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SCHEN ALTAI UND IHRE UMGEBUNGEN

Im Dokument DORPATER JAHRBÜCHER (Seite 149-172)

I m Jahre 1823 wurde dem damaligen Generalgouverneur von Westsibirien, General en Chef Kapzewitsch, über das V o r k o m ­ men von heifsen Quellen im Russischen Altaigebirge gemeldet, und in der Hoffnung, Heilkräfte in ihnen zu entdecken, beor­

derte er den Stabsarzt des Bijskischen Garnisonbataillons, Orlow, und den von den Kolvwauo-Woskresenskischen Bergwerken renui-rirten Apotlickcrgehülfen, P o p o w , zu ihrer Untersuchung dahin.

Beide reisten mit einem starken Kosakencoinmando und mit allen von ihnen verlangten »iülfsmitteln versehen, im Anfange Juni 1823, von Bijsk aus, die Flüsse Katünja und Uimon aufwärts zu dem Flusse Berel, und fanden am 2 3 . Juni die Quellen am B a ­ che Rachmäiiowka. Sie hielten sich hier einige W o c h e n auf, und ihre Untersuchung des Wassers ergab, nach Popow's Rapport, in 13 Unzen, 5 Drachmen und 5 Gran desselben, einen Gehalt von 4J- Gran Kohlensäure, 2-<- Grau Eisenoxyd, i)S Gran kohlensaures Natron und 2-fV Gran Eisen. S i e brachten, auf Befehl des

Gene-ralgouvertieurs, eine Partie dieses Wassers m i t , welche er zur weitern Untersuchung an das Katharinburgische Laboratorium, das Tobolskische Physikat, und nach Barnaul versandte. Hier erhielt ich, nach genauer Untersuchung, andere Resultate; das nicht zum Besteu verwahrte geruch- und geschmacklose W a s s e r enthielt keine andere Bestandtheile, als im Pfunde 3 Ciibikzoll kohlen­

saures Gas, und nach der Verdampfung einen Rückstand von etwa einem Grane kohlensaurer Erden und Extractivstofl", vielleicht mit kohlensaurem Natron vermischt. D i e Untersuchungen in Katha-rinburg und Tobolsk gaben ähnliche Resultate, und der einstim­

mige Schlufs war, dafs das W a s s e r keine besondere Heilkräfte cuthalte.

Hierauf liefs der Generalgouverneur einige chronische Kranke aus einem Militärhospitale, unter der Leitung jenes Stabsarztes, das Wasser an Ort und Stelle gebrauchen; aber auch dies gab keine entscheidenden Resultate; wie mich der Chef des Bataillons, aus dem sie gewählt wurden, versicherte, kamen sie ungeheilt z u ­ rück. Seit der Z e i t geriethen die Quellen wieder in Vergessen­

heit; selbst v. L e d e b o n r und v. B u n g e besuchten sie nicht, und erwähnten ihrer in ihren Reisen nur mit wenigen W o r t e n . *) Dies veranlafste mich, im Sommer 1833 dem Besuche einer noch unbeschriebenen Gegend und der Untersuchung der heifsen W a s ­ ser, der einzigen bis jetzt im Russischen Altai bekannten, an Ort und Stelle einige freie Tage zu widmen.

Am 19. Juli reiste ich im bequemen W a g e n , mit der nöthi-gen Begleitung, von der Syriänowschen Grube, längs dem Flufs-chen Beresowka, zwisFlufs-chen niedrigen, kahlen, von vielen Murmel-thieren bewohnten Thonschieferbergen, über die Dörfer Mäeehin-kaja und AlexändrowsMäeehin-kaja, und zuletzt über einen hohen Bergrü­

cken, von dem das schneebedeckte Narvmsche Gebirge einen scho­

nen Anblick gewahrte, nach Senmlja, dem Dorfgerichte der tribut­

pflichtigen Bauern (Kamenschtschiki) der Werch-Buchtarminskisehen W o l o s t . V . L e d e b o u r in seiner trefflichen Reise " * ) , S p a s s k y im Sibirischen Boten***), und nach ihnen R i t t e r in seiner E r d ­ kunde von Asien ****) haben bereits über diese Gegenden und ihre Bewohner interessante Nachrichten gegeben; daher mir nur weniges nachzuholen bleibt. Jenes Völkchen — abstammend von

«>) v. L e d e b o u r ' s Reise in das AUaigebirge I. S . 303 und II. 8. 5 2 1 .

