat die japanische Zubereitung eine lange Tradition mit speziell ausgebildeten Köchen, abweichend stellt sich die Situation in anderen Ländern dar, in denen möglicherweise ähnlich ausgebildetes Personal fehlt (ATANASSOVA et al. 2008).

2.4 Bedeutung der Herkunft und Verarbeitung für den Hygienestatus von Fisch

Die poikilotherme Natur von Fischen ermöglicht das Wachstum einer Vielzahl von Bakterien, zudem wird die initiale Kontamination der Fischprodukte durch den Salz-gehalt des Wassers und die Lebensweise der Tiere beeinflusst (GRAM u. HUSS

1996), des Weiteren durch die klimatischen und ökologischen Bedingungen sowie die Fischspezies (BARTELT u. KLEIN 2004). In wärmeren Gebieten zeigt sich eine etwas höhere Belastung mit grampositiven Bakterien (LISTON 1980; GRAM et al.

1990) und Enterobacteriaceae (LISTON 1980). Generell sind dort mesophile Bakterien zu einem hohen Prozentsatz vorhanden, hingegen dominieren in gemäßig-ten und kalgemäßig-ten Zonen psychrophile und psychrotrophe Keime7 (BARTELT u. KLEIN 2004). Wie GONZALEZ et al. (1999) nachwiesen, können auch Milchsäurebakterien zur natürlichen Mikroflora gehören, zudem unterstützte diese Untersuchung die allge-mein anerkannte These über den Einfluss der Umwelt auf die bakterielle Flora von Fisch nicht. Trotz möglicherweise hohen Keimgehalten auf der Haut (lg 2 - lg 7/cm2) ist das Fleisch frisch gefangener Fische im Allgemeinen frei von Bakterien. Fisch aus sauberen kalten oder gemäßigten Gewässern weist gewöhnlich weniger Mikroorga-nismen auf als jener aus verschmutzter oder tropischer Umgebung (HIELM et al.

2002). Laut BURAS et al. (1987) sind bei einer hohen Bakterienkonzentration (lg 6 - lg 7/ml) im Wasser auch hohe Keimgehalte in Fischorganen und –muskulatur nach-weisbar, ein Eintritt in letztere erfolgt erst bei Erreichen einer bestimmten Keimanzahl im Fisch (Schwellenwertkonzentration). Die Kontamination des Fischmuskels beginnt bereits in den ersten Stunden nach dem Fang (ELOTMANI et al. 2004). Auf jeder Stufe vom Fischfang bis hin zum Verzehr des Produkts ist bakterielle Kontamination möglich (AUTIO et al. 2004). So steigt die Anzahl an Bakterien auf dem Fisch schon unmittelbar nach dem Fang durch direkten Kontakt mit Oberflächen und Ausrüs-tungsgegenständen um das 10- bis 100-fache (HUSS et al. 1974). In der Lebens-mittelindustrie benutzte Gegenstände weisen sowohl während der Produktion als auch nach Reinigung und Desinfektion eine mikrobielle Besiedelung auf. Diese reflektiert zum Teil die Mikroflora des Rohmaterials (BAGGE-RAVN et al. 2003).

Bedeutsam ist dabei insbesondere eine mögliche Anreicherung von Listeria mono-cytogenes aufgrund der Fähigkeit Biofilme zu bilden (BLACKMAN u. FRANK 1996), auch Pseudomonas spp. bilden verschiedene Biofilme aus (HEYDORN et al. 2000).

7 Alcaligenes, Acinetobacter, Flavobacterium, Psychrobacter (Moraxella), Shewanella, Pseudomonas spp., Vibrio spp., Aeromonas spp.; in geringen Anteilen grampositive Bakterien (Bacillus, Micrococcus, Clostridium, Lactobacillus und Coryneforme) (BARTELT u. KLEIN 2004)

2.5 Gesundheitliche Gefahren durch Fisch, Meeresfrüchte und Sushi

Mit Fischereiprodukten waren 6 % der lebensmittelbedingten Erkrankungsausbrüche in Deutschland (2009) mit bekannter Ursache in Verbindung zu bringen (RKI 2010b).

In der EU (2008) waren es 5,5 % für Fisch/Fischprodukte und 3,0 % für Krusten-, Schalen- und Weichtiere (EFSA 2010b). Gemäß einer von HUSS (2002) erstellten Gefahrenanalyse ist in tierischen Lebensmitteln aquatischer Herkunft die Gefährdung wie folgt einzuschätzen: 1. Scombrotoxin/Histamin, 2. Biotoxine, 3. pathogene Bakterien, 4. Viren, 5. Parasiten und 6. Chemikalien. Die meisten mit dem Verzehr von Fisch und Fischereiprodukten verbundenen Gefahren können durch Anwendung der Grundsätze der „Good Manufactering Practice“ (GMP), „Good Hygiene Practice“

(GHP) und einem gut gestalteten HACCP8 (Hazard Analysis and Critical Control Point)-Programm kontrolliert werden (HUSS et al. 2000). Zudem variieren die Risiken durch Fische und Meeresfrüchte in Abhängigkeit von ihrer Umwelt und Ernährungsweise sowie der Jahreszeit (IWAMOTO et al. 2010). Höhere Risiken können von Wassertieren aus wärmeren Gewässern (HASTEIN et al. 2006) sowie von Süßwasserfischen aufgrund ihrer Nähe zum Menschen ausgehen (HINE u.

