• Keine Ergebnisse gefunden

E. Entwicklung des Arbeitsschutzrechtes

E.1 Staatliches Recht

Neuordnung des Arbeitsschutzrechts

Im Berichtszeitraum hat die Bundesregierung bei der von ihr initiierten und gemeinsam mit Ländern und Unfallversicherungsträgern verfolgten Neuordnung des Arbeitsschutzrechts weitere wichtige Fortschritte erzielt. Die Bemühungen um ein modernes leistungs-fähiges und effizientes Arbeitsschutzsystem orientie-ren sich dabei insbesondere an dem Ziel einer zu-kunftsgerichteten Rechtsetzung und einer dienst-leistungsbezogenen Beratung und Überwachung ar-beitsschutzrechtlicher Standards.

Ex-Post-Evaluation von Arbeitsschutzvorschriften – ein Beitrag für effiziente Rechtsetzung

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die Debatten in der EU über „Deregulierung“, „Ver-einfachung“ und die Forderungen nach „Smarter and Better Regulations“ frühzeitig aufgegriffen und vor-geschlagen, gemeinsam mit allen europäischen Part-nern systematisch, transparent und objektiv Vorschlä-ge zur Verbesserung der Europäischen Arbeitsschutz-vorschriften zu erarbeiten.

Auf Basis erster positiver Erfahrungen mit der Me-thodik der Ex-Post-Evaluation im Rahmen eines nati-onalen Forschungsvorhabens zur Bewertung der Aus-wirkungen und Verbesserungspotenziale der

Baustel-lenverordnung

stellte die deutsche Regierung anlässlich des Treffens des Beratenden Ausschusses für Sicherheit und Ge-sundheit bei der Arbeit im Mai 2005 ihre Vorschläge für eine systematische Bewertung von Arbeitsschutz-richtlinien vor.

Mit Unterstützung weiterer Mitgliedsstaaten wurde im Herbst 2005 eine Arbeitsgruppe aus Experten und Regierungsvertretern eingesetzt, die eine Pilotevalua-tion der Bildschirmarbeitsrichtlinie vorbereiten und die Durchführung begleiten sollte, um

– Machbarkeit und Nutzen der Evaluation von Ar-beitsschutzvorschriften nachzuweisen

– Hinweise für die Evaluation weiterer Arbeits-schutzrichtlinien zu erhalten.

Die Arbeitsgruppe erstellte zunächst einen Evalua-tionsleitfaden, der die gemeinsame Grundlage für die

eigentliche Evaluation darstellte. Aufgrund nationaler Beschränkungen war es nicht möglich, eine gemein-same Evaluation in allen interessierten Mitgliedsstaa-ten durchzuführen. Alternativ wurden getrennte natio-nale Teilevaluationen in Großbritannien, den Nieder-landen, Dänemark, Finnland, Tschechien und Deutschland durchgeführt.

Kohärenz und Konsistenz der nationalen Teilevalua-tionen wurden dabei durch die Verwendung einer einheitlichen Leistungsbeschreibung sichergestellt, die aus den folgenden Dokumenten bestand:

– „Gemeinsame Anforderungen für die Evaluation der Bildschirmarbeitsrichtlinie“ (

– „Terms of Reference for Empirical Investigations“

(TOR) (

Ersteres beschreibt die Rahmenbedingungen der Eva-luation, letzteres enthält

– wichtige und daher verbindlich zu untersuchende Aspekte

– Empfehlungen für geeignete Indikatoren

– Arbeitshypothesen zu den Wirkungen der Richtli-nie.

Diese Dokumente stellten allerdings kein gemeinsa-mes Forschungsdesign dar, sondern sollten lediglich Hinweise für die nationalen Evaluatoren liefern. Jeder Mitgliedsstaat konnte frei über die Form der Vergabe und der Beteiligung der jeweiligen nationalen Interes-sengruppen entscheiden. Allen relevanten Interessen-gruppen wurde es zusätzlich ermöglicht, eigene Erfah-rungen und Beiträge zur Berücksichtigung nationaler Besonderheiten beizusteuern.

