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Besonderheiten im Verfahren

Im Dokument L A U F B A H N G R U P P E 1. 2 (Seite 32-38)

1. Widerklage

Allgemeines

Die Widerklage stellt eine Klage - innerhalb eines bereits anhängigen Verfahrens - mit umgekehrtem Rubrum dar (vgl. § 33 ZPO). Der Beklagte wird insoweit zum Widerklä-ger und damit teilweise ebenfalls zum Antragsteller des Verfahrens mit der Folge der anteiligen, auf die Widerklage bezogenen Haftung gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 GKG. Da keine (gesonderte) Verfahrensgebühr KV 1210 erhoben werden darf (vgl. § 35 GKG), hat die Erhebung der Widerklage über die Kostenhaftung des Widerklägers hinaus nach § 22 Abs. 1 S. 1 GKG nur Auswirkungen auf die Berechnung des Streitwerts.

Streitwertberechnung

Die Wertberechnung erfolgt im Falle einer Widerklage wie folgt:

Zunächst ist der (Einzel-)Wert für die Widerklage nach denselben Regeln wie für die Klage (§§ 39 ff., 48 Abs. 1 GKG; 3 ff ZPO) zu berechnen.

Anschließend ist festzustellen, ob Klage und Widerklage verschiedene Streitgegen-stände oder denselben Streitgegenstand betreffen.

Verschiedene Streitgegenstände gemäß § 45 Abs. 1 S. 1 GKG liegen vor, wenn die Klage- und Widerklageansprüche inhaltlich unabhängig voneinander sind und das Ge-richt somit hierüber inhaltlich getrennt zu entscheiden hat.

In diesem Fall sind die Streitwerte von Klage und Widerklage gem. § 45 Abs. 1 S. 1 GKG zu addieren, die Verfahrensgebühr ist aus dem Gesamtwert zu berechnen.

Beispiel:

Klage A gegen B auf Zahlung einer Kaufpreisforderung in Höhe von 2.000,00 € Widerklage B gegen A auf Rückzahlung einer Darlehensforderung in Höhe von 5.000,00 €

Streitwert gem. § 45 Abs. 1 S. 1 GKG: 7.000,00 €

Derselbe Streitgegenstand im Sinne des § 45 Abs. 1 S. 3 GKG liegt in der Regel dann vor, wenn die Zuerkennung des einen Anspruchs notwendigerweise die Aberkennung des anderen Anspruchs zur Folge hat.

In diesem Fall ist nur der (einzelne) Wert des - höheren - Gegenstandes maßgebend.

Beispiele zu demselben Streitgegenstand:

1.

Klage A gegen B auf Herausgabe eines PKW (da A Eigentümer)

Widerklage B gegen A auf Aushändigung des Kfz-Briefes (da B Eigentümer) 2.

Klage A gegen B auf Zahlung des Kaufpreises aus einem Kaufvertrag Widerklage B gegen A auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages

Einforderung und Haftung

Sofern sich der Streitwert aufgrund der Erhebung der Widerklage erhöht und sich in-folgedessen ein fälliger Restbetrag der Verfahrensgebühr ergibt, ist dieser vom Wider-kläger als Antragsteller gemäß § 22 Abs. 1 GKG anzufordern. Da gemäß §§ 10, 12 Abs. 2 Nr. 1 GKG aber keine Vorwegleistungspflicht besteht, ist die Differenz gemäß

§ 25 KostVfg zum Soll zu stellen.

Zu unterscheiden vom noch einzuziehenden Differenzbetrag ist die Antragstellerhaf-tung. Diese ist differenziert nach Klage und Widerklage zu berechnen. Das gilt sowohl für die Verfahrensgebühr als auch für die Auslagen.

Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 GKG haftet der Kläger für alle die Klage betreffenden, der Widerkläger (Beklagte) für sämtliche die Widerklage betreffenden Kosten (Gebühren und Auslagen, § 1 GKG), die in einem fiktiven eigenständigen Verfahren angefallen wären.

