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So schwer es auch ist: Den ersten Schritt, um Hilfe in Anspruch zu nehmen, muss der/die Betroffene selbst machen. Dieser Schritt bedeutet für den/die SpielerIn das Eingestehen der Niederlage und das Ende des ewigen Traums von einem großen Gewinn. Grundlage dafür ist eine ehrliche Wahrnehmung der Realität. Motive für diesen Schritt zum Ausstieg sind das schlechte Gewissen, die Familie oder Beziehung retten zu wollen, Zeit für sich und seine Interessen zu haben, zu FreundInnen wieder ehrlich sein zu können und vor allem der Wunsch nach einem ruhigen und erholsamen Schlaf (vgl. Füchtenschnieder-Petry/Petry 2010, S. 43f.).

Die Behandlung eines pathologischen Glücksspielverhaltens kann sich in verschiedenen Arten ereignen. Die unterschiedlichen Weisen der Behandlung, welche in diesem Kapitel noch genauer beleuchtet werden, sollen aber alle zum gleichen Ergebnis führen, nämlich zu einer Besserung bzw. Abstinenz des/der Betroffenen gegenüber dem Glücksspiel.

Aufgrund des unterschiedlichen individuellen Gesundheitszustands gibt es kein Richtig oder Falsch bei der Wahl der passenden Therapie. Wichtig ist aber, die entscheidenden Maßnahmen auf die gegenwärtige Lebenssituation und die Entstehungsbedingungen der Wett- und/oder Glücksspielsucht bei der ausgewählten Behandlungsmethode zu berücksichtigen. Oberste Priorität hat zu Beginn immer der Entzug des Suchtmittels Glücksspiel. Erst dann kann dem Ziel der Krankheitseinsicht nachgegangen und der Abstinenzversuch gefestigt werden. Der/die Betroffene soll das Ziel erreichen, sich selbst zu kontrollieren und Verantwortung über seine/ihre Einstellung gegenüber dem Glücksspiel zu haben (vgl. Grüsser/Albrecht 2007, S. 113ff.).

8.1 Behandlungsmethoden 8.1.1 Selbsthilfegruppen

Selbsthilfegruppen sind mittlerweile wichtiger Bestandteil der Suchtkrankenhilfe. Im Gegensatz zu den medikamenten-, alkohol- und drogenabhängigen Gruppen sind die Gruppen der GlücksspielerInnen noch in ihren Kinderschuhen und deshalb noch nicht so weit verbreitet. Generell sollen Selbsthilfegruppen nicht als Ersatz für professionelle Hilfe gesehen werden. Vielmehr sollen diese beiden Angebote einander ergänzen.

49 Charakterisiert ist eine solche Selbsthilfegruppe durch die Solidarität unter den Glücksspielsüchtigen. Hier werden die Betroffenen nicht mit Vorurteilen konfrontiert, sondern ihnen werden Verständnis und Unterstützung vermittelt. In den Schilderungen des „Leidenswegs“ finden sich andere Gruppenmitglieder teilweise wieder und können so die einzelnen Situationen besser verstehen bzw. einschätzen. Mitglieder einer Selbsthilfegruppe können sowohl SpielerInnen sein, welche schon den Weg aus der Glücksspielsucht geschafft haben, als auch akut abhängige Personen. Dies hat für beide dieser Personengruppen positive Wirkung. Denn die Personen, welche bereits eine gefestigte Glücksspielabstinenz aufweisen, sind durch die immer wieder auftauchenden Probleme von neuen Mitgliedern gewarnt, die Suchtproblematik nicht zu unterschätzen oder gar in ihre alten Muster zu fallen, während die „Neuen“ in der Selbsthilfegruppe von den „Alten“ dank deren positiver Erfahrungen Motivation tanken können und so sehen, dass viel möglich ist (vgl. Füchtenschnieder-Petry/Petry 2010, S. 45f.).

