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REACH, CLP und nationaler Helpdesk

B. Entwicklungen von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit

B.7 Gefahrstoffe

B.7.2 REACH, CLP und nationaler Helpdesk

Die BeKGS 408 ist keine Anleitung für die Einstu-fung und Kennzeichnung nach der CLP-Verordnung.

Ihr kommt keine Vermutungswirkung, wie bei einer Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) zu. Sie ist ausschließlich eine Empfehlung und soll den Ar-beitgeber während des Umstellungsprozesses im Hin-blick auf den Arbeitsschutz unterstützen.

B.7.2 REACH, CLP und nationaler Helpdesk Verfahren

In einem Weißbuch mit dem Titel „Strategie für eine zukünftige Chemikalienpolitik“ kam die europäische Kommission im Februar 2001 zu dem Schluss, dass die derzeitigen Rechtsvorschriften zur Chemikalien-politik reformiert werden müssen.

Im Oktober 2003 präsentierte die Europäische Kom-mission ihren Verordnungsentwurf zu REACH (Re-gistration, Evaluation and Authorisation of CHemi-cals). Die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006

(REACH-Verordnung) über die Registrierung, Bewertung und Zulassung chemischer Stoffe ist am 01.06.2007 in Kraft getreten.

Ein weiterer Meilenstein in der Neuordnung des Chemikalienrechts war das Inkrafttreten der Verord-nung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-VerordVerord-nung) über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen am 20. Januar 2009. CLP steht für Classification, Labelling and Packaging (vgl.

Abschnitt B.7.1).

Mit der Änderung des Chemikaliengesetzes (ChemG) vom 02.07.2008 wurde die BAuA als Bewertungsstel-le für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäf-tigten und als Bundesstelle für Chemikalien (BfC) als nationale Auskunftsstelle (REACH-Helpdesk) be-nannt. Alle Verfahren und Aufgaben der REACH-und CLP- Verordnung werden fachlich von der Bun-desstelle für Chemikalien unter der Fachaufsicht des BMU nach dem ChemG koordiniert.

Was ist REACH?

Die REACH-Verordnung ist das umfangreichste ge-setzliche Regelwerk für Chemikalien in der EU und soll das Chemikalienrecht europaweit zentralisieren und vereinfachen. Kernpunkt ist die Übertragung der Verantwortung für den sicheren Umgang mit Chemi-kalien von den staatlichen Behörden auf die Industrie.

Mit REACH gibt es keine Unterscheidung mehr zwi-schen den sogenannten Altstoffen (chemische Stoffe, die vor 1981 bereits auf dem Markt waren) und den sogenannten Neustoffen (chemische Stoffe, die nach 1981 erstmals auf den Markt gekommen sind). Die REACH-Verordnung behandelt die Altstoffe (neuer Begriff: Phase-in-Stoffe) und Neustoffe (neuer Beg-riff: Non-Phase-in-Stoffe) gleich. Die Verfahren zu den Alt- und Neustoffen wurden 2008 abgeschlossen.

Für rund 95 % der ca. 30.000 relevanten Chemikalien, die sich auf dem europäischen Markt befinden, liegen keine ausreichenden Daten vor, um Aussagen zu ihren Auswirkungen auf den Menschen und die Umwelt machen zu können. Diese 30.000 Stoffe müssen jetzt bei der am 1. Juni 2007 gegründeten Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) in Helsinki registriert werden.

REACH bringt viele neue Aufgaben und Verpflich-tungen für die Unternehmen in der chemischen In-dustrie mit sich und sieht eine stärkere Verantwortung der Hersteller bzw. Importeure für den sicheren Um-gang mit ihren Stoffen vor. Das bedeutet, dass alle Hersteller und Importeure chemischer Stoffe die Risi-ken der von ihnen hergestellten und in Verkehr ge-brachten Stoffe ermitteln und entsprechende

Maß-nahmen für eine sichere Handhabung vorschlagen müssen.

