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Strategische Aspekte

Im Dokument Climate Change (Seite 142-145)

5.3 Vor- und Nachteile des staatlichen Erwerbs von CERs und ERUs

5.3.4 Strategische Aspekte

Deutschland hat bisher auf nationaler und internationaler Ebene erklärt, seine Redukti-onsverpflichtungen durch die Umsetzung nationaler Politiken und Maßnahmen zu errei-chen. Ein staatlicher Erwerb von CERs und ERUs würde eine Änderung dieser Strategie bedeuten und sollte mit Vorsicht kommuniziert werden.

Die Treibhausgasemissionen Deutschlands lagen 2003 18,2 % unter dem Emissionsni-veau von 1990 (EEA 2005). Auch wenn das Kyoto-Ziel von 21 % damit fast erreicht wurde, legen die Emissionstrends der letzten Jahre – zusätzlich zu den Projektionen – nahe, dass die Einführung weiterer Politiken und Maßnahmen notwendig ist, um das E-missionsziel zu erreichen. Der Jahresbericht der EEA (2005) über Treibhausgasemissi-onstrends und Projektionen in Europa schätzt auf Basis von verschiedenen offiziellen Quellen, das mit den bestehenden Politiken und Maßnahmen Deutschlands THG-Emissionen im Jahr 2010 1,2 % höher sein werden als das Kyoto-Ziel (ohne LULUCF).

Da Deutschland nicht weit davon entfernt ist, sein Kyoto-Ziel zu erreichen, und sich bis-her als „Vorreiter im Klimaschutz“ präsentiert hat, könnte eine staatliche Ausschreibung zum Aufkauf von CERs und ERUs in der ersten Verpflichtungsperiode schwer kommu-nizierbar sein. Denn ein staatliches Programm zum Aufkauf von CERs und ERUs für die erste Verpflichtungsperiode würde bedeuten, dass Deutschland nicht unbedingt weitere nationalen Politiken und Maßnahmen umsetzten müsste, um sein Kyoto-Ziel zu erfüllen.

Andere Ziele für einen öffentlichen Erwerbs von CERs und ERUs, wie das Anlegen einer strategischen Reserve an CERs und ERUs für die Nutzung in nachfolgenden Verpflich-tungsperioden oder ein fokussiertes Programm zur Förderung von speziellen Technolo-gien oder besonders nachhaltigen Projekten, könnten leichter öffentlich kommuniziert werden.

In Zeiten von defizitären öffentlichen Haushalten ist ein wichtiger Aspekt, ob der staatli-che Erwerb von CERs und ERUs den öffentlistaatli-chen Haushalt belastet oder nicht. Der staatliche Erwerb von CERs und ERUs erfordert zusätzliche Haushaltsmittel, die hierfür bereitgestellt werden müssten. Angesichts der derzeitigen Bemühungen zur Konsolide-rung der Haushalte, kann es schwer werden, die notwendigen Haushaltsmittel bereitzu-stellen. Dies betrifft besonders den Aufbau einer strategischen Reserve von CERs und ERUs für nachfolgende Verpflichtungsperioden. In einer Situation, in der zukünftige Ziele noch nicht verhandelt wurden und CERs und ERUs für langfristige strategische

Nutzungen erworben werden sollen, ist die Bereitstellung der Mittel sicherlich nicht ein-fach.

Wenn CERs und ERUs für die Nutzung in der ersten Verpflichtungsperiode erworben werden, könnte damit argumentiert werden, dass hierfür ggf. weniger Haushaltsmittel benötigt werden als für die Umsetzung von zusätzlichen Politiken und Maßnahmen in den Sektoren, die nicht vom europäischen Emissionshandel erfasst werden. Allerdings hängt dies von den Annahmen zu den Kosten von nationalen Politiken und Maßnahmen und den zukünftigen Preisen von CERs und ERUs ab. Zudem belastet eine Reihe von den ins Auge gefassten zusätzlichen Politiken und Maßnahmen – wie z. B. die erhöhte Nutzung von erneuerbaren Energien zur Wärmeerzeugung – nicht die öffentlichen Haus-halte, sondern die Verbraucher oder den privaten Sektor. Es scheint daher unwahrschein-lich, dass der staatliche Erwerb von CERs und ERUs die öffentlichen Haushalte entlasten wird.

Ein mehr strategisches, langfristiges umweltpolitisches Problem bei der Nutzung der fle-xiblen Mechanismen bezieht sich auf die Folgen für die Verhandlungen über zukünftige Verpflichtungen. Zurzeit ist es unklar, was die Basis für zukünftige Emissionsreduktions-ziele sein wird. Im Prinzip könnten absolute oder relative Ziele basieren auf:

· historischen Emissionsdaten aus der Zeit vor der Annahme des Kyoto-Protokolls (z. B. 1990),

· der zugeteilten Menge der ersten Verpflichtungsperiode, oder

· aktuellen Emissionsdaten (z. B. Emissionen während der ersten Verpflichtungsperio-de).

