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SrTiO 3 (001): Beobachtung der Delokalisierung von e g -Elektronen durch

III. Ergebnisse und Diskussion 89

9.3. Wachstum von LaMnO 3 /SrMnO 3 -Übergittern

9.3.2. SrTiO 3 (001): Beobachtung der Delokalisierung von e g -Elektronen durch

Im diesem Abschnitt untersucht man die in-situ Messungen der Ellipsometrie beim Wachstum von LMO/SMO-Übergittern auf STO (001)-Substraten. Zunächst werden die Ellipsometrie-Messungen fürn = 1,2,3 phänomenologisch betrachtet und verglichen. Dann wird die che-mische Qualität der LMO/SMO-Grenzflächen mit XRR-, XRD- und TEM-Messungen quali-fiziert. Mit diesen experimentellen Befunden entwickelt man dann ein Modell für die Umver-teilung dereg-Elektronen während des Wachstums.

Für das LMO/SMO-SL mitn≈1 ergibt sich mitNav= 2.32(2)−0.54(1) (siehe Abbildung 9.9 a)) ein durchschnittlicher Brechungsindex, der dem Wert der im vorherigen Abschnitt vorgestellten Übergitter auf STO (111) entspricht. Dieses Übergitter weist also eine ähnlich homogene Verteilung dereg-Elektronen auf.

Bei einer Erhöhung der Bilagendicke, Λ, für n≈ 2 weicht der durchschnittliche Brechungs-index Nav = 2.34(2)−i·0.56(1) schon leicht vom Wert für das Übergitter mit n ≈ 1 ab (siehe Abbildung 9.10). Des Weiteren ist eine deutliche Steigungsänderung in ∆ (t) während des Wachstums der SMO-Lagen zu erkennen (Für Ψ (t) ist diese auch vorhanden aber nur schwach ausgeprägt.). Im Bereich der SMO-Lage verläuft ∆ (t) zunächst mit einer ähnlichen Steigung wie im Bereich von LMO, um dann deutlich abzuflachen (siehe Abbildung 9.10

9.3. Wachstum von LaMnO3/SrMnO3-Übergittern 182

Abbildung 9.10.: In-situ Ellipsometrie beim Wachstum eines LMO/SMO-Übergitters (n 2, dLM O 4 ML, dSM O 4/3 ML, m = 16) auf STO (001): a) Übersicht über gesamte Depositionsdauer, der durchschnittliche BrechungsindexNav der gesamten Hetero-struktur, der sich aus den Endwerten von ∆ (t) und Ψ (t) ergibt, ist im Diagramm angege-ben. b) Vergrößerte Darstellung des grau umrandeten Bereiches aus a), die Positionen der Steigungsänderung in ∆ (t) und Ψ (t) bei der Deposition von SMO sind markiert.

b)). Diese Steigungsänderung setzt nach einem charakteristischen Zeitintervall ∆tSM Ostep ein (vergleiche Abbildung 9.11 a)). Dividiert man dieses durch die Depositionszeit pro Monolage SMO, ∆tSM OM L , so ergibt sich die Zahl der deponierten Monolagen, bis zum Eintreten der Steigungsänderung

nSM Ostep = ∆tSM Ostep

∆tSM OM L (9.2)

Wie man in Abbildung 9.11 b) erkennen kann, schwankt diese Größe mit dem Verlauf des Wachstums der Heterostruktur um einen Mittelwert in der Nähe von nSM Ostep = 1. Nach dem Wachstum einer Monolage SMO kommt es also zu einer Änderung der Steigung von ∆ (t).

Für n ≈ 3 beobachtet man einen fast stufenartigen Verlauf in ∆ (t) beim Wachstum der SMO-Lagen und eine sichtbare Steigungsänderung bei Ψ (t) (siehe Abbildung 9.12 b)). Der durchschnittliche BrechungsindexNav = 2.36(2)−i·0.59(1) weicht signifikant vom Wert für n≈1 ab. Fürn≈3 bewegt sichNav in die Richtung des Brechungsindexes, der sich für eine Mischung von LMO und SMO im Rahmen der Näherung durch ein effektives Medium ergibt (vergleiche Abbildung 6.5). Dies deutet darauf hin, dass für das Übergitter mit n ≈ 3 eine inhomogene Verteilung dereg-Elektronen vorliegt. Dies steht im Gegensatz zum LMO/SMO-SL auf STO (111) aus dem vorherigen Abschnitt, wo man fürn≈6 und damit einen ähnlichen Wert von Λ eine homogene Verteilung annehmen kann.