* » ) I . S . 295.

CtiGiipcKÜi BtcmiiiiKi». Jahrg. 1818. I I I . s. 55. r v . s. 66.

« » « ) | . S. 701.

Verbrechern nnd Fanatikern, unter denen Raub gewöhnlich, und Mord, besonders wenn es einen Kirgisen g a l t , nichts seltenes war, unter deneu selbst einst der Sohn, für die Mutter entbrannt, den Vater mordete und mit ihr lebte, bis aus gleicher Ursache der Bruder ihm Gleiches that — zählte nach der Revision von 1816 , 276 männliche K ö p f e , die sich jetzt bis gegen 400 ver­

mehrt haben, und bildet nun eine ruhige Gemeine, in der Cri-minalverbrechen sehr selten, auch Diebstahl und andere Vergehen nicht häufig sind, so dafs der hier angestellte und wohnende Landgerichtsassessor wenig zu thun hat, und nicht einmal einen Schreiber hält. Mangel an Neugierde, Ernst, stille Entschlossen­

heit und Wahrheit in ihren Erzählungen, die ich oft unter e i n ­ ander verglich, zeichnen sie vor den andern Bauern der hiesigen Gegend aus, denen sie auch, von Kindheit auf dem L u x u s fremd, in der Eleganz der Häuser und des Hausgeräths nachstehen. V o m Soldatendienste befreit, zahlen sie jährlich nur gegen 16 Rubel der männliche K o p f Abgaben, und Ackerbau, Bienen- und V i e h ­ zucht, Jagd und Tauschhandel mit Chinesen und Kirgisen geben ihnen ein reichliches Auskommen, so dafs jede Familie für sich lebt, und nur die näher an Syrianowsk liegenden Dörfer zuweilen Mietharbeiter unter den Bergleuten finden.

Am 2 0 . ritten wir von Sennaja, 20 W e r s t lang, zwischen hohem, steilen, theils kahlem, theils bebuschtem Sehiefergebirge, am linken Ufer der reifsenden, bald von Bergen beengten, bald mit W i e s e n , Gebüschen und Bienenstöcken gezierten Bnchtarma hin, erhoben uns dann auf einen waldigen Berg, auf dessen, mit einem schönen Espenhölzchen gezierten, Gipfel wir einen noch höhern Granitfelsberg nnd andere niedrigere, kahle Berge zur lin­

ken, mit üppigen Waldungen bedeckte zur rechten Seite, vor uns aber ein breiteres freundliches Thal, mit dem Dorfe Korobischcns-kaja ( 3 0 W e r s t von Sennaja) in seiner Mitte, erblickten; weit im Hintergrunde erhob sich das schneeweifse Kurtschümsche Gebirge.

Der Thonschiefer wird hier und weiterhin bis W e r c h - Buchtar­

minskaja öfters von Flötzkalklagern unterbrochen. Ueber diese beiden Dörfer setzten wir unsere Reise bis Belaja fort, w o wir Abends, nach einem Ritte von wenigstens 7 0 W e r s t , ankamen.

