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Die Schulsozialarbeitenden sind öfters mit Kindern aus Familien mit Alkoholsucht konfrontiert. Diese Bachelor-Arbeit untersucht, ob die Alkoholsucht von Eltern einen Einfluss auf die Kinder und Jugendlichen hat und wie bei einem allfälligen Zusammenhang unterstützend beraten werden kann.

In diesem ersten Kapitel werden die Ausgangslage, die Ziele und die Motivationsgründe diese Bachelor-Arbeit beschrieben sowie der Fokus abgegrenzt und die Fragestellungen ausgeführt. Es wird begründet, welche Berufsrelevanz die Bachelor-Arbeit für die Schulsozialarbeit hat.

1.1 Ausgangslage und Ziel der Arbeit

In der Schweiz leben nach konservativen Schätzungen der Fachstelle für Alkohol und andere Drogenprobleme SFA (2012) rund 100’000 Kinder und Jugendliche in Familien mit einem alkoholabhängigen Elternteil. Die Fachstelle stützt sich dabei auf die Zahlen von Vätern und Mütter, die deswegen in Behandlung sind (S. 3). Im Schuljahr 2016/2017 war die gesamte Schüleranzahl in der obligatorischen Schule in der Schweiz etwa 950'000 (Statista, ohne Datum). Somit muss davon ausgegangen werden, dass durchschnittlich jedes zehnte Kind bzw. jeder zehnte Jugendliche aus einer alkoholbelasteten Familie stammt. Es ist zu vermuten, dass die Anzahl betroffener Kinder und Jugendlicher noch höher sein dürfte, da sich nicht alle alkoholabhängigen Eltern in eine Behandlung geben.

Kinder und Jugendliche aus einer alkoholbelasteten Familie bilden eine Risikogruppe in Bezug auf Verhaltensauffälligkeiten (sfa/ispa, 2007). Kinder und Jugendliche aus alkoholbelasteten Familien haben ein um 30 Prozent grösseres Risiko, eine Verhaltensauffälligkeit zu entwickeln als Kinder und Jugendliche, die nicht in einer alkoholbelasteten Familie aufwachsen (sucht Info Schweiz). Michael Klein (2017) beschreibt zudem, dass ein knappes Drittel dieser Kinder und Jugendlichen psychische Störungen sowie Auffälligkeiten der Persönlichkeit entwickelt (S. 2). Diana Moesgen (2010) erläutert, dass ein geringes Selbstwertgefühl bei Jugendlichen aus einer alkoholbelasteten Familie mehr auftritt als bei Jugendlichen aus einer nicht alkoholbelasteten Familie (S. 47).

Datum) geht davon aus, dass das Aufwachsen in einer alkoholbelasteten Familie nicht immer eine Verhaltensauffälligkeit zur Folge hat. In diesem Zusammenhang werden Risiko- und Schutzfaktoren betont, welche dies begünstigen oder aber verhindern.

In der Schweiz ist das Recht auf Grundschulbildung für Kinder und Jugendliche in der Bundesverfassung Art.19 geregelt, der besagt, dass Kinder und Jugendliche Anspruch auf ausreichend und unentgeltlichen Grundschulunterricht haben. Die Schulpflicht in der Schweiz beträgt in der Regel elf Jahre. Die konkreten Regeln des Schulbesuches sind weitgehend im kantonalen Schulgesetz, Verordnungen und Reglementen verankert (Peter Mösch Payot, 2010, S. 96).

Die Schulsozialarbeit ist in der Schule vertreten und soll gemäss Avenir Social folgendem Leitsatz folgen: "Die Schulsozialarbeit unterstützt und fördert die Befähigung der Kinder und Jugendlichen, eine für sie zufriedenstellende Lebensgestaltung zu erreichen" (Avenir Social und Schulsozialarbeiter Verband, 2010). Daraus ergibt sich ein Auftrag und eine Verantwortung für Schulsozialarbeitende in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen aus einer alkoholbelasteten Familie.

Die Schule ist der Ort, an dem Kinder aus verschiedenen Lebens- und Familienlagen zusammenkommen. Das bedeutet für die Kinder und Jugendlichen Chancen und Risiken zugleich. Als Chancen beschreibt Michael Klein (2017) soziale Lernerfahrungen, Selbstwertbestätigung durch gute Leistungen und soziale Anerkennung. Als Risiken führt er Ausgrenzungen und Stigmatisierungen auf (S. 3). Michael Klein unterstreicht in diesem Zusammenhang wie wichtig es ist, dass die Fachpersonen bezüglich dieser Risiken sensibel sind und Ressourcen erkennen, um adäquat und professionell zu handeln und die Kinder und Jugendlichen zu stärken und zu begleiten. Er erklärt, dass es essenziell ist, dass Fachpersonen, die im Umfeld von betroffenen Jugendlichen sind und arbeiten, die Hintergründe und die Verhaltensweisen erkennen können, damit sie den Jugendlichen langfristige Beziehungs- und Vertrauensangebote machen können (S.

2).

