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In diesem Kapitel wird zuerst der Begriff Schulsozialarbeit eingeführt, danach wird kurz auf die historische Entwicklung der Schulsozialarbeit in der Schweiz eingegangen. In einem weiteren Teil wird der Aufgabenbereich, die Methoden, die Zielgruppen und Ziele sowie die Rolle und die Handlungsprinzipien der Schulsozialarbeit beschrieben.

10.1 Definition Schulsozialarbeit

Die Schulsozialarbeit versteht sich grundsätzlich als Handlungsfeld der Kinder- und Jugendhilfe und somit als Handlungsfeld der Sozialen Arbeit (Florian Baier und Ulrich Deinet, 2011, S. 86). Je nach Zielsetzung sowie vorgegebener Strukturen und Rahmenbedingungen der jeweiligen Schulgemeinde unterscheiden sich die Aufgabenbereiche der Schulsozialarbeit sehr. Es bestehen entsprechend sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, was Schulsozialarbeit ist und soll. In der Deutschschweiz wird die Schulsozialarbeit meist als ein niederschwelliges, freiwilliges und kostenloses Beratungsangebot für Schülerinnen und Schüler verstanden (Baier und Deinet, 2011, S. 61-63).

In dieser Bachelor-Arbeit wird die folgende Definition von Matthias Drilling (2001) verwendet, welche die Kinder- und Jugendhilfe klar ins Zentrum stellt:

Schulsozialarbeit ist ein eigenständiges Handlungsfeld der Jugendhilfe, das mit der Schule in formalisierter und institutionalisierter Form kooperiert.

Schulsozialarbeit setzt sich zum Ziel, Kinder und Jugendliche im Prozess des Erwachsenwerdens zu begleiten, sie bei einer für sie befriedigen-der Lebensbewältigung zu unterstützen und ihre Kompetenzen zur Lösung von persönlichen und/oder sozialen Problemen zu fördern. Dazu adaptiert Schulsozialarbeit Methoden und Grundsätze der Sozialen Arbeit auf das System Schule. (S. 95)

10.2 Historische Entwicklung der Schulsozialarbeit in der Schweiz

Die Schulsozialarbeit versteht sich als Handlungsfeld der Kinder- und Jugendhilfe. Baier und Deinet (2011) erörtern, dass das Angebot der Schulsozialarbeit in den 1990er Jahren definitiv in der Schweiz eingeführt wurde - zuerst in den grösseren Städten wie z.B. Zürich und Bern. Die Schulsozialarbeit ist das in der Schweiz am schnellsten

wachsende Handlungsfeld im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Laut Schätzungen kann davon ausgegangen werden, dass im Jahr 2008 bereits 400 Schulsozialarbeitende für rund 1’000 Schulen zuständig waren (S. 62). Es ist davon auszugehen, dass das Handlungsfeld weiterwachsen wird. Die Gemeinden können meist selber entscheiden, wie sie das Angebot der Schulsozialarbeit begleiten und entwickeln.

Ein zentrales Ziel bei der Einführung der Schulsozialarbeit war es, die Sozialarbeitenden zu befähigen, Verhaltensauffälligkeiten bei Schülerinnen und Schülern zu begegnen und mit ihnen daran arbeiten zu können (Peter Neuenschwander, Daniel Isell, Renate Stohler

& Claudia Fuchs, 2007).

10.3 Aufgabenbereich der Schulsozialarbeit in der Schweiz

Wie oben schon erwähnt wurde, können die Gemeinden selber definieren, was sie unter Schulsozialarbeit verstehen. Demzufolge kann davon ausgegangen werden, dass die Arbeitsschwerpunkte nicht homogen sind. Trotz diversen Unterschieden sind jedoch vergleichbare Grundelemente im Aufgabenbereich der Schulsozialarbeit vorhanden.

Baier und Deinet (2011) beschreiben die Schulsozialarbeit als niederschwellige Dienstleistung für Kinder und Jugendliche, welche am Ort der Schule vorhanden ist und die ohne grössere Umstände, Hilfe und Unterstützung frühzeitig anbieten kann. Diese Niederschwelligkeit bewerten sie als ein wichtiges Konzept der Schulsozialarbeit (S.

146).

10.4 Methoden der Schulsozialarbeit

Die Methodenvielfalt in der Schulsozialarbeit ist umfangreich. Baier und Deinet (2011) halten fest, dass die Schulsozialarbeit keine spezifischen Methoden anbietet, sondern die Methoden der Sozialen Arbeit in das System Schule adaptiert (S. 86).

Zu den Arbeitsinstrumenten der Schulsozialarbeit gehören Einzelfallhilfen, Projekte und soziale Gruppenarbeiten, Vernetzung mit anderen Instruktionen sowie Mitwirkung in der Schulentwicklung. Der Schwerpunkt der Schulsozialarbeit ist jedoch die Einzelfallberatung (Baier und Deinet, 2011, S. 65). Diese Beratung kann auf unterschiedliche Weise und aus unterschiedlichem Anlass durchgeführt werden. So können Schulsoziarbeitende die Kinder und Jugendlichen in ihrem Büro oder auch informell auf dem Pausenhof beraten.

