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Ab- und Umbauten seit 1990

3.1. Strukturen

Im  Grundsatz  wurde  die  Notwendigkeit  eines  Umbaus  der  Wissenschaft  von  niemandem  streitig  gestellt:  „Es  war  zumindest  öffentlich  keine  Stimme  ver‐

nehmbar, die für den Erhalt des Status quo der Jahre 1989/90 plädierte. Inso‐

fern  gab  es  über  die  sich  bildenden  Lager  hinweg  einen  gemeinsamen  Aus‐

gangspunkt“ (Neidhardt 1994: 34). 

Das  gilt  auch  entgegen  der  Außenwahrnehmung  mancher  Bestrebung  als  res‐

taurativer.  Denn  war  die  Neustrukturierung  innerhalb  der  Einrichtungen  im  Grundsatz  auch  nicht  strittig,  so  musste  doch  die  Einschätzung  ihrer  notwen‐

digen Gründlichkeit naturgemäß sehr unterschiedlich ausfallen: nämlich abhän‐

gig von der jeweiligen Prognose individueller sozialer Betroffenheit. Der Reform‐

eifer der „management‐ und politikerfahrenen alten Kader“ bspw. musste „da‐

durch gebremst sein, daß sich nicht wenige von ihnen selber hätten abschaffen  müssen, wenn sie mit der Selbsterneuerung ernst gemacht hätten“ (ebd.: 38).  

Zugleich bestritt keiner der beteiligten Akteure, dass es bei diesem Umbau um  eine demokratische Erneuerung gehen müsse. In aller analytischen Unterkühlt‐

heit:  Auch  wer  in  der  DDR  im  Interesse  staatssozialistischer  Herrschaftssi‐

cherung  demokratische  Entscheidungserzeugung  und  Machtkontrolle  für  ent‐

behrlich  gehalten  hatte,  musste  nun  keineswegs  heucheln,  wenn  er  jetzt  de‐

mokratische Prozesse als situationsadäquat betonte. Schließlich, so das schwer  zu widerlegende Argument, seien ja veränderte Rahmenbedingungen gegeben. 

Gleichwohl: Interne Reforminitiativen zeichneten sich eher durch Gebremstheit  aus. Betrachten wir es am Beispiel der Hochschulen (in der außeruniversitären  Forschung  waren  die  Vorgänge  auf  Grund  externer  Umstände  sehr  viel  verwi‐

ckelter), so lassen sich folgende Gründe dafür finden: 

 Erstens  ist  auf  die  prinzipiell  begrenzten  Eigenreformpotenziale  von  Hoch‐

schulen überhaupt hinzuweisen. Doch gab bzw. gibt es eine Differenz zwischen  ost‐  und  westdeutschen  Hochschulen,  die  deren  Reformschwächen  unter‐

schiedlich begründete: Wo in der westdeutschen Beamtenwissenschaft die Ab‐

sicherung der individuellen Positionen dazu führt, dass Flexibilität und Innovati‐

on nicht erzwungen werden, da lähmte in Ostdeutschland die Unsicherheit der  Perspektive eine flächendeckende Ausbreitung der Reformneigung.  

 Zweitens offenbart eine soziologisch informierte Erklärung ein Dilemma für  die  Akteure  in  den  Einrichtungen:  Es  wurde  von  politischer  Seite  eine  solche  Selbsterneuerung  verlangt,  die  eine  soziale,  berufliche,  akademische  Perspek‐

tive für die potenziellen Erneuerer weder garantierte noch kalkulierbare Prog‐

nosen darüber ermöglichte. Vielmehr wurden alsbald deutlich, dass die Wissen‐

schaftler mehr zu verlieren hatten als ihre Ketten. Nicht allein der Gewinn wis‐

senschaftlicher  Freiheit  stand  ins  Haus.  Es  drohte  auch,  zumindest  für  einen  Großteil der wissenschaftlich Tätigen, der Verlust des Arbeitsplatzes. 

 Drittens schließlich wurden die Aktionskapazitäten der hochschulischen Ak‐

teure  in  dieser Zeit  durch  zweierlei  absorbiert:  Zum  einen  galt  es,  die  Arbeits‐

fähigkeit  der  Einrichtungen  aufrecht  zu  erhalten.  Zum  anderen  wurden  neue  (nämlich demokratische sowie akademische Selbstverwaltungs‐)Strukturen und  Verfahren zunächst mit großem Aufwand debattiert, waren dann gegen Wider‐

stände umzusetzen und hernach – da neu – auch erst zu trainieren. 

