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Lichtinduzierte Spaltungsreaktionen ermöglichen eine Erweiterung der Orthogonalität von Linkern und Schutzgruppen in der präparativen organischen und kombi-natorischen Synthese auf eine weitere Dimension. Die photolytische Spaltung verläuft unter sehr milden Reaktionsbedingungen und kommt ohne Erwärmen und ohne Zusatz von Reagenzien aus. Ein erster Ansatz bestand daher im Einbau einer photolabilen Sollbruchstelle.

Abb. 3.1 Zwei von Holmes et al. entwickelte photolabile Linker. Nach photoinduzierter Reaktion erhält man eine Peptidylsäure (wenn X=O), beziehungsweise ein Peptidylamid (wenn X=N).

Die in Abb. 3.1 gezeigte Verbindung 4 enthält einen kommerziell erhältlichen photolabilen Linker[35, 36], wie er auch in meiner Diplomarbeit verwendet wurde. Durch Laserbestrahlung (Stickstofflaser, 337 nm), zum Beispiel während der

Laser-induzierten Ionisierung im MALDI-Experiment, kann das Peptid direkt vom Harz gespalten werden. Ein vorheriges Abspalten zur Probenvorbereitung ist nicht notwendig. Im Rahmen meiner Diplomarbeit konnte ich jedoch feststellen, dass die Esterverknüpfung in Verbindung 4 unter Standard-Abspaltbedingungen von säurelabilen Schutzgruppen (TFA/TIS/Wasser (95:2,5:2,5)) nicht vollständig stabil ist.

Die Amidverknüpfung zwischen Peptid und Linker in Verbindung 5 sollte diese Säurelabilität hingegen nicht aufweisen. Da es sich bei diesem Linker um eine Verbindung mit Carboxyl- und Aminogruppe handelt, also eine „Amino-Säure“-Funktionalität vorliegt, sollte diese Verbindung innerhalb einer Peptidkette auch als Sollbruchstelle nutzbar sein. Wird die Verbindung als Linker zwischen fester Phase und Peptid und zugleich im Peptidzyklus verwendet, so sollte eine gleichzeitige Abspaltung des Peptids von der festen Phase und eine Peptidringöffnung möglich sein (Abb. 3.2). Der für den Aufbau von Verbindung 5 notwendige Baustein 7 ist kommerziell nicht erhältlich.

Abb. 3.2 Wird der photolabile Linker zwischen Peptid und Harzkugel und im cyclischen Peptid verwendet, so sollte durch Bestrahlung der Peptidzyklus gezielt geöffnet und gleichzeitig das Peptid vom Harz gespalten werden.

Abb. 3.3 zeigt diesen kommerziell nicht erhältlichen Linker 7, der freundlicherweise im organischen Grundpraktikum unter der Leitung von Herrn Dr. Huhn nach einer Vorschrift von Holmes et al. dargestellt wurde.[35] Ausgehend von 4-Hydroxy-3-meth-oxyacetophenon kann dieser in sieben Stufen mit einer Literaturausbeute von 56%

synthetisiert werden.

Abb. 3.3 Der Fmoc-geschützte photolabile Linker (Fmoc-Pll-OH) 7 kann ausgehend von 4-Hydroxy-3-methoxy-acetophenon 6 in sieben Schritten synthetisiert werden.

Um zunächst die photolabile Sollbruchstelle untersuchen zu können, wurde eine kleine Bibliothek von cyclischen Peptiden an SieberAmid-TentaGel-Harz synthetisiert (Abb. 3.4). Die Verwendung des SieberAmid-Linkers ermöglichte das Abspalten der cyclischen Peptide, ohne den Ring zu öffnen. So konnte eine anschließende Charakterisierung und eine Studie der Spaltung der Sollbruchstelle folgen.

Abb. 3.4 Durch parallele Synthese erhaltene Bibliothek von Cyclopeptiden.