8.1.2 Ambulante Behandlung

Die Angebote einer Beratungsstelle sind breit gefächert und wenden sich an all jene, die direkt, aber auch indirekt mit der Glücksspielsucht konfrontiert sind. Die ambulante Behandlung beinhaltet Einzel-, Paar-, Familien-, und Gruppentherapien sowie ärztliche Behandlung und Schuldnerberatung. Die Tatsache, dass bei der ambulanten Behandlung der/die Spielsüchtige nicht aus seinem/ihrem Alltag herausgerissen wird, ist sicher von Vorteil. Auch die erste Kontaktaufnahme des/der Betroffenen erfolgt immer mit einer ambulanten Behandlungsstelle. Diese ist dann für die Vermittlung auf der einen Seite und für die Nachsorge einer stationären Behandlung auf der anderen Seite zuständig. Unter Berücksichtigung sozialer, familiärer, seelischer und finanzieller Probleme ist es das Ziel der ambulanten Behandlung, den/die Betroffenen am Weg aus der Glücksspielsucht unterstützend zu begleiten. Die TherapeutInnen stehen also vor der schwierigen Aufgabe, die Betroffenen von einem Leben ohne Glücksspiel zu überzeugen (vgl. Horodecki 2012, S. 99ff.).

Ein wichtiger Faktor in der ambulanten Behandlung ist auch das Geld- und Schuldenmanagement. Konkrete Hilfestellungen in Form einer Schuldnerberatung werden als fixer Bestandteil in der Behandlung gesehen, da das Geld das Suchtmittel des

50 Spielers bzw. der Spielerin darstellt. Der/die Behandelte soll das Geld nicht nur als Spielkapital sehen, sondern wieder einen Bezug zu Geld herstellen. Einerseits durch das Aufzeigen der finanziellen Probleme und andererseits durch das Anbieten neuer Lösungsmöglichkeiten im finanziellen Bereich soll die Motivation zur Veränderung des glücksspielbezogenen Verhaltens gestärkt werden (vgl. Petry 2003, S. 107ff.).

Trotzdem muss hier in Bezug auf die ambulante Behandlung auch ein eventueller Nachteil erwähnt werden. Während der ambulanten Therapie sind die Betroffenen fast andauernd durch z.B. Werbung mit dem Glücksspiel konfrontiert und kommen gegebenenfalls in Situationen bzw. verspüren Reize, die in der Vergangenheit zu diesem pathologischen Glücksspielverhalten führten.

8.1.3 Stationäre Behandlung

In Österreich dauert der Aufenthalt in stationärer Therapie in der Regel acht bis zwölf Wochen. Die Überweisung für einen solchen Aufenthalt erfolgt durch den Arzt bzw. die Ärztin und die Kosten werden in Österreich von der Krankenkassa übernommen. (vgl.

Horodecki 2012, S. 105).

Zur stationären Behandlung werden pathologische GlücksspielerInnen aufgenommen, bei welchen die ambulanten Behandlungsmethoden fehlgeschlagen haben, oder Personen, welche an massiven psychischen Problemen leiden. Das stationäre Behandlungsangebot ähnelt sehr der ambulanten Behandlung. Hier beschäftigt man sich aber intensiver und verschärfter mit der Persönlichkeit des/der Betroffenen. Pathologische SpielerInnen werden in stationärer Behandlung sowohl psychotherapeutisch als auch medizinisch behandelt. Außerdem bildet die Teilnahme an Sport- und Bewegungstherapien einen Schwerpunkt in der stationären Behandlung. So sollen bei den Betroffenen neue Interessen und Hobbys erweckt werden. Nach diesen acht bis zwölf Wochen der Behandlung wird der Therapieerfolg des/der PatientIn auf die Probe gestellt, da er/sie in den Alltag entlassen wird und sich in seinem/ihrem „neuen“ Leben zurechtfinden muss, indem er/sie einen großen Bogen um Glücksspielangebote machen sollte (vgl.

