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5 Anwendung der Methode

5.5 Bestimmung der Bindungskonstanten

5.5.2 SPR-Experimente

Die Oberflächen-Plasmonen-Resonanzspektroskopie[124, 125] (SPR-Spektroskopie) ist eine wichtige Methode zur Messung von Bindungskonstanten der Interaktion zweier Biomoleküle.[45]

Kommerziell erhältliche Systeme werden von der Firma Biacore (Uppsala, Schweden) hergestellt. Kernstück der Anlage ist eine Fließkammer mit optischer Einheit und angrenzendem austauschbarem Sensor-Chip. Zur Messung der Bindungskonstante ist einer der Bindungspartner auf der Oberfläche des Sensor-chips immobilisiert (Ligand), während eine Probe des anderen Bindungspartners über ein Mikrofluidik-Kanalsystem geleitet wird. Ändert sich durch Bindung von Molekülen die Massen-Konzentration und damit der Brechungsindex an der Oberfläche, wird dies als SPR-Antwort gemessen und graphisch als Funktion der Zeit in einem Sensorgramm dargestellt. Ein Vorteil dieser Methode ist, dass die Messung der Interaktion von Biomolekülen ohne Markierung, wie zum Beispiel Fluoreszenz-Label, in Real-Zeit erfolgen kann. Die Biacore-Technik erlaubt dabei nicht nur Messungen von Affinitäten im Gleichgewicht (KD- bzw. KA), sondern auch die Messung von Geschwindigkeitskonstanten für den Assoziations- bzw. Dis-soziationsschritt (koff bzw kon). Ein weiterer Vorteil der Methode ist ihre hohe Sensitivität, womit für eine Messung nur geringe Mengen an Probe benötigt werden.[126]

Abb. 5.11 a) Aufbau des SPR-Systems. b) Abfall der Intensität des reflektierten Lichts durch SPR-Anregung in Abhängigkeit des Einfallswinkels.[126]

Oberflächen-Plasmonen-Resonanz (SPR) entsteht durch die Interaktion von Licht mit einer geeigneten Metall- oder Halbleiteroberfläche, durch die ein quantenoptischer Effekt ausgelöst wird. Unter bestimmten Bedingungen kann die Energie von Photonen auf Elektronen-Pakete der Metalloberfläche, Plasmonen genannt, übertragen werden. Dieser Energie-Transfer erfolgt bei Einstrahlung mono-chromatischen Lichts bei einem spezifischen Einfallswinkel. Jede Änderung der Zusammensetzung der Oberfläche und somit des Brechungsindex ändert den Einfallswinkel bei dem eine maximale Absorption auftritt, dem sogenannten SPR-Winkel. Dieser Zusammenhang zwischen Änderung des Brechungsindex der Oberfläche und dem Winkel ist linear proportional. Die Maßeinheit für das SPR-Signal ist die Resonanz-Einheit (resonance unit, RU), wobei 1000 RU einer Ver-änderung des Resonanzwinkels um 0,1° entsprechen.[126]

Abb. 5.12 Der Sensorchip a) Aufbau eines CM5 Sensorchips. b) Der Ligand ist an der Sensoroberfläche immobilisiert. Der in der mobilen Phase enthaltene Analyt tritt mit dem immobilisierten Liganden in Interaktion.

Die SPR-Messungen wurden an einem BiacoreT100-Gerät durchgeführt. Beim zu untersuchenden Bindungssystem stellt sich die Frage, welcher der beiden Bindungs-partner immobilisiert und welcher als Analyt über die Oberfläche geleitet werden soll.

