• Keine Ergebnisse gefunden

3.5 Weitere naturschutzfachliche Bedeutung des Gebiets

3.5.3 Sonstige naturschutzfachliche Aspekte

Die Lebensraumtypen des FFH-Gebiets bilden wichtige Elemente des Landesweiten Bio-topverbunds: Zu nennen sind hier insbesondere die großflächigen Mageren Flachland-Mähwiesen [6510] des Flugplatzes Bremgarten als Kernflächen mittlerer Standorte sowie die Kalk-Magerrasen [6210] der Trockenaue als Kernflächen trockener Standorte. Kernflächen feuchter Standorte sind ebenfalls vorhanden, haben aber im Vergleich zu den beiden ande-ren Kernflächentypen keine herausragende Bedeutung.

Im Sinne des Landesweiten Biotopverbunds sollten die Kernflächen des FFH-Gebiets besser als bislang miteinander vernetzt werden. Maßnahmen hierzu sind insbesondere in der von intensivem Ackerbau geprägten Umgebung des FFH-Gebiets notwendig. Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen für die Vogelarten des VSG „Bremgarten“ können hierzu einen Beitrag leisten – etwa mit der Anlage von extensiv genutzten Grünland- und Ackerflächen oder Ackerrandstreifen, die eine Funktion als Verbundelemente zwischen Kernflächen mittle-rer und trockener Standorte einnehmen können. Einen weiteren Schwerpunkt zur Vernet-zung von Kernflächen bildet die Trockenaue, wo ein hohes Potenzial zur Schaffung von ver-schiedenen offenen bis halboffenen Biotopen für wärmeliebende Arten besteht. Die empfoh-lenen Maßnahmen zur Erhaltung und Entwicklung von Kalk-Magerrasen [6210] sowie Le-bensstätten des Hecken-Wollafters [1074] sind hierfür in hohem Maß geeignet.

Generalwildwegeplan (GWP)

Der GWP enthält einen Wildtierkorridor von internationaler Bedeutung, der die Waldflächen im Westen des FFH-Gebiets auf der Höhe von Heitersheim im Süden bis zur Kiesgrube Breisach im Norden durchzieht (Internetquelle 4). Dieser Wildtierkorridor soll u.a. die Wald-flächen des Kaiserstuhls mit den Auenwäldern der Markgräfler Rheinebene verbinden. Eine besondere Zielart dieses Wildtierkorridors ist die Wildkatze (Felis sylvestris), deren aktuell bekannte Verbreitung in Baden-Württemberg einem Schwerpunkt in der südlichen Ober-rheinebene hat (Internetquelle 3).

Mehrere Maßnahmen des Managementplans, die sich auf Wald-Lebensraumtypen beziehen – etwa die Erhaltung und Förderung strukturreicher Altholzbestände – dienen auch den Zie-len des GWP.

Zur Umsetzung des Fachplans Landesweiter Biotopverbund sowie des Generalwildwege-plans besteht derzeit das Projekt Modellregion Biotopverbund Markgräfler Land (MOBIL), in dessen Rahmen verschiedene Naturschutzmaßnahmen geplant sind: Das Projekt beinhaltet etwa die Vernetzung von Biotopen für die Wildkatze zwischen den Wäldern entlang des Rheins und dem Schwarzwald. Innerhalb des Natura 2000-Gebiets sind von diesen Planun-gen auch Bereiche des VSG „Bremgarten“ betroffen. Im Rahmen des Projekts wird darüber hinaus die regionale Wanderschäferei gefördert, was in hohem Maß zur Erhaltung und Ver-netzung verschiedener Biotope und FFH-Lebensraumtypen beiträgt.

Landeskonzept Wiedervernetzung an Straßen in Baden-Württemberg

Das Konzept beruht im Wesentlichen auf dem Fachplan Landesweiter Biotopverbund sowie dem Generalwildwegeplan und enthält insgesamt 125 Konfliktstellen, wo der Verbund von Lebensräumen auf Landesebene durch das Straßennetz stark beeinträchtigt ist. Die 25 wich-tigsten davon werden als „prioritäre Wiedervernetzungsabschnitte“ behandelt und in eine landesweite Rangfolge gestellt. Die Konfliktstelle „A 5 Abschnitt Markgräfler Rheinebene“

liegt westlich von Grißheim und trennt das Natura 2000-Gebiet entlang des Rheins in mehre-re Teilgebiete westlich und östlich der Autobahn. Auf der Liste der prioritämehre-ren Wiedervernet-zungsabschnitte liegt dieser Straßenabschnitt auf Rang 1 und hat landesweit eine herausra-gende Bedeutung im Verbund von Biotopen trockener Standorte. Das Landeskonzept emp-fiehlt dort eine Querungshilfe in Form einer Überführung („Grünbrücke“).