3.1.1. Hochschulen

Die  strukturell  wesentlichen  positiven  Elemente  der  Neuordnung  der  ostdeut‐

schen Hochschullandschaft waren dreierlei:  

 Mit  dem  Zusammenbruch  der  DDR  im  Herbst  1989  hatte  eine  zunächst  spontane  Entwicklung  eingesetzt,  die  zur  Auflösung  der  SED‐  und  FDJ‐Struktu‐

ren an den Hochschulen sowie zur Entsorgung ideologischer und (para‐)militäri‐

scher Studienanteile führte, die studentische Selbstverwaltung wiederherstellte  sowie formale Beschränkungen der Wissenschaftsfreiheit aufhob. 

 Die  Herstellung  des  freien  Studienzugangs  war  eine  befreiende  Erfahrung  nach 40 Jahren rigider Zulassungspolitik auf der Grundlage permanent unzutref‐

fender Bedarfsprognosen (vgl. Köhler/Stock 2004) und einer Auslese, die sich an  politischen Kriterien wie (bis in die siebziger Jahre) sozialer Schichtzugehörigkeit  orientierte. 

 Zahlreiche  Hochschulen  wurden  in  der  Fläche  neugegründet  und  viele  Fä‐

cher wiederbelebt, die im Zuge planwirtschaftlicher Konzentrationsanstrengun‐

gen nur noch an einzelnen Standorten vertreten waren. Hierdurch gab es dann  ein weitgehend flächendeckendes Angebot sämtlicher Fächer.  

Im übrigen war die Strukturreform vorrangig eine Anpassung an die westdeut‐

schen  Gegebenheiten:  Die  westdeutsche  Institutionenordnung  wurde  über‐

nommen, sowohl hinsichtlich des Verhältnisses von Hochschulen und außeruni‐

versitärer Forschung als auch der Gliederung des Hochschulsystems in Universi‐

täten und Fachhochschulen. Drei wesentliche Strukturbrüche wurden 1990 bis  1992 erzeugt: 

 Im Mai 1990 waren durch Abberufung der Hochschullehrer/innen der (vor‐

maligen)  Sektionen  Marxismus‐Leninismus  deren  Nachfolgeeinrichtungen  auf‐

gelöst worden. Dies ließ sich vergleichsweise leicht begründen, da die wesentli‐

che  Funktion  der  Einrichtungen  nicht  mehr  bestand:  Das  marxistisch‐leninisti‐

sche Grundlagenstudium (MLG) war mit dem Ende des Staatssozialismus obso‐

let geworden.  

 Um  die  Jahreswende  1990/1991  wurden  Institute  und  Fächer  abgewickelt,  die  inhaltlich  eng  mit  der  DDR‐Gesellschaftsordnung  verbunden  waren,  also  Philosophie, Geschichte, Soziologie usw. (vgl. Köhler/Winter 1991, 1991a). Ab‐

wicklung bedeutete die Schließung der Einrichtungen und Fortdauer der Bezah‐

lung ihrer Mitarbeiter/innen in einer Warteschleife von sechs bzw. (bei Älteren)  neun Monaten; sobald die Warteschleife ausgelaufen war, endeten alle weite‐

ren  Verpflichtungen  des  öffentlichen  Arbeitgebers.  Für  einen  Großteil  der  ab‐

gewickelten  Fächer  wurden  anschließend  Gründungskommissionen  eingesetzt,  die Neugründungen ins Werk setzten.  

 In den meisten Bundesländern bestimmten schließlich gesetzliche Neurege‐

lungen,  dass  Neubesetzungsverfahren  für  alle  Professuren,  also  auch  die  in  nichtabgewickelten Instituten, durchzuführen waren. 

Im  Zuge  des  Umbaus  wurden  dann  Fächer  neu  begründet  oder  erweitert,  die  zuvor nicht bestanden oder marginalisiert waren. In der Wissenschaftsplanwirt‐

schaft  der  DDR  hatten  zahlreiche  Fächer  nur  an  jeweils  einer  oder  wenigen  Hochschulen  bestanden,  was  nun  korrigiert  wurde.  Auch  durch  die  Neugrün‐

dungen  und  den  Ausbau  von  Universitäten  wurden  die  geistes‐  und  sozialwis‐

senschaftlichen  Forschungspotenziale  und  Studienangebote  erheblich  erwei‐

tert.  Dies  betraf  die  Universität  Potsdam  (aus  Vorläufer‐Hochschulen  heraus),  die  Europa‐Universität  Viadrina  in  Frankfurt/O.  und  die  Universität  Erfurt  als 