A m 2 1 . des Morgens erreichten wir Fykalka, das letzte Dorf der hiesigen Gemeine ( W o l o s t ) . B y k d w a , Sennaja, M a l o N a -rymskaja, Korobischenskaja, Jasowäja, Werch-Buchtarminskaja, Belaja und Fykalka sind die jetzt bewohnten Dörfer derselben;

in dem von Spassky dazu gerechneten Üsötschicha wohnen fast

blos Kol vw ansehe Hüttenbauern, und alle andprn, auf der Pans-nerschen Charte des Kolyvvanschen Hüttenbezirks angegebenen, wie Kriwoscheina,Jerkina, Berelskaja u. s. w . sind seit der Unterwer­

fung verlassene Orte. Einige W e r s t e vor Fykalka waren in ei­

nem warmen Thale die Felder des Dorfs mit reifendem Getreide reichlich bedeckt, und die bereits aufgegangene Wintersaat deute­

te auf einen früh erwarteten W i n t e r . Näher um das Dorf und jenseit desselben ist die Gegend merklich rauher, uud kein Feld­

bau. Unser W i r t h ernährte einen zahmen Hirsch, dem jetzt das junge G e w e i h , als einträglicher Tauschartikel mit China, abge­

sägt war. D i e W ö l f e sind hier so unartig, dafs sie im W i n t e r öfters Schafe aus den Ställen holen.

Unser W e g , von Fykalka bis zum Uimon fast derselbe, wel­

chen v. Bunge im Jahre 1829 nahm * ) , führte, die Belaja zur L i n k e n , am nördlichen, grasreichen Fufse des grofsen Lärchen-gebirges (bolschoi Iistwiashnii chrebet), nach 0 . N . 0 . über die Bäche Kruticha, Bolschäja, L y s o w ä j a , deren Gerolle zeigte, dafs das Gebirge, über dessen lärchenwaldige Gipfel hin und wieder Felsen und Trümmer hervorragten, gröfstentheils aus in Glimmer­

schiefer übergehendem Thonschiefer bestehe. Der höchste Punkt des Gebirges, die Schtscheuücha * * ) , ein Name, der im Altai mehrern mit Granittrümmern bedeckten Bergen beigelegt wird, ragte 15 W e r s t vom Dorfe in 0 . N . 0 . mit ihrem trümmerhe-deckten, kahlen, aber jetzt schneefreien Scheitel über alle anderen Gipfel hervor, und lag wenige W e r s t e rechts von uuserm W e g e . Etwa zwölf W e r s t von Fykalka trafen wir an der Bolschäja die kaum bemerklichen Ueberreste des Dorfes gleiches Namens.

Während der Gesetzlosigkeit der Läuflinge wurde es von einer ihrer Banden überfallen, verbrannt, sieben Einwohner getödtet, nur eiuer rettete sich, und einer wurde aus Rücksicht für seine sieben kleinen Kinder verschont. Eine B i r k e , Z e u g e des Verbrechens, beschattet das Grab der Ermordeten.

Nach N . N . 0 . gewendet setzten w i r , 25 W e r s t von Fykal­

k a , über die Belaja, über einen schmalen, steilen, nicht hohen Sienitbergrücken, und dann über die Sagumennaja, nicht weit von ihrer Mündung. Wahrscheinlich ist sie auf der Pansnerschen Charte unter dem Namen: Zuflufs der Belaja, gemeint; dann aber ihre Mündung zu nahe bei Fykalka angegeben. An ihr

fan-**) L e d e b o u r a . a. 0. I I . S. 518.

« * ) Aber nicht die, deren v. L e d e b o u r I . S. 309 erwähnt.

den wir erst ein Porphyrlacef, bald aber zu beiden Seiten steile Thonschicfergcbirgc, zum Theil kahl, '/um Theil mit Nadelholz, besonders mit Cembern, bedeckt: wir ritten auf ihnen h i n , setz­

ten zum zweiten Male über das Flüfschen, und wurden, es verlas­

send, durch ein Gewitter genöthigt, 30 W e r s t vom Dorfe in ei­

nem Cembcrhölzchcn zu überdachten. D i e Flor war" hier subal­

pin: Phlnmun alpina, Centaurea ALLAICA, SAUSSURECTE u. a.

erhoben sich über ihre kleinern Nachbarn.