121

4 Naturschutzfachliche Zielkonflikte

Magere Flachland-Mähwiesen [6510] und Grauammer [A383] sowie weitere bodenbrütende Vogelarten auf dem Flugplatz Bremgarten

Auf mehreren Wiesen des NSG „Flugplatz Bremgarten“ darf nach Vorgaben der Natur-schutzgebietsverordnung aus Rücksicht auf die vorkommenden Bodenbrüter der erste Schnitt erst ab 01. Juli erfolgen. Zur Erhaltung der dort vorkommenden Mageren Flachland-Mähwiesen [6510] ist dieser späte Zeitpunkt für die erste Mahd nicht ideal: Die Vegetation ist zu dieser Zeit bereits so hoch- und dichtwüchsig entwickelt, dass konkurrenzschwache Pflanzenarten langfristig verdrängt werden können und sich das Arteninventar des LRT ent-sprechend verschlechtern kann. Ein früherer Schnitt hätte allerdings den Verlust von Gele-gen und Jungvögeln dort brütender Vogelarten zur Folge, etwa Wachtel [A113] und Grauammer [A383].

Angesichts der ungünstigen Bestandssituation der Grauammer [A383] in Baden-Württemberg – die Art hat auf dem Flugplatz Bremgarten eines ihrer letzten und größten Vorkommen landesweit (ANTHES et al. 2017) – hat die Erhaltung der lokalen Population ak-tuell Priorität vor weiteren Schutzzielen des Gebiets, zu denen auch die Erhaltung der Mage-ren Flachland-Mähwiesen [6510] gehört. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Erhaltung des LRT nicht ausschließlich vom Zeitpunkt des ersten Schnitts abhängig ist: Der Verlust von Mageren Flachland-Mähwiesen hat vor Ort andere Ursachen als eine späte erste Mahd, insbesondere zu hohe Nährstoffeinträge – u.a. durch Gärreste (zu intensi-ve Nutzung) – oder eine fehlende zweite Mahd (zu extensive Nutzung).

Kalk-Magerrasen [6210] und Hecken-Wollafter [1074]

Ein möglicher Zielkonflikt besteht bezüglich der Pflege von Kalk-Magerrasen [6210] und den Ansprüchen des Hecken-Wollafters [1074], da die Jungraupengespinste insbesondere Pio-niergehölze wie Schlehe und Weißdorn präferieren, die sich inmitten bzw. im Randbereich von Kalk-Magerrasen befinden. Daher ist eine großflächige Mahd der Kalk-Magerrasen [6210] in den Lebensstätten des Hecken-Wollafters [1074] nicht möglich, es müssen viel-mehr auch frühe Sukzessionsstadien mit niedrigem Gehölzaufwuchs (zumindest randlich) in die Pflegeplanung einbezogen werden. Optimal ist ein kleinräumig abwechslungsreiches Mahdkonzept inklusive Bracheflächen, das grundsätzlich mit den Zielen des LRT vereinbar ist. Der LRT kann auch Brachestadien bis hin zu verbuschten Beständen umfassen, sofern die typischen Kennarten noch enthalten sind.

FFH-Fledermäuse und Hecken-Wollafter [1074] sowie weitere typische Arten der Trocken-aue

Die Bechsteinfledermaus [1323] und das Große Mausohr [1324] bevorzugen als Jagdhabitat eher dichte Waldbestände mit einem möglichst geschlossenen Kronendach, im Fall der letztgenannten Art auch mit möglichst gering ausgebildeter Strauch- und Krautschicht. Dem stehen die Lebensraumansprüche des Hecken-Wollafters [1074] und zahlreicher weiterer typischer Arten der Trockenaue entgegen, die lichte, halboffene Waldstrukturen mit einem hohen Anteil an Gebüschen im Unterwuchs benötigen.

Aufgrund der vorherrschenden ungünstigen Wuchsbedingungen für einheimische Wald-baumarten (GAUER & ALDINGER 2005; REIF 1996) erscheint die Entwicklung von optimalen Waldlebensstätten für Bechsteinfledermaus [1323] und Großes Mausohr [1324] im Bereich der Trockenaue kaum realistisch. Die zur Erhaltung des Hecken-Wollafters [1074] empfohle-nen Maßnahmen fördern aber strukturell vielfältige Waldbiotope, die Lebensraum für eine Vielzahl an Insekten sind und somit auch als Nahrungshabitat für die im Gebiet vorkommen-den FFH-Fledermäuse geeignet sind. Wo bereits alte, hochwertige Waldbestände für Bech-steinfledermaus [1323] und Großes Mausohr [1324] vorhanden sind, sollten Maßnahmen zur gezielten Auflichtung der Waldstruktur allerdings unterbleiben.

