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In hohen Konzentrationen hat Schwefeldioxid (SO2) direkte negative Auswirkun-gen auf die Atmungsfunktion von Mensch und Tier sowie auf Pflanzen. Schwe-feldioxid und seine Oxidationsprodukte können Schäden an Gebäuden und an-deren Sach- und Kulturgütern verursachen sowie zur Versauerung von Böden beitragen. Darüber hinaus erhöht SO2 zusammen mit Ammoniak durch die Bil-dung von partikelförmigem Ammoniumsulfat die Belastung mit Feinstaub z. T.

erheblich.

Schwefeldioxid entsteht hauptsächlich beim Verbrennen von schwefelhaltigen Brenn- und Treibstoffen, bei den Produktionsprozessen der Eisen- und Stahlin-dustrie sowie bei der Erzeugung von Schwefelsäure in der chemischen Indust-rie.

2.5.1 Messstellen zur Kontrolle der Einhaltung der Grenzwerte und Zielwerte

Im Jahr 2020 waren in Österreich 65 SO2-Messstellen mit kontinuierlich regist-rierenden Messgeräten gemäß IG-L in Betrieb, davon wiesen 64 Messstellen eine Verfügbarkeit ≥ 90 % und eine Messstelle eine Datenverfügbarkeit zwi-schen 75 und 90 % auf (siehe Anhang, Kapitel 5.4).

An einer IG-L-Messstelle (in Vorarlberg) wurde die SO2-Konzentration mit Passiv-sammlern gemessen (Zeitabdeckung 100 %).

Zwölf dieser Messstellen wurden zudem zur Überwachung der Grenzwerte zum Schutz der Ökosysteme und der Vegetation betrieben.

Darüber hinaus liegen SO2-Daten von sieben weiteren Messstellen vor, die u. a.

zu Forschungszwecken betrieben werden.

2.5.2 Die SO2-Belastung im Jahr 2020

2.5.2.1 Schutz der menschlichen Gesundheit

Der Grenzwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit, ausgedrückt als Halb-stundenmittelwert (200 µg/m³, wobei bis zu drei HMW pro Tag bis zu 350 µg/m³ nicht als Grenzwertüberschreitung gelten), wurde im Jahr 2020 an den IG-L-Messstellen Straßengel (an zwei Tagen65) und Brixlegg (an einem Tag66) über-schritten. Die Überschreitungen gehen auf Störfälle in nahe gelegenen Indust-rieanlagen zurück.

65 1.8.: 677 µg/m³; 13.12.: 507 µg/m³, Störfall (daher keine Maßnahmen gem. IG-L erforderlich).

66 18.5.: 387 µg/m³, Störfall (daher keine Maßnahmen gem. IG-L erforderlich).

Gefährdungspotenzial

66 IG-L Messstellen

HMW-Grenzwert an zwei Messstellen überschritten

Die höchsten Halbstundenmittelwerte wurden 2020 an den Messstellen Stra-ßengel (677 µg/m³), Brixlegg (387 µg/m³), Hallein Winterstall (191 µg/m³), Hain-burg (187 µg/m³) und Lenzing (155 µg/m³) registriert.

Der Grenzwert für den Tagesmittelwert (120 µg/m³) wurde an keiner Messstelle überschritten.

Die höchsten Tagesmittelwerte traten an den Messstellen Lenzing (67 µg/m³), Straßengel (49 µg/m³) und Linz Neue Welt (32 µg/m³) auf.

Für die erhöhte SO2-Belastung an allen oben genannten Messstellen sind Emis-sionen nahe gelegener Industriebetriebe verantwortlich.

Der Alarmwert von 500 µg/m³ als Dreistundenmittelwert wurde an keiner Mess-stelle überschritten.

Abbildung 22: Maximale Halbstundenmittelwerte der SO2-Konzentration an den gemäß IG-L betriebenen Messstellen, 2020.

SO2, maximaler Halbstundenmittelwert, 2020

Datenquelle: Luftmessnetz (Bundesländer), BEV Kartenerstellung: Umweltbundesamt, 16.08.2021

Die höchsten Jahresmittelwerte wurden 2020 in Straßengel (10,2 µg/m³), Lenzing (6,9 µg/m³) und Steyregg (6,4 µg/m³) registriert.