Eine umfangreiche Nutzung der flexiblen Mechanismen kann Auswirkungen auf die zu-künftigen Ziele sowohl für die Industrienationen als auch für die Entwicklungsländer haben.

Die Emissionen der Industrieländer, die die flexiblen Mechanismen in erheblichem Um-fang nutzen, sind deutlich höher als die den Ländern zugeteilte Menge an Emissionsrech-ten. Theoretisch sollten die zukünftigen Ziele nicht davon abhängen, ob und in welchem Umfang Länder vorher die flexiblen Mechanismen genutzt haben oder nicht. Dennoch kann in der Praxis eine umfassende Nutzung der flexiblen Mechanismen die Verhandlun-gen über die zukünftiVerhandlun-gen ZielsetzunVerhandlun-gen beeinflussen, da ehrgeizige zukünftige Emissions-reduktionsziele dadurch noch schwerer erfüllbar werden. Das liegt daran, dass die Unter-schiede zwischen einem ehrgeizigen Ziel und den tatsächlichen Emissionen in Ländern, die in erheblichem Umfang die flexiblen Mechanismen genutzt haben, viel größer sind als in Ländern, die hauptsächlich nationale Politiken und Maßnahmen umgesetzt haben.

Abbildung 49 verdeutlicht diesen Zusammenhang schematisch. Demzufolge könnten die zukünftigen Ziele von Ländern, die in erheblichem Umfang die flexiblen Mechanismen genutzt haben, in der Praxis geringer sein als die Ziele von Ländern, die hauptsächlich nationale Politiken und Maßnahmen umgesetzt haben.

Abbildung 49: Auswirkungen der Nutzung von Kyoto-Einheiten auf die Verhandlungen der zukünftigen Ziele von Industrieländern

Quelle: Öko-Institut

Werden die THG-Emissionen in einem Entwicklungsland durch CDM-Projekte in der ersten Verpflichtungsperiode signifikant reduziert, muss die entsprechende Menge an CERs auch während der nachfolgenden Verpflichtungsperioden ausgestellt werden, bis zum Ende des Anrechnungszeitraums (bis zu 21 Jahre). Das kann zu Schwierigkeiten führen, wenn dieses Land in der zweiten oder dritten Verpflichtungsperiode ein nationa-les oder sektoranationa-les Ziel übernimmt. Die zuvor initiierten CDM-Projekte würden dann CERs von einem Sektor oder einem Land mit Emissionsminderungsziel erhalten. In die-sem Fall würde der CDM ein ähnlicher Mechanismus wie JI werden, wo die ERUs aus zugeteilten Emissionsrechten umgewandelt werden. Die CERs müssten folglich aus der zugeteilten Menge der Emissionsrechte des Landes oder des Sektors umgewandelt wer-den. In diesem Fall würden die Entwicklungsländer in den Verhandlungen über ihre Ziel-setzungen fordern, dass die CERs, die von ihrer zugeteilten Menge ausgestellt werden müssen, in ihren nationalen oder sektoralen Zielsetzungen miteinbezogen und reflektiert werden, da sie sonst Schwierigkeiten hätten die entsprechende Menge an CERs auszu-stellen. Demzufolge ist es wahrscheinlich, dass zukünftige Emissionsreduktionsziele (je-der Art) für die Entwicklungslän(je-der nicht von ihren aktuellen Emissionen abhängen wer-den, sondern vielmehr von dem höheren Emissionsniveau, das ohne den CDM verursacht werden würde. Das wird schematisch in Abbildung 50: veranschaulicht.

Annex I perspective

2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022

Emissions

Actual emissions

Theoretical allowances / target Target based on emissions trend

1st CP 2nd CP 3rd CP

Abbildung 50: Auswirkungen der Nutzung von Kyoto-Einheiten auf die Ver-handlungen der zukünftigen Ziele von Entwicklungsländern

Quelle: Öko-Institut

Dieses strategische Problem wird vor allem dann problematisch, wenn einige CDM-Projekte nicht zusätzlich sind. In diesem Falle würden die globalen THG-Emissionen durch Nicht-zusätzliche-CDM-Projekte nicht nur auf kurze Sicht ansteigen, sondern könnten darüber hinaus auch noch zu geringeren zukünftigen Reduktionszielen für Ent-wicklungsländer führen.

Zusammengefasst könnte also eine umfassende globale Nutzung des CDM potenziell zu Schwierigkeiten bei den Verhandlungen über zukünftige Verpflichtungen sowohl für Industrieländer als auch für Entwicklungsländer führen, was potenziell zu weniger an-spruchsvollen Vermeidungszielen führen könnte. Allerdings kann diese Folge kaum von Deutschland beeinflusst werden. Es ist vielmehr von den künftigen Klimaverhandlungen und dem Ausmaß der Nutzung des CDM auf globaler Ebene abhängig.

Im Dokument Climate Change (Seite 142-145)