Abb. 3.5 zeigt exemplarisch für alle Peptide den Syntheseweg zur Darstellung von Peptid 8. Die Synthese der linearen Vorläufersequenz erfolgte im 10 µmol Ansatz am Peptidsynthesizer unter Fmoc-Bedingungen. Der Synthese-verlauf wurde über eine Leitfähigkeitsmessung der Fmoc-Abspaltlösung verfolgt. Die photolabile Aminosäure 7, welche später als Sollbruchstelle im Ring fungiert, wurde manuell angeknüpft. Nach vollständiger Elongation der Peptide wurde die N-terminale Fmoc-Gruppe abgespalten. Anschließend wurde das Peptidylharz mit Pd(0) und Diaminoboran-Komplex in DCM behandelt, um die Allyl-Schutzgruppe der Glutaminsäurenseitenkette zu entfernen. Die Cyclisierung erfolgte über eine

N-Terminus-zu-Carbonsäureseitenkette-Amidverknüpfung. Dazu wurde die Carboxyl-gruppe der Glutaminseitenkette mit PyBOP/HOBt und DIPEA aktiviert. Nach jedem wichtigen Syntheseschritt erfolgte eine Testabspaltung des Peptids von der festen Phase und eine anschließende Charakterisierung mittels RP-HPLC und offline-MS.

NH Fmoc-Pll-Gly-Pro-Gly-Ala-Phe-Glu(OAll)-Lys(Boc)-SieberAmid-1) 20% Piperidin in DMF

2) Fmoc-Pll-OH7/HOBt/

HBTU/DIPEA

(4 eq: 6 eq: 4 eq: 8 eq), 19h

4) [Pd(PPh3)4]/(CH3)2NHBH3(0,8 eq: 15 eq) 5) 20% Piperidin in DMF

Abb. 3.5 Nach automatisierter Elongation des linearen Vorläuferpeptids 13 wurde manuell die photolabile Aminosäure 7 (Fmoc-Pll-OH) angeknüpft. Nach Abspaltung der Fmoc- und Allyl-Schutzgruppe erfolgte die Cyclisierung. Nach jedem wichtigen Syntheseschritt erfolgte eine Testabspaltung mit anschließender RP-HPLC-offline-MS-Charakterisierung. Den Syntheseweg durchliefen alle fünf Bibliotheksmitglieder (Peptid 8-12) getrennt nacheinander.

Die erhaltenen Chromatogramme sind in Abb. 3.6 dargestellt. Zur Peptidsequenzierung wurden massenspektrometrische Untersuchungen vorgenommen, die in Abschnitt 4.1.1 näher beschrieben werden.

Abb. 3.6 RP-HPLC-Diagramm der Testabspaltungen während der Synthese von 8. Die Peak-Fraktionen wurden aufgesammelt und anschließend massenspektro-metrisch untersucht.

Säule: C18 Nucleosil 100-5, 4x25 mm; Flussrate = 1 ml/min. Die gewählte Detektorwellenlänge ist 254 nm. Gradient: 10-85% MeCN in 30 min (MeCN und H2O mit 0.1% TFA).

In den Chromatogrammen der cyclischen Peptide 8-12 traten immer zwei Hauptpeaks auf (Abb. 3.6 in grün abgebildet), welche massenspektrometrisch nicht zu unterscheiden waren. Da die photolabile Aminosäure 7 eine chirale Verbindung ist, die nicht enantiomerenrein in der SPPS eingesetzt wurde, entstehen Diastereomere. Möglicherweise sind diese nach der Cyclisierung in ihrer Konformation soweit eingeschränkt, dass sie sich chromatographisch voneinander trennen lassen. Zur Bestätigung dieser Hypothese wurde das cyclische Peptid 10 erneut synthetisiert, beide Produkte aufgetrennt und NMR-spektroskopisch untersucht. Die Synthese erfolgte wie bereits oben beschrieben.

Abb. 3.7 RP-HPLC-Diagramm nach einer Testabspaltung des photolabilen cyclischen Peptids 10 mit 1% TFA. Unter diesen Bedingungen bleibt die Boc-Schutzgruppe weitestgehend im Peptid erhalten. Deutlich zu erkennen sind zwei Produktpeaks pro Peptid.

Säule: C-18 Nuclosil 100-5, 4x25 mm; Flussrate = 1 ml/min. Die gewählte Detektorwellenlänge ist 254 nm. Gradienten: 10-85% MeCN in 20 min. Beiden Eluenten (Wasser und MeCN) wurde je 0.1% TFA zugesetzt.

