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BERUFLICHE INTEGRATION VON ERWERBSLOSEN PERSONEN

5 HANDLUNGSFELD ERWERBSINTEGRATION

5.4 BERUFLICHE INTEGRATION VON ERWERBSLOSEN PERSONEN

5.4.1 BEDEUTUNG FÜR DIE VERHINDERUNG UND BEKÄMPFUNG VON ARMUT

Die Erwerbsintegration und die daraus generierten Ein-kommen bilden die zentrale Grundlage zur Deckung des eigenen Lebensunterhalts. Dementsprechend kommt der berufl ichen Reintegration von erwerbslosen Personen eine hohe Bedeutung für die Verhinderung und Bekämp-fung von Armut zu. Im Fokus stehen dabei insbesondere erwerbsfähige Sozialhilfebeziehende sowie von Langzeitar-beitslosigkeit betroffene Personen.235

5.4.2 PRAXIS, HANDLUNGSBEDARF UND ZU PRÜFENDE MASSNAHMEN

In der Schweiz ist das Risiko vergleichsweise gering , trotz aktiver Arbeitssuche und entsprechender Verfügbarkeit ohne Erwerbsarbeit dazustehen.236 Dennoch haben Er-werbstätige ein nicht unerhebliches Risiko, während ihrer Erwerbsbiografi e mindestens einmal arbeitslos zu wer-den.237 Die meisten arbeitslosen Personen fi nden dann innerhalb eines Jahres wieder eine neue Stelle. Ein ande-rer Teil bleibt jedoch länger als ein Jahr auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung angewiesen und gilt als lang-zeitarbeitslos. Mit zunehmender Dauer der Arbeitslosig-keit steigt dann das Risiko, dauerhaft ohne Erwerbsarbeit zu bleiben, in eine fi nanziell prekäre Situation zu geraten und anhaltend auf Sozialleistungen angewiesen zu sein.238 In der Schweiz fi ndet rund jede fünfte arbeitslose Person bis zum Ende des Anspruchs auf Taggelder der Arbeits-losenversicherung keine Stelle und wird ausgesteuert. Ein besonders hohes Risiko für eine Aussteuerung weisen un-ter anderem Personen ohne berufl iche Ausbildung, älun-tere Personen, sowie Personen mit einer Herkunft ausserhalb der EU/EFTA auf.239

Die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) bieten stellensuchenden Personen – unabhängig von einem An-spruch auf allfällige Taggelder der Arbeitslosenversiche-rung – Beratung sowie eine öffentliche Stellenvermittlung an. Für leistungsberechtigte Personen steht ausserdem eine breite Palette an arbeitsmarktlichen Massnahmen zur Verfügung. Nebst verschiedenen Bildungs- und

Beschäfti-gungsmassnahmen gibt es auch einige spezielle Massnah-men, wie Mobilitätsbeiträge oder Einarbeitungs- und Aus-bildungszuschüsse.240

Da sich die Erwerbsintegration mit zunehmender Dau-er dDau-er ErwDau-erbslosigkeit schwiDau-erigDau-er gestaltet, wird seit längerem diskutiert, wie Personen mit einem erhöhten Risiko einer Langzeitarbeitslosigkeit mittels zusätzlichen Massnahmen möglichst frühzeitig und gezielt unterstützt werden können.241 In diese Richtung gehen auch mehre-re Massnahmen, welche der Bundesrat im Frühjahr 2019 zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials vorgeschlagen hat. So sollen massgeschneiderte Zusatz-massnahmen für gering qualifi zierte und schwer vermittel-bare Stellensuchende eingesetzt werden können und auch schwer vermittelbare Flüchtlinge und vorläufi g aufgenom-mene Personen sollen mittels Einarbeitungszuschüssen berufl ich integriert werden.242 Ausserdem gibt es Bestre-bungen, Betriebe im Hinblick auf die Anstellung erwerbslo-ser Personen zu sensibilisieren.243

Ein Thema, welches in den letzten Jahren auch im Kanton Basel-Landschaft mehrfach diskutiert wurde, ist die ver-stärkte Unterstützung von älteren Arbeitslosen. Aufgrund der Überweisung eines entsprechenden Postulats über-prüft der Regierungsrat derzeit Möglichkeiten, um die Wie-dereinstellung von über 50-jährigen arbeitslosen Personen zu erleichtern. Konkret geht es dabei unter anderem um die Einführung von Prämien oder Steuererleichterungen für die Wiedereinstellung von über 50-jährigen Personen.244 Diese Massnahmen waren in der Arbeitsgruppe umstritten. Es wurden jedoch allgemeinere ergänzende Massnahmen für schwer vermittelbare Stellensuchende vorgeschlagen.

ZU PRÜFENDE MASSNAHME

ERGÄNZENDE FRÜHZEITIGE UND GEZIELTE MASSNAH-MEN FÜR SCHWER VERMITTELBARE STELLENSUCHENDE Um die bei den RAV gemeldeten und als potentiell schwer vermittelbar eingeschätzten Stellensuchenden

240 Vgl. Ecoplan (2019). Schnittstellen bei der Arbeitsmarktintegration aus Sicht der ALV: S. 13-17. (Auf Einarbeitungs- und Ausbildungszuschüsse wird weiter unten noch näher einge-gangen.)