Meyer/Bachmann 2000, S. 188ff.).

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8.2 Angehörigenberatung und Familientherapie

Die Einbeziehung der Familie bzw. speziell die Einbeziehung der Eltern bei jugendlichen pathologischen SpielerInnen in den Therapieprozess ist enorm wichtig. Die Chancen, eine Therapie positiv zu beenden, erhöhen sich, wenn die Eltern so früh wie möglich im Behandlungsprozess integriert sind. Denn je stärker die Beziehung der Eltern zum betroffenen Kind ist, desto größer ist der Einfluss der Eltern auf den/die Betroffene/n.

Und so können Eltern einerseits in ihren Kindern den Glauben an den Erfolg der Therapie stärken und andererseits die Einstellung gegenüber dem süchtigen Glücksspielverhalten ihrer Kinder in geringem Maße beeinflussen (vgl. Meyer/Bachmann 2000, S. 265).

In der therapeutischen Arbeit mit Eltern gibt es Leitlinien und Ziele, welche man verfolgen sollte und nun anschließend beschrieben werden.

Leitlinien

 Dem Gespräch mit dem Abhängigen folgt das Gespräch mit den Eltern

 Die Gespräche sind über den gesamten Beratungszeitraum weiterzuführen

 Absprachen über Therapiemaßnahmen sind mit allen Beteiligten verbindlich festzulegen (z.B. Häufigkeit von Anrufen, finanzielle Regelungen)

 Mit den Eltern sind folgende Fragen zu klären:

 Welche Erwartungen haben sie an die Therapie in Bezug auf…

…ihre eigene Person?

…ihre Familie?

…ihr süchtiges Kind?

…ihren Partner?

 Welche Ängste haben sie im Hinblick auf die Therapie ihres Kindes?

 Gibt es außer der Sucht ihres Kindes noch weitere Probleme, die sie beschäftigen?

 Wie würden sie die Beziehung zu ihrem Kind beschreiben?

 Wie erleben sie die Beziehung zu ihrem Partner?

 Wie erleben sie das Fortgehen ihres Kindes in eine Therapiegruppe?

 Wie geht es ihnen mit dem „Weggeben“ ihres Kindes in fremde Hände?

(Meyer/Bachmann 2000, S. 266)

52 Ziele

Hauptziel bei der Elternarbeit ist, die Beziehung zwischen Kind und Eltern zu verändern.

Eltern sollen die Möglichkeit haben, an ihren Verlustgefühlen zu arbeiten und die Abhängigkeit von ihrem Kind zu verringern. Es werden dabei Lösungen erarbeitet, welche dem Kind ermöglichen, selbstständig zu werden, ohne die Eltern dabei nicht ganz zu vergessen. Außerdem muss klar definiert sein, welche Funktion der/die betroffene Jugendliche im Familiensystem hat. Während der Therapie muss der Familie klar sein, dass sich die Persönlichkeit des betroffenen Kindes verändert und sich bis dorthin routinemäßige Verhaltensweisen in dieser Zeit verändern (vgl. Meyer/Bachmann 2000, S. 266).

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Auseinandersetzung mit dem pathologischen Spielverhalten und mit den Folgen des Glücksspiels der Beginn eines therapeutischen Prozesses ist. Die pathologischen SpielerInnen müssen in der Lage sein, die Ursachen ihrer Spielsucht zu kennen und die Erkrankung zu akzeptieren. Das Wetten und das Spielen zu beenden setzt eine Veränderung der Persönlichkeit, des Verhaltens in verschiedenen Lebenssituationen und vor allem der Beziehung zu sich selbst und seinen Mitmenschen voraus. Trotz der Hilfe von TherapeutInnen, ÄrztInnen und vor allem der Familie ist der Weg aus der Spielsucht psychologisch und physiologisch mühevoll und langwierig. Dieser Weg beinhaltet zwar Höhen, aber auch einige Tiefen.

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