Ein heftiges Gewitter erlaubte uns am 22. Juli erst gegen 10 Uhr Morgens die Fortsetzung- unserer Reise nach N . 0 . E i ­ nem oft sumpfigen Pfade folgend kamen wir, nach 4 W e r s t , über den sogenannten Sodlö (Sattel, ein Ausdruck, der int Altai häu­

fig für Pässe über die Einbiegung des Bergrückens gebraucht wird) in das Thal des Hirschsees (marälje ösei-o). Hinter einer netten Felspartic lag uns zur Beeilten dieser gegen 4 W e r s t lange, 1 W e r s t breite See mit niedrigen, freien Ufern, am Ende eines lan­

gen, breiten, oberhalb allniälig sich verengenden Thals der Belaja, welches nördlich mäfsig h o h e , flachere» südlich aber »teile hohe Berge, stellenweis mit kleinen Schtieefeklem ah den Gipfeln, be­

grenzten. Hinter den letztem befindet sich ein ähnlicher S e e , durch den die Tschertiowäja der Buclitarfna zuströmt, ntid noch östlicher ein dritter der in den Berel sich etgiefsetiden Jasöwka.

Es befindet sich hier also Wohl ein bedeutendes, durch Bergrü­

cken unterbrochenes Plateau. W o l k e n und Nebel verhüllten uns die Belücha und das Hochgebirge \ ein Gewitter zog an den nörd­

lichen Bergen vorüber, und hatte der Donner dort aufgehört, so wiederholte ihn das Echo der südlichen. W i l d e und Taucher-giinse; Kasarken und Spatelentcri belebten hin und wieder den See nnd die Belaja, die in der Richtung von N. 0 . «ach S . W . deh Hirschsee , 5 W e r s t unterhalb den etwa 2 W e r s t langen und i W e r s t breiten Chairusöwo-See durchfliefst, und dann bis in die Nähe der Müntfung der Sagumennaja, eine bedeutende Bie­

gung räch S . macht. Schade dafs diese romantische Gegend, wie so viele andere Altaischc; so sumpfig ist, dafs man nur mit Mühe im Thale fortkommt. D i e Menge des Schnees im W i n t e r und die häufigen Regen im Sommer veranlassen eine Wassermen­

ge, welche die Flüsse, in breiten Thälerh bei geringem F a l l e , in engen durch Fclsenlnocke und Gerolle in ihrem Laufe gehemmt, nicht schnell genug abführen können. D i ö trocknern Stellen des Thals waren mit den schönen Blumen des Pyretlirum amligu-inn geziert, von Wachteln und Heerschnepfen bewohnt.

Fälseh-D o r p . J a h r b . I I I . B d . 1°

lieh ist auf der Pansnerschen Charte die Belaja als aus dem See entspringend angesehen. W i r ritten neben einem Talkschiefer-herge, längs des Sees, über die in ihn siehe rgiefsende Mar/iliriia, und noch 13 W e r s t jenseit desselben an den Ufern der Belaja hin bis zu ihrer Quelle. Ein nördlicher Bergrücken trennt sie vom Uitnon, der sich ihr hier bis auf 5 W e r s t nähert. Das Thal wird allmälig immer mehr von Granitbergen beengt, die au der Quelle Reibst mäfsig hoch und mit Eichten bewaldet, es mit i h ­ ren Blöcken bedecken, und den W e g sehr erschweren. Hier b e ­ gegneten uns drei jagende Kalmücken zu Pferde; einige Rcbfelle und ein abgcbalgtcs, wahrscheinlich zum heutigen Mahle bestimm­

te« *?im»vif!iir-r waren ihre Ausbeute. Das waren aber auch die ein: igen Menschen, die wir bis zu unserer Ankunft au der Buch-tanna trafen.