Die Schulsozialarbeit ist mit einer grossen Themenbreite konfrontiert und behandelt alles, was in der Phase der Kindheit und Jugend eine Rolle spielt. Gezeigt hat sich hierbei, dass es drei dominante Hauptthemen gibt, mit denen die Schulsozialarbeit in den Beratungen konfrontiert wird: Gewaltprobleme, Probleme mit oder in der Schule sowie familiäre Probleme (Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Soziale Arbeit, 2014).

10.5 Zielgruppen und Ziel der Schulsozialarbeit

Bei der Hauptzielgruppe für das Angebot der Schulsozialarbeit handelt es sich in erster Linie um Schülerinnen und Schüler. Weitere Nutzniesser sind Lehrpersonen, Schulleitungen, Schulpsychologische Dienste, Sozialzentren, Familien- und Erziehungsberatungsstellen, Eltern und Erziehungsberechtigte sowie andere Fachstellen, Gremien und Behörden (Drilling, 2004, S. 120-121).

10.6 Rolle und Handlungsprinzipien der Schulsozialarbeit

In der Literatur ist der Schulsozialarbeit keine spezifische Rolle zugewiesen. Demzufolge bezieht man sich für die Rollenklärung auf die Soziale Arbeit. Baier und Deinet (2011) schlagen als Orientierung für die Schulsozialarbeitenden die Rolle eines Anwalts oder einer Anwältin der sozialen Gerechtigkeit vor (S. 87).

Es muss in Betracht gezogen werden, dass ein widersprüchliches und undefiniertes Rollenverständnis zu unterschiedlichen Erwartungen bei Auftraggebern, Leistungsbezügern und Leistungserbringern führen kann. Demzufolge könnte es für die Zukunft von Bedeutung sein, eine klare eigenständige Rolle für die Schulsozialarbeit zu definieren.

Als Handlungsprinzipien der Schulsozialarbeit gelten Elemente, welche grundsätzlich durch aktives Handeln realisiert werden können. Baier und Deinet (2011) merken an:

Autonomie des Subjekts: Durch Wertschätzung und positive Zuwendung des Gegenübers wird diese Autonomie jederzeit gewährleistet.

Anwaltschaftliches Handeln: Die Schulsozialarbeit agiert als Anwältin sozialer Gerechtigkeit.

Aushandlung (bzw. Partizipation): Es ist mittlerweile ein strukturell verankertes Recht, insbesondere auch von Kindern und Jugendlichen, an allen sie betreffenden Entscheidungen beteiligt zu werden, damit sie auch Einfluss auf die Veränderungen nehmen können. Die einzige Ausnahme hierbei ist, wenn es sich um eine akute

Gefährdung des Kindeswohls handelt, welches zum Schutz des Kindes ein sofortiges Handeln bedingt.

Aufmerksamkeit: Durch eine Ausdifferenzierung lokaler Aufmerksamkeitssysteme wird gewährleistet, dass die Kinder und Jugendlichen achtsam in ihrer Individualität wahrgenommen und beobachtet werden.

Bilderverbot: Das Subjekt ist ernst zu nehmen und zu respektieren, um ihm so Menschenwürde, Freiheit und Selbstbestimmung zu ermöglichen.

Nicht-Wissen: Mit dem Stand des eigenen Wissens sowie auch mit den situationsverbunden Unbekannten reflektiert umzugehen, setzt eine offene Arbeitshaltung voraus. Es gilt die Kinder und Jugendlichen als Expertinnen und Experten für ihre Lebensrealitäten und hinsichtlich ihrer Bewältigungskompetenzen zu respektieren.

Vertrauen: Die Beziehung zwischen Professionellen und den Nutzerinnen und Nutzern professioneller Tätigkeit wird in den Mittelpunkt des fachlichen Handelns gesetzt. Zu diesem Thema haben verschiedene Forschungsarbeiten gezeigt, dass Kinder und Jugendliche insbesondere den Aspekt des Vertrauens in der Beziehung zu den Schulsozialarbeitenden positiv hervorheben und dass dieses Element zentral ist, damit die Kinder und Jugendlichen sich an die Schulsozialarbeit wenden. Nur durch die unabdingbare Einhaltung des Vertrauensverhältnisses kann eine hohe Qualität in der Beziehung gewährleistet werden.

Schweigepflicht: In der Schulsozialarbeit gilt die Grundregel, dass die Schulsozialarbeit der rechtlichen und berufsethischen Schweigepflicht unterliegt und darum keine personenbezogene Auskunft gegeben werden darf, ausser die entsprechende Person gibt ausdrücklich ihr Einverständnis dazu. Eine Ausnahme stellt die akute Gefährdung des Kindeswohles dar, die das sofortige Handeln zum Schutz des Kindes oder Jugendlichen notwendig macht (S. 138-146).

Die Schulsozialarbeit muss jederzeit verantwortlich und verlässlich mit diesen Prinzipien umgehen, damit professionelle Arbeit gewährleistet ist.