• Keine Ergebnisse gefunden

2.4 Die Dynamik der Stratosphäre und Troposphäre als Einflussfaktor der

2.4.1 Die Dynamik der Stratosphäre als Einflussfaktor auf die Ozonverteilung

2.4.1.5 Die Polaren Stratosphärenwolken

Neben den bisherigen Ausführungen werden in diesem Unterkapitel auch die polaren stratosphärischen Wolken thematisiert, da sie zum stratosphärischen Ozonabbau beitragen und im Zusammenhang mit der Ausprägung des polaren Wirbels stehen.

Das Auftreten von Polaren Stratosphärenwolken (PSCs) in einem Höhenbereich von 15 – 25 km ist charakteristisch für den antarktischen Winter. Da für die Bildung von PSCs Aerosole notwendig sind, werden diese an dieser Stelle im Vorgriff kurz erläutert. In Kapitel 2.6.1 werden die Aerosole nochmals ausführlicher in Hinblick auf ihre Klima- bzw.

Strahlungswirksamkeit beschrieben. „Aerosol“ bezeichnet das Gemisch von festen und/oder flüssigen Partikeln und Luft. Genau genommen sind die Begriffe „Aerosol“ und

„Partikel“ in ihrer Anwendung zu trennen, da „Aerosol“ ein Gemisch und „Partikel“ nur die eigentlichen Bestandteile (in dem Gemisch) beschreibt. Einfachheitshalber soll jedoch auf diese Differenzierung im Rahmen dieser Arbeit verzichtet werden. MÖLLER (2003) beschreibt mit Aerosol ein Kollektiv von Partikeln in einem Gas. Aerosole haben eine bedeutende Rolle für den Wasserhaushalt und das Klima, denn ohne sie könnten sich beispielsweise keine Wolkenkondensationskerne ausbilden, an denen sich Tröpfchen bilden und als Niederschlag ausfallen. Der größte Teil des atmosphärischen Aerosols stammt aus primären Quellen wie Mineralstaub, Seesalz, Vulkanismus oder natürlichen Verbrennungsprozessen. Ein zunehmend anwachsender Bestandteil stammt aus anthropogenen Quellen (Industrie, Verkehr, Landwirtschaft, etc.). Aerosole (natürlich/anthropogen) haben einen wichtigen Anteil an chemischen Prozessen in der Atmosphäre (Kapitel 2.3).

Zur Bildung von PSCs Sulfataerosole notwendig, denn PSCs bilden sich, wenn Wasser und Salpetersäure auf bestehenden Sulfataerosolen kondensieren. Dieser Prozess ist stark von der Temperatur abhängig. So liegt nach MÜLLER (2001) die Wahrscheinlichkeit für die Beobachtung von PSCs bei 10 %, sofern die Temperatur oberhalb von 196 K liegt.

Zwischen 193 und 185 K erhöht sie sich auf 45 % und bei Temperaturen unterhalb von 185 K auf über 90 %. Der Eisgefrierpunkt ist grundsätzlich vom Luftdruck abhängig, weshalb er sich in der Stratosphäre deutlich unter 273,15 K (0 °C) befindet. Die Koexistenztemperatur für Wassereis in der Stratosphäre liegt nach MÜLLER (2001) zwischen 170 und 250 K, womit der Eisgefrierpunkt in einer Höhe von 30 hPa bei etwa 185 K liegt. Damit kann begründet werden, dass PSCs auch oberhalb des Gefrierpunktes existieren und somit keine Wasserwolken im eigentlichen Sinne sein können. In ihrer Temperaturabhängigkeit liegt auch die Verbindung zum Polarwirbel, denn erst mit einem ausgeprägten Polarwirbel können PSCs entstehen. Dies ist auch der Grund dafür, dass PSCs regelmäßig in der Antarktis vorkommen (regelmäßig starker Winterpolarwirbel), aber nicht immer in der Arktis, da hier weniger häufig ein ausgeprägter Polarwirbel und damit sehr kalte Temperaturen eintreten.

Durch die Kondensation von Wasser und Salpetersäure auf den Sulfataerosolen kommt es zur Bildung flüssiger Lösungströpfchen, die bei entsprechend niedriger Temperatur zu Eis- oder Salpetersäurehydratpartikel gefrieren. In der Anwesenheit von Oberflächen (Aerosolpartikel) verlaufen chemische Reaktionen aber anders, was den Ozonabbau durch PSCs an feste Oberflächen bindet.