In der östlichen Hälfte des Thals fliefst ein Bachlein zn der in dcnUimon sich ergiefsenden Uskutschewka, es trenrtt also ei­

nen Zuflufs des Obj von einem des lrtjsch. Nicht das hohe Katunjagcbirge ist die Wasserscheide dieser Flüsse, denn der U i -mon strömt westlich von ihm der Katunja z u ; sie wird vielmehr im südwestlichen Altai von den Höhen gebildet, welche die in die Buehtarma fallenden Flüsse Turgusünka, Chair-kumin, Tscher-iiowaja, Bobröwka, Jasowaja, Belaja, zweite Tschernowaja und Berel von den westlichen und südlichen Zuflüssen des Koksun und des Uimon, die jenseit des Berel befindlichen Zuflüsse der B n c h -tarm.i vou denen des A r g ü t , und zuletzt die Quellen des Argüt und der i'schuja von denen der Buchtarma trennen. Sie erreicht das Hochgebirge nur zwischen den Quellen des Uimon und B e ­ rel Iiis zu d:m Zuflüssen des obern Argur.

Aus jenem rauhen Thale stiegen wir, die Granitberge verlas­

send, bald in das tiefere, freundliche, pflanzenreiche, hin und wieder mit Lärchen besetzte Thal der Uskutschewka herab.

Schon früher hatten die Pfade nomadisirender Kirgisen hin uud wieder unsern W e g durchkreuzt; auch hier fanden wir »"«puren ihrer Besuche; unter andern einen hölzernen T r o g , eine Salzlecke für ihr Vieh. Hussen und Kirgisen sind nämlich hier der Mei­

nung, dafs dies, ohne den Genufs von Salz (Sibirisches Salz, mit Kochsalztheilchcn gemischtes Bittersalz), von den Gebirgspflanzen schlecht genährt und kraftlos w i r d ; haben sie es daher nicht in der ?-.äh*, wie an der Tschuja und der obern Buchtanna, w o es entweder aus dem Bodeu oder «aus den Schieferbergen hervorblüht, so nehmen sie einen Vorrath davon mit, um ein- bis zweimal des

Monats dem Vieh etwas davon zu gehen. — Zwischen dieser und einer zweiten breitem TJskutschewka fanden wir Porphyr : der sie trennende Bergrücken ist mäfsig hoch, breit, auf der südöstlichen Seite steil und mit Lärchen und Cembern bewaldet. D i e zweite stürzt sich in Cascaden in das tiefere Thal des L'imon hinab, und fuhrt ihren Namen mit Recht-, denn mit vier Angeln fingen meine Begleiter, im Verlaufe einer Stunde, in ihr aufser einem Chäirus (Salmo thymallus Fall.), 24 Uskutsche (Uskütsch, Salmo coregonoides Fall., ist eine sehr schmackhafte F o -rcllenart, ein viertel bis ein Arschin lang, und nebst jenem und dem Taimen, Salmo fluviatUis Pall., der gewöhnliche Fisch der Gcbirgsflüsse); uns desto willkommner, da die B e m ü ­ hungen der Jäger bisher vergeblich waren. V o n hier östlich uns wendend, ritten wir mehrere "Werste lang an einem sehr sumpfi­

gen Bergabhang hin. Solche Sümpfe sind eine grofse Beschwer­

de für die Reisenden im Altai; bald versinken die Pferde bis an den Bauch, bald springen sie wieder auf Steinblöcke und Moor­

hügel, mit denen der Sumpf übersäet ist; ihr öfteres Stürzen und reichliche Benetzung des Reiters sind die unvermeidlichen F'olgen davon. Endlich kamen w i r , einen waldigen Berg hinab, Abends am L i m o n .in, der hier in einem an Pflanzen armen Thale ein weifsgraues, kaltes, aber geniefsbarcs W a s s e r , schlammigen Grund und einen nicht reifsenden nach N . N. W . gerichteten Lauf hat­

te, und schlugen hier etwa 16 W e r s t von seinen Quollen und 4 0 W e r s t von den Quellen der Belaja unser Nachtquartier nuf.