Magdeburg zur Universität Magdeburg sowie den disziplinären Ausbau der TU  Dresden und der TU Chemnitz.64 

Durch die Neugründung von Fachhochschulen – in der Regel aus Vorgängerein‐

richtungen  heraus  –  fand  gleichfalls  eine  Verbreiterung  geistes‐  und  sozialwis‐

senschaftlicher Angebote statt. Am auffälligsten ist dies im Bereich Sozialarbeit/ 

Sozialpädagogik,  die  es  in  der  DDR  überhaupt  nur  an  einem  Ort  –  der  Hum‐

boldt‐Universität – gegeben hatte (vgl. Mannschatz 2002). Daneben sind an den  Fachhochschulen auch im GSW‐Bereich einige Schwerpunkte aus Vorgängerein‐

richtungen übernommen worden, etwa in Leipzig Buch/Archiv/Museum oder in  Potsdam Archivwesen.  

Nicht  von  selbst  versteht  es  sich  hingegen,  dass  in  Ostdeutschland  auch  acht  Verwaltungsfachhochschulen gegründet wurden: Just in die Gründungszeit die‐

ser  Einrichtungen  fielen  in  Westdeutschland  die  Bemühungen,  diese  (den  In‐

nenressorts  zugeordneten)  Hochschulen  in  den  allgemeinen  Hochschulbereich  zu  integrieren.  Hier  war  im  Osten  nicht  nur  eine  nahe  liegende  Innovations‐

chance explizit nicht genutzt worden. Es ist auch bemerkenswert, dass sich dies  im Zuge einer Hochschulerneuerung vollzog, die im Zeichen der Entpolitisierung  von  Forschung  und  Lehre  stand.  Für  die  Ausbildung  der  Staatsbeamten  aber  wollte  man  sich  lieber  doch  nicht  auf  die  solcherart  erneuerten  allgemeinen  Hochschulen verlassen, sondern setzte auf verwaltungsinterne Einrichtungen. 

3.1.2. Außeruniversitäre Forschung

Für  die  vergleichsweise  großen  DDR‐Wissenschaftsakademien  realisierte  der  Wissenschaftsrat ein groß angelegtes Evaluierungsprogramm.65 Im geistes‐ und  sozialwissenschaftlichen Bereich waren die Empfehlungen zwar differenzierter,  als  gemeinhin  angenommen  wird  (vgl.  Wissenschaftsrat  1992a),  doch  folgten  daraus kaum institutionelle Fortführungen. Zwei direkte Ausnahmen waren das  Institut für sorbische Volksforschung, dessen Weiterführung empfohlen worden  war  (Wissenschaftsrat    1992b:  185)  –  es  arbeitet  heute  als  von  Sachsen  und  Brandenburg getragenes Sorbisches Institut/Serbski institut mit Sitz in Bautzen  und einer Arbeitsstelle in Cottbus –, sowie das Institut für Länderkunde Leipzig  (früher  AdW‐Institut  für  Geographie  und  Geoökologie,  nunmehr  Leibniz‐Ge‐

meinschaft). 

Ein Teil der positiv evaluierten Forscher/innen wurde in das sog. Wissenschaft‐

ler‐Integrations‐Programm  (WIP)  übernommen.66  Eine  kleinere  Anzahl  wurde  Teil der Gründungsbelegschaften von sog. Forschungsschwerpunkten (FSP), die  zunächst die Max‐Planck‐Gesellschaft administrierte und die dann zu sechs Gei‐

steswissenschaftlichen  Zentren  (in  Berlin,  Potsdam  und  Leipzig)  wurden,  von        

64 zu weiteren Details der Entwicklungen s.a. unten A. 3.3. Inhalte, vor allem A. 3.3.1. Wissen‐

schaftsratsempfehlungen und ihre Umsetzung 

65 Betreffend die Akademie der Wissenschaften, Akademie der Landwirtschaftswissenschaften  und  Bauakademie  sowie  die  Forschungsabteilungen  der  Akademie  der  Künste  (vgl.  Wissen‐

schaftsrat 1992). Nicht einbezogen wurde die Akademie der Pädagogischen Wissenschaften. 

