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Spektroskopie von organischen Molek¨ulen in Helium-Tr¨opfchen

2.2 Spektroskopie von organischen Molek¨ ulen in Helium-Tr¨ opfchen

Eine weitere Methode vielatomige Molek¨ule zu isolieren und abzuk¨uhlen ist die Verwen-dung von superfluidem Helium (4He) als Tieftemperaturmatrix, in die die interessieren-den Molek¨ule oder Molek¨ulkomplexe eingelagert werinteressieren-den. An diesen 4He-Tr¨opfchen, die eine extrem kalte und schwach wechselwirkende Matrix darstellen, kann Spektroskopie betrieben werden. Durch die Abfrage der besetzten Zust¨ande der eingebetteten Molek¨ule mit hochaufl¨osenden Lasern gewinnt man sowohl Erkenntnisse ¨uber die photophysika-lischen Eigenschaften der Molek¨ule, als auch ¨uber die physikaphotophysika-lischen Eigenschaften der Tr¨opfchen anhand ihrer Wechselwirkung mit den Molek¨ulen. Die Fremdteilchen spielen in diesem Fall die Rolle einer Sonde. Die Spektren der eingebetteten Molek¨ule ¨ahneln eher denen aus der Gasphase (D¨usenstrahl), als denen aus anderen Tieftemperaturedelgasma-trizen. Bei der Spektroskopie an Helium-Tr¨opfchen vereint man Eigenschaften dieser bei-den Methobei-den:4He-Tr¨opfchen dissipieren die Energie der eingelagerten Teilchen wie die festen Matrizen, aber man erh¨alt dennoch scharfe Banden wie in D¨usenstrahlspektren.

In dieser Arbeit dienen die Spektren der Pyrromethen-Farbstoffe in Helium-Tr¨opfchen als Erg¨anzung zu spektroskopischen Experimenten in ¨Uberschallstrahlen. Weiterhin wird der Einfluss der inerten, superfluiden Helium-Umgebung im Vergleich zu den isolierten, wechselwirkungsfreien Teilchen aufgezeigt. Dieses Kapitel soll nur einen ¨Uberblick ¨uber die Eigenschaften von superfluidem Helium-Tr¨opfchen geben, um die Unterschiede zur D¨usenstrahltechnik darzustellen. Umfassende und detaillierte Erl¨auterungen zur Spek-troskopie in Helium-Tr¨opfchen sind in [22, 23, 24, 25] gegeben.

Aufgrund sehr schwacher van der Waals-Wechselwirkungen und einer hohen Nullpunkts-energie ist Helium die einzige bekannte Substanz, die bei Normaldruck bis zu Tempe-raturen nahe dem absoluten Nullpunkt fl¨ussig bleibt [25]. Der Siedepunkt von Helium liegt bei 4.2 K (bei Normaldruck), bei weiterer Abk¨uhlung erfolgt aufgrund der bosoni-schen Natur von 4He eine einzigartige Phasenumwandlung (2.18 K) in den superfluiden Zustand. 3He (Fermion) geht bei Normaldruck erst bei T = 2.6 mK in die superfluide Phase ¨uber. Die Temperatur von 3He-Tr¨opfchen wurde zu 0.15 K bestimmt und ist da-mit zu hoch, als dass die Tr¨opfchen bereits superfluide Eigenschaften zeigen k¨onnen. In dieser Arbeit wurde bei den Messungen an Helium-Tr¨opfchen mit4He gearbeitet.

Superfluides Helium besitzt eine sehr hohe W¨armeleitf¨ahigkeit und eine nahezu ver-schwindend geringe Viskosit¨at, so dass sich unterhalb einer kritischen Geschwindigkeit makroskopische Objekte fast reibungsfrei bewegen k¨onnen. Cluster aus superfluidem Helium mit einer Gr¨oße vom mehr als N ≥ 103 Atomen werden als Helium-Tr¨opfchen bezeichnet. Sie stellen eine homogene und ultrakalte Matrix zur hochaufl¨osenden spek-troskopischen Untersuchung verschiedenster Spezies dar. Superfluides Helium weist eine

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geringe optische Dichte auf, so dass Spektroskopie vom fernen IR bis zum Vakuum-UV betrieben werden kann [22].

Experimentell werden Helium-Tr¨opfchen durch adiabatische Expansion von hochreinem Helium-Gas durch eine D¨use ins Vakuum erzeugt. Der Unterschied zur Erzeugung von D¨usenstrahlen liegt darin, dass hier eine gek¨uhlte D¨use (5 - 25 K) und ein h¨oherer Sta-gnationsdruck (5 - 80 bar) verwendet werden. Die Expansion ist begleitet von einer sehr schnellen und starken Abk¨uhlung, wobei sich ein Strahl mit Tr¨opfchen aus kondensier-tem Helium bildet. Abh¨angig von den Versuchsbedingungen entstehen Tr¨opfchen, die sich in ihrer mittleren Gr¨oße, ihrer Gr¨oßenverteilung und ihrer Geschwindigkeitsver-teilung unterscheiden. Allgemein nimmt bei konstantem Expansionsdruck die mittle-re Tr¨opfchengr¨oße mit abnehmender D¨usentemperatur zu. Die Tr¨opfchen k¨onnen aus einigen Tausend bis zu 10 Millionen Heliumatomen bestehen [22]. Wie auch bei der D¨usenstrahltechnik ist es m¨oglich, gepulste Strahlen zu erzeugen, die deutlich h¨ohere Si-gnalintensit¨aten als kontinuierliche Strahlen aufweisen [26]. Nach ihrer Bildung gelangen die Tr¨opfchen in die kollisionsfreie Region des Strahls und werden durch Verdampfung von Helium-Atomen an der Oberfl¨ache der Teilchen weiter abgek¨uhlt, bis eine Tempe-ratur von 0.38 K erreicht ist.