Am 23. Juli ritten wir einige W e r s t e lang den Uimon (der auch Uimän, Katünka genannt wird) aufwärts an Glimmerschie­

ferbergen hin auf einem schmalen, verwachsenen Pfade, den un­

sere Fuhrer den Chinesischen W e g nannten. D i e Chinesischen Grenztruppen machten bis noch vor etwa 40 Jahren Streifereien nach dem Tscharysch, um die dort nomadisirenden Kalmücken zu berauben, und daher rührte Wohl jener Name. Dann verlirfseit wir den Flufs bei einer südlichen Beugung, die e r , ans dem Hochgebirge kommend, um einen steilen, felsigen, jetzt hier und da noch mit Schnee bedeckten Bergrücken macht, um dann sei­

nen Lauf nach N . N . 0 . fortzusetzen; eine Richtung des Flusses an seinen Quellen, die auf den Charten nicht angegeben ist. A n j»nem Ber«e zeijrte sich in unserer Nähe der mit Trümmern und

Felsen bedeckte F'ufs der Belucha, aber leider bedeckte ein d : c hj ter Nebel ihren obern Theil und ihre Spitzen, und nöthigte mich»

»tatt meines Plans, sie zu besteigen, die etwa 10 W e r s t von hier

cntCernten Quellen des IJinton und di» des vveifsen Berel «u besuchen, mich in südöstlicher Richtung geraden W e g s zu den hcifspii Quellen zu begeben.

Lieber einen pflanzenreichcn, unten bewaldeten, mäfsig ho­

hen, ::bet auf der »Südseite steilen Bergrücken kamen w i r , 6 W e r s t vum Uimon, zum weifsen Berel. Dieser hat seine Quellen 2 0 W e r s t höher nach N. N. 0 . hin iu einem hohen, schmalen, mit Trümmern bedeckten Bergrücken, einem unmittelbaren Spros­

sen der Belucha, dessen Nordwestseite eine Hauptquelle des U i ­ mon abgiebt. Nach der Versicherung meiner Führer und anderer Jäger kommt die Quelle des weifsen Berel, der man sich nicht wohl nähern kann, weil Eis und Steine herabstürzen, unter einem steitrigen Eisberge hervor; ein ähnliches sagen die Bauern des Dorfes Uimon vom Uimon, und v. B u n g e sah in der Nähe einer Quelle desselben einen Gletscher. Das W a s s e r dieser Flüsse ist, wie das des Zuflusses des Argut (Belaja), eines andern des Ui*

mon (Biisaja), der Kütschurla und des Akem (Kotogorka und B e -lowodnaja der I'nnsncrschen Charte und Schangins ?), die sich in die Katunja ergiefsen, und des in die Tschuja sich mündenden Tschegä-ns * ) , mehr oder weniger weifs, weifsgrau oder grünlich­

grau. Im Gefäfse gab das des Uimon über Nacht einen ebenso gefärbten Bodensatz, und sein und des weifsen Berel Bette war mit weifsgrauem Schlamme bedeckt. Dieser Schlamm, getrocknet, enthält fast keine Dammerde, braust nicht mit Säuren (es ist al­

so nicht Kalk, wie v. B u n g e a. a. Orte sagt; was jedoch nach v. L e d e h o u r ' s Briefen ein Druckfehler ist; vielleicht für T a l k ? doch auch ausschiiefsend für solchen halte ich ihn nicht), ist nicht fettig oder klebrig, hat einen nur schwachen Thougeruch, enthält hin und wieder kleine Glimmerblättchen und ganz kleine Steinchen von Q u a r z , Jaspis und besonders von Glimmerschiefer.

Nach allem diesen uud nach der Hübe des Gebirgstocks, der hier die Schneelinie weit überschreitet, schliefse i c h , dafs dies von dem zertrümmerten Gesteine des Hochgebirgs gefärbte, wahre Gletscher-wasser sind , wie sie unter ähnlichen Verhältnissen in der Schweiz unter den Gletschern hervorkommen, und mit denen sie auch R i t ­ t e r "*) vergleicht. Der einzige Unterschied wäre der, dafs die Schweizerischen ***) das ganze Jahr hindurch ihre Farbe nicht verändern, die Altaischen aber entweder einfrieren oder doch ihr«

* 1 S . I . e ü e n o ii r I . s. 209 und I I . S. 521 und 745.

