• Keine Ergebnisse gefunden

12 Handlungsoptionen für Schulsozialarbeitende in Form der Einzelberatung

12.2 Konkrete Handlungsoptionen für die Schulsozialarbeit in der

Familien

7 bis 12-jährige Kinder besuchen in der Schweiz die Unter- und Mittelstufe. Wichtige entwicklungspsychologische Faktoren in dieser Zeitspanne sind, dass die Kinder erfahren, wie wichtig und wertvoll sie sind und Zuwendung bekommen. Ausserdem sollten sie die Möglichkeit haben, positive Erfahrungen zu machen.

In Bezug auf die alkoholbelastete Familien-Situation weisen die im Rahmen dieser Bachelor-Arbeit untersuchten theoretischen Grundlagen darauf hin, dass diese Kinder insbesondere Unterstützung im Bereich der Resilienzfaktoren Beziehungsfähigkeit und Selbstwertgefühl benötigen. Zusätzlich werden nachfolgend konkrete Handlungsoptionen für die Resilienz fördernden Faktoren Einsicht, Unabhängigkeit, Initiative, Kreativität, Humor und Moral erörtert.

12.2.1 Vertrauensvolle professionelle Beziehungsgestaltung zum Kind

Als Ausgangslage für eine erfolgreiche Einzelberatung muss eine vertrauensvolle Beziehung zum Kind aufgebaut werden. Dabei ist es wichtig, die Motive der Verhaltensweise des Kindes zu erkennen, damit im Gespräch auf das psychologische Grundbedürfnis eingegangen werden kann (siehe Kapitel 11.2). Als Instrument dazu eignet sich z.B. der Radar (siehe Abbildung 1).

Radar

Abbildung 1: Radar (Quelle: Eigene Darstellung)

Anhand des Radars kann das Kind je nach Alter selbständig eintragen, wie es ihm in seiner Lebenswelt geht, indem es seine Befindlichkeit für unterschiedliche Lebensbereiche mit einer Skalierung einträgt. Die abgebildeten Bereiche umfassen: Zu Hause; In der Freizeit; Mein Körper; In der Klasse; Mit Freunden; Mit der Lehrperson.

Ausserdem kann zusätzlich ein selbstgewählter Bereich eingetragen werden.

Durch dieses Erfassen der zentralen Lebenswelten können die Schulsozialarbeitenden vereinfacht erkennen, wie es dem Kind geht und schenken ihm dabei Interesse und

Motiv und die Verhaltensweisen begründen. Entsprechend können in der Beratung die Dos und Don`ts beachtet werden. Dies kann der Anfang sein für den Aufbau einer professionellen stabilen Beziehung für das Kind, welche zudem dessen Resilienzfaktor Beziehungsfähigkeit stärkt.

Es ist zu empfehlen, dass die familiäre Alkoholbelastung erst angesprochen wird, wenn eine stabile Beziehung zum Kind aufgebaut ist (ausser es würde sich um eine akute Gefährdung des Kindeswohles handeln und die Schulsoziarbeit müsste zum Schutz des Kindes handeln).

12.2.2 Selbstwertgefühl der Kinder stärken

Förderlich zur Stärkung des Selbstwertgefühls kann es sein, wenn sich das Kind seiner eigenen Stärken und Ressourcen bewusst ist. Hierbei kann die Schulsozialarbeit dem Kind Unterstützung bieten, indem die Schulsozialarbeitenden mit dem Kind die eigenen Fähigkeiten erarbeiten und es darin unterstützen, darauf stolz zu sein. Mittels schriftlicher oder zeichnerischer Visualisierung kann dieser Prozess noch unterstützt werden. Das Bewusstsein um die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen sowie die Fähigkeit diese auszubauen, können auf lange Sicht das Selbstwertgefühl stärken.

