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2.2 Der Einfluss der Sonne

2.2.3 Die Sonnenvariabilität und das Klima

Wie bereits am Beispiel des 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus deutlich wurde, unterliegt die Sonnevariabilität unterschiedlichen Zyklen bzw. Zeitskalen. Neben dem 11-jährigen Zyklus gibt es u.a. den 27-tägigen Rotationszyklus, den magnetischen 22-jährigen Hale-Zyklus, und den 88-jährigen Gleisberg-Zyklus. Eine gute historische Übersicht zu diesen Zyklen findet sich in HOYT und SCHATTEN (1997). Nicht zu vergessen ist die mit der zeitlichen Variabilität einhergehende Variabilität der Wellenlängen, die auf allen Zeitskalen für kürzere Wellenlängen zunimmt. Dies lässt sich mit der Zunahme der Variabilität der Phänomene in der Sonnenatmosphäre für größere Höhen erklären (vgl. MATTHES, 2003).

Abbildung 8: Sonnenfleckenrelativzahl 1500 – 1992 sowie 30-jährig geglättete Datenreihe. Quelle:

SCHÖNWIESE, 1994.

Die Abbildung 8 zeigt den Verlauf der Sonnenfleckenrelativzahl für die letzten 500 Jahre.

Ein guter Zusammenhang zwischen der Sonnenvariabilität und dem Klima fällt

Minimum) (ca. 1650-1700) mit der „kleinen Eiszeit“ in Europa einhergeht. Nach HOYT und SCHATTEN (1997) wird vermutet, dass das solare Maximum im 12. Jahrhundert (nicht in der Abbildung 8 ersichtlich) mit der mittelalterlichen Warmzeit (Besiedlung Grönlands, engl.

Greenland = „grünes Land“) zusammenfällt. In der Abbildung 9 wird die Zunahme der Treibhausgase der Solarkonstante gegenübergestellt. Die kurzfristigen Schwankungen (Sonnenflecken) der Solarkonstante sind gut zu erkennen, wohingegen der Anstieg der Treibhausgase (hier CH4, CO2) seit Mitte des 19. Jahrhunderts kontinuierlich zunimmt.

Abbildung 9: Gegenüberstellung der effektiven Solarkonstante mit der Entwicklung der Treibhausgase Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2). NP steht für Normalperiode und LMM für Late-Maunder-Minimum.

Quelle: MÜLLER, 2004.

Die der Abbildung 9 zugrunde liegenden Daten stammen aus einer Reanalyse des ECHO-G Modells, das eine Kopplung des atmosphärischen ECHO-Globalmodells ECHAM-4 des Max-Plank-Instituts für Meteorologie und dem globalen Ozean-Modell HOPE-4 ist (MÜLLER, 2003). An diesem Beispiel wird deutlich, dass es eine natürliche Beeinflussung des Klimas durch die solare Variabilität gibt, die sich mit den anthropogenen Einflüssen überlagert.

Nach LEAN et al. (1995) sind 50 % der beobachteten Erderwärmung seit 1860 und ca. 30

% nach 1970 auf den solaren Antrieb zurückzuführen, allerdings hat der Einfluss der Treibhausgase so stark zugenommen, dass sie als Hauptverursacher des Klimawandels angesehen werden können.

In der Abbildung 10 ist der simulierte Temperaturverlauf der Solarkonstante zwischen 1550 und 2000 gegenübergestellt. Je nach Modellauf (C01, A01, C02) gibt es zwar kleine Unterschiede im simulierten Temperaturverlauf, doch werden die grundsätzlichen Zusammenhänge zwischen der Solarkonstante bzw. der Sonnenfleckenrelativzahl und

dem Temperaturverlauf ersichtlich. Beispielsweise wird das Maunder-Minimum (LMM) dargestellt, ebenso die Kältephase Mitte des 19. Jahrhunderts. Im 20. Jahrhundert ist der zunehmende Einfluss der Treibhausgase erkennbar, der die solaren Schwankungen überlagert.

Abbildung 10: Gegenüberstellung von effektiver Solarkonstante und rekonstruierter Anomalie der Jahres-mitteltemperatur für Europa. Quelle: MÜLLER, 2003.

Im Kontext dieser Arbeit ist zunächst weniger der Zusammenhang von solarer Aktivität bzw. Sonnenflecken und Temperatur von Bedeutung, sondern die indirekt eintretenden Auswirkungen einer sich verändernden solaren Aktivität. Dabei ist die solare Variabilität bzw. der Sonnenfleckenzyklus relevant, da dieser nachweisliche Änderungen der UV-Strahlung bedingt und damit die chemische, thermische und dynamische Struktur der mittleren Atmosphäre (Mesosphäre, Stratosphäre) beeinflusst (vgl. FORSTER et al., 2007).

In der Abbildung 11 sind Jahresmittel der Korrelationen zwischen dem 10,7 cm Radiofluss (engl. „Flux“) und Stratosphärenparametern abgebildet. Bei Flux handelt es sich um ein Kürzel, das die Radiostrahlung der Sonne bezeichnet. Die Angabe basiert auf der Fluxindizes (SRI) der international vereinbarten Wellenlänge von 10,7 cm (2800 MHz) und wird als Indikator für die Aktivität der Sonne verwendet. Dieses Maß ist weitaus verlässlicher als die oft sprunghafte Sonnenfleckenrelativzahl (R). Je höher der Flux, desto höher ist auch die Sonnenaktivität (vgl. H, 2002).