Betrachtet man dies aus rein physikalischer Sicht des experimentellen Aufbaus, so wird idealerweise das kleinere Molekül, also das Peptid, immobilisiert. Durch Interaktion mit dem deutlich größeren Analyt (Protein) kommt es zu einer deutlichen Veränderung des Brechungsindex und folglich zu einer stärkeren SPR-Antwort. Für die Bestimmung der Bindungskonstanten wird der Analyt in verschiedenen

Konzentrationen als mobile Phase verwendet, wodurch relativ große Mengen an Substanz benötigt werden. Im Vergleich dazu wird für die Immobilisierung des Liganden nur sehr wenig Substanz benötigt. Aus Kostengründen ist es somit oftmals besser, das teuere Protein zu immobilisieren und das Peptid als Analyt zu verwenden. Zudem hat das Immobilisieren des Proteins den Vorteil, dass mit einem Chip mehrere Peptide auf ihre Interaktion hin getestet werden können. Wie bei allen Immobilisierungen ist auch bei der Beladung der Sensorchipoberfläche mit dem Liganden darauf zu achten, dass der Ligand durch die Immobilisierung nicht an Aktivität verliert. Ein solcher Verlust könnte beispielsweise erfolgen, wenn eine für die Interaktion wichtige Stelle des Moleküls (Bindungsdomäne) zur Immobilisierung verwendet würde oder die dreidimensionale Struktur des Liganden beeinträchtigt würde. Ich habe mich für die Immobilisierung des Proteins (Streptavidin) auf einem CM5-Sensorchip entschieden. Der Aufbau eines solchen CM5-Sensorchips ist in Abb. 5.12 a) dargestellt. Bei allen Sensorchips der CM-Serie ist eine Carboxylmethyl-dextranmatrix kovalent an die Goldoberfläche gebunden. Die Dextranmatrix ist flexibel und erlaubt dem daran fixierten Liganden relativ freie Bewegungen. Der CM5-Sensorchip ist der am häufigsten eingesetzte Chip der CM-Serie. Er zeichnet sich dadurch aus, dass sowohl kleine als auch sehr große Moleküle daran immobilisiert werden können. Anstelle von CM5-Sensorchips wäre auch die Verwendung von Streptavidin- Sensorchips denkbar. Zwei Gründe sprechen jedoch gegen deren Einsatz: Zum Ersten sind diese erheblich teurer als CM5-Sensorchips, und zum Zweiten hat man keinen Einfluß auf deren Beladung. Belädt man die CM5-Sensorchipoberfläche jedoch selbst mit Streptavidin, kann die Beladung gesteuert werden.

Abb. 5.13 Immobilisierungsstrategie auf CM 5 Sensor-Chip.

Die Immobilisierung des Streptavidins auf dem Chip erfolgte nach dem von Biacore empfohlenen Standardprotokoll[126] durch Aktivierung der Carboxylgruppe auf der Dextranoberfläche mit N-Ethyl-N’-(3-dimethylaminopropyl)carbodiimid (EDC) und N-Hydroxysuccinimid (NHS). Durch die Aktivierung bildet sich ein Aktivester, der dann mit primären Aminofunktionen des Streptavidins (ε-Aminofunktion der Lysin-seitenkette) reagieren kann (Abb. 5.13). Nach der Belegung der Oberfläche mit Streptavidin wurden noch aktive Carboxylfunktionen durch Injektion von Ethanolamin gecappt. Eine der vier Messzellen des CM5-Chips wurde als Referenzzelle verwendet. Ihre Behandlung erfolgte analog zur Messzelle, jedoch ohne Streptavidin-injektion.

Die Bindungsstudien erfolgten mit den oben beschriebenen Peptiden (93/92, 97/96, 95/94). Zunächst wurden die Messungen mit Peptidlösungen in einem Konzentrationsbereich von 0,33-677 µM im Falle der linearen bzw. 0,36-731 µM im Falle der cyclischen Peptide durchgeführt. Die Lösungen wurden als 1:1 Verdün-nungsreihe hergestellt. Zur Regenerierung der Chipoberfläche musste lediglich mit Laufpuffer gespült werden. Die Auswertung erfolgte als Differenzmessung, hierfür wurde das Signal der Referenzzelle vom Signal der eigentlichen Bindungsmesszelle subtrahiert. Somit kann sichergestellt werden, dass ausschließlich die tatsächlich auftretende Interaktion zwischen Streptavidin (Ligand) und Peptid (Analyt) untersucht wird. Die erhalten Sensorgramme wurden durch Anwendung der Steady-State-Affinity-Methode mit der Herstellersoftware ausgewertet.

