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II. Allgemeines und Kostenberechnung der ersten Instanz

6. Streitwert

Allgemeines

Wie bereits ausgeführt, richtet sich die Höhe der Gebühren regelmäßig nach dem Streitwert (vgl. §§ 3, 34 GKG). Die Berechnung des jeweiligen Streitwertes bestimmt sich nach den Vorschriften der §§ 39 bis 60 GKG.

In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sind für die Ermittlung des der Kostenberechnung zugrundeliegenden Gebührenstreitwertes grundsätzlich gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG die Wertvorschriften betreffend die sachliche Zuständigkeit (§§ 3 bis 9 ZPO) - Zustän-digkeitsstreitwert - zu übernehmen. Dies gilt gem. § 48 Abs. 1 S. 1 GKG allerdings nur, sofern nichts anderes bestimmt ist.

Eine Sonderregelung gegenüber der ZPO enthält das GKG beispielsweise für die Wertberechnung bei Erhebung einer Widerklage. Abweichend vom Zuständigkeits-streitwert nach § 5 ZPO richtet sich der GebührenZuständigkeits-streitwert in diesem Falle nach § 45 GKG.

Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage bzw. eines Rechtsmittels maßgebend (§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO). Deshalb hat die - auch teilweise - Rücknahme einer Klage oder Widerklage bzw. die teilweise Rück-nahme eines Rechtsmittels auf die Berechnung des Streitwertes keinen Einfluss. Sie kann allenfalls zu einer Ermäßigung des Gebührensatzes der Verfahrensgebühr füh-ren (vgl. KV 1211 oder 1221 - 1222), wenn durch die Rücknahme das gesamte Ver-fahren erledigt wird.

Streitwertfestsetzung durch das Gericht

Soweit das Gericht den Streitwert festsetzt, ist diese Festsetzung für den Kostenbe-amten bindend (§§ 62, 63 GKG).

Das Gericht setzt beispielsweise nach Klageeingang den für die Berechnung der ge-mäß § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GKG fälligen Verfahrensgebühr maßgeblichen Streitwert gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 GKG vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist (z.B. im Falle eines Herausgabeanspruchs).

Eine endgültige Wertfestsetzung durch das Gericht erfolgt regelmäßig gemäß § 63 Abs. 2 GKG mit der Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand oder nach anderweitiger Erledigung des Verfahrens.

Die Wertfestsetzung kann vom Gericht § 63 Abs. 3 GKG geändert werden, allerdings nur innerhalb der Frist des § 63 Abs. 3 S. 2 GKG.

Zahlungsklagen/Addition mehrerer Ansprüche

Sofern Gegenstand des Verfahrens eine bestimmte Geldsumme ist, bemisst sich der Wert lediglich nach dem Betrag der Hauptforderung. Früchte (§ 99 BGB), Nutzungen (§ 100 BGB), Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, soweit sie als Nebenforde-rung geltend gemacht werden (§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG; § 4 Abs. 1 - letzter Hs. - ZPO).

Beispiel:

Klageeinreichung wegen einer Kaufpreisforderung in Höhe von 2.000,00 € nebst Zin-sen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit … und vorgerichtlicher Mahnkosten in Höhe von 85,00 €

Streitwert: 2.000,00 €

Maßgebend für die Geltendmachung als Nebenforderung ist die Zugehörigkeit zum Hauptanspruch. Sie ist nur dann unbeachtlich, wenn sie neben dem Hauptanspruch geltend gemacht wird und von diesem abhängig ist.

Wird aber der Anspruch eigenständig ohne die (bisherige) Hauptforderung im isolierten Verfahren geltend gemacht, wird die (bisherige Neben-)Forderung zur Hauptforderung und ist der Streitwertberechnung zugrunde zu legen.

Beispiel:

Kaufpreisforderung in Höhe von 2.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit … und vorgerichtlicher Mahnkosten in Höhe von 85,00 €. Der Käufer zahlt die Kaufpreisforderung nebst Zinsen, nicht aber die vorgerichtlichen Mahnkosten.

