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2.1 Spektroskopie an ¨ Uberschallstrahlen

2.1.2 K¨uhlung großer organischer Molek¨ule

Zur K¨uhlung von großen organischen Molek¨ulen im ¨Uberschall-D¨usenstrahl mischt man die Substanz zu einem kleinen Prozentsatz (0.01 - 1%) ¨uber ihren Dampfdruck einem einatomigen Tr¨agergas, zum Beispiel einem Edelgas, bei. Diese Mischung wird expan-diert und dabei translatorisch abgek¨uhlt. Die Molek¨ule stoßen elastisch mit den Atomen des Tr¨agergases zusammen. Zun¨achst werden dadurch die schweren Molek¨ul auf die Ge-schwindigkeit des leichteren einatomigen Gases beschleunigt, dann wird die Energie der inneren Freiheitsgrade an das kalte Bad des Tr¨agergases abgegeben. Die K¨uhlung ist somit das Resultat von Zwei-Teilchen-St¨oßen [16]. Diese Methode ist unter dem Na-men “seeded beam”-Technik bekannt [10]. Die in einer geringen Menge dem Edelgas beigemischten organischen Molek¨ule beeinflussen die gasdynamischen Eigenschaften des D¨usenstrahls nur geringf¨ugig. Diese h¨angen vor allem vom Tr¨agergas ab. F¨ur eine Gas-mischung gilt Folgendes [17]:

Cp = X

i

xi·Cp i (2.10)

M = X

i

xi·Mi (2.11)

p = Cp

M (2.12)

Die spezifische W¨armekapazit¨at ˆCp wird bei einer Gasmischung durch den Quotien-ten aus molarer gemittelter W¨armekapazit¨at Cp und gemitteltem Molekulargewicht M beider Komponenten ersetzt. xi steht f¨ur den Molenbruch. Damit ergibt sich die

Ge-10 Spektroskopische Untersuchungen an isolierten Molek¨ulen

schwindigkeit des Gasgemisches im ¨Uberschall-D¨usenstrahl analog Gleichung 2.5 zu:

u(z) =

Aus der Abh¨angigkeit der Flussgeschwindigkeit vom gemittelten Molekulargewicht der Mischung wird deutlich, dass es m¨oglich ist, schwere Spezies mit Hilfe eines leichten Tr¨agergases zu beschleunigen [12].

Neben der Translationsenergie werden auch Rotations- und Schwingungsenergie w¨ahrend der Expansion verringert. Das kalte Translationsbad fungiert also als K¨uhlmittel f¨ur die anderen Freiheitsgrade. Die Effizienz der Abk¨uhlung nimmt in der Reihenfolge Transla-tion>Rotation>Schwingung ab und h¨angt von der Effizienz des Energietransfers zwi-schen diesen ab. Da die Rotations-, Vibrations- und die elektronizwi-schen Energiezust¨ande fast unabh¨angig voneinander sind, kann die Abk¨uhlung f¨ur jede dieser Energiearten getrennt betrachten werden. Der Energieaustausch zwischen der molekularen Rotati-onsbewegung und der atomaren TranslatiRotati-onsbewegung ist sehr schnell, weshalb sich die molekularen Rotationen auf Temperaturen abk¨uhlen lassen, die nahe bei den Transla-tionstemperaturen liegen. Die Energie¨ubertragung zwischen den Schwingungen und der Translationsbewegung verl¨auft dagegen nicht so schnell. Somit werden Schwingungen auf Temperaturen abgek¨uhlt, die zwar deutlich unter ihrer urspr¨unglichen Temperatur liegen, aber dennoch ¨uber der Translationstemperatur des Strahls [18]. F¨ur große organi-sche Molek¨ule betragen die Translationstemperaturen typiorgani-scherweise einige wenige Kel-vin, die Rotationstemperatur liegt meist unter 10 K, w¨ahrend die Vibrationstemperatur von Molek¨ul zu Molek¨ul variiert. Im Allgemeinen ist die K¨uhlung der Molek¨ule aber so effizient, dass nur der Schwingungsgrundzustand oder h¨ochstens sehr wenige der niedrig-sten Schwingungsniveaus besetzt sind [19]. Bei der St¨arke der Abk¨uhlung spielt auch die Schwingungsfrequenz der einzelnen Moden eines mehratomigen Molek¨uls eine entschei-dende Rolle. Moden mit niedriger Frequenz erfahren eine st¨arkere K¨uhlung als solche mit h¨oherer Frequenz, da mit geringer werdenden Energieabst¨anden ∆E die Stoßrelaxation zunimmt [17]. Aufgrund der unterschiedlichen K¨uhlung der inneren Freiheitsgrade be-finden sich die Molek¨ule im ¨Uberschall-D¨usenstrahl nicht im thermischen Gleichgewicht und die Besetzung der Zust¨ande wird nicht zwingend durch eine Boltzmann-Statistik beschrieben [11].