Über die Antragstellerhaftung gem. § 22 GKG hinaus haftet hinsichtlich entstandener Auslagen je nach Sachverhalt eventuell zusätzlich derjenige (Kläger bzw. Beklagter), der die entsprechenden Auslagen verursacht hat (§§ 17, 18 GKG).

Beispiel: (Klage und Widerklage betreffen verschiedene Streitgegenstände) Klage: 3000,00 € - gezahlte Gebühr KV 1210 nach Klageeingang: 357,00 € Widerklage: 1.000,00 €

Entstandene Gebühr: KV 1210 (zusammengerechneter Wert: 4.000,00 €) 420,00 € Vom Widerkläger einzuziehende Differenz: 63,00 €

Antragstellerhaftung gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 GKG:

Kläger (Widerbeklagter): (Wert: 3.000,00 €) 357,00 € Beklagter (Widerkläger): (Wert: 1.000,00 €) 174,00 €

Beachte

Eine Ermäßigung der pauschalen Verfahrensgebühr ist gem. KV 1211 nur möglich im Falle der Beendigung des gesamten Verfahrens (von Klage und Widerklage).

2. Mehrvergleich

Begriff

Ein sogenannter Mehrvergleich liegt vor, wenn die Parteien sich über Ansprüche ver-glichen haben, die nicht (durch Einreichung einer Klage, Klageerweiterung oder Wi-derklage) Gegenstand eines Rechtsstreits geworden sind, für die also keine Verfah-rensgebühr erhoben werden kann. Ein Mehrvergleich ist somit ausgeschlossen, wenn über den Gegenstand bei demselben oder aber bei einem anderen Gericht bereits ein die Verfahrensgebühr auslösendes Verfahren anhängig wurde.

Allgemeiner Hinweis

Es ist zu berücksichtigen, dass der gesetzlich nicht definierte Begriff „Mehrvergleich“

im Rahmen der Berechnung der Gerichtskosten einerseits und im Rahmen der Be-rechnung der Rechtsanwaltsvergütung andererseits mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet wird.

Höhe der Mehrvergleichsgebühr

Während der Vergleich über den anhängigen Streitgegenstand bereits durch die Ver-fahrensgebühr KV 1210/1211 Nr. 3 abgedeckt ist, wird für den Gegenstand des Mehr-vergleichs zusätzlich gem. KV 1900 GKG eine 0,25 - fache Gebühr erhoben. Diese Gebühr wird gemäß § 6 Abs. 2 GKG mit Abschluss des Vergleichs fällig.

Für die Höhe der Gebühr ist ggf. § 34 Abs. 2 GKG zu beachten, wonach der Mindest-betrag 15,00 € beträgt.

Außerdem ist gemäß der Anmerkung zu KV 1900 der zulässige Höchstbetrag unter entsprechender Anwendung von § 36 Abs. 3 GKG zu berechnen. Danach dürfen die getrennt berechneten Gebühren KV 1210/1211 und KV 1900 insgesamt keinen höhe-ren Gesamtbetrag ergeben als die aus dem zusammengerechneten Wert berechnete Gebühr nach dem höchsten Gebührensatz. Gegebenenfalls ist die Mehrvergleichsge-bühr bis auf 0,00 € zu kürzen.

Beispiel:

Prozessverfahren 1. Instanz über 10.000,00 €. Das Verfahren endet durch Vergleich über den gesamten Anspruch. Darüber hinaus erstreckt sich der Vergleich auch auf einen bislang gerichtlich nicht anhängig gemachten Streitgegenstand in Höhe von 3.000,00 €.

Gebührenberechnung:

KV 1210/1211 Nr. 3 (1,0) (Wert: 10.000,00 €) 266,00 € KV 1900 (0,25) (Wert: 3.000,00 €) 29,75 €

Summe: 295,75 €

Höchstbetrag gem. § 36 Abs. 3 GKG

1,0 – fache Gebühr von 13.000,00 € 295,00 € Folge: Gebühr KV 1900 ist zu kürzen auf 29,00 €

Haftung

Für die Mehrvergleichsgebühr haften gem. § 22 Abs. 1 S. 4 GKG die am Vergleich beteiligten Parteien als Antragsteller (als Gesamtschuldner gemäß § 31 Abs. 1 GKG).