An den Oberflächen finden nach MÖLLER (2003) Umsetzungen statt, die die Gase HCl und CIONO2 zu leicht photolysierbaren Gasen umwandeln, was in den Gleichungen 32, 33, 34 zu erkennen ist (s steht für die feste Phase):

HCl (s) + ClONO2 → Cl2 + HNO3 (s) (32) HCl (s) + N2O5 → ClNO2 + HNO3 (s) (33) ClONO2 + H2O (s) → HOCl + HNO3 (s) (34)

Tritt nach dem Polarwinter die Sonne wieder in Erscheinung, wird das molekulare Chlor (Cl2) durch die UV-Strahlung (hv) in Chlorradikale photolysiert:

Cl2 + hν → 2Cl (35) ClNO2 + hν → Cl + NO2 (36) HOCl + hν → Cl + OH (37)

Auf diesem Wege wird der katalytische O3-Abbauzyklus (Gleichung 22) anregt, wobei es zusätzlich zur Verdampfung der PSCs kommt und HCl freigesetzt wird, das dann mit OH zu Cl gebildet wird (siehe auch Abbildung 19). In der weiterführenden Literatur zur Entstehung von PSCs werden die Wolken typisiert, da dies beispielsweise für die Modellierung ihrer Entstehungsprozesse notwendig ist. Dabei wird zwischen PSC Typ I a, PSC Typ I b und PSC Typ II unterschieden. Die Typisierung erfolgt aufgrund der chemischen Zusammensetzung und der Temperaturabhängigkeit. Gleiches gilt für die Denoxifizierung und Denitrifizierung. Beides sind Prozesse, die zur Ozonzerstörung beitragen bzw. die katalytische Ozonzerstörung verstärken und bis ins polare Frühjahr hinein verlängern.

Das „Ozonloch“ ist letztlich ein Ergebnis sich überlagernder physikalischer und chemischer Vorgänge, in denen die PSCs einen hohen Anteil am Ozonabbau haben. Ihre Wirkung tritt sehr „plötzlich“ ein, wenn aufgrund der eintretenden Sonnenstrahlung (nach der Polarnacht) die Photolyse von Cl einsetzt und Chlorradikale umwandelt, was sich bis ins späte Frühjahr hinziehen kann. Im Frühjahr sind die Luftmassen einstrahlungsbedingt soweit erwärmt, dass sich die PSCs auflösen und die aktiven Chlorverbindungen wieder in

Reservoirsubstanzen passiviert werden (WEISSER, 2003). Da fortan (bis zur Neubildung im Winter) die PSCs keine Rolle spielen, finden die Prozesse der Gasphasenchemie „alleine“

statt.

Abbildung 26: Die Ozonkonzentration in Abhängigkeit von der Höhe in der Arktis (links) und der Antarktis (rechts). Blaue Kurven = Ozonkonzentration vor dem Abbau im polaren Frühjahr; Rote Kurven = Ozonabbau; Grüne Kurve Ozonkonzentration im Frühjahr. Die Einzelmessungen können als repräsentativ für den chemischen Ozonabbau in der Stratosphäre angesehen werden. Quelle: WEISSER, 2003.

In der Abbildung 26 ist die „repräsentative“ Ozonkonzentration im Frühjahr in der Arktis und Antarktis zu erkennen. Erkennbar ist, dass der Ozonabbau in der Antarktis stärker ist als in der Arktis und sich vor allem bis in das Frühjahr hinzieht. Nach WEISSER (2003) ist aufgrund des stabileren Polarwirbels die Chloraktivierung in der extrem kalten Stratosphäre der Antarktis häufig gesättigt, was eine genaue Kenntnis der PSC-Typen und ihrer Einflüsse weniger wichtig macht. In der wärmeren Arktis ist dies anders, da der instabilere Polarwirbel einen höheren Einfluss auf die Temperaturverteilung hat und somit die PSCs eine große Bedeutung hinsichtlich der Chloraktivierung bzw. Ozonabbau bekommen. Zudem kann das vermehrte Auftreten von stratosphärischen Leewellen die Bildung von PSCs begünstigen, (MÜLLER, 2003) bzw. teilweise erst ermöglichen. Als stratosphärische Leewellen werden Schwerewellen bezeichnet, die durch das Überströmen von Gebirgszügen angeregt werden und bis in die Stratosphäre vordringen können. Dadurch werden Luftpakete vertikal verschoben und kühlen sich adiabatisch ab.

Die Abkühlung kann in Extremfällen bis zu 15 K betragen, was die lokale Entstehungstemperatur von PSC-Partikeln unterschreitet und sich somit kleinräumige PSCs ausbilden können. Aufgrund des höheren Temperaturniveaus (nach DAMERIS et al.,

(2007) ca. 10 K unterschied in der unteren Stratosphäre) zwischen der Arktis und Antarktis sind die Leewellen für die Ausbildung von PSCs in der Arktis von größerer Bedeutung als in der Antarktis.

Im Kapitel 2.5 werden die hier beschriebenen Faktoren zusammengefasst und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das Ozon qualitativ bewertet. Dabei wird gezeigt, dass nicht nur die polaren Breiten vom Ozonabbau bzw. von ozonarmen Luftmassen betroffen sind, sondern dass dies temporär auch auf die mittleren Breiten (Mitteleuropa) zutreffen kann.

Zudem wird der Einfluss des Klimawandels auf die beschriebenen Prozesse diskutiert.

Zunächst wird in Kapitel 2.4.2 jedoch noch auf die Dynamik der Troposphäre als Einflussfaktor für die Ozonverteilung eingegangen.

2.4.2 Die Dynamik der Troposphäre als Einflussfaktor für die