REACH basiert auf dem Grundsatz der Eigenverant-wortung. Nach dem Motto „no data, no market“ dür-fen nur noch chemische Stoffe in Verkehr gebracht werden, für die ein ausreichender Datensatz zu den Stoffeigenschaften (physikalisch-chemische Eigen-schaften, Giftigkeit, Verhalten in der Umwelt etc.) vorliegt.

Die Kernelemente der REACH-Verordnung sind:

Registrierung, Bewertung, Beschränkung und Zulas-sung von Chemikalien.

Im Rahmen der Registrierung ist für eine große An-zahl von Stoffen ein Stoffdossier mit bestimmten Informationen einzureichen. Auf der Basis dieser vorhandenen Daten werden Risikobewertungen durchgeführt und es liegen somit erstmalig vollständi-ge Stoffinformationen vor.

Alle Daten der registrierten Stoffe werden zukünftig in einer zentralen EU-Datenbank bei der Chemika-lienagentur in Helsinki verfügbar sein. Zur Identifizie-rung und Schließung von Datenlücken wird für eine Auswahl von Stoffen eine vertiefende Bewertung durchgeführt werden.

Durch die verfügbaren Stoffinformationen in den Registrierungsdossiers wird es möglich sein, in den Bereichen Umwelt-, Arbeitnehmer- und Verbraucher-schutz Risikostoffe zu ermitteln und Schutzmaßnah-men gezielt und schnell zu ergreifen, so dass Verwen-dungen von Stoffen mit gefährlichen Eigenschaften (z. B. CMR2) einem Zulassungsverfahren unterworfen werden können.

Entwicklung

Obwohl die REACH-Verordnung bereits im Jahr 2007 in Kraft trat, wurden wesentliche Bestimmungen erst nach einer Übergangsfrist im Jahr 2008 wirksam.

Von der Registrierungspflicht unter REACH werden alle chemischen Stoffe erfasst, die von einem Herstel-ler oder Importeur mindestens in einer Menge von einer Tonne pro Jahr in der EU produziert oder in die EU importiert werden.

Erste Verpflichtungen ergaben sich 2008 für die In-dustrie durch die Vorregistrierung von Stoffen. Die Vorregistrierung ermöglichte es den Firmen, für die Registrierung von Phase-in-Stoffen eine Übergangs-frist bis 2010, 2013 oder 2018 in Abhängigkeit von der Stoffmenge in Anspruch zu nehmen (vgl. Tab.

B 5).

2 CMR= carcinogenic, mutagenic, toxic for reproduction

Außerdem sollen verschiedene Hersteller und Impor-teure identischer Stoffe zueinander finden und soge-nannte SIEFs3 (Forum zum Austausch von Stoffin-formationen) bilden. Der Zweck eines SIEFs besteht darin, Registranten desselben Stoffs bei der gemein-samen Nutzung von Daten zu unterstützen und die Mehrfachdurchführung von Versuchen zu vermeiden.

Mit Ablauf der ersten Registrierungsfrist wird für die wirtschaftlich bedeutenden Stoffe (mehr als 1.000 t/a) sowie für Stoffe mit sehr gefährlichen Eigenschaften (z. B. krebserregend) ab Dezember 2010 die Bearbei-tung von Registrierungsunterlagen und der daraus resultierenden Einstufungs- und Kennzeichnungsvor-schläge durch die Behörden intensiviert werden müs-sen.

Die ECHA rechnet mit ca. 4.500 aktiven SIEFs und deshalb mit ca. 4.500 gemeinsamen Einreichungen.

Parallel dazu müssen nach der CLP-Verordnung im Zeitraum vom 1.12.2010 - 3.1.2011 alle gefährlichen Stoffe in der EU in das Einstufungs- und Kennzeich-nungsverzeichnis der ECHA gemeldet werden. Diese Anzahl an Meldungen wird auf ca. 2 Millionen ge-schätzt.