Im Verlauf der Expansion erniedrigt sich die Dichte des Gases. Sie wird ab einem ge-wissen Abstand zur D¨use so gering, dass keine Kollisionen zwischen den Teilchen mehr stattfinden k¨onnen. Der Abk¨uhlung der inneren Freiheitsgrade durch das Translations-bad ist somit eine Grenze gesetzt (vgl. auch Gl. 2.8 und 2.9). Ab dem Erreichen der

2.1 Spektroskopie an ¨Uberschallstrahlen 11

stossfreien Region des ¨Uberschallstrahls ist das System eingefroren und befindet sich da-mit in einem Ungleichgewichtszustand. Aufgrund dieser Tatsache ist es m¨oglich, isolierte Teilchen bei sehr niedrigen Temperaturen zu generieren. Der Prozess der Rotations- und auch der Schwingungsrelaxation l¨auft viel schneller ab als eine Kondensation der Teil-chen, so dass diese effizient gek¨uhlt werden k¨onnen, bevor die Probe kondensiert. Die Verd¨unnung des Gases stromabw¨arts verhindert also die Kondensation, begrenzt jedoch auch die Abk¨uhlung [9].

Die St¨arke der Abk¨uhlung der molekularen Freiheitsgrade im D¨usenstrahl ist abh¨angig von γ, dem Verh¨altnis der W¨armekapazit¨aten (γ =Cp/CV). Ein einatomiges Gas wirkt daher als bestes K¨uhlmittel. Doch auch die Masse des Tr¨agergases spielt bei der K¨uhlung der Rotationen und Schwingungen des zu untersuchenden großen Molek¨uls eine bedeu-tende Rolle. Die K¨uhleffizienz erh¨oht sich in der Reihenfolge He < Ne < Ar < Kr <

Xe [20]. Bei den leichteren Edelgasen bleibt die Geschwindigkeit der Molek¨ule hinter der des Gases zur¨uck (engl. velocity slip [21]). Verwendet man die schwereren Edelga-se erh¨oht sich jedoch wegen ihrer st¨arkeren Polarisierbarkeit die Bildung von van der Waals-Komplexen des Molek¨uls mit dem Tr¨agergas im D¨usenstrahl. Um dies zu ver-meiden, muss hier mit relativ niedrigen Stagnationsdr¨ucken gearbeitet werden. In die-ser Arbeit wurde entweder reines Helium oder eine Neon/Helium-(70%/30%)-Mischung mit Stagnationsdr¨ucken zwischen 0.5 und 3.0 bar verwendet. Mit diesen Versuchsbedin-gungen konnte eine ausreichende Abk¨uhlung erreicht und eine Bildung von Komplexen verhindert werden.

Spektren von vielatomigen Molek¨ulen in der Gasphase weisen bei Raumtemperatur sehr viele breite und sich ¨uberlappende Banden auf. Verantwortlich daf¨ur sind das Auftreten von heißen Banden und die Verbreiterung durch St¨oße. Diese beiden Faktoren werden im D¨usenstrahl eliminiert. Die zu untersuchenden Molek¨ule befinden sich hier zum einen in einem kollisions- und wechselwirkungsfreien Zustand. Zum anderen komprimiert sich die Besetzungsverteilung N(v00, J00) durch die Abk¨uhlung auf die energetisch tiefsten Schwingungsniveaus v00 und Rotationszust¨ande J00. Komplexe Spektren reduzieren sich auf weniger Linien und selbst große Molek¨ule weisen scharfe spektrale Banden auf. Damit vereinfacht sich eine Analyse der Spektren erheblich. Ein weiterer Vorteil der Spektro-skopie an ¨Uberschallstrahlen ist eine große Zustandsselektivit¨at. Damit ist es m¨oglich, die Molek¨ule in einem bestimmten Zustand zu pr¨aparieren [19]. Bei großen organischen Molek¨ulen erreicht man in D¨usenstrahlen eine hohe Schwingungsaufl¨osung, eine Rotati-onsaufl¨osung kann jedoch nicht realisiert werden. Die kleinen Rotationskonstanten sorgen daf¨ur, dass zumindest einige Rotationszust¨ande trotz der Abk¨uhlung besetzt sind. Die von diesen Zust¨anden ausgehenden spektralen Linien k¨onnen mit den f¨ur diese Arbeit verwendeten Lasern nicht aufgel¨ost werden. So sind Schwingungsbanden beobachtbar, die in zwei (P und R-Zweig f¨ur ∆J = ±1) oder drei Zweige (P, Q und R-Zweig f¨ur

∆J = 0,±1) je nach Art der ¨Uberg¨ange aufgespalten sind. Die beobachtete

Halbwerts-12 Spektroskopische Untersuchungen an isolierten Molek¨ulen

breite der Linien wird durch die Anzahl der angeregten Rotations¨uberg¨ange bestimmt, was von der Temperatur des D¨usenstrahls abh¨angt [11].

Die Spektroskopie an Molek¨ulen im ¨Uberschall-D¨usenstrahl bietet viele Vorteile. Sie er-weist gute Dienste bei der Aufl¨osung und der Analyse der Schwingungsstruktur von vielatomigen Molek¨ulen ebenso wie bei der Untersuchung von intramolekularen Dyna-miken und strahlungslosen Prozessen [9].