Die empirischen Untersuchungen richteten sich an Arbeitgeber und Arbeitnehmer, um folgendes zu er-mitteln:

– Kenntnis und Bewusstsein für die gesetzlichen Bestimmungen auf Betriebsebene

– den Grad der Umsetzung am Arbeitsplatz

– begünstigende und hemmende Faktoren bei der Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen

– wesentliche Hinweise zu einer Kosten-Nutzen-Abschätzung auf Betriebsebene.

Die Vergleichbarkeit der Ergebnisse wurde durch die enge Zusammenarbeit der teilnehmenden Mitglieds-staaten sichergestellt. Die abschließende Zusammen-führung und Auswertung war Gegenstand der deut-schen Teilevaluation.

Drucken

Im Rahmen einer Veranstaltung zur Deutschen Rats-präsidentschaft „Erfolgsfaktor effiziente Rechtset-zung“ wurden die Ergebnisse der gemeinsamen Pilot-studie im Sommer 2007 vorgestellt und diskutiert

(vgl.:

).

Insgesamt wurde durch die Pilotstudie nachgewiesen, dass die Methode der Ex-Post-Evaluation für die Be-wertung Europäischer Arbeitsschutzrichtlinien geeig-net ist und wertvolle Entscheidungshilfen für die poli-tischen Entscheidungsträger liefern kann (s. a.

Daraus resultierte der Vorschlag an die EU-Kommission, die Methodik aufzugreifen und durch zentral gesteuerte, einheitliche Evaluationen weitere Arbeitsschutzrichtlinien zu optimieren.

Die Kommission ist diesem Vorschlag gefolgt und hat Ende 2009 ein Forschungsvorhaben zur Ex-Post-Evaluation der Arbeitsstättenrichtlinie 89/654/EWG in Auftrag gegeben. Das Forschungsvorhaben wird von einer Expertengruppe des Beratenden Ausschus-ses der Kommission für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit begleitet und basiert wesentlich auf den Ergebnissen und weitergehenden Vorschlägen der Pilotstudie.

Der Abschlussbericht der aktuellen Evaluation wird in 2011 vorliegen und soll u. a. Beiträge für die nächste Europäische Arbeitsschutzstrategie für den Zeitraum von 2013-2018 liefern.

Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) ist mit dem Unfallversicherungsmodernisie-rungsgesetz (UVMG) vom 30. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2130) einschließlich der neu geschaffenen Struktu-ren der Nationalen ArbeitsschutzkonfeStruktu-renz und des Arbeitsschutzforums in einem neuen fünften Ab-schnitt des Arbeitsschutzgesetzes (§§ 20a, § 20b, 21 Abs. 3) verankert und durch Bezugnahme (§ 14 Abs.

3 SGB VII) inhaltsgleich auch in das Siebte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) aufgenommen worden.

Die Bundesregierung leistet damit zusammen mit Ländern und Unfallversicherungsträgern einen Bei-trag, Sicherheit und Gesundheitsschutz auf allen Ebe-nen zu fördern und – abgestimmt mit den Sozialpart-nern – ganz praktische Verbesserungen für die Be-schäftigten in der Prävention zu erreichen. Die gesetz-liche Regelung unterstreicht, dass wirksamer Arbeits-schutz kein punktuelles, zufälliges oder mit beliebiger Intensität zu verfolgendes Ziel ist, sondern dauerhaft, nachhaltig und planvoll umgesetzt werden muss. Mo-derner Arbeitsschutz ist ganzheitlicher, verhältnis-

und verhaltenspräventiv ansetzender Gesundheits-schutz für die Beschäftigten. Dafür ist die Auswahl der richtigen Arbeitsschutzziele, Handlungsfelder und Arbeitsprogramme und deren Durchführung in den Betrieben eine wichtige von den GDA-Trägern in jeder GDA-Periode neu zu leistende Daueraufgabe.