• » ) A . a. 0. s. 058.

*•*>} S. S t o r r ' s A l p e n r a i M I . S. L X X X V .

weifse Farbe verliere«; denn diese behalten sio nur vom Ende de»

Mai bis zu Anfang des October, länger oder kürzer, nach der mehr oder weniger rauhen Jahreszeit, und thcilen sie dann der Btich-tarma und der Katunja mit, die sich bei ihren Mündungen durch ihr grünliches W a s s e r vom Irtysch und der Bij unterscheiden.

Diese periodische Entfärbung möchte wohl vom Einflüsse der hot­

tigen Sibirischeu Fröste auf diese oberflächlichen Quellen her­

rühren.

Das Thal des weifseu Berel war hier kaum eine halbe W e r s t breit, seiu Lauf reifsend; wir ritten über ihn, und über ciueu breiten, stark bewaldeten hohen Berg aus talkartigem Thonschie­

fer mit Porphyrlagern, mit steilerem Abfalle nach Süden, O Werst weit, zum schwarzen Berel. Dieser kommt etwa 1 3 W e r s t von

N. 0 . her, stürzt sich zWischeti Felsen in einer netten Cascade hervor, ist kleiner als der weifse, und hat kryslallhelles Wasser.

Beide vereinigen sich, 2 W e r s t unterhalb unser* Ucbergangs, als Berel, der sich brausend durch rauhe v felsige, nur im Wiuter gangbare Thäler und Schluchten nach S . S . W , «endet, ö Wrcrst unterhalb von 0 . die Rachmanowka, und S W e r s t oberhalb sei­

ner Mündung die Kosliischka, westlUh einige W e r s t höher als diese die beiden Jasowken aufnimmt, und sich nach einer Beu­

gung gegen S. S. 0 . in die ßuehtarma ergiefst. Sein Verlauf, der bis zu den Quellen gegen C O oder 7 0 W e r s t beträgt, ist also auf der Paustierscheu Charte nicht richtig angezeigt; auf der L e -deboursclien ist die Tschuja zu sehr von Ost nach W e s t gedrängt, w »durch der Berel einen südöstlichen Lauf erhielt.

Jenseit des schwarzen Berel erstiegen wir, lange Z e i t dem frischen Pfade eines Bären folgend, einen unten bewaldeten, ho­

hen Bergrücken bis zu seinem Gipfel. Einigen Pflanzen dessel­

ben, dem S c h n e e , der sich, trotz seiner südlichen Lage, auf sei­

ner Nordseite stcllenweis noch zeigte, und einem praktischen G e -liihle nach, das man auf öt'tern Gehirgsreiseu erlanut, schätze ich ihn ohitgcfähr von der Höhe der Ridderscheu Schneeberge, die ich 1* ANochen später fast ganz von Schnee entblöi'st fand, also über (j(i00 Fufs, und von ähnlicher Höhe erschienen mir die Beijuii-cken jenseit der Bar hmniinwka und der ßuehtarma von den Quel­

len des Flusses Sö"oruaja bis über die Mündung des Berel hin­

auf, l u e schöne, niedrige Alpenflor (lieser Höhe, mit den bunten Blumen von Viola aitaica, ..dqm.legia glandttlcna , Doroni-cum aUaivuin , Ranuticulas j'rigidus, Polrgoniim bistorta,

llcd\sarum obscuiiiin , Siwiia ubtaxa , (Jentiana al/aica.

Pyrethrum ambigttum , Pedicularis compact a, Galium ru-thenicum, Mvosotis striata, Cerastium pilosum, Slellaria reraxtoides uud Carex atrala geziert, an den Seiten einer steilen W a n d von Hornsteinporphyr, mit Granit- und Glimmerschicfer­

Pyrethrum ambigttum , Pedicularis compact a, Galium ru-thenicum, Mvosotis striata, Cerastium pilosum, Slellaria reraxtoides uud Carex atrala geziert, an den Seiten einer steilen W a n d von Hornsteinporphyr, mit Granit- und Glimmerschicfer­

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