12.2.3 Förderung der Resilienzen Einsicht, Unabhängigkeit, Initiative, Kreativität, Humor und Moral bei Kindern

Im Challenge Modell wird die "Einsicht" als Resilienzfaktor definiert. Es geht dabei darum, dass das Kind die Bestätigung für seine Wahrnehmung der belastenden Situation im Elternhaus erhält, verbunden mit der Aufklärung über die Alkoholabhängigkeit und deren Auswirkungen auf das Verhalten der Abhängigen. In der Einzelberatung könnte dazu das Kinderbuch "Boby der Hund"1 sehr unterstützend sein. Das Buch ermöglicht es Kindern aus alkoholbelasteten Familien, einen Bezug zur eigenen familiären Situation herzustellen und zu erkennen, dass sie darüber sprechen dürfen und Hilfe finden können.

Das Kind sollte zur Förderung des Resilienzfaktors "Unabhängigkeit" Unterstützung dabei erhalten, eine gewisse Distanz zur alkoholbelasteten Familiensituation zu schaffen.

Dies kann umgesetzt werden, indem die Schulsozialarbeit Angebote in Form eines

1 Sucht Schweiz (2014). Boby der Hund. Gefunden unter http://shop.addictionsuisse.ch/download/0744a87765c32cb43fdbd772ebeb06a3c3d37a3a.p df

Hobbys für das Kind sucht, z.B. Fussball, Tanzkurs oder Pfadfinder. Dabei kann das Kind positive Erfahrungen ausserhalb der Familie machen.

Zur Unterstützung der "Initiative" sollte die Schulsozialarbeit gezielt auf positive Handlungen und Interaktionen des Kindes achten und es dafür loben sowie es immer wieder anspornen, dass es etwas bewirken kann.

Um die Resilienzfaktoren "Kreativität" und "Humor" zu stärken, ist es die Aufgabe der Schulsozialarbeit in der Einzelberatung viel Raum für kreatives Spielen oder Malen zu gewähren und entsprechende Angebote zu machen. Denn das Malen bietet eine Möglichkeit für den Zugang zur eigenen Befindlichkeit. Diese Möglichkeit könnte auch durch eine professionelle Maltherapeutin unterstützt werden. Humor ist für die Kinder sehr zentral. Die Schulsozialarbeitenden müssen diesen Aspekt in die Einzelfallberatung miteinbeziehen indem sie in der Beratung immer wieder Momente schaffen, wo gelacht werden kann.

Eine Einflussnahme zur Stärkung des Resilienzfaktors "Moral" könnte für die Schulsozialarbeit eher schwierig sein. Hierzu müssen Einblicke in das Familiensystem erlangt werden, z.B. durch eine sozialpädagogische Familienbegleitung.

12.3 Konkrete Handlungsoptionen für die Schulsozialarbeit in der Einzelberatung mit Jugendlichen aus

alkoholbelasteten Familien

Bei den Jugendlichen, die die Schulsozialarbeit in Beanspruchung nehmen können, handelt es sich um Oberstufenschüler. In der Schweiz beträgt deren Alter in der Regel 13-16 Jahre.

Hinsichtlich entwicklungspsychologischen Aspekten sind die Jugendlichen in der Phase des Überganges und der Neuorientierung sozialer Beziehungen. Dies muss von der Schulsoziarbeit in Betracht gezogen werden.

Wie bei Kindern spielt die Beziehungsarbeit bei Jugendlichen eine essenzielle Rolle.

Auch hier schafft der Aufbau einer Beziehung zum Jugendlichen die Grundlage für die Schulsozialarbeitenden, eine Hilfestellung überhaupt erst anbieten zu können. Ebenso benötigen Jugendliche wie Kinder insbesondere Unterstützung im Bereich des Resilienzfaktors Selbstwertgefühl. Ausserdem werden im Folgenden konkrete

Handlungsoptionen für die Resilienz fördernden Faktoren Unabhängigkeit, Initiative, Kreativität, Humor und Moral erörtert.