Die im D¨usenstrahl angewandte “seeded beam”-Technik eignet sich nicht f¨ur die Einbet-tung von Fremdspezies in die Tr¨opfchen. Aufgrund der Notwendigkeit einer gek¨uhlten D¨use zur Erzeugung von Helium-Tr¨opfchen w¨urde die Substanz ausfrieren und die D¨u-sen¨offnung verstopfen. Der Einfang von Teilchen erfolgt hier, wenn die Tr¨opfchen eine mit dem Dampf der entsprechenden Substanz gef¨ullte Pick-Up-Zelle passieren. Nach der Einlagerung in die Tr¨opfchen geben die Molek¨ule ihre Translations-, Rotations- und Schwingungsenergie an die Tr¨opfchen ab. Dies f¨uhrt zu einem Aufheizen der Tr¨opfchen und damit zu einem Abdampfen von weiteren He-Atomen, bis wiederT = 0.38K erreicht ist. Die Molek¨ule erfahren hier eine bessere K¨uhlung der molekularen Freiheitsgrade als im D¨usenstrahl oder in Feststoffmatrizen. Nur die tiefsten Quantenzust¨ande der einge-betteten Spezies sind besetzt.

Die Wahrscheinlichkeit f¨ur den Einfang von k Teilchen kann mit der Poisson-Verteilung beschrieben werden [22]:

Pk(z) = zk

k! exp(−z) (2.15)

Dabei stellt z die mittlere Zahl von St¨oßen dar, die dazu f¨uhren, dass Fremdteilchen eingefangen werden. Gleichung 2.15 stellt eine N¨aherung dar, da sie einen konstan-ten Einfangsquerschnitt voraussetzt. Die Abnahme der Tr¨opfchengr¨oße wird somit ver-nachl¨assigt. Atome und Molek¨ule mit abgeschlossener Elektronenschale sind heliophil und dringen nach dem Einfang ins Innere der Tr¨opfchen ein, w¨ahrend sich zum Beispiel die heliophoben Alkalimetallatome an der Oberfl¨ache anlagern.

IR-Spektroskopische Untersuchungen zeigen, dass im superfluiden Helium eine fast

un-2.2 Spektroskopie von organischen Molek¨ulen in Helium-Tr¨opfchen 15 gest¨orte Rotation der eingebetteten Teilchen m¨oglich ist. Die Rotationsstruktur l¨asst sich in vielen F¨allen durch den Hamiltonoperator des isolierten Teilchens beschreiben.

Experimentell konnte die Temperatur in den Tr¨opfchen aus den Linienintensit¨aten in Ro-tationsspektren zu 0.38 K bestimmt werden, unter der Annahme, dass die inneren Frei-heitsgrade eines Molek¨uls trotz der schwachen Wechselwirkungen vollst¨andig im Gleich-gewicht mit dem Helium-Bad sind.

In theoretischen Arbeiten ¨uber mit SF6 dotierte He-Tr¨opfchen wurde die Superfluidit¨at des Heliums best¨atigt. In der ersten Helium-Schale direkt um das Molek¨ul befindet sich jedoch auch ein nicht-superfluider Anteil, der durch van der Waals-Wechselwirkungen des SF6mit der Heliumh¨ulle hervorgerufen wird. Aus dem rotationsaufgel¨osten IR-Spektrum wird daher auch ein gr¨oßeres effektives Tr¨agheitsmoment bestimmt. Auch bei aromati-schen Molek¨ulen sind wegen stark anziehender Wechselwirkungen einige Heliumatome fast vollst¨andig auf der Molek¨uloberfl¨ache lokalisiert, was durch die Simulation der Ad-sorption einer He-Schicht ermittelt wurde. Zum Beispiel k¨onnen beim Benzol zwei direkt anliegende He-Atome nicht mehr der superfluiden Phase zugerechnet werden. Das super-fluide Verhalten wird somit stark beeintr¨achtigt. Ein Teil des Heliums in unmittelbarer Umgebung eines Molek¨uls folgt adiabatisch der Rotationsbewegung desselben, was sich in spektralen Ver¨anderungen zeigt. So erzeugen unterschiedliche Konfigurationen der Solvath¨ulle Strukturisomere, was im Spektrum an der Aufspaltung des elektronischen Ursprungs und der Schwingungsbanden erkennbar ist. Dies wurde zum Beispiel bei Te-tracen oder Indol (Aufspaltung von 1-2 cm−1) beobachtet. Helium-Tr¨opfchen sind somit doch keine komplett homogene und wechselwirkungsfreie Matrix [23].

Alle spektroskopischen Experimente an Helium-Tr¨opfchen, die in dieser Arbeit gezeigt werden, wurden von Dominik Pentlehner durchgef¨uhrt. Weitere technische Details ¨uber die Erzeugung der gepulsten Helium-Tr¨opfchen, ¨uber den experimentellen Aufbau und die Versuchsbedingungen k¨onnen in [27] nachgelesen werden.

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