Abbildung 11: Korrelation zwischen dem 10,7 cm Radiofluss und Stratosphärenparametern. Oben links:

Jahresmittel zwischen dem 10,7 cm Radiofluss und der geopotentiellen Höhe in 30 hPa aus NCEP/NCAR-Reanalysen (1968 – 2002). Grau unterlegte Flächen = Korrelationen > 0,5. Unten links: Differenz der 30-hPa Höhe zwischen Sonnenfleckenmaximum und -minimum (Isolinienabstand 30 gpm, Differenzen > 60 gpm sind grau unterlegt). Oben rechts: Jahresmittel der Korrelation zwischen dem 10,7 cm Radiofluss und der Temperatur von 1000 bis 10 hPa für die NCEP/NCAR-Reanalysen (1968 – 2002). Korrelationen > 0,5 sind grau unterlegt. Unten rechts: Temperaturdifferenz zwischen Sonnenfleckenmaximum und -minimum. Quelle:

MATTHES, 2003.

Ende der 1980er Jahre konnte ein Zusammenhang zwischen dem 10,7 cm Radiofluss als Maß für den 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus und den meteorologischen Parametern wie Temperatur und Geopotential (geopotentiellen Höhe) in der nordhemisphärischen Stratosphäre (untere und mittlere) nachgewiesen werden (vgl. MATTHES, 2003; LABITZKE et al., 2005). Diese Ergebnisse sind mit den NCEP/NCAR-Reanalysen auf die Südhemisphäre ausgedehnt worden. Ergebnisse dieser Reanalysen sind in der Abbildung 11 zu erkennen. Oben links ist die Korrelation zwischen dem 10,7 cm Radiofluss und der geopotentiellen Höhe in 30 hPa zu sehen. Die geopotentielle Höhe gibt beispielsweise die Höhe einer Druckfläche an. Das Geopotential bzw. die geopotentielle Höhe wird in der Meteorologie angewandt, um sich von dem Einfluss der Gravitationsbeschleunigung der Erde, d.h. von der geometrischen Höhe und der geographischen Breite unabhängig, zu machen und somit genauere (Höhen-) Aussagen zu erzielen. Bezogen auf die Abbildung (oben links) bedeutet das eine positive Korrelation (v.a. in den Subtropen, ± 30°) zwischen dem 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus und der geopotentiellen Höhe in 30 hPa (entspricht ca. 24 km). Während des Sonnenfleckenmaximums findet man demnach größere geopotentielle Höhen im Vergleich zum Sonnenfleckenminimum. In Bezug zur Abbildung

11 oben rechts sind entsprechend die Differenzen (gpm = „geopotentielles Meter“) in der Abbildung unten links abgebildet. Dieser Zustand ist im Nordsommer am deutlichsten ausgeprägt und wandert von einer Sommerhemisphäre (Nord-Süd) zur anderen. Oben rechts wird in der Abbildung 11 der vertikale Temperaturaufbau bzw. das Temperatursignal zwischen 1000 hPa (~Erdoberfläche) und 10 hPa (~ 35 km) gezeigt. Die Korrelationen (Sonnenfleckenzyklus und Temperatur) sind bezogen auf das Jahresmittel durchgehend positiv, insbesondere für die untere Stratosphäre (ca. 30 hPa) ± 30°. Aus der Abbildung unten links ist in Bezug auf die obere rechte Abbildung erkennbar, dass es im Sonnenfleckenmaximum im Vergleich zum Sonnenfleckenminimum bis zu 1,2 K auf 100 hPa Niveau wärmer ist. Diese korrelierten Zusammenhänge zwischen dem solaren Zyklus und Parametern der unteren Stratosphäre konnten auch für die obere Stratosphäre anhand des subtropischen mittleren Zonalwindes in 1 hPa und der 11-jährig variierenden UV-Strahlung sowie anhand von Ozon, Temperatur und Wind nachgewiesen werden (vgl.

MATTHES, 2003). In den folgenden Kapiteln wird auf einzelne Zusammenhänge (z.B.

Einfluss auf die Quasi-Biennale Oszillation, Ozonproduktion, Polarwirbel) noch genauer eingegangen.

Um das Kapitel 2.2 zum Einfluss der Sonne abzuschließen, werden die astronomischen Grundlagen im Jahresverlauf hinsichtlich geographischer Gegebenheiten erläutert. Dies ist wichtig in Hinblick auf das Freizeitverhalten bzw. für die Sonnenexposition von Menschen unter raumzeitlichen Gesichtspunkten. So ist insbesondere der Zeitpunkt des Sonnenaufenthaltes von großer Bedeutung, da die Wellenlängenintensität der UV-Strahlung am Mittag (Höchststand der Sonne) überproportional höher ist als nachmittags und damit indirekt eine Zeitabhängigkeit vorliegt.