Diese macht der Verkäufer im Klageweg geltend.

Streitwert: 85,00 €

Sofern mehrere Ansprüche in einer Klage geltend gemacht werden (vgl. § 260 ZPO), sind deren Werte gem. § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 5 ZPO zu addieren. Aus der Summe der Einzelwerte ist nur eine einheitliche Gebühr zu erheben (vgl. § 35 GKG). Dabei ist es unbeachtlich, ob die mehreren Ansprüche bereits gleichzeitig mit Einreichung der Klage oder infolge Klageerweiterung und somit zeitlich versetzt anhängig werden. Al-lerdings bestehen insoweit Sonderregelungen betreffend Widerklage, Hilfsantrag und Stufenklage (§§ 44; 45 GKG).

Beispiel:

Klageeinreichung wegen einer Darlehensforderung von 8.000,00 €, spätere Klageer-weiterung wegen einer Kaufpreisforderung in Höhe von 2.000,00 €

Entstandene Gebühr: KV 1210 (3,0) (Wert: 10.000,00 €) 798,00 €

Erledigungserklärungen gemäß § 91 a ZPO

Soweit die Parteien übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt haben, hat das Gericht - wie bereits ausgeführt - durch Beschluss lediglich über die Verpflichtung zur Kostentragung zu entscheiden.

Streitwert für diese Kostenentscheidung sind die bislang entstandenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.

Dieser Wert ist aber für die Berechnung der Verfahrensgebühr irrelevant. Insoweit ist gemäß § 48 Abs. 1 GKG, § 4 ZPO auf den Streitwert im Zeitpunkt der Klageeinreichung bzw. in der Rechtsmittelinstanz auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels ab-zustellen.

Wiederkehrende Leistungen

Wiederkehrende Leistungen sind Ansprüche, die auf einem einheitlichen Rechtsver-hältnis beruhen und in bestimmten zeitlichen Abständen regelmäßig wiederkehrend fällig werden. Im Falle der Geltendmachung von wiederkehrenden Leistungen ist zu-nächst die Grundlage des Anspruchs zu beachten (vgl. § 42 Abs. 1, 2 GKG).

§ 42 Abs. 1 und 2 GKG ist nicht für alle Forderungen auf wiederkehrende Leistungen anzuwenden, sondern nur für die hier konkret aufgeführten Ansprüche bzw. Verfahren.

Hingegen ist beispielsweise bei Geltendmachung von Schadensersatz wegen der Tö-tung eines Menschen oder der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit in Form einer Geldrente gem. § 48 Abs. 1 S. 1 GKG die Regelung des § 9 ZPO auch für die Wertberechnung betreffend die Gerichtsgebühren anzuwenden. Nach § 9 ZPO ist in-soweit der dreieinhalbfache Wert des einjährigen Bezuges maßgebend, sofern die Geldrente nicht für einen kürzeren Zeitraum geltend gemacht wird.

Darüber hinaus ist § 42 Abs. 3 GKG zu beachten. Er betrifft die wertmäßige Behand-lung von rückständigen Beträgen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob es sich um Ansprüche für die Zukunft oder Ansprüche für die Vergangenheit handelt, ist der Zeit-punkt des Eingangs der Klage bzw. eines Prozesskostenhilfeantrags (vgl. § 42 Abs. 3 GKG). Die Rückstände sind dem ermittelten Streitwert (z.B. gem. § 42 Abs. 1, 2 GKG bzw. gem. §§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO) hinzuzurechnen; das gilt allerdings nicht bei Prozessen vor Gerichten für Arbeitssachen.

Es sind deshalb sowohl der Wert für die künftigen Ansprüche als auch eventuell ein-geklagte Ansprüche für die Vergangenheit getrennt zu berechnen und anschließend zu addieren.