1 5 5 1 6 0 1 6 5 4 8 1 2 1 6

Abbildung 9.11.: Zur Steigungsänderung in ∆ (t) beim Wachstum des LMO/SMO-Übergitters (n 2, vergleiche Abbildung 9.10): a) ∆tSM Ostep bezeichnet das Zeitintervall, nach dem ∆ (t) beginnt vom zunächst linearen Verlauf abzuweichen. b)nSM Ostep =∆t

SM O step

∆tSM OM L als Funktion des Indexes der LMO/SMO-BilageiBilage.

Der Verlauf von ∆ (t) ist für jede deponierte SMO/LMO-Doppellage sehr ähnlich aber nicht identisch. Es zeigen sich für die ersten 2-3 Wiederholungen im Detail Abweichungen vom Verhalten, das sich in den späteren Phasen des Wachstums einstellt und zu einem reprodu-zierbaren Verlauf von ∆ (t) führt (siehe Abbildung 9.12 b)). Im Inset von Abbildung 9.12 a) sieht man die Deposition der zweiten Wiederholung der SMO/LMO-Bilage. ∆ (t) verhält sich dabei ähnlich wie für das LMO/SMO-SL (n≈6) auf STO (111) (Abbildung 9.6 b)), was eine Durchmischung der La- und Sr-Atome an den Grenzflächen der ersten SMO/LMO-Bilagen andeutet.

Wie man in Abbildung 9.13 a) erkennen kann, ergibt sich nach der charakteristischen Zeit

∆tSM Ostep eine stufenartige Änderung der Steigung von ∆ (t) und simultan eine wahrnehmbare Änderung der Steigung in Ψ (t). Wie für n≈2 streut auch hier nSM Ostep um einen Mittelwert, der sehr nahe bei einer Monolage liegt (Abbildung 9.13 b)). Insgesamt zeigen sich also Hinwei-se darauf, dass die hier beobachteten Eigenheiten bei der in-situ Ellipsometrie für Übergitter auf STO (001) mit der Verteilung dereg-Elektronen zusammenhängen. Vor der Entwicklung eines Modells zur Beschreibung der Verteilung der eg-Elektronen in den verschiedenen Pha-sen des Wachstums sollen nachfolgend die strukturellen Eigenschaften der LMO/SMO (bzw.

SMO/LMO)-SL mitn≈3 auf STO (001) dargelegt werden.

Bei der Untersuchung der Oberflächenmorphologien mit dem STM erkennt man eine zweidi-mensionale Wachstumsmode zwischen Insel- undstep flow-Wachstum. Bei dieser Mode zeich-nen sich in den Aufnahmen deutlich die durch den Fehlschnitt der Substrate verursachten Terrassen ab. Zudem zeigt sich diese Morphologie unabhängig davon, ob die Heterostruktur mit SMO oder LMO abschließt (siehe Abbildung 9.14).

Die chemische Qualität der vergrabenen Grenzflächen wird mit Methoden der Röntgenbeu-gung und Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) weiter dargestellt. XRD- und XRR-Messungen zeigen chemisch scharfe LMO/SMO-Grenzflächen mitσLM O/SM O= 0.1−0.2 nm (siehe Abbildung 9.15). Aus der mittleren Dicke der LMO/SMO-Bilagen von Λ = 3.32(4) nm ergibt sich der genaue Wert von n ≈ 3.2. Durch die numerische Anpassung des XRD-Spektrums ergeben sich die individuellen Gitterparameter der LMO- und SMO- Lagen senk-recht zur Substratebene. Mit cLM O = 0.394(2) nm und cSM O = 0.365(7) nm zeigt sich ein

9.3. Wachstum von LaMnO3/SrMnO3-Übergittern 184

Abbildung 9.12.: In-situ Ellipsometrie von SMO/LMO-SL (n 3, dLM O 6 ML, dSM O 2 ML,m = 16) auf STO (001): a) Übersicht der gesamten Depositionsdauer, der aus den Endwerten von ∆ (t) und Ψ (t) berechnete durchschnittliche Brechungsindex Nav

ist im Diagramm angegeben. Das Inset zeigt ∆ (t) für das Wachstum der zweiten Doppellage aus SMO und LMO. b) Vergrößerte Darstellung des grau umrandeten Bereiches in a), die Positionen, an denen sich die Steigung von ∆ (t) während des Wachstums der SMO-Lagen ändert, sind markiert.