12.3.1 Vertrauensvolle professionelle Beziehungsgestaltung zum Jugendlichen

Auch bei Jugendlichen ist die professionelle Beziehungsgestaltung eine der zentralsten Ressourcen für die Beratungsarbeit, wenn es um den Aufbau von resilientem Verhalten geht. Das Vorgehen für die professionelle Beziehungsgestaltung ist das Gleiche wie bei Kindern. Bei den Jugendlichen sind bei dieser Arbeit die Variablen Echtheit, positive Wertschätzung und einfühlendes Verstehen zentral für die Schaffung einer Vertrauensbasis. Eine sorgfältige Beziehungsgestaltung nach den Regeln der Plananalyse bringt einen Mehrwert. Wie ausgeführt, sind in dieser Phase das Loslösen vom Elternhaus und die Fokussierung auf Freunde zentrale Faktoren im Leben der Jugendlichen. Dies sollte die Schulsoziarbeit bei der Beratung berücksichtigen.

Anders als bei der Beratung mit Kindern kann die Schulsozialarbeit den Resilienzfaktor

"Einsicht" mittels Gesprächen mit Jugendlichen bearbeiten. Die Schulsozialarbeit kann das Wissen über Alkohol und seine Auswirkung auf alle Beteiligten thematisieren und aufklären. Diese Aufklärung kann dem Jugendlichen helfen, die Probleme zu Hause nicht auf sich zu beziehen, sondern das Krankheitsmuster und die Stimmungs-schwankungen des suchtbelasteten Elternteils/Erziehungsberechtigten zu erkennen.

12.3.2 Selbstwertgefühl der Jugendlichen stärken

Wie schon erörtert, ist der Aufbau von Resilienzfaktoren nach Wolin (1995) sehr unterstützend für das Selbstwertgefühl. Auch bei Jugendlichen ist dabei die Erfahrung der eigenen Kompetenzen und Bestätigung derer wichtig für das Selbstwertgefühl. Denn, wenn Jugendliche die Erfahrung von Eigenkompetenz machen können, entsteht für sie das Gefühl wichtig zu sein.

Hier kann die Schulsozialarbeit in der Einzelfallberatung unterstützend wirken. Dazu bietet sich die Internetseite "www.feel-ok.ch" an. Dort gibt es spezifische Angebote, welche die Schulsozialarbeit mit Jugendlichen in der Einzelfallberatung besprechen und bearbeiten kann.

12.3.3 Förderung der Resilienzen Unabhängigkeit, Initiative, Kreativität, Humor und Moral bei Jugendlichen

Zur Förderung der Unabhängigkeit des Jugendlichen kann, wie bei den Kindern, durch ein Hobby zeitweise Distanz zur alkoholbelasteten Familie geschaffen werden. Wichtig hierbei ist, dass die Jugendlichen einem Hobby nachgehen, wo sie Kontakt mit Gleichaltrigen haben, die nicht aus einer alkoholbelasteten Familie kommen. Auch kann die Schulsozialarbeit Lager für die Jugendlichen organisieren, damit sie einen Abstand von zu Hause haben.

Jugendliche dabei zu unterstützen, sich von der alkoholbelasteten Familie zu lösen ist sicherlich ein schwieriger Prozess, denn die Jugendlichen fühlen sich oft verantwortlich für die Probleme zu Hause und übernehmen auch viel Verantwortung daheim. Dies muss von der Schulsozialarbeit in der Beratung in Betracht gezogen werden.

Zur Stärkung des Resilienzfaktors "Initiative" ist es wichtig, dass die Jugendlichen ermutigt werden, verschiedene Sachen zu unternehmen sowie ihnen dies auch zuzutrauen. Das könnten z.B. Projekte sein in Form einer Schülerzeitung, Tanzaufführungen, Theaterprojekte usw.

Genau wie bei Kindern ist es auch bei der Beratungsarbeit mit Jugendlichen enorm wichtig, dass die Schulsoziarbeit Kreativität und Humor einbringt. Zielführend diesbezüglich könnte es sein, die Beratung nicht immer im Schulhaus stattfinden zu lassen und die Jugendlichen ausserdem für Spiel und Spass mit Freunden zu motivieren.

Denn diese sind für die Jugendlichen zentrale Stützen.

Bei der "Moral" bieten sich wenige Handlungsoptionen für die Schulsozialarbeit. Auch hier könnte die Unterstützung durch eine sozialpädagogische Familienbegleitung ein sehr wertvolles Angebot sein.