Diese Haftung gem. § 22 Abs. 1 S. 4 GKG betrifft aber ausschließlich die Gebühr KV 1900, die für den Abschluss des Mehrvergleichs selbst erhoben wird. Sie bezieht sich

nicht die Verfahrensgebühr KV 1210/1211 hinsichtlich des bereits anhängigen Gegen-standes. Die diesbezügliche Haftung regelt ausschließlich § 22 Abs. 1 S. 1 GKG.

Die gesamtschuldnerische Antragstellerhaftung nach § 22 Abs. 1 S. 4 GKG besteht unabhängig davon, ob im Vergleich eine andere Kostentragungspflicht (vgl. § 29 Nr. 2 GKG) vereinbart wurde. Bei noch offenstehenden Kostenforderungen sind aber für die Inanspruchnahme als Erst- bzw. Zweitschuldner die §§ 31 Abs. 2, 3 GKG zu beachten.

3. Verbindung und Trennung von Verfahren - Überblick -

Verbindung von Verfahren

Gemäß § 147 ZPO können mehrere anhängige Verfahren verbunden werden. Ab Ver-bindung existiert nur noch ein Verfahren, dessen Streitwert sich aus der Summe der Einzelwerte der verbundenen Verfahren ergibt.

Die Verbindung hat aber keine rückwirkende Kraft. Sie bleibt deshalb auf die bereits entstandenen Verfahrensgebühren nach den Einzelwerten ohne Einfluss.

Beispiel:

Prozessverfahren 1 - Darlehensanspruch A gegen B -: Wert 10.000,00 € Prozessverfahren 2 - Kaufpreisforderung A gegen B -: Wert 6.000,00 € anschließende Prozessverbindung; Streitwert ab Verbindung: 16.000,00 €

Gebührenberechnung:

Für Verfahren 1: KV 1210 (Wert: 10.000,00 €) 798,00 € Für Verfahren 2: KV 1210 (Wert: 6.000,00 €) 546,00 €

Wird das Verfahren nach Verbindung insgesamt durch Ermäßigungstatbestände ge-mäß KV 1211 beendet, verringern sich die jeweiligen Verfahrensgebühren.

Im Rahmen des KV 1211 ist aber nicht auf das Gesamtverfahren nach Verbindung, sondern auf das jeweilige Verfahren vor der Verbindung abzustellen, weil die Verbin-dung die bereits angefallenen Verfahrensgebühren unberührt lässt. Bei unterschiedli-chem Verfahrensausgang kommt deshalb die Anwendung von KV 1210 und KV 1211 nebeneinander in Betracht.

Beispiel: (Fortsetzung)

Erledigung des Darlehensanspruchs durch gerichtlichen Vergleich, hinsichtlich der Kaufpreisforderung streitiges Urteil

Gebührenberechnung:

Für Verfahren 1: KV 1210/1211 Nr. 3 (Wert: 10.000,00 €) 266,00 € Für Verfahren 2: KV 1210 (Wert: 6.000,00 €) 546,00 €

Trennung von Verfahren

Bei der Prozesstrennung gemäß § 145 ZPO werden die bislang in einem Verfahren geltend gemachten Ansprüche in getrennten Prozessen verhandelt.

Vor der Prozesstrennung ist eine Verfahrensgebühr KV 1210 nach der Summe der Ansprüche (vgl. §§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG; 4 ZPO) entstanden. Ab der Trennung ent-steht für jedes Einzelverfahren eine gesonderte Gebühr nach dem Wert des jeweili-gen Anspruchs.

Hierauf ist die bereits erhobene Verfahrensgebühr nach dem Verhältnis der Einzel-streitwerte auf die abgetrennten Verfahren anteilig zu verrechnen. Nach anderer Auf-fassung hat die Verrechnung im Verhältnis der Einzelgebühren zu erfolgen.

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