sehr starker Unterschied zwischen den individuellen Gitterparametern. Der Gitterparame-ter für die LMO-Lagen ist deutlich größer als jener, der sich für eine einfache LMO-Schicht auf STO ergibt (siehe Abschnitt 9.2.1). Aus dem Gitterebenenabstand in c-Richtung für die LMO-Lagen, cLM O = 0.394(2) nm, berechnet man unter der Annahme einer vollstän-digen Verspannung durch das STO-Substrat und ν = 1/3 die pseudokubische Gitterkon-stante aLM O= 0.392(2) nm. Diese liegt zwischen dem Wert der rhomboedrischen Phase, die für einzelne LMO-Filme auf STO realisiert wird, und dem Wert für das stöchiometrische, orthorhombische LMO [122]. Der Gitterebenenabstand der SMO-Lagen kommt dem Wert c = 0.3705 nm, den man für einen voll verspannten SMO-Film auf STO erwarten würde (aSM O = 0.3805 nm,ν = 1/3), sehr nahe. Damit ist hier von stöchiometrischen SMO auszu-gehen. Bei einem reduzierten Sauerstoffgehalt würde der Gitterebenenabstand aufgrund der höheren Konzentration von Mn3+-Ionen größer ausfallen.

Die Auswertung der Röntgenspektren hat gezeigt, dass die LMO/SMO-Grenzflächen im Mit-tel chemisch sehr abrupt sind. Durch die Betrachtung von STEM-Aufnahmen kann man etwaige lokale Variationen erfassen. In Abbildung 9.16 ist eine HAADF-STEM-Übersicht des LMO/SMO-Übergitters (n≈3,m = 11) dargestellt. Man erkennt füriBilage= 3−11 einen deutlichen Kontrast zwischen den SMO- und LMO-Lagen, der sich aus den Unterschieden der Gesamtelektronendichte ergibt. Die ersten beiden SMO-Lagen (iBilage= 1,2) sind etwas

2 5 5 2 6 0 2 6 5 2 7 0 2 4 6 8 1 0 1 2 1 . 0

1 . 1 1 . 2 1 . 3

1 . 1 5 ( 7 ) L M O / S M O ( n = 3 ) S T O ( 0 0 1 )

nSMO step iB i l a g e

b )

Z e i t [ s ]

1 2 . 6 1 2 . 8 1 3 . 0 1 3 . 2

Ψ [°]

1 4 . 0 1 4 . 5 1 5 . 0 1 5 . 5

∆tS M O

s t e p

[°]

a )

Abbildung 9.13.: Detailansicht von ∆ (t), Ψ (t) beim Wachstum des SMO/LMO-Übergitters (n 3, dLM O 6 ML, dSM O 2 ML) aus Abbildung 9.12: a) Stufenartige Änderung der Steigung von ∆ (t), Ψ (t) beim Wachstum von SMO nach ∆tSM Ostep , b)nSM Ostep als Funktion der Nummer der DoppellageiBilage.

a) b)

Abbildung 9.14.:Oberflächenmorphologien von LMO/SMO-Übergittern auf STO (001)-Substraten (n3) gemessen mit dem STM: a) LMO/SMO,m= 11 (SMO an der Oberflä-che), b) SMO/LMO,m= 16 (LMO an der Oberfläche).

schwieriger auszumachen als die folgenden, was auf eine stärkere chemische Durchmischung in diesen Lagen hindeutet. Des Weiteren kann man feststellen, dass die SMO-Lagen über die gesamte Breite von 400 nm keine größeren Unterbrechungen zeigen.

In der höher aufgelösten HAADF-STEM-Aufnahme bestätigt sich das zuvor geschilderte Bild.

Die chemische Durchmischung der La- und Sr-Ionen in den ersten beiden Wiederholungen der SMO/LMO-Doppellagen deutet sich bereits in der in-situ Ellipsometrie an (vergleiche In-set von Abbildung 9.12 a)). Dies ist vermutlich mit einer geringeren Mobilität der Adatome für iBilage = 1,2 zu erklären (vergleiche Abschnitt 6.3). In der Anfangsphase wird dadurch die Oberflächenmorphologie der individuellen Lagen von kleinen Inseln gekennzeichnet. Bei einer solchen Beschaffenheit der Oberfläche kann es dann beim Aufbringen der folgenden Materiallage durch Diffusionsprozesse an der Oberfläche leicht zu einer chemischen Durch-mischung kommen. Für iBilage > 2 bilden sich an der Oberfläche deutlich größere Inseln, so dass eine Durchmischung der Kationen an der Oberfläche nicht mehr ins Gewicht fällt.

