II. Allgemeines und Kostenberechnung der ersten Instanz
8. Begriff und Zeitpunkt des Kostenansatzes
Allgemeines
Gem. § 15 Abs. 1 S. 1 KostVfg sind Kosten grundsätzlich alsbald nach Fälligkeit an-zusetzen und Kostenvorschüsse zu berechnen, sobald sie zu leisten sind.
Der Kostenansatz erfolgt gem. § 4 Abs. 1 KostVfg durch Erstellung einer Kostenrech-nung, deren Inhalt sich aus § 24 KostVfg ergibt. In ihr sind insbesondere die angefal-lenen Kostenansätze konkret unter Angabe der angewendeten Vorschriften aufzufüh-ren und der/die Kostenschuldner festzustellen.
Fälligkeit
Die Fälligkeit berechtigt die Staatskasse, Kosten geltend zu machen und bewirkt somit deren Einziehbarkeit vom Kostenschuldner. Sie setzt die Entstehung der Kosten vo-raus.
Die Fälligkeit der Gebühren und Auslagen (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 GKG) ist im GKG un-terschiedlich geregelt.
Fälligkeit der Gebühren - § 6 Abs. 1, 2 GKG
Verfahrensgebühren (z. B. KV 1210, 1220) werden gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 GKG mit Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift (oder der ent-sprechenden Erklärung zu Protokoll) fällig.
Erfordert die Gebühr (ausnahmsweise) eine konkrete gerichtliche Handlung (z. B. Ge-bühr für Abschluss eines gerichtlichen Mehrvergleichs gem. KV 1900), wird sie gem.
§ 6 Abs. 2 GKG erst mit dieser fällig.
Aufgrund der Regelung in § 6 GKG findet hinsichtlich der Gebühren die Norm des § 9 Abs. 2 GKG, wonach Gebühren im Übrigen mit Beendigung des Verfahrens fällig wer-den, nahezu keine Anwendung.
Fälligkeit der Auslagen § 9 GKG
Auslagen werden gemäß § 9 Abs. 2 GKG fällig, sobald eine unbedingte Entscheidung über die Kosten ergangen oder aber das Verfahren anderweitig beendet ist (z. B. durch
Vergleich, Klagerücknahme pp.). Die einzelnen Erledigungstatbestände sind in Abs. 2 Nr. 1 bis 5 aufgezählt.
Lediglich die Dokumentenpauschale gemäß KV 9000 und die Auslagen für die Akten-versendung gemäß KV 9003 werden gem. § 9 Abs. 3 GKG sofort nach ihrer Entste-hung fällig.
Vorschuss- und Vorauszahlung/(Vorwegleistung)
Von der Fälligkeit der Kosten gemäß §§ 6, 9 GKG ist die Vorauszahlungs- und Vor-schusspflicht abzugrenzen.
Die Tätigkeit des Gerichts darf gemäß § 10 GKG von der Sicherstellung oder Zahlung der Kosten nur abhängig gemacht werden, wenn entsprechende gesetzliche Vorschrif-ten der Prozessordnungen oder des GKG dies erlauben. Für Zivilprozessverfahren befinden sich nähere Bestimmungen, beispielsweise in §§ 379, 402 ZPO (Auslagen-vorschuss für Zeugen- bzw. Sachverständigenvergütung) und in §§ 12, (12a), 14, 17, 18 GKG.
Die Bestimmung der Vorschuss- und Vorwegleistungspflicht ist im Rahmen des Kos-tenansatzes auch maßgebend für die Frage, wie die Kosten vom Kostenschuldner ein-zuziehen sind (vgl. nähere Einzelheiten unter „Kosteneinforderung“).
Einzelheiten zur Verfahrensgebühr im Mahnverfahren und im Europäischen Mahnver-fahren ergeben sich aus § 12 Abs. 3 GKG (vgl. nähere Einzelheiten unter „Kosten des Mahnverfahrens“).