MACDIARMID 1997). Letzteres gilt für küstennahe Ökosysteme gleichermaßen (HUSS 2002). Auch Aquakulturfisch weist gegenüber Meeresfisch bzw. Wildfängen ein höheres Gefahrenpotential auf (REILLY u. KÄFERSTEIN 1997; SAPKOTA et al.

2008; COLE et al. 2009). Des Weiteren ist eine Risikokategorisierung hinsichtlich der produzierten Lebensmittel möglich (Tabelle 2) (HUSS et al. 2000). Auch Sushi ist als ein Gericht mit einem hohen Risiko zu betrachten. Es enthält verderbliche Zutaten, zudem werden viele Bestandteile im rohen bzw. erkalteten Zustand verzehrt.

Häufiges manuelles Verarbeiten ohne abschließende, bakterienkontrollierende Verarbeitungsschritte ist üblich (FEHD 2000; MILLARD u. ROCKLIFF 2003; NSW FOOD AUTHORITY 2008). Entsprechend sollte der verwendete Fisch die höchsten Qualitätsanforderungen erfüllen; adäquate Zubereitung, Einhalten der

8 HACCP-Grundsätze: Ermittlung, Vermeidung, Ausschaltung oder Reduktion von Gefahren unter Verwendung kritischer Kontrollpunkte [VO (EG) Nr. 852/2004 Kap. 2 Art. 5 Nr. 2 Bstn. a und b]

schriften während Produktion, Transport und Lagerung sind von größter Wichtigkeit (ATANASSOVA et al. 2008).

Tabelle 2: Risikokategorisierung von Lebensmitteln aus Wassertieren (nach HUSS et al. 2000)

In der Literatur sind lebensmittelbedingte Erkrankungen durch Sushi/Sashimi belegt.

Laut der NSW FOOD AUTHORITY (2008) wurden zwischen 2001 und 2007 zehn Ausbrüche mit 84 betroffenen Personen verzeichnet. In Hong Kong verursachten Sushi und Sashimi 3 % der Ausbrüche, bakterielle Erreger waren insbesondere Vibrio parahaemolyticus, Staphylococcus aureus und Salmonella-Spezies. Sashimi verursachte mit 66,7 % den weitaus größeren Anteil (FEHD 2000). BARRALET et al.

(2004) dokumentierten eine Salmonellose (S. Singapore) durch Sushi in 12 Fällen.

Des Weiteren wurden Ausbrüche durch Escherichia coli O157:H7 und enterotoxische E.coli verzeichnet (TERAJIMA et al. 1999; JAIN et al. 2008). Auffallend häufig resultierten parasitäre Erkrankungen aus der Verwendung von rohem Fisch (MACLEAN et al. 1996; HUTCHINSON et al. 1997; TAKABE et al. 1998; ROHELA et al. 2002; SASAKI et al. 2003; SAMPAIO et al. 2005; SANTOS u. DE FARO 2005;

TAVARES et al. 2005; LOU et al. 2007; TAKEI u. POWELL 2007; WICHT et al.

2007).