Im Gegensatz zur Oberfläche ist die Diffusion innerhalb der Heterostruktur durch die drei-dimensionale Bindung stark gehemmt. Dies wurde auch schon in Abschnitt 8.2.3 belegt: Ein mehrmaliges Auslagern von Multilagen aus Manganaten bei den hier verwendeten Deposi-tionsbedingungen führte zu keinen Veränderungen der Grenzflächen zwischen den einzelnen Manganat-Schichten.

9.3. Wachstum von LaMnO3/SrMnO3-Übergittern 186

Abbildung 9.15.: Ermittlung der strukturellen Eigenschaften von LMO/SMO-SL (n3, m = 11) auf STO (001) durch Analyse der Röntgenspektren: a) Durch die numerische Anpassung des XRR-Spektrums mit ReMagX [165] ergeben sich die Bilagendicke Λ und die RauigkeitenσLM O/SM OundσV ak. b) Aus der numerischen Anpassung des XRD-Spektrums folgen Werte für die individuellen SchichtdickendLM O,dSM O und GitterparametercLM O, cSM Osowie die RauigkeitσLM O/SM O.

STO

Kleber

50 nm

Abbildung 9.16.:HAADF-STEM-Übersicht von LMO/SMO-SL (n3,m= 11) auf STO (001): Die SMO-Lagen weisen eine geringere Gesamtelektronendichte auf und erscheinen so dunkler als die LMO-Lagen. Die Positionen der SMO-Lagen sind durch schwarze Linien an den Rändern gekennzeichnet (Aufnahme erstellt von Ricardo Egoavil).

Eine präzisere Übersicht über die Verteilung der La-Ionen im Übergitter ergibt sich durch eine STEM-EELS-Karte an der La-Kante, die in Abbildung 9.17 dargestellt ist. Auch hier ist ein klarer Kontrast zwischen den LMO- und SMO-Lagen zu erkennen, der für iBilage = 1,2 etwas schwächer erscheint als für iBilage > 235. In der Vergrößerung der STEM-EELS-Karte kann man die Schichtdicken von LMO und SMO abzählen. Diese liegen mit dSM O = 2 ML und dLM O = 6−7 ML im erwarteten Bereich. An den LMO/SMO-Grenzflächen sieht man ein größeres La-Signal im SMO (rote Pfeile in Abbildung 9.17) als an den SMO/LMO-Grenzflächen. Da in dem betrachteten Übergitter die Dicke einer LMO/SMO-Bilage mit Λ = 3.3 nm≈8.6 ML keine ganze Zahl von Atomlagen darstellt (vergleiche Abbildung 9.15), kann dies nicht aus den Stufen des Substrates resultieren. Also ist dieses kleine La-Signal innerhalb der SMO-Lagen einer leichten La/Sr-Interdiffusion zuzuordnen.

Unter Berücksichtigung der strukturellen Charakterisierungen der LMO/SMO-SL entwickelt man im Folgenden ein Wachstumsmodell, mit dem man die gemessene in-situ Ellipsometrie numerisch erfassen kann. Mit Blick auf die Oberflächenmorphologie nimmt man ein step-flow-Wachstum an. Damit muss man im Gegensatz zum step-flow-Wachstum auf STO (111)-Substraten kein Aufrauen der Filme über die Näherung mit einem effektiven Medium (EMA) berücksichtigen.

35Die LMO/SMO-Grenzflächen für iBilage = 911 erscheinen im Bild etwas unschärfer. Dies ergibt sich daraus, dass sich die TEM-Lamelle bei der Messung dieses Bereichs nicht mehr perfekt im Fokus des Elek-tronenstrahls befand. Die reduzierte Auflösung in diesem Bereich macht sich auch durch die fehlende atomare Auflösung der La-Atome in diesem Bereich bemerkbar.

EELS La-Kante

5 nm HAADF

5 nm

Abbildung 9.17.:Hochauflösende HAADF-Aufnahme von LMO/SMO-SL (n3,m= 11) auf STO (001) und STEM-EELS Karte an der La-Kante für den rot eingefärbten Bereich.

