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4 HANDLUNGSFELD BILDUNGSCHANCEN

4.6 STRATEGISCHER AUSBLICK FHNW

Massnahmen im Bildungsbereich sind für die Verhinde-rung von Armut von hoher Relevanz. So überrascht es nicht, dass die Förderung von Bildungschancen auch im Nationalen Programm gegen Armut als Schwerpunkt festgelegt wurde. Im Sinne einer Präventionspolitik wird hier möglichst frühzeitig angesetzt, um Armutsrisiken zu minimieren, beziehungsweise gar nicht erst entstehen zu lassen. Die Bedeutung einer erfolgreich verlaufenden Bil-dungskarriere für eine nachhaltige berufl iche Integration und für die Verhinderung von Armut sind fachlich mehrfach nachgewiesen worden. Gleichzeitig ist Bildung nicht nur für die Verhinderung von Armut relevant, sondern spielt auch für die Überwindung von bestehenden Armutssituationen eine bedeutende Rolle. Hierbei stehen die Möglichketen der Nachqualifi zierung für Erwachsene im Zentrum, denen eine hohe Bedeutung im Hinblick auf eine nachhaltige Er-werbsintegration von geringqualifi zierten armutsbetroffe-nen Persoarmutsbetroffe-nen zukommt.

Bildungspolitik geht deutlich über die armutspräventive Dimension hinaus. Entsprechend gilt es, armutspolitische Überlegungen innerhalb der Bildungspolitik auf andere Ziel-dimensionen abzustimmen und mögliche Synergien zu nut-zen. Das breit abgestützte Ziel, dass möglichst alle Schü-lerinnen und Schüler einen Abschluss auf Sekundarstufe II erreichen sollen, bildet hierzu eine gute Grundlage. Da im Bildungsbereich generell eine grosse Zahl von Akteurinnen und Akteuren involviert ist, ist eine abgestimmte Zusam-menarbeit und Kooperation zwischen den unterschiedli-chen Stellen von besonderer Bedeutung. Dabei gilt es un-ter anderem auch, möglichst klare Verantwortlichkeiten für einzelne Teilbereiche festzulegen.

Die vorgeschlagenen Massnahmen im Handlungsfeld Bil-dungschancen lassen sich grundsätzlich entlang des Le-benslaufs betrachten. Damit wird dem Gedanken Rechnung getragen, dass von der frühen Kindheit bis ins Erwachse-nenalter kontinuierliche Chancen für den Bildungserwerb bestehen sollen.

Die Frühe Förderung gilt in vielerlei Hinsicht als besonders erfolgsversprechend. Für diesen Bereich besteht im Kan-ton Basel-Landschaft mit dem Entwurf für ein Konzept zur Frühen Förderung ein solides Fundament, auf welches aufgebaut werden kann. Gleichzeitig wurde im Verlauf der Strategieentwicklung deutlich, dass es eine Weiterentwick-lung und Intensivierung der Massnahmen braucht, um das Potential der Frühen Förderung für die Armutsprävention noch besser zu nutzen. Ausserdem ist es von Bedeutung, qualitativ hochwertige Angebote im Bereich der familiener-gänzenden Kinderbetreuung, der Elternbildung und Eltern-zusammenarbeit sowie der Kinder- und Jugendhilfe auch während der obligatorischen Schulzeit weiterzuführen, um so den Bildungserfolg und eine ganzheitliche Entwicklung der Kinder und Jugendlichen abzusichern.

Im Bereich des Übergangs von der obligatorischen Schul-zeit ins Erwerbsleben wurde besonders deutlich, dass es aufgrund der vielen involvierten Stellen eine stärkere Ab-stimmung der verschiedenen Angebote und Akteure und Akteurinnen braucht. Gerade dann, wenn sowohl Stellen aus dem Bildungs- wie auch aus dem Sozialbereich be-teiligt sind, ist eine entsprechende Abstimmung bedeut-sam. Um in ihrem Bildungserfolg gefährdete Jugendliche und junge Erwachsene frühzeitig begleiten zu können, ist ausserdem ein gestärktes Monitoring im Bildungsbereich relevant, wobei insbesondere die Übergänge von der obli-gatorischen Schule in die Berufsbildung und von dort in die reguläre Erwerbsarbeit in den Blick zu nehmen sind.

