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2 Literaturübersicht

2.2 Spurenelemente

2.2.1 Selen

Von den Enzymsystemen, die Selen beinhalten, ist die Glutathionperoxidase (GPx) das wichtigste. Es sind bereits fünf verschiedene Formen der GPx mit verschiedenen Wirkorten entdeckt worden (s. Kapitel 2.5.1.3). Weitere Selenoenzyme sind die im Stoffwechsel der Schilddrüsenhormone involvierten Deiodasen, die Thioredoxin-Reductasen, das Selenoprotein P aus dem Blutplasma und das Selenoprotein W aus der Muskulatur (WOLFFRAM 2004).

Resorbiert wird Selen im Dünndarm. Gut aufzunehmende Formen sind Selenoaminosäuren, wie Selenomethionin und Selenocystein, sowie anorganische Formen, wie Selenit und Selenat. Stabile Metallselenide und elementares Selen sind schlecht wasserlöslich und folglich kaum resorbierbar. Im Körper transportiert wird Selen an Plasmaproteine gebunden. Auf diese Weise gelangt es in alle Gewebe, einschließlich Knochen, Haare, Erythro- und Leukozyten. Im Hoden, in der Hypo- und Epiphyse sowie in der Nierenrinde, der Leber und im Pankreas ist Selen in besonders hohen Konzentrationen vorhanden. Die Ausscheidung erfolgt fast ausschließlich renal.

Selen besitzt eine verhältnismäßig geringe therapeutische Breite, so dass der Bereich zwischen Bedarf und Toxizität relativ eng ist. Eine Vergiftung mit Selen zeigt auf Grund der verschiedenen Verbindungen und Aufnahmewege ein uneinheitliches Bild. Häufig können Veränderungen an Haar und Horn, periphere Neuropathien, Müdigkeit und gastrointestinale Symptome auftreten. Außerdem geht oft ein knoblauchartiger Geruch der Expirationsluft mit der Selenvergiftung einher. Dies liegt am hohen Gehalt an Dimethylselenit, welches bei einer Intoxikation vermehrt über die Atmung ausgeschieden wird (WOLFFRAM 2004).

Durch Selenmangel kommt es in Folge der fehlenden Deiodasen zu einer beeinträchtigten Bildung von Trijodthyronin und den daraus resultierenden Folgen.

Durch die synergistische Beziehung zwischen Vitamin E und Selen, muss bei einer Überprüfung der Versorgung immer auf beide Substanzen geachtet werden. Ein Selenmangel kann bis zu einem gewissen Grad durch eine gute Vitamin E-Versorgung aufgefangen werden. Außerdem kann eine ausreichende Selenaufnahme auch einen geringen Vitamin-E-Mangel ausgleichen. Dabei können

die Mangelerkrankungen in drei Gruppen eingeteilt werden (KIRCHGESSNER 2004).

Die erste Gruppe sind Erkrankungen, die sich durch Vitamin E-Gaben, aber nicht durch Selen heilen lassen, wie beispielsweise die Resorptionssterilität der Ratten und die Enzephalomalazie bei Küken. Die zweite Gruppe sind die Krankheiten, die sowohl durch Vitamin E, als auch durch Selen verhindert werden können, wie Lebernekrosen beim Schwein, exsudative Diathese beim Küken und die ernährungsbedingte Muskeldystrophie vieler Tierarten. Letztlich gibt es noch die Erkrankungen, die sich hauptsächlich durch ausreichende Selenzufuhr vermeiden lassen, wie Wachstumsstörungen vieler Tierarten, Pankreasdegenerationen bei Küken und mangelnde Fruchtbarkeit beim Wiederkäuer.

Ein Selenmangel wird oft mit reproduktiven Störungen in Zusammenhang gebracht.