Die roten Pfeile neben der EELS-Karte zeigen auf die LMO/SMO-Grenzflächen, an denen eine geringe La-Konzentration in den SMO-Lagen festzustellen ist. An den SMO/LMO-Grenzflächen ist dies nicht erkennbar (Bilder von Ricardo Egoavil aufgenommen).

Da die mittlere chemische Durchmischung sehr klein ausfällt, wird sie in den folgenden Be-trachtungen vernachlässigt. Die Effekte an den Grenzflächen werden von der Delokalisierung der eg-Elektronen bestimmt, welche mit einer Thomas-Fermi-Abschirmlänge LT F quantifi-ziert wird (vergleiche Abschnitt 3.1). In Abbildung 9.18 wird das Prinzip zur numerischen Behandlung dieser Umverteilung der Ladungen auf den Mn-Ionen illustriert. Die LMO/SMO-SL werden in einzelne Lagen, die jeweils die Dicke einer einzelnen Perowskit-Lage besitzen, zerlegt. Diesen wird eine separate Dotierungxi, welche dem Anteil der Mn4+-Ionen entspricht, zugeordnet. In Abschnitt 6.2 wurde dargelegt, dass der Brechungsindex eines dünnen Filmes aus einem Perowskit-Manganat von dem Verhältnis zwischen Mn3+- und Mn4+-Ionen ab-hängt. Damit setzt man für den Brechungsindex einer solchen Lage mit der Dotierungxi den WertN(LSM O(xi)) für einen einfachen Film aus LSMO(xi) an. Mit jeder abgeschiedenen Monolage verändert sich die Verteilung der Elektronen auf den Mn-Ionen. Dabei klingt die mittlere Zahl der Elektronen in jeder Monolage gemäß

n(z) =n0·e−|z|/LT F (9.3)

mit wachsender Entfernungzentlang der Wachstumsrichtung ab (Der Vorfaktorn0dient zur Normierung und wird so gewählt, dass die Gesamtzahl von Elektronen bei der Umverteilung konstant bleibt.). Dies ist in Abbildung 9.18 b) für das Wachstum einer Monolage SMO auf LMO demonstriert.

Mit dem beschriebenen Formalismus erfolgt nun die numerische Simulation der in-situ El-lipsometrie des SMO/LMO-Übergitters (n≈ 3,m = 16) aus Abbildung 9.1236. Dabei wird eine Bilage des Übergitters aus SMO (d≈2 ML)/LMO (d≈6 ML) herangezogen. Mit jeder deponierten Monolage verändert sich die Verteilung dereg-Elektronen, wie es in Abbildung 9.18 b) illustriert wurde. Bei der numerischen Anpassung wird eine Änderung von LT F im

36Hier werden nur die Daten zu ∆ (t) gezeichnet. Für Ψ (t) ergeben sich ähnliche Ergebnisse, die aber wegen der deutlich kleineren Amplitude der Änderungen und des größeren Rauschanteils weniger deutlich darstellbar sind.

9.3. Wachstum von LaMnO3/SrMnO3-Übergittern 188

LMO SMO LMO

N(LSMO(x )), d=1 MLi

N(LSMO(x )), d=1 ML1 N(LSMO(x )), d=1 MLn

N(LSMO(x )), d=1 ML2 N(LSMO(x )), d=1 MLn-1

a)

N(LSMO(x=0)), d=1 ML N(LSMO(x=0)), d=1 ML N(LSMO(x=0)), d=1 ML

LMO, d=3 ML

N(LSMO(x=0.15)), d=1 ML N(LSMO(x=0.21)), d=1 ML N(LSMO(x=0.27)), d=1 ML N(LSMO(x=0.37)), d=1 ML

1 ML

+

SMO

b)

Abbildung 9.18.: Illustration des Verfahrens zur numerischen Behandlung der in-situ Ellipsometrie von LMO/SMO-Übergittern auf STO (001): a) Zerlegung von LMO/SMO-SL in Monolagen (d= 1 ML) mit variablen Anteil von Mn4+-Ionen xi. Durch den Wert von xi wird der zugeordnete Brechungsindex festgelegt, der sich über den Wert für LSMO(xi), N(LSM O(xi)), ergibt. b) Das Hinzufügen einer Lage SMO auf die LMO-Lagen setzt eine Umverteilung der Ladungen auf den Mn-Ionen gemäß Gleichung 9.3 in Gang (In diesem Beispiel ist LT F = 1.4 nm.).