Im Rahmen dieser Arbeit werden die theoretischen Grundlagen zu Risiko- und Schutzfaktoren von Kindern und Jugendlichen aus alkoholbelasteten Familien ausgeführt. Anschliessend werden auf deren Basis Erkenntnisse erörtert, welche Möglichkeiten sich der Schulsozialarbeit bezüglich der Einzelberatungen mit Kindern und Jugendlichen aus einer alkoholbelasteten Familie bieten. Es wird aufgezeigt, wie Schulsozialarbeitende entsprechende Schüler/innen unterstützen und beraten können.

Desweitern soll ein offener Diskurs zum Thema Kinder und Jugendliche aus alkoholbelasteten Familien angeregt werden.

1.2 Motivation

Während des Studiums der Sozialen Arbeit und dem Praktikum in der Schulsozialarbeit entwickelte sich bei mir ein grosses Interesse an Themen mit Kindern und Jugendlichen und ihren Lebenswelten. Durch den Besuch des Moduls "Kindesschutz" mit der Vertiefung "Psychisch kranke Eltern und ihre Kinder", wurde mir nochmals bewusst, welche Risiken die Alkoholabhängigkeit in der Familie für die Kinder und Jugendlichen mit sich bringen kann. Im Rahmen dieser Bachelor-Arbeit bietet sich nun die Möglichkeit, sich vertieft damit auseinanderzusetzen.

Es macht mich persönlich betroffen, dass ich selber als Kind und Jugendliche in einer alkoholbelasteten Familie aufwuchs und die Schule, Freunde und Familie dieses Thema tabuisierte. Anhand von verschiedenen Gesprächen, die ich mit Freunden und Fachpersonen über die Jahre geführt habe, erkannte ich, dass es anderen Personen, die auch dieselben Erfahrungen gemacht haben, ähnlich erging in Bezug auf diese Tabuisierung. Das Umfeld dieser Kinder und Jugendlichen reagiert selten direkt auf die Situation. Auch ziehen sich viele Familien häufig von ihrem Freundeskreis zurück und die Kinder und Jugendlichen bleiben alleine in ihrer Not.

Wie in Kapitel 1.1 erläutert wurde, kann davon ausgegangen werden, dass durchschnittlich jedes zehnte Kind bzw. jeder zehnte Jugendliche in einer Schweizer Schulklasse aus einer alkoholbelasteten Familie stammt. Diese Arbeit soll dazu beitragen mich für die kommende Berufszeit als Schulsozialarbeiterin zu stärken und mein Fachwissen zu erweitern.

1.3 Abgrenzung

Martin Zobel (2017) beschreibt, dass Kinder und Jugendliche aus einer alkoholbelasteten Familie später ein signifikant jüngeres Alter haben beim Erstkonsum von Alkohol und ein geringeres Alter haben beim Auftreten von Alkohol- und Drogenproblemen (S. 113). Im Rahmen dieser Bachelor-Arbeit wird nicht weiter auf dieses Transmissionsrisiko der Alkoholabhängigkeit in der Familie eingegangen.

Sicherlich wäre es auch interessant zu beleuchten, ob Kinder und Jugendliche aus alkoholbelasteten Familien vermehrt dem Risiko ausgesetzt sind, von Misshandlung und häuslicher Gewalt betroffen zu sein. Dies zu untersuchen, würde jedoch den Rahmen dieser Bachelor-Arbeit sprengen. Auch wird nicht vertieft auf die Sucht der Eltern

Mit dieser Arbeit soll aufgezeigt werden, welchen Risiken Kinder und Jugendliche aus einer alkoholbelasteten Familien ausgesetzt sind und welche Risiko- und Schutzfaktoren sie haben. Diese Einzelarbeit zeigt zwar in einem ersten Teil Risiken und Schutzfaktoren von Kindern und Jugendlichen aus alkoholbelasteten Familien auf, konzentriert sich dann aber explizit darauf, welche Möglichkeiten die Schulsozialarbeit durch Einzelberatungen mit Kindern und Jugendlichen aus einer alkoholbelasteten Familie hat.

Selbstverständlich ist das Familiensystem bei alkoholbelasteten Familien nicht ausser Acht zu lassen und Handlungsoptionen für Fachpersonen mit systemischen Ansätzen diesbezüglich wären ebenfalls zu berücksichtigen. Im Rahmen dieser Arbeit wird dieser Themenbereich jedoch nicht bearbeitet. Im Kapitel 11 wird vertieft diskutiert, wieso die Einzelberatung als potentes Mittel zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen aus alkoholbelasteten Familien angesehen wird.

1.4 Fragestellungen

Wie oben ausgeführt, gibt es Hinweise darauf, dass Kinder und Jugendliche aus einer alkoholbelasteten Familie eine Risikogruppe in Bezug auf Verhaltensauffälligkeiten, psychische Störungen und einem verminderten Selbstwertgefühl bilden. Die vorliegende Bachelor-Arbeit überprüft dies anhand vorhandener Literatur. Daraus abgeleitet soll folgende Fragestellung im Rahmen dieser Bachelor-Arbeit beantwortet werden:

Welchen Risiken sind Kinder und Jugendliche aus einer alkoholbelasteten Familie ausgesetzt (Frage 1)?