Die EU-Mitgliedstaaten haben in den letzten beiden Jahren bereits besonders besorgniserregende Stoffe identifiziert. In einem nächsten Schritt, werden einige dieser Stoffe (Substances of very high concern – SVHC) durch Aufnahme in den Anhang XIV der REACH-Verordnung generell eine Erlaubnis/ Zulas-sung für eine weitere Verwendung in der EU benöti-gen. Die ersten Zulassungsanträge werden Ende 2011/

Anfang 2012 erwartet.

Gesetzliche Grundlage der nationalen Auskunfts-stelle

Gemäß Artikel 124 der REACH-Verordnung sowie Artikel 44 der CLP-Verordnung sind alle Mitglieds-staaten verpflichtet, nationale Auskunftsstellen zur Unterstützung der betroffenen Industrie einzurichten.

Auch Deutschland hat dabei – als der größte Chemie-standort in der EU – die nationalen Interessen aller Beteiligten (Beschäftigte, Hersteller, Anwender, ins-besondere KMUs) zu berücksichtigen. Bei der Wahr-nehmung der Aufgaben des nationalen Helpdesks handelt es sich um eine neue durch REACH und CLP definierte Aufgabe, die weit über die allgemeine Aus-kunftspflicht der Behörden hinausgeht.

3 SIEF= Substances information exchanges forum

Struktur, Aufgaben und Informationsangebote des Helpdesks der BAuA

Der REACH-CLP-Helpdesk wird von der Bundesstel-le für Chemikalien betrieben und koordiniert. Als Experten fungieren, durch das Chemikaliengesetz festgelegt, entsprechend der jeweiligen Fachgebiete die folgenden Bundesbehörden: das Umweltbundes-amt (UBA, Dessau-Roßlau); das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR, Berlin); die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA, Dortmund) und in Sonderfällen die Bundesanstalt für Materialfor-schung und -prüfung (BAM, Berlin).

Der nationale Helpdesk () wendet sich mit seinem Angebot an alle interessierten Kreise. Er soll Hersteller, Importeure, Händler und nachgeschaltete Anwender unterstützen, damit sie ihre jeweiligen Aufgaben und Verpflichtungen unter REACH und CLP entsprechend erfüllen können. Ins-besondere kleine und mittlere Unternehmen benötigen qualifizierte Antworten.

Der Informationsbedarf zu REACH und CLP ist sehr groß und steigt stetig weiter an, besonders da zum 30.11.2010 die erste Registrierungsfrist für die hoch-tonnagigen Stoffe abläuft.

Nach Beendigung der Vorregistrierungsphase am 1.12.2008 blieben die direkten Helpdesk-Anfragen auf gleichbleibend hohem Niveau mit ca. 200 Anfragen pro Monat, wobei die Themenschwerpunkte wechsel-ten (vgl. Abb. B 7, Tab. B 6). Es ist daher davon aus-zugehen, dass die Menge der Anfragen auch in den kommenden Jahren vergleichbar hoch bleibt.

Im Rahmen seiner aktiven Informationspolitik veröf-fentlicht der Helpdesk Info-Broschüren und Faltblätter zu ausgewählten Themen. Neben der direkten Beant-wortung von Fragen organisiert und führt der Help-desk REACH-CLP-Veranstaltungen und bilaterale Fachgespräche durch und unterstützt mit seinen BAuA-Referenten/innen REACH- und CLP-Veran-staltungen anderer Organisationen.

Tab. B 5: Registrierungsstichtage

Stichtage Registrierung von

30.11.2010 - Stoffen > 1.000 t/a - CMR-Stoffen > 1 t/a

(krebserregend, erbgutverändernd, re-produktionstoxisch)

- umweltgefährdenden Stoffen > 100 t/a 31.05.2013 Stoffen > 100 t/a

Europäische Vernetzung

Die nationale Auskunftsstelle ist gleichzeitig auch die Kontaktstelle für die europäische Chemikalienagentur (ECHA). Um sicherzustellen, dass die Beratungsin-halte der nationalen Auskunftsstelle mit denen in an-deren EU-Mitgliedstaaten eingerichteten Auskunfts-stellen abgestimmt sind, wurde das Netzwerk HELPEX (Helpnet Exchange Plattform) eingerichtet.