Die höchsten Wintermittelwerte traten in Straßengel (11,6 µg/m³), Steyregg (6,4 µg/m³) und Lenzing (5,2 µg/m³) auf.

TMW-Grenzwert nicht überschritten

Alarmwert nicht überschritten

industrienahe Belastungs-schwerpunkte

2.5.2.2 Schutz der Ökosysteme und der Vegetation

Die Grenzwerte zum Schutz der Ökosysteme und der Vegetation (20 µg/m³ als Jahres- und als Wintermittelwert) wurden an allen zwölf Messstellen eingehal-ten, die laut IG-L zur Überwachung der Einhaltung dieser Grenzwerte ausgewie-sen sind.

Die am höchsten belasteten Messstellen, die zur Überwachung der Einhaltung dieses Grenzwertes betrieben wurden, waren Payerbach (JMW 2,2 µg/m³, WMW 1,7 µg/m³), St. Georgen i. L. (JMW 2,1 µg/m³, WMW 2,3 µg/m³) und Forsthof am Schöpfel (JMW 1,4 µg/m³, WMW 1,6 µg/m³).

Die SO2-Belastung an diesen Standorten wird durch Ferntransport aus Ostmit-teleuropa dominiert.

2.5.3 Vergleich mit den Richtwerten der Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) legt auf Basis wissenschaftlicher Unter-suchungen Richtwerte zum langfristigen Schutz der menschlichen Gesundheit fest (WHO Regional Office for Europe 2006). Für SO2 lauten diese:

20 µg/m³ für den Tagesmittelwert,

500 µg/m³ für den Zehnminutenmittelwert.

Zehnminutenmittelwerte können anhand der in Österreich als Halbstundenmit-telwerte vorliegenden Daten nicht beurteilt werden.

An fünf SO2-Messstellen (d. h. an 8 % der Messstellen) traten 2020 Tagesmittel-werte über 20 µg/m³ auf.

Die meisten Tagesmittelwerte über 20 µg/m³ (42 Tage) wurden an der Mess-stelle Straßengel gemessen.

2.5.4 Trend der SO2-Belastung

Für repräsentative Aussagen zum Trend der SO2-Belastung in Österreich wur-den die Daten von 47 Messstellen ausgewertet, die zwischen 1990 und 2020 durchgehend betrieben wurden (siehe Abbildung 23). Zusätzlich wurden ausge-wählte Städte bzw. Standorte (Wien Stephansplatz, Linz Neue Welt, Hallein B159 und Illmitz) für die langfristige Trendbewertung ab 1971 herangezogen (siehe Abbildung 24).

Die SO2-Konzentration nahm in Österreich seit den späten 1980er-Jahren in al-len Regionen und an alal-len Standorttypen ab. Die über alle Messstelal-len gemit-telte SO2-Konzentration ging von über 10 µg/m³ in den 1990er-Jahren auf ca.

3 µg/m³ in den späten 2000er-Jahren zurück. Danach zeichnet sich ein weiterer langsamer Rückgang ab.

Grenzwerte 2019 nicht überschritten

Die starken Variationen der SO2-Belastung in den 1990er-Jahren gehen auf das unterschiedliche Ausmaß von grenzüberschreitendem Schadstofftransport und auf unterschiedliche Ausbreitungsbedingungen zurück.

SO2-Emissionen, Jahresmittelwerte

Quelle: Umweltbundesamt

In Wien lagen in den 1970er-Jahren die SO2-Jahresmittelwerte im Stadtzentrum (Stephansplatz) bei ca. 80 bis 160 µg/m³, am Stadtrand (Hohe Warte) um 50 µg/m ³67. Im Verlauf der 1980er-Jahre gingen die SO2-Jahresmittelwerte in Wien auf 10 bis 20 µg/m³ zurück; aktuell liegen sie unter 1 µg/m³.

Im ländlichen Hintergrund Ostösterreichs (Illmitz) lag die SO2-Belastung in den 1980er-Jahren zwischen 16 und 26 µg/m³, sie ging dann auf 3 µg/m³ im Jahr 2000, 2 µg/m³ im Jahr 2010 und aktuell auf unter 1 µg/m³ zurück.