Abb. 3.7 zeigt das Chromatogramm eines analytischen RP-HPLC-Laufes nach einer Testabspaltung des Peptids 10. Unter den bei der Testabspaltung verwendeten Standard-SieberAmid-Abspaltbedingungen (TFA/TIS/DCM (1:1:98)) bleibt die Boc-Schutzgruppe weitestgehend auf der Aminogruppe der Lysinseitenkette erhalten. Die quantitative Abspaltung des Peptids vom Harz erfolgte durch Behandlung mit TFA/TIS/DCM (95:2,5:2,5), wodurch simultan die Boc-Schutzgruppe entfernt wurde.

Mittels präparativer RP-HPLC wurden die beiden Komponenten voneinander getrennt. Zur NMR-spektroskopischen Untersuchung wurden von beiden Produkten COSY-, HSQC-, TOCSY- und ROESY-Experimente durchgeführt. Die Durchführung eines NOESY-Experiments ist für diese Verbindung nicht sinnvoll, da die Intensität der erhalten Signale von der molaren Masse abhängt und bei ca. 1000 g/mol gegen Null geht. Die vollständige Auswertung der erhaltenen Datensätze bestätigt, dass es sich um zwei cyclische Peptide der gleichen Sequenz mit vermutlich unterschiedlicher Konfiguration handelt. Abb. 3.8 zeigt exemplarisch einen Ausschnitt aus einem ROESY-Spektrum, aus dem die Sequenz ausgelesen werden kann. Alle weiteren NMR-Daten können dem Anhang entnommen werden.

Abb. 3.8 Ausschnitt aus dem 600-MHz-ROESY-Spektrum von Peptid 10 (nach prä-parativer Auftrennung; Fraktion tR = 9,7min). Schematisch eingezeichnet ist die Zuordnung der Peptidsequenz. Die Kreuzsignale sind mit der in Cara[37]

üblichen Nomenklatur bezeichnet. Die zur Auswertung verwendeten Signale sind mit gelb hervorgehoben und zur besseren Verständlichkeit mit Nummern versehen, die sich in der Struktur oben wieder finden.

Abb. 3.9 Denkbarer Reaktionsmechanismus der photolytischen Spaltung.[38]

Für eine kinetische Untersuchung der photolytischen Sollbruchstelle wurde Peptid 9 herangezogen. Durch Behandlung des Harzes mit 1% TFA wurde das Boc- geschützte Peptid 9 von der festen Phase gespalten und anschließend gefriergetrocknet. Der Rückstand wurde in einem Lösungsmittelgemisch aus Aceto-nitril (66,6%), Methanol (16,6%), Wasser (16,3%) und Ameisensäure (0,3%) (v/v) gelöst und in ein HPLC-Probegefäß überführt. Anschließend erfolgte eine Bestrahlung der Peptidlösung mit UV-Licht (366 nm) für 20, 60, 120, 180, 240 und 360 Sekunden. Ein hypothetischer Reaktionsmechanismus kann Abb. 3.9 entnommen werden.[38] Nach Ablauf der Bestrahlungsdauer wurden RP-HPLC-Chromatogramme von je 10 µl Peptidlösung aufgenommen. In Abb. 3.10 ist eine Auswahl der erhaltenen Chromatogramme dargestellt. Vor der Bestrahlung zeigt das Chromatogramm den Doppelpeak (rot hervorgehoben) des cyclischen Peptids 9 bei Retentionszeiten von 13,3 und 13,6 min. Im Verlauf der Reaktion nimmt dieser Eduktpeak, wie erwartet, ab. Synchron zu seinem Verschwinden, wurde die Entstehung eines Produkts (blau hervorgehoben) bei einer Retentionszeit von 12,6 min beobachtet, dessen UV-Spektrum leicht bathochrom verschoben ist. Das neu gebildete Produkt zeigte das Phänomen des Doppelpeaks nicht, was nicht weiter verwunderte, da während der Photoreaktion das Chiralitätszentrum verloren geht. Mit zunehmendem Reaktionsverlauf ist eine weitere Produktbildung (tR 13,2 min, grün hervorgehoben) zu erkennen. Da zwischen den einzelnen Bestrahlungszyklen immer ein HPLC-Lauf erfolgte, lag die Vermutung nahe, dass es sich hierbei nicht um eine photolytische Reaktion, sondern um eine Zersetzung des photolytischen Spalt-produktes handeln könnte. Deshalb wurde die Peptidlösung nach der letzten