66 dazu unten A. 3.2. Personal 

denen heute noch fünf existieren. Ein anderer ursprünglicher FSP namens „Wis‐

senschaftsgeschichte und Wissenschaftstheorie“ wurde zur Keimzelle des Berli‐

ner Max‐Planck‐Instituts für Wissenschaftsgeschichte. 

Drei der Geisteswissenschaftlichen Zentren sind in Berlin angesiedelt: das Zent‐

rum für Allgemeine Sprachwissenschaft, das Zentrum Moderner Orient und das  Zentrum  für  Literaturforschung.  Die  anderen  sind  das  Zentrum  für  Zeithistori‐

sche Forschung in Potsdam (ZZF, inzwischen Leibniz‐Institut) und das  Zentrum   Geschichte  und  Kultur  Ostmitteleuropas  in  Leipzig  (GWZO).  Solche  Zentren  waren 1991 vom Wissenschaftsrat empfohlen worden, und letztlich gingen sie  auf die Denkschrift „Geisteswissenschaften heute“ zurück.67  

Der Wissenschaftsrat hatte „die Förderung geisteswissenschaftlicher Zentren in  den neuen Ländern ausdrücklich mit der Lage und den Problemen der geistes‐

wissenschaftlichen  Forschung  in  ganz  Deutschland  verknüpft  und  betont,  daß  die Zentren als ein neuartiges Instrument der Förderung geisteswissenschaftli‐

cher Forschung konzipiert sind“ (Wissenschaftsrat 1994a: 56). Hier wurde also  die  Vereinigungssituation  tatsächlich  für  die  Etablierung  einer  institutionellen  Innovation genutzt. 

Die Zentren hatten zwei Gründungsaufträge: zum einen die Erzeugung von In‐

novationen  in  den  Geisteswissenschaften,  zum  anderen  die  Integration  erhal‐

tenswerter  Potenziale  aus  der  früheren  DDR‐Akademie  der  Wissenschaften  (AdW):  

„Unter fachlichen Gesichtspunkten sollen durch ihre Einrichtung zukunftsorien‐

tierte  Schwerpunktsetzungen  der  geisteswissenschaftlichen  Forschung  und  der  forschungsintensiven  Lehre  ermöglicht  werden,  die  der  interdisziplinären  Zu‐

sammenarbeit  neue  Perspektiven  eröffnen.  Unter  organisatorischen  Gesichts‐

punkten eignen sie sich in besonderer Weise zur Aufnahme gerade solcher posi‐

tiv begutachteten Arbeitsgruppen aus AdW‐Instituten, die wegen der Besonder‐

heit  ihrer  Thematik  oder  ihrer  fächerübergreifenden  Zusammensetzung  in  ei‐

nem  koordinierten  Arbeitsverbund erhalten bleiben  sollten.“  (Wissenschaftsrat  1992b: 46) 

Von  Interesse  ist  im  Kontext  der  hiesigen  Betrachtung  vor  allem:  Wie  ist  der  zweite Gründungsauftrag – die Integration von früherem Akademie‐Personal –  erfüllt worden? Laut Auskunft des Vorstands des Geisteswissenschaftliche Zen‐

tren Berlin e.V. hatte sich das Thema bereits 2002 erledigt, „da mit den beste‐

henden  GWZ  eine  erfolgreiche  Integration  zwischen  den  Wissenskulturen  von  Ost und West erreicht wurde“ (GWZ Berlin 2002: 3). 

Gänzlich  problemlos  gingen  die  Dinge  gleichwohl  auch  dort  nicht  vonstatten,  wie sich etwa dem Vereins‐Jahresbericht 2001 entnehmen ließ: So habe es im  Berichtsjahr  zwei  Arbeitsgerichtsverfahren  gegeben,  „und  zwar  als  Folge  der        

67  Wenngleich einer der Autoren darauf hinweist, dass die Konstruktion der Zentren im eigent‐

lichen nicht das ist, „was die Denkschrift ‚Geisteswissenschaften heute‘ gewollt hat. Sie wollte  ein Zentrum, ein Kolleg in der Universität, weil geisteswissenschaftliche Forschungsergebnisse  ohne  Studenten  die  Tendenz  haben,  sich  zu  verselbständigen  und  ihre  Basis  zu  verlieren“ 

(Frühwald  1995).  Der  schließlich  formulierte  Auftrag,  die  Zentren  sollten  in  „engem  Zusam‐

menwirken“ mit der jeweils ortsansässigen Universität entstehen und arbeiten, dürfte darauf 

Ablehnung eines größeren Forschungsprojekts, in dem mehrere Mitarbeiter aus  der ehemaligen Akademie beschäftigt waren, durch die DFG“. Dies sei eine Fol‐

ge der Gründungskonstruktion der Zentren, „da die Struktur einer projektbezo‐

genen,  jeweils  befristeten  Förderung  der  doppelten  Zielsetzung  der  Zentren,  einerseits interdisziplinäre kulturwissenschaftliche Forschung zu entwickeln und  andererseits  den  Wissenschaftlern,  die  aus  der  Akademie  der  Wissenschaften  kommen, institutionelle Voraussetzungen für ihre Arbeit zu bieten, teilweise wi‐

derspricht“. (GWZ Berlin 2001: 12f.) 