Die Bundesregierung sieht in den für den Zeitraum 2008 bis 2012 ausgewählten Arbeitsprogrammen einen ersten zentralen Ansatzpunkt, um sowohl die klassischen als auch die neu entstehenden Gesund-heitsgefährdungen systematisch zu bekämpfen. Ferner geht es darum, das Vorschriften- und Regelwerk von Staat und Unfallversicherungsträgern so aufeinander abzustimmen, dass ein kohärentes, überschaubares und anwenderfreundliches Rechtsregime entsteht. Für eine zielgenaue und treffsichere Umsetzung der GDA-Arbeitsprogramme in die Betriebe hinein ist es außer-dem von großer Bedeutung, dass die staatlichen Ar-beitsschutzbehörden und die Aufsichtsdienste der Unfallversicherungsträger Hand in Hand arbeiten und eng abgestimmt vorgehen. Mit der Leitlinie zur Ge-fährdungsbeurteilung und einer Leitlinie zur betriebli-chen Arbeitsschutzorganisation, die sich in der Erar-beitungsphase befindet, sowie der Rahmenvereinba-rung über das Zusammenwirken der staatlichen Ar-beitsschutzbehörden der Länder und der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind im Berichtszeit-raum wichtige Fortschritte zur Optimierung des Auf-sichtshandelns bei der Beratung und Überwachung der Betriebe erreicht worden.

Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge Die arbeitsmedizinische Vorsorge ist im Berichtszeit-raum reformiert worden. Die entsprechende Verord-nung (ArbMedVV) ist als Kern der ArtikelverordVerord-nung zur Rechtsvereinfachung und Stärkung der arbeitsme-dizinischen Vorsorge am 24. Dezember 2008 in Kraft getreten. Sie hat die Rechtssicherheit und -klarheit in dem grundrechtsrelevanten Bereich der arbeitsmedi-zinischen Vorsorge erhöht.

Die ArbMedVV ist auf das Arbeitsschutzgesetz ge-stützt und regelt die arbeitsmedizinische Vorsorge systematisch aus einem Guss für alle Beschäftigten.

Ihr Ziel ist es, durch Maßnahmen der arbeitsmedizini-schen Vorsorge arbeitsbedingte Erkrankungen früh-zeitig zu erkennen und zu verhüten und zugleich einen Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit sowie zur Fortentwicklung des betrieblichen Gesundheits-schutzes zu leisten.

Arbeitsmedizinische Vorsorge umfasst die Beurtei-lung der individuellen Wechselwirkungen von Arbeit und Gesundheit, die individuelle arbeitsmedizinische Aufklärung und Beratung der Beschäftigten, arbeits-medizinische Vorsorgeuntersuchungen sowie die

Nut-zung von Erkenntnissen aus diesen Untersuchungen für die Gefährdungsbeurteilung und für sonstige Maßnahmen des Arbeitsschutzes; zugleich stellt sie eine wichtige Ergänzung der technischen und organi-satorischen Arbeitsschutzmaßnahmen im Betrieb dar.

Beschäftigte, die individuell über Wechselwirkungen zwischen ihrer Arbeit und ihrer Gesundheit beraten worden sind, werden sich gesundheitsbewusster ver-halten als uninformierte Beschäftigte. Erkenntnisse aus arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen können in die betriebliche Prävention einfließen. Die ärztliche Schweigepflicht muss dabei gewahrt bleiben.

Die ArbMedVV enthält neben Bestimmungen zu Ziel, Anwendungsbereich und Begriffsdefinitionen, Rege-lungen zu Pflichten von Arbeitgebern und Ärzten und Anforderungen an Ärzte; sie sichert Rechte der Be-schäftigten, normiert Ordnungswidrigkeiten- und Straftatbestände und schafft mit ihrem Anhang Trans-parenz über die Anlässe für arbeitsmedizinische Pflicht- und Angebotsuntersuchungen. Die zuvor in verschiedenen Arbeitsschutzverordnungen und in Unfallverhütungsvorschriften geregelten Teilbereiche arbeitsmedizinischer Vorsorge sowie darin enthaltene Anlässe für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersu-chungen sind systematisiert und in die ArbMedVV überführt worden, so dass die Reform auch zur Rechtsvereinfachung beigetragen hat.