In den letzten dreißig Jahren (Dreijahresmittelwerte 2018–2020 im Vergleich zu 1990–92) ging die SO2-Belastung an nicht industrienahen Messstellen in den Großstädten Österreichs um 90 % zurück, in den Kleinstädten und im ländlichen Raum um 85 %. Geringer – im Mittel 75 % – ist der Rückgang an industrienahen Messstellen.

67 Messung mit dem Gerät Philips PW 9700.

Abbildung 23:

SO2-Emissionen Öster-reichs, 1990–2019 sowie Minimum und Maximum (dunkel schattierter Wertebereich) sowie Mittelwert (Kreise) der SO2-Jahresmittelwerte in Österreich, 1990–2020.

Emissionsrückgang in den 1980er-Jahren

Unterschiedliche Rückgänge

SO2-Jahresmittelwerte

Quelle: Umweltbundesamt

Wesentliche Faktoren

Die hohe SO2-Belastung bis in die 1980er-Jahre hinein wurde durch inländische Emissionen aus der Gebäudeheizung (Einsatz von Kohle und schwefelhaltigen Heizölen), aus Kraftwerken und von der Industrie verursacht.

In Nordostösterreich – in geringerem Ausmaß auch in Oberösterreich, in der südlichen und östlichen Steiermark und im östlichen Kärnten – stellte der grenz-überschreitende Schadstofftransport aus den nördlichen und östlichen Nach-barstaaten, v. a. aus Tschechien, aus der Slowakei und aus Slowenien, eine wei-tere wesentliche Ursache der hohen SO2-Belastung dar; die relevantesten Quel-len in diesen Staaten waren große, kohlebefeuerte Kraftwerke mit hohen Schlo-ten.

In den späten 1980er-Jahren kam es zu einem Rückgang der SO2-Emissionen in Österreich. Dieser wurde durch den Einsatz von Entschwefelungsanlagen in Kraftwerken der Energiewirtschaft und der Industrie und durch den Umstieg auf schwefelarme Brennstoffe und auf Fernwärme im Raumwärmebereich be-wirkt. Damit setzte ein Rückgang der SO2-Belastung in Österreich ein.

Die SO2-Emissionen Österreichs nahmen in den letzten dreißig Jahren (Dreijah-resmittelwerte 2017–19 im Vergleich zu 1990–92) um 85 % ab, wobei die größ-ten Sektoren unterschiedliche Trends zeigen (Umweltbundesamt 2021b). Die Emissionen der Industrie als dominierender Sektor (Anteil 2019: 67 %) gingen Abbildung 24:

SO2-Jahresmittelwerte an den Messstellen Hallein B159, Illmitz, Linz

Neue Welt und Wien Ste-phansplatz, 1971–2020.

Rückgang seit den 1980er-Jahren

um 59 % zurück68, jene aus dem Sektor Raumwärme (Anteil 12 %) um 95 %, jene aus dem Sektor Energieerzeugung (Anteil 12 %) um 91 %.

Darüber hinaus beeinflusst die Entwicklung der SO2-Emissionen in Ostmitteleu-ropa die Belastung in Österreich. Noch in den 1990er-Jahren wurde die SO2 -Belastung in Ostösterreich von grenzüberschreitendem Schadstofftransport do-miniert. Seit der „Wende“ im Jahr 1989 kam es in Ostmitteleuropa zu einer mas-siven Reduktion der Emissionen. Diese betraf in den 1990er-Jahren v. a. Tsche-chien, nach 2000 auch Ungarn, die Slowakei, Slowenien und Polen. So gingen die tschechischen SO2-Emissionen69 von 1990 bis 2000 um 88 % zurück, bis 2019 um 96 %; die Emissionen der Slowakei nahmen von 1990 bis 2019 um 97 % ab70.

Diese Emissionsreduktionen sind dafür mitverantwortlich, dass die SO2 -Belastung im Osten Österreichs mit ca. – 90 % noch stärker zurückging als die österreichischen SO2-Emissionen. An Hintergrundstandorten im westlichen Ös-terreich folgt die SO2-Belastung (– 85 %) der Entwicklung der österreichischen Emissionen. Einen schwächeren Rückgang (im Mittel (im Mittel – 76 %) zeigen die industrienahen Messstellen.