Insoweit ist zu beachten, dass z.B. eine Geldrente gemäß § 843 BGB regelmäßig für 3 Monate im Voraus zu zahlen ist (§§ 843 Abs. 1, 2; 760 Abs. 1, 2 BGB) und somit keine anteilige tageweise Berechnung erfolgt.

Miet- und Pachtverhältnisse

Für die Wertberechnung in bestimmten Streitigkeiten aus Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnissen findet § 41 GKG Anwendung. Hier ist zu unterscheiden, um welche Art von Miet-/Pachtstreitigkeiten es sich handelt.

Bestehen oder Dauer des Miet-/Pachtverhältnisses streitig - § 41 Abs. 1 GKG Sofern das Bestehen oder die Dauer des Miet-/Pachtverhältnisses streitig ist, bestimmt sich der Wert gem. § 41 Abs. 1 S. 1 GKG nach dem auf die streitige Zeit entfallenden Entgelt, höchstens jedoch nach der Jahresmiete.

Grundsätzlich ist insoweit gem. § 41 Abs. 1 S. 2 GKG auf die Nettomiete (ohne Ne-benkosten) abzustellen. Nebenkosten sind nur dann hinzuzurechnen, wenn sie nicht gesondert abgerechnet werden.

Beispiel a):

Bestehen eines Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit streitig. Monatliche Nettomiete 600,00 €, monatliche Nebenkostenpauschale 250,00 €; jährliche Abrechnung der kon-kreten Nebenkosten

Streitwert: 7.200,00 € (jährliche Nettomiete = 600,00 € x 12)

Beispiel b):

Bestehen eines Mietverhältnisses für die Dauer von 2 Jahren streitig. Monatliche Miete 300,00 €; zusätzlich feste monatliche Nebenkostenpauschale 50,00 € ohne konkrete Abrechnung am Jahresende bzw. nach Abschluss des Mietverhältnisses

Streitwert: 4.200,00 € (jährliche Gesamtmiete incl. Nebenkosten = 350,00 € x 12)

Klage wegen Beendigung des Miet-/Pachtverhältnisses - § 41 Abs. 2 GKG

Wird wegen Beendigung des Miet-, Pachtverhältnisses auf Räumung geklagt, ist eben-falls die Jahresmiete gem. § 41 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 GKG als Wert anzusetzen, sofern nicht die streitige Zeit geringer ist als ein Jahr.

Ansprüche gemäß § 41 Abs. 5 GKG

§ 41 Abs. 5 GKG umfasst die nachstehend aufgeführten Fallgestaltungen:

- Bei Ansprüchen des Vermieters gegen den Mieter auf Mieterhöhung für Wohnraum ist der Jahresbetrag der Mieterhöhung maßgebend.

- Bei Ansprüchen des Mieters gegen den Vermieter auf Instandsetzungsmaßnah-men ist der Jahresbetrag einer angemessenen Mietminderung maßgebend.

- Bei Ansprüchen des Vermieters gegen den Mieter auf Duldung von Modernisie-rungs- oder Erhaltungsmaßnahmen ist der Jahresbetrag einer möglichen Mieter-höhung maßgebend.

- Mit dem KostRÄG 2021wurde auch die Mietminderung in § 41 Abs. 5 S. 1 GKG aufgenommen. Für Klagen des Mieters auf Feststellung einer Mietminderung für Wohnraum ist somit der Jahresbetrag der Mietminderung maßgeblich.

Gemäß § 41 Abs. 5 S. 2 GKG ist jedoch ebenso wie bei den Absätzen 1 und 2 auch hier ein entsprechend geringerer Betrag anzusetzen, wenn das Mietverhältnis vor Ab-lauf eines Jahres endet.

Mehrere Ansprüche

In Verfahren betreffend Mietstreitigkeiten werden häufig mehrere Ansprüche geltend gemacht (z.B. Klage auf Räumung und Zahlung von Mietrückständen). In diesen Fäl-len sind zunächst die Einzelwerte der Ansprüche nach den maßgeblichen Vorschriften zu ermitteln und sodann gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 5 ZPO zu addieren.

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