An  den  drei  nichtberliner  GWZ  hingegen  war  es  gelungen,  die  Probleme  der  Gründungskonstruktion  ohne  arbeitsgerichtliche  Auseinandersetzungen  zu  be‐

wältigen.  Auch  die  Ost‐West‐Durchmischung  ist  dort,  insbesondere  am  ZFF  in  Potsdam und am GWZO in Leipzig, ausgewogener. An den Berliner Zentren wa‐

ren 2002 von den 141 MitarbeiterInnen 15 bereits an der AdW beschäftigt ge‐

wesen  (Bloch/Pasternack  2004:  46).  Das  heißt:  Insgesamt  waren  die  Berliner  GWZ  alsbald  personell  angeglichen,  indem  Wissenschaftler/innen  westdeut‐

scher Herkunft sie weitgehend dominierten.  

Auch neben den GWZ und jenseits der früheren AdW gibt es vereinzelte institu‐

tionelle Kontinuitäten. Dabei fanden in der Regel keine direkten Umgründungen  statt,  so  dass  sich  die  institutionellen  Anschlüsse  nur  über  mehrere  Stufen  re‐

konstruieren lassen. Die Mehrstufigkeit der Anschlusslösungen führte auch da‐

zu,  dass  meist  nur  sehr  geringe  Bestände  des  ursprünglichen  Personals  eine  Weiterbeschäftigung in den neuen Einrichtungen fanden.  

Solche institutionelle Nachfolgen waren im gesellschaftswissenschaftlichen Be‐

reich: das frühere Institut für Städtebau und Architektur der Bauakademie und  das heutige Leibniz‐Institut für Regional‐ und Strukturentwicklung Erkner (IRS),  das  frühere  Zentralinstitut  für  Hochschulbildung  Berlin  (ZHB)  und  das  heutige  Institut  für  Hochschulforschung  Halle‐Wittenberg  (HoF),  der  Bereich  Bildungs‐

geschichte  der  Akademie  der  Pädagogischen  Wissenschaften  und  die  heutige  Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung Berlin (BBF), Dresdner Institute  der  DDR‐Bauakademie  und  das  heutige  Leibniz‐Institut  für  Ökologische  Raum‐

entwicklung (IÖR). 

Ursprünglich  gab  es  auch  einzelne  weitere  (Teil‐)Fortsetzungen  von  gesell‐

schaftswissenschaftlichen DDR‐Instituten. Nicht alle davon konnten sich konso‐

lidieren, und gleiches gilt auch für einzelne nach‐1990er Neugründungen ohne  Vorgängereinrichtung.  So  fiel  das  Brandenburgische  Entwicklungspolitische  Institut, 1991 auf Basis des früheren DDR‐Instituts für Internationale Beziehun‐

gen (IBB) gegründet, 2001 Haushaltseinsparungen des Landes zum Opfer. Eines  der sechs Geisteswissenschaftlichen Zentren in Berlin, Potsdam und Leipzig, das  Forschungszentrum Europäische Aufklärung in Potsdam, war 2007 wieder auf‐

gelöst  worden.  2014  entschloss  sich  die  Max‐Planck‐Gesellschaft,  ihr  1993  ge‐

gründetes MPI für Ökonomik in Jena nicht fortzuführen. 