Abb. 5.14 Sensorgramm der Bindung des cyclischen Peptids 92 und die Steady-State-Affinity-Auswertung zur Ermittlung der Bindungskonstanten. Die Auswertung ergab KD=323 ± 24 µM.

Abb. 5.14 zeigt ein Sensorgramm, das aus der Messung der Interaktion des cyclischen Peptids 92 erhalten wurde. Aus dem Sensorgramm wird ersichtlich, dass die Assoziation und Dissoziation des Protein-Peptid-Komplexes sehr schnell vonstatten gehen. Eine Ermittlung der Bindungskonstanten über kinetische Werte ist somit nicht möglich. Die Auswertung erfolgte deshalb ausschließlich über die Anwendung der Steady-State-Affinity-Methode, welche Messwerte nach Einstellung des Gleichgewichts für die Berechnung von KD-Werten heranzieht. Eine Darstellung zur Ermittlung der Bindungskonstante ist ebenfalls in Abb. 5.14 zu sehen. Für das aus dem Screening positiv hervorgegangene cyclische Peptid 92 wurde eine Bindungskonstante von 323 ± 24 µM bestimmt. Für alle anderen Peptide ergaben sich Bindungskonstanten, die außerhalb des gemessenen Konzentrationsbereiches lagen. Um auch von ihnen brauchbare Werte zu erhalten, wurde die Messung mit einer Peptidkonzentration von 0,01-10 mM wiederholt. Die ermittelten Bindungs-konstanten können Tabelle 8 entnommen werden.

Tabelle 8 Die aus dem SPR-Experiment erhaltenen Bindungskonstanten. Experimente, die keine brauchbaren Werte ergaben, wurden mit ND (no data) gekenn-zeichnet.

Verbindungsnr.

Linear/Cyclisch

Sequenz KD (mM)

des linearen Peptids

KD (mM)

des cyclischen Peptids 93/92 H-KHPQHGEβAPPR-NH2 2,76 ± 0,46 0,323 ± 0,024

95/94 H-KHGHPQEβAPPR-NH2 1,80 ± 0,24 8,6 ± 2,7

97/96 H-KQPHHGEβAPPR-NH2 ND ND

Im Falle der Peptide 93/92 mit Hitsequenz zeigte das cyclische Peptid eine Bindungsaffinität zu Streptavidin von KD = 323 ± 24 µM, während das lineare Peptid um einen Faktor von 8,5 schlechter band. Dies belegt, dass durch die Cyclisierung ein Peptid in einer für die Bindung günstigen Konformation fixiert werden kann. Der umgekehrte Fall zeigt sich bei den Peptiden 94/95 mit HPQ-Motiv in den Positionen 4-6. Hier wurde für die cyclische Form ein KD von 8,6 ± 2,7 mM bestimmt, der offensichtlich zu hoch war, um die Verbindung beim Bibliotheksscreening anzufärben. Das (nicht in der Bibliothek enthaltene) lineare Peptid zeigte eine fast fünffach bessere Bindung. In diesem Fall wird durch die Cyclisierung eine für die Bindung ungünstige Konformation fixiert. Diese Beobachtung unterstreicht die Bedeutung der in dieser Arbeit entwickelten Methode zur Analyse von Cyclopeptid-bibliotheken, bei der die harzgebundenen Cyclopeptide nicht mit linearen Peptid-fragmenten verunreinigt sind, die zu falschpositiven Ergebnissen führen können.

Mit den durchgeführten SPR-Experimenten konnte gezeigt werden, dass die mit der neu entwickelten Methode identifizierten Peptide tatsächlich Hitsequenzen sind.

Durch diesen tag-freien Ansatz kann die Kombination von PED und massenspektro-metrischer Analyse einzelner Harzkugeln jetzt auch auf OBOC-Cyclopeptid-bibliotheken zur Untersuchung biologisch relevanter Fragestellungen angewandt werden.

6 Synthese fluoreszenzmarkierter