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2. Theoretische Grundlagen und Definitionen

2.3 Spiele und Glücksspiele

In der englischen Sprache unterscheidet man zwischen „to play“ (spielen) und „to gamble“ (glücksspielen). Solch eine Unterscheidung herrscht in der deutschen Sprache nicht vor. Denn oft wird „nur“ von Spieler und Spielsucht gesprochen und nicht, wie es korrekt heißen würde, von Glücksspieler und Glücksspielsucht. Diese Ungenauigkeit in der Aussprache könnte einer der Gründe sein, warum das Thema der Glücksspielsucht in der Öffentlichkeit noch nicht richtig wahrgenommen wird bzw. auch verharmlost wird (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. 2013, S. 8).

Was nun generell unter Glücksspiel oder Glücksspielen verstanden werden kann, definieren die beiden Autoren Meyer und Bachmann folgendermaßen: Laut ihnen erfüllt ein Glücksspiel folgende drei Kriterien:

 die Entscheidung über Gewinn oder Verlust hängt allein vom Zufall ab (z.B.

Geldautomaten, Roulette, Lotto) oder hängt überwiegend vom Zufall ab (z.B.

Sportwetten, Kartenspiele)

 der mögliche Gewinn stellt einen nicht unerheblichen Vermögenswert dar

 um eine Gewinnchance zu haben, wird ein Geldeinsatz vorausgesetzt (vgl.

Meyer/Bachmann 2000, S. 9)

Diese drei Kriterien werden aber nicht nur von einer Art des Glücksspiels erfüllt. Es gibt eine Vielzahl von Variationen des Glücksspiels, welche nun im Detail beschrieben werden.

2.3.1 Varianten des Glücksspielens

Glücksspiel ist nicht gleich Glücksspiel. Es gibt eine Vielzahl an Varianten des Glücksspiels und jede bzw. jeder Betroffene bevorzugt seine/ihre spezielle Art des Glücksspiels. Die verschiedenen Möglichkeiten des Glücksspiels werden nachfolgend kurz charakterisiert.

17 2.3.1.1 Geldspielautomaten

GeldspielautomatenspielerInnen stellen den größten Anteil an pathologischen Glücksspielsüchtigen in Fachkliniken und Beratungsstellen dar. Wieso diese Art des Glücksspiels die „populärste“ für die GlücksspielerInnen ist, zeigt sich anhand einiger Charakteristiken von Geldspielautomaten. Sie weisen Besonderheiten auf, welche den SpielerInnen den Reiz bieten, welchen sie suchen. Anweisungen verschiedene Tasten zu drücken beziehen den/die SpielerIn aktiv ins Spielgeschehen ein, es besteht ein kurzes Auszahlungsintervall, viele Beinahe-Gewinne lassen den/die SpielerIn immer wieder hoffen bzw. verleiten zum Weiterspielen und optische sowie akustische Signaleffekte beleben das Spielgeschehnis. Dies sind nur die auffälligsten Punkte, die einen Geldspielautomaten beschreiben, wodurch diese vor allem für junge Männer so interessant sind. Denn sie sehen in diesem Glücksspiel eher die Aktion an sich und weniger den Geldgewinn. Für sie ist es eine Art Ausweg aus dem Alltag und den damit verbundenen Problemen, indem sie den Automaten als fiktiven Ersatzpartner sehen, den sie während des Spiels streicheln, schlagen oder mit dem sie sogar reden (vgl.

Füchtenschnieder-Petry/Petry 2010, S. 19f.).

2.3.1.2 Casino

Vergleicht man den Anteil in Beratungsstellen und Fachkliniken, so sind Casinospiele die zweithäufigsten ausgeübten Spiele der pathologischen GlücksspielerInnen. Vor allem das Roulette wird hierbei als Hauptmedium genannt. Beim Roulette kann man zu 100% von einem reinen Zufallsspiel sprechen. Trotzdem kommt es bei dem/der RoulettespielerIn häufig zum bekannten Trugschluss des Glücksspiels. Im Englischen spricht man dabei vom „gambler’s fallacy“. Dies bedeutet, dass der/die Betroffene die Wahrscheinlichkeit eines Spielergebnisses aus den davor entstandenen Spielausgängen ableitet, ohne zu bedenken, dass es wie in diesem Fall beim Roulette reiner Zufall ist, in welchem Feld die Roulettekugel landet. Dieses falsche Denken nutzen Anbieter noch aus, indem sie die Folgen der vergangenen Spielergebnisse gezielt für alle Spieler sichtbar machen. Beim Roulette besteht nur ein geringer Vorteil für die Bank. Demnach könnte man von einem

„fairen“ Spiel sprechen. Dennoch sind die Schnelligkeit und Höhe der Einsatzmöglichkeiten daran schuld, dass hohe Verluste entstehen können, welche aufgrund des Zufallsprinzips kaum wiedergutzumachen sind (vgl. Petry 2003, S. 27f.).