Stuten mit Problemen, wie eitrigen Gebärmutterentzündungen, wiederholtem Umrossen, embryonalem Frühtod und Abort, wiesen einen geringen Selengehalt im Blut auf (MAYLIN et al. 1980). Zusätzlich werden Agalaktie, verlängerte Tragezeit und perinatale Sterblichkeit durch Selenmangel unterstellt (PULS 1994). LAVOIE (2000) beschrieb die Zusammenhänge zwischen Abort und neonataler Sterblichkeit mit der Selenmangelversorgung von Fohlen und tragenden Stuten. Dabei beschrieb er die Symptome bei Fohlen und Mutterstuten, die in selenarmen Gebieten gehalten wurden. Die Fohlen litten vermehrt an Muskeldegenerationen. Bei manchen Jungtieren war der Herzmuskel und die Schlundmuskulatur mit betroffen, was zur erhöhten neonatalen Sterblichkeit führte. Bei den Stuten vermutet LAVOIE einen Zusammenhang zwischen der Selenmangelversorgung mit vermehrten Spätborten und Nachgeburtsverhaltungen. Im Anschluss empfiehlt er eine Selenzufütterung von 1 mg pro Pferd täglich. Bei den so behandelten Pferden eines Betriebes stieg der Selenblutspiegel und die Abort- und neonatalen Sterblichkeitsraten nahmen ab.

Selenoprotein P ist an der Entwicklung von Mausspermien beteiligt. Bei männlichen Mäusen, denen dieses Protein fehlt (Sepp1-/-), entwickeln sich spezifische Strukturdefekte im Spermienschwanz während der Spermiogenese. Diese Mäuse sind unfruchtbar. Die Fertilität kann durch Selensupplementation nicht wieder hergestellt werden. Die Veränderungen gleichen jenen, die bei

selenmangelernährten, normalen Mäusen (Sepp1+/+) auftreten. Hier können die Defekte durch Selenzufuhr verringert werden (OLSEN et al. 2005).

Mit Hilfe eines Fütterungsversuchs bei Ratten wurde herausgefunden, dass die Konzentration von Selen im Blut und anderen Geweben, bei einer Mangelversorgung mit diesem Element, stark abnahm. Dagegen wich die Selenkonzentration im Hoden nicht von den Werten der Kontrolltiere ab. Hieraus lässt sich schließen, dass die Versorgung des Hodens mit Selen Vorrang vor der Versorgung der anderen Gewebe hat (BEHNE et al. 1982).

Ein weiterer Versuch ergab, dass Selen einen wichtigen Einfluss auf die normale Entwicklung der Hoden, auf die Testosteronsynthese und auf die Spermiogenese hat. Heranwachsende Ratten, die eine Selenmangeldiät in der vierten Generation bekamen, hatten stark reduzierte Hodengewichte von über 50 % und produzierten keine ausdifferenzierten Spermien mehr. Durch eine im Folgenden ausreichende Selenversorgung waren die Defizite reversibel (BEHNE et al. 1996).

Bei Menschen wurde festgestellt, dass sich sowohl eine zu hohe, als auch eine zu niedrige Selenkonzentration im Sperma negativ auf die Motilität und die Morphologie auswirkt. Bei sehr hohen Gehalten wurde ein Zusammenhang mit einer erhöhten Abortrate und einer ovariellen Dysfunktion der Partnerinnen gesehen. Hier wurde unterstellt, dass diese die gleichen Voraussetzungen bezüglich der Spurenelementversorgung hatten (BLEAU et al. 1984).

BERTELSMANN et al. (2005) untersuchten die Selengehalte im Sperma, im Seminalplasma und in den Spermien von Hengsten. Sie erhielten folgende mittlere Werte für die Trockenmassen: 2,90 ± 0,97 µg/g Sperma, 0,66 ± 0,18 µg/g Seminalplasma und 12,3 ± 1,7 µg/g Spermien. Es konnte eine signifikant negative Korrelation zwischen dem Selengehalt der Spermien und den Werten für die gestörte Chromatinkondensation festgestellt werden. Dies bedeutet, dass ein geringerer Selengehalt zu einer stärker gestörten Chromatinkondensation und somit zu einer schlechteren Spermaqualität führt. Die Werte für Selen in den Spermien korrelierten dahingegen positiv mit den Abfohlraten der Stuten, die von den untersuchten Hengsten besamt worden waren.