Risiko

- Muscheln

- Fisch zum Rohverzehr - Fisch, leicht konserviert

- Fisch, mit milder Wärme behandelt - verzehrfertige Fischprodukte

- Fisch und Krustentiere, frisch bzw. gefroren - Fisch, halbkonserviert

- Fisch, hitzebehandelt - Fisch, getrocknet - Fisch, stark gesalzen hoch

niedrig kein Risiko

Produktgruppe

2.5.1 Biologische Gefahren 2.5.1.1 Virale Gefahren

Viren sind obligat intrazellulär und somit für ihre Replikation auf lebende Wirtszellen, für die sie speziesspezifisch sind, angewiesen. Dadurch wird ihre Bedeutung für die Sicherheit von tierischen Lebensmitteln aquatischen Ursprungs begrenzt, dennoch kann ihre Tenazität in der Außenwelt (z.B. Lebensmittel) hoch sein (LEES 2000). So behielten Hepatitis A-Viren (HAV) für vier Wochen ihre Infektiosität in marinierten Muscheln bzw. unter sauren Bedingungen (HEWITT u. GREENING 2004). Im menschlichen Darm vorkommende lebensmittelbedingte Viren führen hauptsächlich zu Gastroenteritis, z.B. Norovirus (häufig), Adeno- und Rotavirus (gelegentlich) sowie Hepatitis, vor allem HAV, und können folglich über Fäkalien sowie durch virusaus-scheidendes Personal in Lebensmittel eingetragen werden (KOOPMANS u. DUIZER 2004). Beteiligt an Ausbrüchen sind insbesondere kalte, viel Handling erfordernde Produkte, wie Sushi (APPLETON 2000). Die wahrscheinlichste Kontaminationsquelle für verzehrfertige Lebensmittel ist das Personal; dabei ist auch eine mögliche Konta-mination von Oberflächen zu beachten. Als Prävention dient die strikte Umsetzung der gesetzlich geforderten Hygienemaßnahmen. Ferner können Lebensmittel bereits bei der Primärproduktion kontaminiert werden, z.B. durch Abwasser in Muschelan-baugebieten. Folglich gehören Noroviren und HAV in Muscheln und verzehrfertigen Lebensmitteln zu den häufigsten erkannten Ursachen von lebensmittelbedingten Erkrankungen unter allen Virus/Lebensmittel-Kombinationen (EFSA 2011).

Viren verursachen vermutlich über 50 % der Ausbrüche mit unbekannter Ätiologie (LIPP u. ROSE 1997). Bedeutend ist dabei ihre niedrige infektiöse Dosis (APPLETON 2000). Des Weiteren stellen filtrierende Muscheln ein besonderes Risiko dar, indem sie Viren aus dem Wasser konzentrieren; zahlreiche Ausbrüche wurden beschrieben (KOOPMANS u. DUIZER 2004). ENRIQUEZ et al. (1995) gelang der Nachweis einer 100-fachen Konzentration von Hepatitis A-Virus gegen-über dem umgebenden Wasser. 77,8 % der lebensmittelbedingten Ausbrüche von HAV in Deutschland (2009) mit bestätigtem Vehikel wurden durch Fisch und Meeres-früchte hervorgerufen. Noroviren verursachten den Großteil (82 %) der potentiell

lebensmittelbedingten Ausbrüche in Deutschland, davon war keiner sicher auf Fisch und Meeresfrüchte zurückzuführen (RKI 2010b). Hingegen gehörten in Europa in 2008 Muscheln, Krusten- und Schalentiere zu den häufigsten bekannten ursäch-lichen Nahrungsmitteln für Ausbrüche durch Caliciviren (einschl. Norovirus) (EFSA 2010b). Auch Rotaviren konnten in Schalentieren bestätigt werden (LE GUYADER et al. 2000; GABRIELI et al. 2007; VILARINO et al. 2009), jedoch besteht kein Zusam-menhang mit Erkrankungen durch Verzehr von Fisch/Meeresfrüchten. Ausbrüche von Hepatitis sind seltener als von Gastroenteritis, führen aber oft zu hohen Fallzahlen (LEES 2000).

2.5.1.2 Bakterielle Gefahren

Bakterien verursachen etwa 12 % der mit Fischverzehr in Verbindung stehenden Krankheitsausbrüche (HUSS et al. 2000). Insbesondere Clostridium botulinum Typ E und Vibrio parahaemolyticus gehören zu den fischassoziierten pathogenen Bakterien (NOVOTNY et al. 2004). Pathogene Mikroorganismen, die naturgemäß in der aqua-tischen Umwelt (Vibrio spp. und Aeromonas spp.) oder ubiquitär (Listeria monocytogenes, Cl. botulinum, Cl. perfringens und Bacillus spp.) vorkommen, werden als indigene Bakterien bezeichnet (HUSS 1997). Hingegen werden nicht-indigene Bakterien aus ihrem Reservoir im menschlichen Umfeld durch Umweltkontamination (Haushalts- oder Industrieabfälle) eingebracht. Von diesen sind verschiedene Enterobacteriaceae (z.B. Salmonella spp., Shigella spp. und Escherichia coli) sowie Staphylococcus aureus gesundheitlich bedeutend (HUSS et al. 1995; REILLY u. KÄFERSTEIN 1997). Indigene pathogene Bakterien kommen gewöhnlich mit niedrigem Gehalt vor, weshalb bei adäquatem Kochen nur ein gerin-ges Risiko für die Lebensmittelsicherheit besteht (REILLY u. KÄFERSTEIN 1997).

Zudem erfahren indigene Verderbnisbakterien ein schnelleres Wachstum als die pathogenen, wodurch der Fisch eher als verdorben erscheinen wird, bevor es zu einer Produktion von Toxinen oder einer hohen Anzahl an Pathogenen kommt

Zudem erfahren indigene Verderbnisbakterien ein schnelleres Wachstum als die pathogenen, wodurch der Fisch eher als verdorben erscheinen wird, bevor es zu einer Produktion von Toxinen oder einer hohen Anzahl an Pathogenen kommt