Die ArbMedVV schafft die Grundlage für eine zu-kunftsfähige arbeitsmedizinische Vorsorge. Sie stärkt den Anspruch der Beschäftigten auf Wunschuntersu-chungen und bietet die Möglichkeit für Verbesserun-gen in Bereichen, die bislang noch nicht ausreichend beachtet worden sind, z. B. bei Muskel-Skelett-Er-krankungen. Dem im Frühjahr 2009 auf Grundlage

§ 9 ArbMedVV eingerichteten Ausschuss für Ar-beitsmedizin (AfAMed) kommt eine zentrale Rolle bei der Fortentwicklung der arbeitsmedizinischen Vorsorge zu. Er ist mit fachkundigen Vertretern der Arbeitgeber, der Gewerkschaften, der Länderbehör-den, der gesetzlichen Unfallversicherung und weiteren fachkundigen Personen, insb. aus der Wissenschaft, besetzt. Zu den Aufgaben des AfAMed zählt es, Emp-fehlungen auszusprechen, wie die Betriebe wirksam Gesundheitsvorsorge betreiben können, um die indi-viduelle Beschäftigungsfähigkeit zu sichern. Der Er-halt der Beschäftigungsfähigkeit wird aufgrund der demografischen Entwicklung und verlängerter Le-bensarbeitszeiten sowie des drohenden Fachkräfte-mangels zunehmend an Bedeutung gewinnen. Außer-dem ermittelt der AfAMed u. a. Außer-dem Stand der Ar-beitsmedizin entsprechende ArAr-beitsmedizinische Re-geln, die nach Bekanntgabe durch das BMAS im Ge-meinsamen Ministerialblatt Vermutungswirkung ent-falten. Hält der Arbeitgeber diese Regeln ein, so kann

er davon ausgehen, dass die Vorgaben der Arb-MedVV erfüllt werden.

Arbeitsstättenverordnung

Die Arbeitsstättenverordnung wurde auf der Grundla-ge des § 18 ArbeitsschutzGrundla-gesetz erlassen. Mit der Arbeitsstättenverordnung wird die Richtlinie 89/654/

EWG des Rates über Mindestvorschriften für Sicher-heit und GesundSicher-heitsschutz in Arbeitsstätten (Erste Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) vom 30. November 1989 vollständig in nationales Recht umgesetzt. Gleichzei-tig sind zudem die Richtlinie 92/58/EWG des Rates über Mindestvorschriften über die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz und der Anhang IV Teile A und B der Richtlinie 92/57/EWG des Rates über die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen anzuwendenden Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheits-schutz in die Arbeitsstättenverordnung aufgenommen worden.

Seit der Novellierung im Jahr 2004 ist die Arbeitsstät-tenverordnung bisher insgesamt fünf Mal geändert worden. Die wichtigste Änderung betrifft die Auf-nahme eines Straftaten- und Ordnungswidrigkeitenpa-ragrafen. Auch die Aufnahme eines Paragrafen zur Gefährdungsbeurteilung trägt zur besseren Anwend-barkeit der Arbeitsstättenverordnung bei.