241 Vgl. Bundesrat (2010). Gesamtschweizerische Strategie zur Armutsbekämpfung: S. 75f.

242 Vgl. Staatssekretariat für Migration et al. (2019). Faktenblatt: Massnahmen zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials: Massnahme 2 und 5.

243 Vgl. u.a. Staatssekretariat für Wirtschaft SECO (2019). Ältere Arbeitslose (50+): S. 20f.

244 Vgl. Parlamentarischer Vorstoss 2018/735: Wege aus der Sackgasse - Hilfe für über 50-jährige Arbeitslose.

245 Siehe dazu Massnahme 5 zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotentials: Zusätzliche Arbeitsmarktintegrationsmassnahmen für schwer vermittelbare Stellensuchende.

246 Siehe auch Massnahme 2 zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotentials: Einarbeitungszuschüsse für Flüchtlinge und Vorläufi g Aufgenommene Personen.

247 Vgl. KEK-CDC Consultants (2015). Angebot der Nachholbildung. Möglichkeiten und Grenzen für die Arbeitslosenversicherung: S. 15f.

248 KEK-CDC Consultants (2015). Angebot der Nachholbildung. Möglichkeiten und Grenzen für die Arbeitslosenversicherung: S. 42.

möglichst rasch wieder berufl ich zu integrieren, sind er-gänzende frühzeitige und gezielte Massnahmen zu prü-fen. Ein Teil dieser Massnahmen könnte gegebenenfalls im Rahmen der Bundesmassnahmen zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotentials umgesetzt wer-den.245 Für die unterschiedlichen Personengruppen mit besonderem Bedarf braucht es dabei individualisierte Massnahmen. Für Personen, welche über eine längere Zeit keine Anstellung fi nden, ist ein verstärkter Einsatz von Massnahmen zur Schärfung der Selbsteinschätzung und der Stärkung des Selbstwertgefühls prüfenswert.

Ein Teil der Arbeitsgruppe plädierte ausserdem für einen verstärkten Einsatz von Einarbeitungszuschüssen zur Förderung der berufl ichen Integration.246

Die primäre Zielsetzung der RAV besteht darin, versicher-te Personen möglichst rasch wieder in eine Ansversicher-tellung zu bringen. Sofern es für diesen Zweck erforderlich ist, be-steht im Rahmen der Arbeitslosenversicherung auch die Möglichkeit, stellensuchende Personen mittels Bildungs-massnahmen zu unterstützen und beispielsweise Kurse zu fi nanzieren. Im Hinblick auf eine Nachqualifi kation von geringqualifi zierten Stellensuchenden kommt ausserdem dem Instrument der Ausbildungszuschüsse eine besonde-re Bedeutung zu, da damit stellensuchenden Erwachsenen ohne Berufsabschluss das Absolvieren einer berufl ichen Grundausbildung ermöglicht werden kann.247 Dieses Inst-rument kommt jedoch vergleichsweise selten zur Anwen-dung, was unter anderem damit zusammenhängt, dass mit den Zuschüssen ein Bruttolohn von CHF 3’500 nicht überschritten werden darf. Im Hinblick auf die Nachqualifi -zierung besteht bei Kursen im Rahmen von arbeitsmarktli-chen Massnahmen ausserdem die Schwierigkeit, dass die Kurse oftmals nicht zu entsprechenden Abschlüssen oder Zertifi katen führen, welche an eine darauf aufbauende be-rufl iche Grundbildung angerechnet werden könnten.248 Im Bereich der Nachqualifi zierung von Erwachsenen eröffnen sich mit den aktuellen Entwicklungen im Bildungsbereich – etwa hinsichtlich Grundkompetenzen oder der Validierung von Bildungsleistungen – vielfältige Möglichkeiten, welche

genutzt werden sollten (vgl. 4.5.2).249 Entsprechend ist zu prüfen, inwiefern bezüglich der Nachqualifi kation gering qualifi zierter Stellensuchender Möglichkeiten für eine ver-stärkte Unterstützung bestehen.

ZU PRÜFENDE MASSNAHME

VERMEHRTE UNTERSTÜTZUNG DER NACHQUALIFIKA-TION GERING QUALIFIZIERTER STELLENSUCHENDER Es ist zu prüfen, inwiefern durch eine Umlagerung von Ressourcen im Bereich der arbeitsmarktlichen Mass-nahmen in Bildungsangebote mit anerkannten oder anrechenbaren Abschlüssen die Nachqualifi kation von gering qualifi zierten Stellensuchenden verstärkt un-terstützt werden kann. Weiter ist zu prüfen, inwiefern geeignete Personen vermehrt mittels Ausbildungszu-schüssen beim Erreichen einer Berufsqualifi kation unter-stützt werden könnten.250 Ein Teil der Arbeitsgruppe for-derte ausserdem eine insgesamt stärkere Unterstützung von Bildungsaktivitäten durch die RAV, insbesondere für langzeitarbeitslose Personen. Möglichkeiten in diesem Bereich ergeben sich allenfalls im Rahmen der Umset-zung der Massnahmen des Bundesrats zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotentials.251