Bestrahlung für 62 Stunden im Kühlschrank gelagert und erneut mittels RP-HPLC untersucht. Ein Vergleich der Chromatogramme zeigte eine deutliche Abnahme des photolytischen Spaltproduktes (blau hervorgehoben) und eine Zunahme der neuen Komponente mit einer Retentionszeit von 13,2 min. Somit konnte die Vermutung bestätigt werden, dass das gewünschte Produkt der photolytischen Ringöffnung nicht stabil ist. Durch Ermittlung der Peakflächen bei tR 12,6 min und tR 13,6 min, welche zu den Stoffmengen proportional sind, und Auftragung dieser gegen die Bestrahlungsdauer, wurde das Diagramm in Abb. 3.11 erhalten. Auch hier wurde deutlich, dass es sich zunächst um eine direkte Umwandlung des Edukts zum Produkt handelte. Die Kinetik der direkten Umwandlung entspricht der einer Reaktion 1. Ordnung. Mit fortschreitendem Reaktionsverlauf wandelt sich das Primärprodukt zu einer neuen Verbindung um.

Abb. 3.10 RP-HPLC-Diagramme von Peptid 9 nach unterschiedlicher Bestrahlungsdauer mit 366 nm. Die rot unterlegten Peaks stellen das cyclische Peptid 9 dar. Das photolytische Spaltprodukt ist in blau unterlegt und wandelt sich ohne Bestrahlung in eine neue Verbindung um. Diese ist grün unterlegt.

Säule: C-18 Nuclosil 100-5, 4x25 mm; Flussrate = 1 ml/min und einem Gradienten von 10-85% MeCN in 20 min verwendet. Beiden Eluenten (Wasser und MeCN) wurden je 0,1% TFA zugesetzt.

Abb. 3.11 Die Kinetik zeigt in rot die Abnahme des Edukts. In schwarz ist die Entstehung des Primärproduktes zu sehen.

Auch andere Arbeitsgruppen haben bei der photolytischen Spaltung dieses Linkers diverse Nebenreaktionen, wie beispielsweise Dimerisierungen und nucleophile Angriffe durch primäre Amine oder Thiole, beobachtet.[39, 40] Oftmals konnten die Nebenprodukte allerdings nicht identifiziert werden.[39, 41] Anhand der erhaltenen HPLC-, UV- und MS-Daten konnte auch in unserem Fall keine weitere Aussage über das entstandene Nebenprodukt gemacht werden.

Um weitere Informationen über das durch Photolyse erhaltene Peptidprodukt zu gewinnen, wurde das cyclische Peptid 10 erneut synthetisiert und mit 1% TFA vom Harz gespalten. Für die anschließende Photolyse wurde das lyophilisierte Peptid 10 in Acetonitril (66,6%), Methanol (16,6%), Wasser (16,3%) und Ameisensäure (0,3%) (v/v) gelöst und 420 Sekunden mit UV-Licht bestrahlt. Die bestrahlte Lösung wurde im Kühlschrank für 24 Stunden verwahrt und anschließend mittels präparativer RP-HPLC aufgereinigt. Zur NMR-spektroskopischen Charakterisierung wurden COSY-,

HSQC-, TOCSY- und ROESY-Experimente durchgeführt. Vergleicht man den erhaltenen Datensatz mit dem Datensatz des cyclischen Peptids, so bemerkt man einige Unterschiede: Die Spur der Aminofunktion der Sollbruchstelle (Verknüpfung zwischen photolabiler Aminosäure und Glutaminsäure) fehlt im TOCSY-Spektrum.

Die Signale der CHCH3-Gruppe am Pll-Aromaten sind weiterhin zu sehen. Der vierte Substituent am Pll-Aromaten, im Edukt die Nitrogruppe, ist jedoch unklar. Im HSQC-Spektrum ist eine deutliche Veränderung an der kx-Position der Pll-Kette zu sehen.

Das freie Amin in der Glutaminseitenkette fehlt. Die Signale der Protonen im Pll-Aromaten verändern sich fast nicht. Eine vollständige Identifizierung der Verbindung war jedoch leider nicht möglich.

Da man für MS-Identifizierungen der Peptidsequenz auf stabile und eindeutige Produkte angewiesen ist, ist diese Sollbruchstelle für diesen Zweck nicht geeignet.