Der Arbeitgeber hat Arbeitsstätten entsprechend den Vorschriften der Verordnung einschließlich ihres Anhanges so einzurichten und zu betreiben, dass von ihnen keine Gefährdungen für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten ausgehen. Bei der Ar-beitsstättenverordnung wurde grundsätzlich auf die Festlegung von konkreten Maßzahlen und Maßnah-men verzichtet. Stattdessen legt die Verordnung all-gemeine Schutzziele für die Sicherheit und den Ge-sundheitsschutz der Beschäftigten fest. Die Konkreti-sierung der Schutzmaßnahmen erfolgt durch ein un-tergesetzliches Regelwerk in Form von Arbeitsstätten-regeln. Diese Regeln werden von einem Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) ermittelt. Durch die Einbe-ziehung der beteiligten Kreise in die Arbeit des ASTA hat sich die Relevanz und Akzeptanz des Regelwerkes in der Praxis verbessert. Die Arbeitsstättenregeln beschreiben Maßnahmen und praktische Durchfüh-rungshilfen und legen dar, wie die in der Arbeitsstät-tenverordnung gestellten Schutzziele und Anforde-rungen hinsichtlich Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten vom Arbeitgeber erreicht werden kön-nen.

Die vom ASTA erarbeiteten Arbeitsstättenregeln entsprechen dem Stand der Technik. Sie legen fest, wie die grundlegenden Anforderungen der Arbeits-stättenverordnung in der Praxis erfüllt werden können.

Arbeitsstättenregeln sind beim Einrichten und Betrei-ben von Arbeitsstätten zu berücksichtigen. Für die Arbeitsstättenregeln legt die Verordnung eine soge-nannte „Vermutungswirkung“ fest. Bei ihrer Einhal-tung wird vermutet, dass die Anforderungen der Ver-ordnung dahingehend erfüllt sind. Der Arbeitgeber kann jederzeit von den Regeln abweichen, wenn er durch andere Maßnahmen die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz erreicht.

Geräte- und Produktsicherheit

Die technische Sicherheit von Geräten, Produkten und Anlagen ist für den Arbeitsschutz von besonderer Bedeutung. Viele Produkte finden auch im Arbeitsle-ben Verwendung; ihre sichere Gestaltung ist der erste wichtige Schritt zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit.

Zentrale Rechtsvorschrift in diesem Zusammenhang ist das Gesetz über technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte (Geräte- und Produktsicher-heitsgesetz – GPSG) vom 6. Januar 2004 (BGBl. I S.

2 ff.). Es hat seit seinem Inkrafttreten keine wesentli-chen Veränderungen erfahren, was für den Erfolg der damals gewählten Grundkonzeption spricht, nämlich die formale Trennung zwischen Verbraucherschutz und Arbeitsschutz im Bereich der Produktsicherheit aufzuheben. Durch neue Entwicklungen auf europäi-scher Ebene wird es in naher Zukunft Anpassungen des GPSG geben, die an dieser Grundkonzeption je-doch nichts ändern, vielmehr bestätigen diese europäi-schen Entwicklungen den seinerzeit auf nationaler Ebene eingeschlagenen Weg.

Mit dem GPSG werden zentrale europäische Binnen-marktrichtlinien, so z. B. die Maschinenrichtlinie und die Niederspannungsrichtlinie, in deutsches Recht umgesetzt. Das europäische Binnenmarktrecht hat im Jahr 2008 mit der Verabschiedung des so genannten

„New Legislative Framework“, kurz NLF, wesentli-che Neuerungen erfahren. Ziele des NLF sind insbe-sondere die Herstellung größerer Kohärenz zwischen den verschiedenen Binnenmarktrichtlinien sowie die Stärkung der Marktüberwachung.

Der NLF umfasst drei neue europäische Rechtsvor-schriften, von denen hinsichtlich der Marktüberwa-chung die Verordnung (EG) Nr. 765/2008 von beson-derer Bedeutung ist. Sie ist seit 1.1.2010 von den europäischen Mitgliedstaaten als unmittelbar gelten-des Recht zu beachten. Mit ihr wird die Marktüberwa-chung ein Stück weit „europäisiert“. Sie verpflichtet z. B. die Mitgliedstaaten, ihre

hörden mit den erforderlichen Befugnissen, Ressour-cen und Kenntnissen zur ordnungsgemäßen Wahr-nehmung ihrer Aufgaben auszustatten. Außerdem haben die Mitgliedstaaten Marktüberwachungspro-gramme aufzustellen und diese regelmäßig zu über-prüfen.

