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III. Ergebnisse und Diskussion 89

9.3. Wachstum von LaMnO 3 /SrMnO 3 -Übergittern

9.3.1. SrTiO 3 (111): Sr/La-Durchmischung

In Abbildung 9.6 a) sieht man die in-situ Ellipsometrie für das Wachstum eines LMO/SMO-Übergitters auf STO (111) mit n ≈ 6 und m = 9. Aus den Werten von ∆ und Ψ nach Abschluss der Deposition lässt sich der durchschnittliche Brechungsindex Nav(n = 6) = 2.35(1)−i·0.54(1) der kompletten Heterostruktur bestimmen. Dieser ist identisch mit dem Brechungsindex eines Übergitters mit einer kleineren Dicke der LMO/SMO-Doppellagen (n≈ 2), für das man Nav(n = 2) = 2.34(2)−i·0.54(1) erhält. Diese Werte kommen dem einer

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160 170 180 190 200 210 220

4

Abbildung 9.7.: Numerische Anpassung der in-situ Ellipsometrie des in Abbildung 9.6 dargestellten LMO/SMO-Übergitters mit n 6 auf STO (111): a) Gemessener Verlauf von ∆ (t) mit einem simulierten Verlauf entsprechend dem Modell in Teil c) und einer Simulation ohne Reaktion zwischen LMO und SMO, b) vergrößerter Ausschnitt von a), c) Wachstumsmodell, das von einem Aufrauen der SMO-Schicht und einer anschließenden Durchmischung mit LMO ausgeht.

durchmischten LSMO (x=0.25)-Schicht sehr nahe (siehe Abschnitt 6.2). In Abschnitt 6.2 wurde gezeigt, dass der in der Näherung eines effektiven Mediums (EMA) als Mischung von LMO und SMO berechnete Brechungsindex von LSMO(x) deutlich vom experimentell ermittelten Wert NLSM O(x) abweicht. Die hier festgestellte Gleichheit von Nav(n = 6) und Nav(n = 2) lässt sich also nicht durch die Bildung eines effektiven Mediums aus LMO und SMO verstehen, sondern muss aus einer Delokalisierung dereg-Elektronen über die komplette Heterostruktur mitn= 6 resultieren.

Eine detaillierte Betrachtung der zeitlichen Verläufe von ∆ und Ψ erlaubt Rückschlüsse auf die Wachstumsprozesse. Bei den in Abbildung 9.6 b) gezeigten Verläufen von ∆ (t) und Ψ (t) er-kennt man beim Wachstum der LMO-Lagen eine Steigungsänderung, die nach dem Zeitinter-vall ∆tLM Ostep einsetzt. Dies entspricht einer gewachsenen Schichtdicke von etwa ∆dLM Ostep = 4 ML von insgesamt dLM O≈12 ML für eine komplette LMO-Lage. Die Änderung der Steigung ist dann nach einer gewachsenen Dicke von etwa 6 ML abgeschlossen, wo ∆ (t), Ψ (t) wieder linear verlaufen (siehe Abbildung 9.7 b), Markierung 3).

Wenn man die gemessenen Daten mit einer einfachen Simulation des Wachstums von LMO und SMO, bei der keine Reaktionen an den Grenzflächen stattfinden, vergleicht, erkennt man starke Abweichungen (siehe Abbildung 9.7 a),b)). Zunächst zeigt sich in der Simulation eine konstante Steigung während des Wachstums der LMO-Lage und überdies verläuft ∆ (t) beim

SMO

LMO

SMO

SMO

SMO

LMO LMO LMO LMO

[111]

LMO SMO

STO

10 nm 5 nm

a) b)

Abbildung 9.8.:HAADF-STEM-Aufnahmen des LMO/SMO-Übergitters (n6) auf STO (111) (siehe Abbildungen 9.6 und 9.7): a) Übersicht über die gesamte Dicke der Heterostruk-tur, die roten Pfeile markieren die Positionen der SMO-Lagen (die SMO-Lage an der Ober-fläche ist aufgrund der Beschädigung der TEM-Lamelle nicht zu sehen), b) Vergrößerung von a) (Die TEM-Aufnahmen wurden von Vladimir Roddatis angefertigt).

Wachstum der SMO-Lage wesentlich flacher als in der Messung33. Wie eingangs erwähnt, zeigt sich für LMO ein zweidimensionales Wachstum, wogegen SMO auf STO (111) aufraut. XRR-Messungen der LMO/SMO-SL auf STO (111) deuten auf erhöhte Rauigkeiten, σLM O/SM O und σSM O/LM O, hin, die eine numerische Simulation der gemessenen Spektren erschweren [238].

Mit diesen Informationen entwickelt man ein Wachstumsmodell für die LMO/SMO-SL auf STO (111), um die gemessenen Daten der in-situ Ellipsometrie nachzubilden. In Überein-stimmung mit Abbildung 9.7 c) wächst auf einer glatten LMO-Schicht SMO mit nanoska-ligen Rauigkeiten auf. Diese werden mit der Näherung des effektiven Mediums behandelt.