Die Möglichkeiten zum Erwerben eines Berufsabschlusses für Erwachsene wurden in den letzten Jahren gezielt er-weitert und mit dem im Jahr 2017 in Kraft getretenen Bun-desgesetz über die Weiterbildung eröffnen sich auch neue Chancen zur Förderung der Grundkompetenzen Erwachse-ner. Entsprechend gilt es, das Potential für eine nachhalti-ge Armutspolitik in diesem Bereich weiter auszuschöpfen.

Wie aufgezeigt wurde, zeigt sich Handlungsbedarf sowohl hinsichtlich des Ausbaus und der Bekanntmachung von er-wachsenengerechten Angeboten, als auch hinsichtlich der Deckung des Lebensunterhalts während der Nachqualifi -zierung. Massnahmen in diesem Bereich sind dabei eng verknüpft mit einer nachhaltigen berufl ichen Integration

196 Boeckenhof et al. (2012). Armut und Resilienz. Über die Bedingungen von gymnasialen Schulerfolg bei Jugendlichen mit Armutserfahrung.

Entsprechende Massnahmen werden deshalb auch im Handlungsfeld «Erwerbsintegration» nochmals aufgegrif-fen.

Bei der Verhinderung und Bekämpfung von Armut auf Bil-dung zu setzen, bedeutet immer auch eine langfristige Per-spektive einzunehmen und den Blick über die Armutspolitik im engeren Sinn hinaus zu öffnen. Während die unmittel-bare Existenzsicherung deutlich näher am Kern klassischer Armutspolitik liegt, schlägt sich in der Ausweitung der Be-trachtung auf die Bildungspolitik der Gedanke einer präven-tiven und invespräven-tiven Armutspolitik nieder. Verschiedene Studien machen dabei deutlich, dass es langfristig durch-aus lohnenswert scheint, in Bildungschancen für alle zu investieren und der Absicherung des Bildungserfolgs eine hohe Bedeutung beizumessen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass es weiterhin auch Massnahmen in anderen Bereichen wie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Wohnversorgung oder der sozialen Existenzsicherung brauchen wird, nicht nur, um gute Rahmenbedingungen für den Bildungserwerb herzustellen, sondern um allgemein eine ganzheitliche Verhinderung und Bekämpfung von Ar-mut sicherzustellen.

Die Arbeitsgruppe hat eine Reihe von Massnahmen zur Prü-fung vorgeschlagen, die den Erwerb von formaler Bildung betreffen. Doch ist die Bildungsthematik im Kontext der Ar-mutsprävention und Bekämpfung von Armut zu erweitern um die informellen und non-formalen Bildungsdimensio-nen, z. B. Lern- und Erfahrungsorte für armutsbetroffene Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die ausserhalb der Schule und der Ausbildung liegen. Studien zeigen, dass die Kombination formaler, informaler und nonformaler Bil-dungskompetenzen helfen, konstruktiver mit Belastungen und kritischen Ereignissen im Leben umzugehen.196

Wie auch für andere Handlungsfelder ist zu konstatieren, dass ein Risiko in der Erreichung der armutspolitischen Zie-le besteht, wenn im Kampf gegen Armut alZie-lein und aus-schliesslich auf den formalen Bildungserfolg gesetzt wird.

So sind unmittelbare Hilfen für Armutsbetroffene unver-zichtbar und können eine wichtige Voraussetzung sein, um aus Armut hervorgegangene Belastungen im Bildungsver-lauf zu mildern. Allein auf den Bildungsbereich zu setzen, würde den Blick auf Armut einengen. Ebenso ist anerken-nenswert, dass es Menschen gibt, die auch bei grösster Anstrengung und Investition den Bildungsabschluss der Sekundarstufe II nicht erreichen werden. Auch für diese Menschen sollten zukünftige Lebenswege und Lebensla-gen ausserhalb der Armut möglich sein.

5.1 CHARAKTERISIERUNG DES