Übersicht 7: Die außeruniversitäre geistes‐ und sozialwissenschaftliche  Forschungslandschaft in Ostdeutschland (2015) 

 

Trägerschaft / Finanzierung  Gemein‐

schafts‐

finanzierung  Ressort‐

for‐

schung 

Mitfinanzie‐

rung Bund  (und Sitzort) 

Landes‐

einrich‐

tung   Berlin (nur einigungsbedingte Neugründungen)         

MPI für Wissenschaftsgeschichte         

GESIS Außenstelle Berlin         

Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF)         

Berlin‐Brandenburgische Akademie der Wissenschaften 

(BBAW)         

Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaft, Typologie 

und Universalienforschung (ZAS)         

Zentrum für Literatur‐ und Kulturforschung (ZfL)         

Zentrum Moderner Orient (ZMO)         

 Brandenburg         

Leibniz‐Institut für Regionalentwicklung und Struktur‐

forschung (IRS), Erkner         

Leibniz‐Institut Zentrum für Zeithistorische Forschung 

Potsdam (ZZF)         

Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften 

der Bundeswehr, Potsdam         

Einstein Forum Potsdam         

Moses Mendelssohn Zentrum         

 Mecklenburg‐Vorpommern         

MPI für Demografische Forschung Rostock         

Institut für Volkskunde in Mecklenburg‐Vorpommern 

(Wossidlo‐Archiv)         

 Sachsen         

MPI für Kognitions‐ und Neurowissenschaften Leipzig         

MPI für Evolutionäre Anthropologie Leipzig         

Leibniz‐Institut für Länderkunde (IfL) Leipzig         

Leibniz‐Institut für Ökologische Raumentwicklung (IÖR) 

Dresden         

Fraunhofer‐Zentrum für Internationales Management und 

Wissensökonomie, Leipzig         

Leibniz‐Institut für ökologische Raumentwicklung Dresden 

(IÖR)         

Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden         

Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz         

Geisteswissenschaftliches Zentrum Geschichte und Kultur 

Ostmitteleuropas, Leipzig         

Sächsische Akademie der Wissenschaften         

Sorbisches Institut / Serbski institut, Bautzen         

Simon‐Dubnow‐Institut für jüdische Geschichte und 

Kultur, Leipzig         

Hannah‐Arendt‐Institut für Totalitarismusforschung 

(HAIT), Dresden         

Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde  

Dresden         

 

Trägerschaft / Finanzierung  Gemein‐

schafts‐

finanzierung  Ressort‐

for‐

schung 

Mitfinanzie‐

rung Bund  (und Sitzort) 

Landes‐

einrich‐

tung 

 Sachsen‐Anhalt         

MPI für ethnologische Forschung, Halle (Saale)         

Leibniz‐Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH)         

Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften, 

Halle (Saale)         

Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, Magdeburg         

Franckesche Stiftungen Halle/Saale          

Stiftung Bauhaus Dessau          

Institut für Hochschulforschung Halle‐Wittenberg (HoF)         

Stiftung LEUCOREA, Lutherstadt Wittenberg         

 Thüringen         

MPI für Menschheitsgeschichte Jena         

Senckenberg Forschungsstation für Quartärpaläontologie 

Weimar (WGL)         

Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen         

 

Daneben gibt es einige (weitere) Forschungsmuseen, d.h.  Museen mit überre‐

gional  bedeutenden  Sammlungen,  die  an  diesen  Sammlungen  –  neben  ihren  sonstigen  Aufgaben  der  Bestandspflege  und  ‐erweiterung  sowie  der  Ausstel‐

lungsgestaltung – eigene, überregional bedeutsame Forschungen durchführen. 

Eine  systematische  Erfassung  der  Forschungsmuseen  gibt  es  nicht.  Die  Zuord‐

nung  muss  daher  anhand  der  genannten  Kriterien  plausibilitätsgestützt  erfol‐

gen.  Nicht  berücksichtigt  sind  Museen,  die  institutioneller  Teil  einer  der  o.g. 

Forschungseinrichtungen sind. (Übersicht 8)   

Übersicht 8: Geisteswissenschaftliche Forschungsmuseen in Ostdeutschland 

Land  Forschungsmuseen  Anzahl 

Brandenburg  Kleist Museum Frankfurt/Oder 

Sachsen 

Deutsche Hygiene‐Museum Dresden 

Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden 

Landesmuseum für Vorgeschichte Dresden 

Verkehrsmuseum Dresden 

Museum für Völkerkunde zu Leipzig 

Sachsen‐Anhalt 

Kulturhistorisches Museum Magdeburg    

Gleimhaus Halberstadt 

Forschungsstätte für Frühromantik und Novalis‐

Museum Schloss Oberwiederstedt 

Händel‐Haus Halle  

Landesmuseum für Vorgeschichte Halle 

Winckelmann‐Museum Stendal 

Thüringen 

Schloss Friedenstein Gotha  

Heinrich‐Schütz‐Haus Bad Köstritz 

Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau‐

Dora (Weimar und Nordhausen) 

Summe    16