Die SMO-Schicht wird als eine Mischung von Luft mit einem Anteil vonδ = 0.12 und SMO angenommen, um die experimentellen Daten am besten nachzubilden34. Durch das Aufrauen vergrößert sich die Steigung von ∆ (t) deutlich im Vergleich zur einfachen Simulation (Ab-bildung 9.7 b)). Dann beginnt die Deposition der LMO-Lage mit einer gesamten Dicke von dLM O = 12 ML. Ein Teil des abgeschiedenen LMO mischt sich dann mit der rauen SMO-Schicht, wogegen der verbleibende Anteil einen glatten Film auf dem SMO bildet (vergleiche Abbildung 9.7 c) 2→3). Dieser Prozess schreitet fort bis eine Menge von LMO aufgebracht wurde, die einer Schichtdicke von 6 ML entspricht. Dann liegt an der Oberfläche ein glatter LMO-Film vor, unter dem sich eine LMO/SMO-Mischlage befindet. Zum Abschluss werden dann die restlichen 6 ML von LMO deponiert.

33Für Ψ (t) fallen die Änderungen deutlich kleiner aus als für ∆ (t), so dass aufgrund der besseren Darstell-barkeit nur die Messungen und Simulationen von ∆ (t) gezeigt werden.

34Entgegen der Simulation zeigt sich im Experiment kein komplett linearer Verlauf von ∆ (t) beim Wachstum von SMO. Dies ist womöglich damit zu verbinden, dass das Aufrauen des Filmes in verschiedenen Phasen abläuft.

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Die Resultate des geschilderten Wachstumsmodells finden sich auch in HAADF-Aufnahmen des LMO/SMO-Übergitters, die von Vladimir Roddatis angefertigt wurden, wieder. In Ab-bildung 9.8 wird die LMO/SMO-Durchmischung dadurch verdeutlicht, dass der Kontrast zwischen LMO und SMO deutlich schwächer ist als zwischen LMO und dem STO-Substrat.

Aufgrund der ähnlichen Gesamtelektronendichte von SMO und STO sollte der Kontrast bei idealem Wachstum identisch sein. Da die Dicke der TEM-Lamelle in einem Bereich von dT EM = 10−20 nm liegt, kann man die Skala der Durchmischung der La- und Sr-Ionen auf eine Längenskala deutlich unterhalb von dT EM einschränken.

Das Aufrauen der SMO-Lagen bei diesen kleinen Schichtdicken dSM O ≈ 0.9 nm kann man nicht allein durch den Abbau der epitaktischen Verzerrungen erklären. Mit der Formel von Hirsch kann man die minimale Filmdicke abschätzen, für die es energetisch günstiger ist, Versetzungen in den Film einzubauen, die die Fehlpassung zum Substrat ausgleichen [268].

Für den hier betrachteten Fall liegt diese kritische Schichtdicke bei dC ≈ 0.8 nm. Ab dieser Schichtdicke besteht also eine treibende Kraft die ersten Versetzungen einzubauen und den Film zu relaxieren. Das hier beobachtete Wachstum von SMO mit Inseln, deren laterale Abmessungen im Bereich von∼10 nm liegen, erfordert aufgrund des Bruches der Bindungen an den Oberflächen eine deutlich größere Energie als der Einbau der Versetzungen. Damit muss es neben den epitaktischen Verzerrungen eine andere treibende Kraft für das Aufrauen der SMO-Lagen geben.

Entlang der [001]-Richtung kann man SMO in einzelne SrO- und MnO2-Ebenen zerlegen, die jeweils ungeladen sind. Für diesen Schnitt ergibt sich also wie beim STO kein elektrostati-sches Potential. Wird die Oberfläche aber entlang der (111)-Ebene geschnitten, so tragen die einzelnen Lagen aus Mn4+ und Sr2+O2−3 formale Ladungen von ±4 pro Einheitszelle [97].

Wie in Abschnitt 3.1 beschrieben, ergibt sich daraus ein elektrostatisches Potential, welches durch Rekonstruktionen an der Grenz- und Oberfläche reduziert werden kann. Aufgrund des Fehlens voneg-Elektronen im SMO kann dies nicht durch eine Veränderung der Mn-Valenzen erreicht werden. Alternativ können auch unstöchiometrische Rekonstruktionen an der Ober-und Grenzfläche für einen Reduktion des elektrostatischen Potentials sorgen. Schon bei klei-nen Filmdicken übersteigt die Stärke des elektrischen Potentials die Aktivierungsenergie für Diffusion (siehe Abschnitt 3.1), so dass strukturelle Modifikationen auch mit Blick auf die Kinetik denkbar sind. An den freien Oberflächen der SMO-Inseln kann es dann leicht zu einer Interdiffusion mit den nachfolgend deponierten La-Ionen kommen.

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Abbildung 9.9.:In-situ Ellipsometrie beim Wachstum eines LMO/SMO-Übergitters (n 1,dLM O 2 ML, dSM O 2/3 ML, m = 32) auf STO (001): a) Übersicht der gesamten Depositionsdauer, der durchschnittliche BrechungsindexNav berechnet mit den Werten von

∆ und Ψ am Ende der Deposition ist im Diagramm angegeben. b) Vergrößerte Darstellung des grau umrandeten Bereichs in a). (Die erkennbaren Sprünge in ∆ (t) und Ψ (t) beim Übergang zwischen LMO und SMO resultieren aus der Entfernung der Pausenabschnitte.)

9.3.2. SrTiO3 (001): Beobachtung der Delokalisierung von eg-Elektronen durch