Vorauszahlungs- (Vorwegleistungs-) pflicht betreffend Verfahrensgebühren Die Verfahrensgebühr KV 1210 im erstinstanzlichen Verfahren wird bereits mit Einrei-chung der Klageschrift fällig. Gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 GKG soll die Klage erst nach Zahlung der - bereits fälligen - Gebühr zugestellt werden. Es besteht demnach für den Kläger die Pflicht, die Verfahrensgebühr vorauszuzahlen (vorwegzuleisten), ehe eine Tätigkeit des Gerichts erfolgt. Entsprechendes besagt § 12 Abs. 1 S. 2 GKG für den eventuell aufgrund einer Klageerweiterung einzufordernden Differenzbetrag.
Keine Verpflichtung zur Vorauszahlung der Verfahrensgebühr besteht aber bei den in
§ 12 Abs. 2 GKG aufgeführten Fällen. Für den Widerkläger ergibt sich beispielsweise
gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 GKG keine Vorauszahlungspflicht für den entstandenen Dif-ferenzbetrag, wenn sich die Verfahrensgebühr infolge Erhebung einer Widerklage er-höht.
Mangels entsprechender Regelung in § 12 GKG besteht für den Rechtsmittelführer in Berufungs- und Revisionsverfahren keine Vorwegleistungspflicht für die Verfahrens-gebühr KV 1220 bzw. 1230.
Ausnahmen von der Abhängigmachung ergeben sich aus § 14 GKG. Praxisrelevant sind insbesondere die Fallkonstellationen des § 14 Nr. 1 GKG (Bewilligung von Pro-zesskostenhilfe für den Antragsteller) und des § 14 Nr. 2 GKG (Antragsteller steht Ge-bührenfreiheit zu).
Vorschuss- und Vorauszahlungspflicht betreffend Auslagen
Auslagen werden gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 GKG erst mit Beendigung des Verfah-rens, die Dokumenten- und Aktenversendungspauschale gemäß § 9 Abs. 3 GKG mit Entstehung fällig. Zur Sicherstellung dieser Kosten hat der Antragsteller der die Aus-lagen verursachenden Handlung gemäß § 17 Abs. 1 GKG einen zur Deckung hinrei-chenden Vorschuss zu zahlen.
Nach § 17 Abs. 1 S. 2 GKG soll das Gericht die Vornahme der Handlung von der Zahlung abhängig machen. Der Antragsteller hat diesen Betrag also vorauszuzahlen.
Herstellung und Überlassen von Dokumenten sowie die Aktenversendung können ge-mäß § 17 Abs. 2 GKG von der Vorauszahlung eines entsprechenden Vorschusses abhängig gemacht werden.
Beispiel:
Im Prozess benennt der Beklagte einen Zeugen zum Klageanspruch. Das Gericht be-stimmt, dass der Beklagte auf die noch entstehenden (und erst mit Abschluss des Ver-fahrens fällig werdenden Zeugenauslagen) einen Vorschuss in Höhe von 80,00 € zu zahlen hat. Der Zeuge wird erst geladen, wenn die Zahlung des Vorschusses nachge-wiesen ist. Es besteht somit Vorschuss- und damit einhergehend Vorwegleistungs-pflicht.
Reicht der Vorschuss nicht aus, die tatsächlich entstandenen Kosten zu decken, er-folgt die konkrete Abrechnung gemäß § 15 Abs. 2 KostVfg in der Regel erst bei Ab-schluss des Verfahrens, soweit kein Verlust für die Staatskasse zu befürchten ist. Wer-den aber im Laufe des Verfahrens weitere Gebühren fällig, sind mit ihnen auch die durch die Vorschüsse nicht gedeckten Auslagen anzusetzen.
Gemäß § 18 GKG bleibt die Vorschusspflicht unabhängig von einer Kostentragungs-pflicht gemäß § 29 Nr. 1, 2 GKG fortbestehen (in der Höhe begrenzt durch die insoweit tatsächlich entstandenen Kosten).
Beispiel (Fortsetzung):
Dem Zeugen werden als Entschädigung 70,00 € ausgezahlt. Dem Kläger werden durch Urteil die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Der Beklagte haftet in Höhe von 70,00 € für die entstandenen Zeugenauslagen unab-hängig vom Kostenausspruch im Urteil. (Gegebenenfalls kommt eine Verrechnung des geleisteten Vorschusses auf die Kostenschuld des Klägers in Betracht.)