Verlauf der Deposition erlaubt. Wenn man die gemessenen Daten mit einer einfachen Simula-tion, bei der kein Ladungstransfer stattfindet, vergleicht, sieht man deutliche Abweichungen.

Insbesondere der stufenartige Verlauf beim Wachstum der SMO-Schicht wird nicht repro-duziert (siehe Abbildung 9.19). Wenn man eine Delokalisierung der eg-Elektronen zulässt, kann man die gemessenen Daten sehr gut durch die numerische Simulation nachbilden. Die Evolution der Elektronenverteilung, die zu der in Abbildung 9.19 gezeichneten Kurve führt, ist in Abbildung 9.20 dargestellt.

Von der vorherigen Doppellage liegt zu Beginn eine LMO-Schicht an der Oberfläche vor.

Auf diese werden dann 2 ML SMO deponiert. Dabei ist LT F mit LT F (1) = 1.4(7) nm zu Beginn sehr hoch und nimmt dann für die zweite SMO-Lage auf LT F (2) = 0.7(2) nm ab.

Daran anschließend beginnt die Abscheidung von LMO. Aus Symmetriegründen zeigen dann die MnO2-Lagen bei iM L = 3 und iM L = 5 eine sehr ähnliche Besetzung der eg-Niveaus.

Diese Aufteilung der Elektronen zwischen diesen beiden Lagen wird auch zur Vermeidung der polaren Katastrophe erforderlich [73]37. Nach dem Aufbringen der ersten LMO-Lage verkleinert sichLT F auf einen WertLT F(3) = 0.37(6) nm, der etwa der Dicke einer Monolage entspricht. Auch im weiteren Verlauf des Wachstums verbleibt LT F dann bei diesem Wert.

Die Signifikanz der ermittelten Längenskalen für LT F zeigt sich über die Begutachtung von Simulationen, die sich unter Variation der ParameterLT F(i) ergeben (siehe Abbildung 9.21).

Aus dieser systematischen Variation der LT F(i) ergeben sich dann die in Abbildung 9.20 angegebenen Fehlerintervalle.

37Neben dieser Ladungsteilung an der LMO/SMO-Grenzfläche muss es außerdem zu einer Ladungsumver-teilung zwischen der Oberfläche des gesamten Übergitters und der ersten SMO/LMO- bzw. STO/LMO-Grenzfläche kommen, um die Divergenz des elektrostatischen Potentials vollständig zu unterbinden (siehe Abschnitt 3.1).

2 6 0 2 7 0 2 8 0 2 9 0

Z e i t [ s ]

1 7 1 8 1 9

5

4

3

2

∆ [°]

1

S i m u l a t i o n e n :

K e i n L a d u n g s t r a n s f e r D e l o k a l i s i e r u n g d e r e g - E l e k t r o n e n

M e s s u n g L M O ( 6 M L )

S M O / L M O ( n = 3 ) S T O ( 0 0 1 ) S M O ( 2 M L )

Abbildung 9.19.:Numerische Anpassung der in-situ Ellipsometrie für das Wachstum einer SMO/LMO-Bilage des SMO/LMO-Übergitters (n3,m= 16) aus Abbildung 9.12: Neben den Messdaten ist eine einfache Simulation mit den Brechungsindizes für LMO und SMO gezeigt, bei der kein Ladungstransfer in Betracht gezogen wurde. Die beste Anpassung der Messung ergibt sich durch das in Abbildung 9.20 gezeigte Schema des Ladungstransfers, wo den hier markierten Phasen 1-5 entsprechende Besetzungen dereg-Niveaus zugeordnet sind.

Für die beste Anpassung der experimentellen Daten muss eine Änderung von LT F während der Deposition erlaubt werden. Dies ist ein Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen der Oberfläche der Heterostruktur und der Delokalisierung der Elektronen. An der Oberfläche ist eine Besetzung derd3z2−r2-Orbitale energetisch stark bevorzugt [84]. Es gibt somit bei Phase 2 in Abbildung 9.20 eine zusätzliche treibende Kraft, die eine Anreicherung von Elektronen in der SMO-Lage unterstützt. Es ist energetisch günstiger, wenn die mit den Mn3+-Ionen einhergehenden Jahn-Teller-Verzerrungen in der Lage an der Oberfläche als in tieferen Lagen vorliegen. Nach der Deposition einer weiteren SMO-Lage reduziert sich LT F, da die Beset-zung der MnO2-Lage an der Oberfläche durch das Coulomb-Potential behindert wird. Durch das Aufbringen der LMO-Lage verschwindet dieses zusätzliche treibende Element, da die Oberfläche dann automatisch stark mit Elektronen besetzt ist.