Unter HELPEX ist eine Wissensdatenbank zu verste-hen, in die Fragestellungen eingegeben werden. Deren Kommentierung erfolgt innerhalb einer bestimmten Frist durch die nationalen Helpdesks aller 27 Mit-gliedstaaten. Die ECHA unterhält für gemeinschaftli-che Entsgemeinschaftli-cheidungen verschiedene Fach-Ausschüsse sowie rein wissenschaftlich arbeitende Ausschüsse in denen jeder Mitgliedstaat einen Verteter/in zur fachli-chen Unterstützung stellt.

Harmonisierung der Einstufung und Kennzeich-nung eines Stoffes

Bei der Registrierung eines Stoffes stuft jeder Re-gistrant diesen eigenverantwortlich in eine Gefahren-kategorie ein und empfiehlt Maßnahmen für den si-cheren Umgang (Gefahrenhinweise, Kennzeichnungs-codes und Sicherheitsratschläge). Je nach Art und Umfang der durchgeführten Studien kann somit ein und derselbe Stoff innerhalb der EU unterschiedlich eingestuft und gekennzeichnet werden.

Um eine EU-weite Harmonisierung der Einstufung und Kennzeichnung zu erreichen, schlägt ein Mit-gliedstaat (oder ein Hersteller/Importeur) diese bei der ECHA in Form eines wissenschaftlich begründeten CLH-Dossiers (Harmonised Classification and Labe-ling Dossier) vor. Der formale Aufbau des Dossiers ist dabei im Anhang VI der CLP-Verordnung vorgege-ben. Neben der wissenschaftlichen Begründung um-fasst es auch alle zu Grunde liegenden Studienzu-sammenfassungen.

Der Vorschlag für die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung wird dann in einem mehrstufigen Verfahren diskutiert und schlussendlich durch Auf-nahme in den Anhang VI der CLP-Verordnung ge-setzlich vorgeschrieben.

Neben Industriechemikalien gemäß der REACH-Verordnung werden auch Wirkstoffe gemäß der Bio-zid-Richtlinie4 und der Pflanzenschutzmittel-Richt-linie5 in dem oben beschrieben Verfahren harmoni-siert eingestuft und gekennzeichnet.

Während bei den Wirkstoffen alle gefährlichen Eigen-schaften des Stoffes betrachtet werden, beschränkt man sich bei Industriechemikalien aufgrund der Viel-zahl der Stoffe und des Umfangs des Verfahrens in

4 Richtlinie 98/8/EG

5 Richtlinie 91/414/EWG

Tab. B 6: Themenbereiche die 2008 und 2009 beim Helpdesk verstärkt angefragt wurden

2008 2009

Abb. B 7: Anzahl der Vorgänge (Anfragen) beim Helpdesk in der Bundesstelle für Chemikalien

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der Regel auf die Harmonisierung der Einstufung und Kennzeichnung aufgrund krebserzeugender, erbgut-verändernder, fortpflanzungsgefährdender (CMR) oder atemwegssensibilisierender Eigenschaften.

Beschränkung

Neben dem o. g. Zulassungsverfahren steht den Be-hörden mit der Beschränkung (Auflage bzw. Verbot für Herstellung, Verwendung oder Inverkehrbringen) ein weiteres Instrument zur Verfügung, um ein hohes Schutzniveau für Mensch und Umwelt zu erreichen.

Wie auch bei dem Verfahren zur Identifizierung von SVHC reicht ein Mitgliedstaat ein Dossier mit einem entsprechenden Beschränkungsvorschlag bei der ECHA ein. Das Dossier enthält neben einer wissen-schaftlichen Begründung für eine Beschränkung auch eine Analyse der sozioökonomischen Aspekte.

Die ersten Beschränkungsdossiers werden Ende 2010 erwartet.

B.7.3 Zulassungsverfahren für Biozide