5 Erhaltungs- und Entwicklungsziele

Um den Fortbestand von Lebensraumtypen und Arten innerhalb der Natura 2000-Gebiete zu sichern, werden entsprechende Erhaltungs- und Entwicklungsziele formuliert.

Der Erhaltungszustand der Lebensraumtypen wird nach Artikel 1 e) der FFH-Richtlinie folgendermaßen definiert:

Der Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums ist günstig1 wenn,

• sein natürliches Verbreitungsgebiet sowie die Flächen, die er in diesem Gebiet einnimmt, beständig sind oder sich ausdehnen und

• die für seinen langfristigen Fortbestand notwendige Struktur und spezifischen Funktionen bestehen und in absehbarer Zukunft wahrscheinlich weiter bestehen werden und

• der Erhaltungszustand der für ihn charakteristischen Arten im Sinne des Buchsta-bens i) günstig ist.

Der Erhaltungszustand für die Arten wird nach Artikel 1 i) der FFH-Richtlinie folgender-maßen definiert:

Der Erhaltungszustand einer Art ist günstig1 wenn,

• aufgrund der Daten über die Populationsdynamik der Art anzunehmen ist, dass diese Art ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie an-gehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird und

• das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in absehbarer Zeit abnehmen wird und

• ein genügend großer Lebensraum vorhanden ist und wahrscheinlich vorhanden sein wird, um langfristig ein Überleben der Populationen dieser Art zu sichern.

Erhaltungsziele werden formuliert, um zu erreichen, dass

• es zu keinem Verlust der im Standarddatenbogen gemeldeten bzw. mittlerweile im Natura 2000-Gebiet nachgewiesenen FFH-Lebensraumtypen und Arten kommt,

• die Größe der gemeldeten Vorkommen ungefähr erhalten bleibt und

• die Qualität der gemeldeten Vorkommen erhalten bleibt.

Das Verhältnis der Erhaltungszustände A/B/C soll (bezogen auf das gesamte Natura 2000-Gebiet) in etwa gleich bleiben bzw. darf sich zumindest nicht in Richtung schlechterer Zu-stände verschieben. Hierbei ist zu beachten, dass es verschiedene Gründe für die Einstu-fung eines Vorkommens in Erhaltungszustand C gibt:

• der Erhaltungszustand kann naturbedingt C sein, wenn z. B. ein individuenschwa-ches Vorkommen einer Art am Rande ihres Verbreitungsareals in suboptimaler La-ge ist;

• der Erhaltungszustand ist C, da das Vorkommen anthropogen beeinträchtigt ist, z. B. durch Düngung; bei Fortbestehen der Beeinträchtigung wird der Lebensraum-typ oder die Art in naher Zukunft verschwinden.

1Der Erhaltungszustand wird auf der Ebene der Biogeografischen Region sowie auf Landesebene entweder als günstig oder ungünstig eingestuft. Auf Gebietsebene spricht man von einem hervorragenden - A, guten - B oder durchschnittlichen bzw. beschränkten - C Erhaltungszustand. Die Kriterien sind für die jeweiligen Lebensraumty-pen und Arten im MaP-Handbuch (LUBW 2014) beschrieben.

123 Entwicklungsziele sind alle Ziele, die über die Erhaltungsziele hinausgehen. Bei der Ab-grenzung von Flächen für Entwicklungsziele wurden vorrangig Bereiche ausgewählt, die sich aus fachlicher und/oder bewirtschaftungstechnischer Sicht besonders eignen. Weitere Flä-chen innerhalb des Natura 2000-Gebiets können dafür ebenfalls in Frage kommen.

Die Erhaltungsziele sind verpflichtend einzuhalten bzw. zu erfüllen. Dagegen haben die Ent-wicklungsziele empfehlenden Charakter. In Kapitel 6 sind Empfehlungen für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen dargestellt, die geeignet sind, die Erhaltungs- und Entwicklungs-ziele zu erreichen.

Die Inhalte der Ziele für den jeweiligen Lebensraumtyp bzw. die jeweilige Lebensstätte be-ziehen sich auf das gesamte Gebiet. Sie sind nicht auf die einzelne Erfassungseinheit bezo-gen.

5.1 Erhaltungs- und Entwicklungsziele für die