Neben dieser Verordnung stellt der europäische Ge-setzgeber mit dem Beschluss Nr. 768/2008/EG eine Art Werkzeugkasten zur Verfügung, der bei der künf-tigen, teilweise bereits eingeleiteten Überarbeitung der Binnenmarktrichtlinien zum Einsatz kommen soll.

Er enthält grundlegende Prinzipien sowie Musterarti-kel, die grundsätzlich in alle Binnenmarktrichtlinien übernommen werden sollen. Damit soll eine bessere Anwendbarkeit der verschiedenen Richtlinien auf ein Produkt sichergestellt werden. Der Beschluss entfaltet keine unmittelbaren Wirkungen im nationalen Recht, zukünftige Änderungen sind durch ihn jedoch vorge-zeichnet.

Lärm und Vibrationen

Mit der Verordnung zu Vibrationen und Lärm an Arbeitsplätzen werden die EU-Arbeitsschutz-Richtlinien zu Lärm (RL 2003/10/EG) und Vibratio-nen (RL 2002/44/ EG) sowie das ILO-Überein-kommen Nr. 148 zu Lärm in nationales Recht umge-setzt. Die Bundesregierung begegnet mit der Verord-nung einerseits der Lärmschwerhörigkeit – einer der häufigsten Berufskrankheiten – andererseits den Mus-kel- und Skeletterkrankungen sowie neurologischen Störungen, die durch starke und langandauernde Vib-rationen hervorgerufen werden können.

Zur Konkretisierung der Verordnung und zur Beurtei-lung der Gefährdungen am Arbeitsplatz sowie deren Dokumentation hat der Ausschuss für Betriebssicher-heit Technische Regeln für Lärm und Vibrationen erarbeitet. Die technischen Regeln wurden vom BMAS bekannt gegeben und spiegeln den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene wider. Die Technischen Regeln lösen die „Vermutungswirkung“

aus und bieten dadurch Rechtssicherheit für die An-wender.

Künstliche optische Strahlung

Die Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch künstliche optische Strahlung ist am 27. Juli 2010 in Kraft getreten. Die Bundesregie-rung ist damit Ihren Verpflichtungen gegenüber der EU-Kommission zur Umsetzung der Richtlinie 2006/

25/EG über Mindestvorschriften zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen (künstliche optische Strahlung) nachgekommen.

Gesundheitsgefährdende künstliche optische Strah-lung tritt insbesondere bei Schweißarbeiten, bei der Glas- und Quarzverarbeitung, bei der Metallherstel-lung und -verarbeitung sowie bei den immer häufiger anzutreffenden Laseranwendungen auf. Optische Strahlung aus künstlichen Strahlungsquellen (z. B.

Laser oder UV-/ IR-Strahlung) kann bei Exposition zu ernsthaften Augen- und Hautschäden führen und da-mit die Gesundheit und die Sicherheit von Beschäftig-ten an vielen Arbeitsplätzen gefährden. Kurzfristige Schädigungen zeigen sich beispielsweise in Form von Verbrennungen der Haut und Schädigungen an der Horn-, Binde- sowie der Netzhaut der Augen. Lang-fristig hohe Expositionen der Haut mit intensiver UV-Strahlung können Spätfolgen in Form von Hautkrebs auslösen.

Bei der Anwendung von Lasern ergibt sich ein hohes Gefährdungspotential für die Beschäftigten aufgrund der hohen Energiedichte der erzeugten Laserstrah-lung. Bestrahlungen durch Hochleistungslaser führen ohne zwingend einzuhaltende Schutzmaßnahmen meist unmittelbar zu schwersten und irreversiblen Schädigungen der Augen und der Haut. Bei der Ver-wendung von besonders leistungsfähigen Lasern in den Betrieben schreibt die Verordnung die Anwesen-heit eines sachkundigen Laserschutzbeauftragten vor.