Die starke Delokalisierung der Elektronen nach der Deposition der ersten SMO-Lage könnte die Ursache für die leichte La/Sr-Interdiffusion der LMO/SMO-Grenzfläche sein (vergleiche Abbildung 9.17). Wie bei der LaAlO3/STO-Grenzfläche führt die über 3−4 ML delokalisierte Elektronenwolke dereg-Elektronen zu einem elektrischen Dipol, der durch Verschiebung der Sr- und La-Ionen ausgeglichen werden kann [61].

Es ist davon auszugehen, dass die hier für Depositionsbedingungen konstruierte Verteilung der eg-Elektronen bei tieferen Temperaturen (TC/N < T . 400 K) ähnlich verläuft38. Die thermische Aufweichung der Fermi-Verteilung beträgt bei TDep = 930C kBTDep ≈ 0.1 eV.

Dies ist deutlich kleiner als die typische Jahn-Teller-EnergieEJ T ≈0.7 eV (siehe Abschnitt 2.2) und die Coulomb-Energie, die bei einer Ladungsseparation um eine Perowskit-Lage be-zahlt werden muss ∆EC ∼1 eV. Infolge vonEJ T > kBT kommt es nicht zu einer thermisch getriebenen Umbesetzung dereg-Orbitale und einer damit einhergehenden Änderung vontdd

38Im Grundzustand (T 5 K) kann eine kollektive magnetische Ordnung tddund damit die Delokalisierung zusätzlich beeinflussen.

9.3. Wachstum von LaMnO3/SrMnO3-Übergittern 190 in Abbildung 9.19 gezeigten numerischen Simulation führen. Die Elektronenverteilungen ergeben sich durch Anwendung von Gleichung 9.3, wobei LT F in Abhängigkeit von der jeweiligen Depositionsphase die im Diagramm vermerkten Werte annimmt.

(vergleiche Abschnitte 2.3 und 3.1). Auch die thermische Ausdehnung treibt nur kleine Ände-rungen der orbitalen Umbesetzung. Die linearen, thermischen Ausdehnungskoeffizienten sind für STO [269] und LSMO(x=0.3) [270] sehr ähnlich:

αST O(T = 300−2000 K) = 1.1·10−5K−1

αLSM O(T = 300−1300 K) = 1.2·10−5K−1 (9.4) Der kleine Unterschied der thermischen Ausdehnungen

LSM OαST O)·(TDep−300 K)≈0.1 % (9.5) führt nur zu minimalen Änderungen des Verspannungszustandes der Manganat-Lagen und kann damit die Besetzung der eg-Orbitale nur geringfügig beeinflussen. WegenkBT <∆EC nimmt LT F nach dem Abkühlen keinen deutlich anderen Wert an als bei Depositionsbedin-gungen (vergleiche Abschnitt 3.1).

2 6 0 2 7 0 2 8 0 2 9 0

Z e i t [ s ]

1 6 1 7 1 8 1 9 2 0

2 1

M e s s u n g

L T F ( 1 ) L T F ( 2 ) L T F ( 3 ) [ n m ] [ n m ] [ n m ] 0 . 3 7 0 . 3 7 0 . 3 7 0 . 7 0 . 7 0 . 7 1 . 4 0 . 7 0 . 3 7 1 . 4 1 . 4 1 . 4 0 . 3 7 1 . 4 1 . 4

[° ]

L M O ( 6 M L ) S M O ( 2 M L )

S i m u l a t i o n e n :

S M O / L M O ( n = 3 ) S T O ( 0 0 1 )

Abbildung 9.21.: Zur Signifikanz der ermittelten WerteLT F (i= 13) (vergleiche Ab-bildung 9.20): Im Diagramm sind die simulierten Verläufe von ∆ (t) für verschieden ausge-wählte Werte von LT F(i) gezeigt, um sie mit den Messdaten und der in Abbildung 9.19 gezeichneten Simulation zu vergleichen (Zur besseren Übersicht wurden die Kurven entlang

∆ verschoben.).