18 2.3.1.3 Lotto

Lotto ist das beliebteste Glücksspiel. Diese Tatsache bezieht sich aber nicht auf pathologische GlücksspielerInnen sondern mehr auf die GelegenheitsspielerInnen.

Verschiedene Varianten des Lottos gibt es in fast allen Ländern und Millionen Tipper träumen vom großen Gewinn. Trotzdem gibt es kaum bis fast gar keine Betroffenen, welche eine Suchtberatungsstelle einzig und allein wegen des Lottospielens aufsuchen.

Oft spielt das Lotto nur eine Nebenrolle und Spielautomaten und Roulette sind das Hauptspielmedium. Wer Lotto spielt, träumt von einem großen Gewinn, einem neuen Leben mit viel Luxus etc. Aber die meisten LottospielerInnen wissen, wie viel ihr Budget hergibt, um „sich ein Stück Hoffnung auf ein besseres Leben“ (Füchtenschnieder-Petry/Petry 2010, S. 16) leisten zu können. Betrachtet man aber das Lottospiel genauer, so wird man bemerken, wie „unfair“ dieses System eigentlich ist. 98 Prozent der SpielteilnehmerInnen verlieren pro Ziehung. Nur 50 Prozent der Einsätze werden ausgeschüttet und die Chance auf sechs Richtige ist genauso hoch wie von einem Blitz getroffen zu werden (vgl. Füchtenschnieder-Petry/Petry 2010, S. 16).

2.3.1.4 Sportwetten

Wie schon bei den bisher genannten Glücksspielformen hängt auch bei den Sportwetten viel vom Zufall ab. Im Gegensatz zum Roulette oder zu Geldspielautomaten spielt bei den Sportwetten aber ein geringer Teil an Kompetenz mit. Dieser Einfluss des eigenen Fachwissens wird aber von den meisten SpielerInnen überschätzt. Denn auch wenn jemand über ein sehr großes Spezialwissen verfügt und man zum Beispiel fußballbegeistert ist, kann man nicht vorhersagen, welches Team gewinnt oder ob das Match unentschieden endet. Zwar gibt es bei den Sportwetten einige Faktoren, wie Tabellensituation, Heimvorteil, letzte Begegnungen gegeneinander etc., aufgrund derer sich SpielerInnen beeinflussen lassen bzw. sich auf der sicheren Seite sehen, allerdings können auch diese Faktoren den Spielausgang nicht vorhersagen. Wer nun plant, immer auf den vermeintlichen Favoriten zu tippen, wird schnell wieder damit aufhören, da einerseits die Wettquoten dementsprechend niedrig sind und andererseits der Favorit nicht immer sticht (vgl. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen 2013, S. 12f.).

19 2.3.1.5 Glücksspiele im Internet

Wenn sich ein gewisser Trend im Glücksspielbereich in den letzten Jahren abzeichnet, dann ist es der des Glücksspiels im Internet. Immer mehr SpielerInnen setzten in virtuellen Casinos von zu Hause aus Geld, um Roulette, Black Jack, Poker oder ähnliches zu spielen. Um online spielen zu können, muss der/die UserIn auf der Website ein Konto erstellen und sich mit Name, Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft und der Kreditkartennummer anmelden. Ab diesem Zeitpunkt spielt der/die Betroffene mit digitalen Jetons um echtes Geld. Gewinne werden ab diesem Zeitpunkt dem Benutzerkonto gutgeschrieben, Verluste vom Konto abgezogen. Das größte Problem am Onlineglücksspiel bzw. an den Betreibern dieser Seiten ist die Seriosität. Der/Die Online-SpielerIn kann kaum nachvollziehen, ob der Spielausgang z.B. des virtuellen Roulettes vom Zufall abhängt oder gar von manipulierten Programmen. Was die SpielerInnen am Glücksspiel im Internet als Vorteil sehen, könnte für sie schnell zum Nachteil bzw.

Problem werden: Das Online-Glücksspiel kann man ohne viel Aufwand von zu Hause aus starten. Es bedarf lediglich eines Internetzugangs und somit muss man das Haus nicht verlassen, ist ungestört und kann immer wieder anfangen bzw. aufhören, ohne dass viel Zeit verloren geht. Doch genau diese Faktoren können ein Problem werden und immer mehr zum „Onlinezocken“ verleiten (vgl. Meyer/Bachmann 2000, S. 17ff.).

Aufgrund dessen, dass sich diese Arbeit vorrangig mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen beschäftigt, bezieht sich der folgende Abschnitt auf die Entwicklungsaufgaben genau in diesem Alter.