Risikokonzept des AGS für krebserzeugende Stoffe Der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) hat ein Risi-kokonzept für krebserzeugende Gefahrstoffe erarbei-tet. Ziel ist, offenzulegen, welche Risiken beim kon-trollierten Umgang mit krebserzeugenden Stoffen am Arbeitsplatz noch verbleiben und welche Maßnahmen vom Arbeitgeber zu ergreifen sind.

In einem ersten Schritt hat der AGS Risikozahlen festgelegt – ein Akzeptanz- und ein Toleranzrisiko.

Das Akzeptanzrisiko beträgt zunächst 4 : 10.000 und soll zu einem späteren Zeitpunkt auf 4 : 100.000 ab-gesenkt werden. Das Toleranzrisiko beträgt 4 : 1.000.

Die Zahl 4 : 10.000 (beispielsweise) bedeutet, dass statistisch gesehen 4 von 10.000 Beschäftigten auf Grund einer 40-jährigen arbeitstäglich 8-stündigen Exposition gegenüber einem krebserzeugenden Stoff an Krebs erkranken.

Die Risikozahlen wurden nach gründlicher Analyse von bekannten Alltags- und Arbeitsplatzrisiken vom AGS unter fachlichen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung gesellschaftspolitischer Erfordernis-se geErfordernis-setzt. Aufschlussreich ist zum Beispiel im Ver-gleich das Krebsrisiko des Normalbürgers – ca.

25.000 von 100.000 Menschen entwickeln in ihrem Leben eine Krebserkrankung.

In einem zweiten Schritt leitet der AGS stoffspezifi-sche Expositions-Risiko-Beziehungen (ERB) ab. Mit diesen ERB wird ein funktionaler Zusammenhang zwischen der Höhe der Exposition und dem damit verbundenen Krebsrisiko hergestellt. Die Ableitung erfolgt auf Basis von Ergebnissen aus Tierversuchen oder – seltener – auf Basis von epidemiologischen Daten. Nach der erforderlichen Extrapolation in den Bereich niedriger Konzentrationen können die stoff-spezifischen Luftkonzentrationen für das vom AGS vorgegebene Akzeptanz- und Toleranzrisiko direkt aus den Kurven entnommen werden.

Solche ERB wurden bereits für einige krebserzeugen-de Stoffe fertig gestellt, weitere befinkrebserzeugen-den sich in Ar-beit.

Akzeptanz- und Toleranzrisiko teilen den gesamten Risikobereich in drei Teile – sogenanntes Ampelmo-dell. Es gibt einen grünen (Risiko unterhalb des Ak-zeptanzrisikos), einen gelben (Risiko oberhalb des Akzeptanzrisikos, aber unterhalb des Toleranzrisikos) und einen roten (Risiko oberhalb des Toleranzrisikos) Teil. Für jeden dieser Bereiche wurde vom AGS ein Maßnahmenkatalog erarbeitet. Die Maßnahmen muss der Arbeitgeber anwenden. Die geforderten Maßnah-men sind im roten Bereich am strengsten und im grü-nen Bereich am geringsten. Das Risikokonzept ist also im Wesentlichen ein Risikominimierungskonzept. Die Unterteilung in Risikobereiche hilft dem Arbeitgeber, die notwendigen Schutzmaßnahmen auszuwählen.

Gleichzeitig wird der Arbeitgeber über das noch vor-handene Risiko informiert und aufgefordert, mög-lichst zügig vom roten bzw. gelben in den grünen Bereich zu gelangen. Endziel ist ein möglichst gerin-ges Risiko für die betroffenen Beschäftigten.

Das gesamte Konzept wurde vom BMAS in der aus-führlichen Bekanntmachung Gefahrstoffe Nr. 910 publiziert. Bei Bewährung des Konzepts soll es

Das gesamte Konzept wurde vom BMAS in der aus-führlichen Bekanntmachung Gefahrstoffe Nr. 910 publiziert. Bei Bewährung des Konzepts soll es