Da alle Kinder in der Schweiz einer obligatorischen Schulpflicht unterstehen, haben sie direkten Zugang zur Schulsozialarbeit, welche im Schulhaus vertreten ist. Hieraus ergibt sich die zweite Fragestellung dieser Bachelor-Arbeit:

Welche Handlungsoptionen haben Schulsozialarbeitende in Form der Einzelberatung mit Kindern und Jugendlichen aus einer alkoholbelasteten Familie (Frage 2)?

1.5 Zielgruppe und Berufsrelevanz

Diese Arbeit richtet sich an die Sozialarbeitenden in den Schulen sowie andere Berufsgruppen oder Eltern, die mit Kindern und Jugendlichen aus alkoholbelasteten Familien zu tun haben. Das erarbeitete Wissen soll der Sensibilisierung des Themas

"Alkohol in der Familie und die Situationen für Kinder und Jugendliche" aufzeigen. Das

Thema Alkohol in Verbindung mit Sucht hat in der Schweiz keinen grossen Stellenwert und oft wird es auch nicht erkannt, da Alkohol in unserer Gesellschaft omnipräsent, legal, fast überall erhältlich und oft konsumiert wird. Es entsteht eine Tabuisierung. Wie erwähnt, muss davon ausgegangen werden, dass durchschnittlich in jeder Schulklasse ein Kind von Alkoholsucht in der Familie betroffen ist. Deshalb müssen Kinder und Jugendliche aus einer alkoholbelasteten Familie wahrgenommen werden. Es ist wichtig, in diesem Zusammenhang die möglichen devianten Verhaltensweisen frühzeitig zu erkennen, damit Kinder und Jugendliche Begleitung und Unterstützung erhalten.

1.6 Aufbau der Arbeit

Nach der Einleitung werden im zweiten Kapitel zentrale entwicklungspsychologische Aspekte von Kindern und Jugendlichen erläutert. Im dritten Kapitel wird erörtert, welches Klassifikationssystem für seelische Störungen und körperliche Auffälligkeiten in dieser Bachelor-Arbeit angewendet wird. Dies beinhaltet eine Beschreibung der drei diagnostischen Hauptgruppen, die für diese Bachelor-Arbeit zentral sind.

Im vierten Kapitel folgt ein kleiner Exkurs zum Hintergrund des Themas Alkohol. Das fünfte Kapitel führt aus, wie es für Kinder und Jugendliche sein kann, aus einer alkoholbelasteten Familie zu stammen und was für Bewältigungsstrategien sie entwickeln können.

In sechsten Kapitel wird auf mögliche Verhaltensstörungen von Kindern und Jugendlichen aus einer alkoholbelasteten Familie eingegangen und untersucht, ob sie verstärkt zu diesen Verhaltensstörungen neigen. Im siebten Kapitel wird auf die Risiko- und Schutzfaktoren sowie die Resilienz eingegangen. Dies beinhaltet eine Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Risiko- und Schutzfaktoren sowie die Erläuterung des Challenge Modells, welches die Resilienzfaktoren spezifisch bei Kindern aus suchtbelasteten Familien betrachtet. Zum Schluss zeigt dieses Kapitel auf, welche Risiko-, Schutz- und Resilienzfaktoren relevant sind für Kinder und Jugendliche aus einer alkoholbelasteten Familie. Da das Selbstwertgefühl ein zentraler solcher Faktor ist, folgt im achten Kapitel eine Ausführung darüber, ob Kinder und Jugendliche aus einer alkoholbelasteten Familie ein geringeres Selbstwertgefühl haben als Kinder und Jugendliche aus einer nicht alkoholbelasteten Familie. Im neunten Kapitel wird anhand der gewonnenen Erkenntnisse die erste Frage dieser Bachelor-Arbeit (Welchen Risiken sind Kinder und Jugendliche aus einer alkoholbelasteten Familie ausgesetzt?)

Im zehnten Kapitel wir die Schulsozialarbeit vorgestellt und deren Aufgabenbereich, die Methoden, die Zielgruppen und Ziele sowie deren Rolle und Handlungsprinzipien erläutert. Im elften Kapitel wird auf die Beratung als Haupteinsatzgebiet in der Schulsozialarbeit eingegangen. Dies beinhaltet eine Erläuterung der Konsistenztheorie und der Plananalyse als Mittel für eine professionelle Beziehungsgestaltung im Rahmen der Beratungsarbeit.

Im zwölften Kapitel wird anhand der Erkenntnisse aus den zwei vorangegangen Kapiteln die zweite Frage dieser Bachelor-Arbeit (Welche Handlungsoptionen haben Schulsozialarbeitende in Form der Einzelberatung mit Kindern und Jugendlichen aus einer alkoholbelasteten Familie?) beantwortet. Dies inkludiert insbesondere konkrete Handlungsoptionen bei der Beratung von Kindern und Jugendlichen aus einer alkoholbelasteten Familie, welche die Schulsozialarbeit implementieren und konkretisieren kann. Als Abschluss dieser Bachelor-Arbeit werden im letzten Kapitel weiterführende Überlegungen bezüglich dieser Thematik angestellt.