Der Übergang zwischen der Arbeitslosenversicherung und der Sozialhilfe ist ebenfalls immer wieder Gegenstand von politischen Diskussionen. In diesem Zusammenhang sind auch auf Bundesebene zusätzliche Massnahmen für ausgesteuerte Personen vorgesehen. Aktuell ist es wäh-rend zwei Jahren nach der Aussteuerung nicht möglich, arbeitsmarktliche Massnahmen unter Mitfi nanzierung der Arbeitslosenversicherung zu besuchen. Für ausgesteuerte Personen über 50 Jahren wird hierzu vom Bundesrat mit den Massnahmen zur Förderung des inländischen Arbeits-kräftepotentials eine Lockerung dieses Grundsatzes vorge-schlagen. Demnach soll dieser Personengruppe auch di-rekt nach der Aussteuerung der Besuch von Bildungs- und Beschäftigungsmassnahmen ermöglicht werden.252 Die Frage, was mit ausgesteuerten Personen unter 50 Jahren in Bezug auf berufl iche Integrationsmassnahmen

gesche-249 In der Arbeitsgruppe war umstritten, ob die Finanzierung von Bildungsmassnahmen im Rahmen der Arbeitslosenversicherung generell zu restriktiv gehandhabt wird, oder ob es sich um eine sinnvolle Beschränkung auf notwendige Massnahmen handelt. Mit den Massnahmen des Bundesrats zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotentials wird in diesem Bereich eine Erweiterung des Ermessens geprüft (vgl. Staatssekretariat für Migration et al. (2019). Faktenblatt: Massnahmen zur Förderung des inländischen Arbeitskräfte-potenzials: Massnahme 5).

250 Vgl. KEK-CDC Consultants (2015). Angebot der Nachholbildung. Möglichkeiten und Grenzen für die Arbeitslosenversicherung: S. 42f.

251 Vgl. Vgl. Staatssekretariat für Migration et al. (2019). Faktenblatt: Massnahmen zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials: Massnahme 5.

252 Vgl. Staatssekretariat für Migration et al. (2019). Faktenblatt: Massnahmen zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials: Massnahme 6.

253 Vgl. Ecoplan (2019). Schnittstellen bei der Arbeitsmarktintegration aus Sicht der ALV: S. 28.

254 Vgl. Landratsvorlage-Entwurf: «Anreize stärken – Arbeitsintegration fördern». Teilrevision Sozialhilfegesetz.

255 Massnahme 6 zur Förderung des inländischen Arbeitskräftepotentials setzt dort an: Erleichterter Zugang für ausgesteuerte Personen über 50 Jahren zu Bildungs- und Beschäfti-gungsmassnahmen. Aktuell wird auf Bundesebene diskutiert, ob auch Einarbeitungszuschüsse für ausgesteuerte Personen zugänglich sein sollen.

hen soll, bleibt davon unberührt. Personen unter 50 Jahren müssen weiterhin ein allfällig bestehendes Vermögen auf-brauchen, bevor sie bei einer Unterstützung durch die So-zialhilfe berufl iche Integrationsmassnahmen in Anspruch nehmen können. Dabei nehmen viele Personen nach der Aussteuerung das Beratungs- und Vermittlungsangebot der RAV nicht mehr in Anspruch, wodurch es zu einer Lü-cke in der professionellen Begleitung kommt.253

In diesem Zusammenhang ist im Rahmen der Teilrevision des Sozialhilfegesetzes vorgesehen, dass ein zentrales Assessmentcenter auch ausgesteuerten Personen offen stehen soll.254 Damit könnte unter anderem die berufl iche Integration zentralisiert angegangen und ein allfälliger Über-gang vom RAV zur Sozialhilfe besser begleitet werden.

Im Hinblick auf die Förderung der berufl ichen Integration von ausgesteuerten Personen besteht somit aktuell ein Bedarf an weiteren Massnahmen, welcher allenfalls über die Teilrevision des Sozialhilfegesetzes abgedeckt werden kann.

ZU PRÜFENDE MASSNAHME

MASSNAHMEN ZUR BERUFLICHEN INTEGRATION FÜR AUSGESTEUERTE PERSONEN

Es ist zu prüfen, wie der Zugang zu berufl ichen Integ-rationsmassnahmen für ausgesteuerte Personen si-chergestellt werden kann, um die entsprechende Lücke zwischen Aussteuerung und Sozialhilfe zu schliessen.255 Durch die geplante Ausweitung des Assessmentcenters könnte das Beratungsangebot für ausgesteuerte Perso-nen optimiert und ein allfälliger Übergang vom RAV zur Sozialhilfe intensiver begleitet werden.

5.5 QUALIFIZIERUNG UND