3. V ERGLEICH VON UNTERSCHIEDLICHEN S ANIERUNGSANSÄTZEN
3.4. Schadstofffreie und umweltschonende Baustoffe
Vor allem bei dem Ersetzen der Bauteile, wird ein großer Anteil an neuen bzw. re-cycelten Ressourcen benötigt. Somit ist die ökologische Auswahl der Materialien ein wesentlicher Faktor für eine nachhaltige Sanierung. Dabei wird diesem Teilbe-reich ein besonderer Stellenwert zugewiesen, die künftigen Nutzer mit den meisten dieser Materialien direkt in Kontakt kommen und somit einen Einfluss auf deren Wohlbefinden und Gesundheit hat. Die Vermeidung von Schadstoffen in den Bau-stoffen hat daher oberste Priorität.
In diesem Kapitel wird ein eigenes Bewertungssystem entwickelt, das einen trans-parenten und übersichtlichen Vergleich von Baustoffen ermöglicht. Zunächst wer-den die relevanten ökologischen Kennzahlen erhoben und im Kontext von anderen wesentlichen Bauteileigenschaften betrachtet und ausgewertet.
111 Atlas Sanierung. Instandhaltung, Umbau, Ergänzung: Giebeler, Georg u.a. 1. Auflage. München:
Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG 2008. S.105f.
112 Atlas Sanierung. Instandhaltung, Umbau, Ergänzung: Giebeler, Georg u.a. 1. Auflage. München:
Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG 2008. S.105f.
Wesentliche ökologische Kennwerte von Baustoffen
Ökologische Kennzahlen geben Auskunft über die Umweltauswirkungen des zu be-trachtenden Elementes. Auf Basis dieser Informationen der Kennwerte lassen sich Eigenschaften einzelner Baustoffe ableiten und im Kontext des gesamten Bauteiles vergleichen. Weiters können entsprechende umweltschonendere Alternativen be-rücksichtigt werden.
Primärenergieinhalt (PEI)
Dieser Wert weist die innerhalb des Herstellungsprozesses aufgewendete und da-mit im Material gebundene Energie auf. Die Kennzahl wird auch als „graue Energie“
bezeichnet und wird verknüpft auf deren Bezugsgröße in Megajoule (MJ) angege-ben. Alle Energieressourcen, die für die Herstellung, Transport, Lagerung und Vor-produkte erforderlich sind werden berücksichtigt. Bei der Energiebereitstellung für die Herstellung des Baustoffes wird zwischen erneuerbaren und nicht erneuerbaren Energieverbrauch (PEI n.e.) unterschieden.113
Globales Erwärmungspotential (GWP)
Dieser Indikator beinhaltet sowohl die Treibhausgasemissionen, die zur globalen Erwärmung beitragen, als auch die Kohlendioxidmengen, die in der Biomasse ge-speichert sind. Der Wert wird auf eine Zeitspanne von 100 Jahren betrachtet und in kg-CO2-Äquivalenten angegeben.114
Dauerhaftigkeit von Bauteilen
Das Zeitraumpotential der Nutzung wird durch die Kenngröße der Dauerhaftigkeit beschrieben. Dabei wird die Zeitspanne angegeben, in der der Bauteil voraussicht-lich seine Funktion erfüllen kann. Dieser Wert wird in Jahren angegeben und
113 Energie Atlas. Material: Giebeler, Georg u.a. 1. Auflage. München: Institut für internationale Ar-chitektur-Dokumentation GmbH & Co. KG 2007. S.259
114 Baubook: GWP-total Globales Erwärmungspotential, total. In: https://www.bau-book.info/m/PHP/Fragezeichen.php?S_oekz_Typ=4&SW=5&LU=1823779802&qJ=6&LP=b_75K (letzter Zugriff 05. 07. 2020)
ermöglicht eine vorausschauende Planung des Austausches der Bauteile. Die Dau-erhaftigkeit hat in der Nutzungsphase einen besonderen Stellenwert, da diese einen wesentlichen Faktor in der Lebenszyklusbetrachtung darstellt.115
Weitere wesentliche Bauteileigenschaften
Um einen ökologischen Einsatz von Baustoffen zu erzielen sind jedoch nicht nur die ökologischen Kennwerte zu vergleichen, sondern in Bezug auf den gesamten Le-benszyklus zu betrachten.
Wartung und Reinigung
Eine der wesentlichsten Parameter der Lebenszykluskosten in der Nutzungsphase ist die Reinigung und Pflege der Oberflächen und Bauteile. Diese Prozesse sind über die Lebensdauer sehr arbeits- und kostenintensiv und bedeuten insbesondere bei technischen Anlagen, Bodenbelägen, Fenster, Türen, Innenwänden und Beklei-dungen einen hohen Aufwand.
Wesentliche Parameter hierfür sind die Zugänglichkeit der Bauteile, Austauschbar-keit der Elemente und die Art der Verbindung des Bauteiles. Diese Faktoren beein-flussen wesentlich die Instandhaltungsqualität, die auch maßgebend für die Lebens-dauer eines Bauteiles ist. So können oftmals Abnutzungserscheinungen frühzeitig erkannt werden und diese Mängel behoben werden, bevor weitere Schäden auftre-ten.116
Bei der Planung sind somit auf effiziente Reinigungsprozesse bei der Gestaltung der Raumelemente zu achten. Beispielsweise können dauerhafte Beschichtungen den Wartungsaufwand verringern indem sie zur besseren Wasser- und Schmutzab-leitungen beitragen. Nachteilig ist die meist unmögliche Trennung der Beschichtun-gen von dem Bauteil nach Ende dessen Nutzung. Weiters können die speziellen
115 Energie Atlas. Material: Hegger, Manfred u.a. 1. Auflage. München: Institut für internationale Ar-chitektur-Dokumentation GmbH & Co. KG 2007. S.259
116 Bahr, Carolin; Lennerts, Kunibert: Lebens- und Nutzungsdauer von Bauteilen. Endbericht. Bun-desinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung; Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung 2010. S39f.
Materialeigenschaften eine bessere Reinigung begünstigen, wie beispielsweise die antibakterielle Wirkung von Edelstahloberflächen. Somit ist bei der Materialwahl auch stets die Wartungs- und Reinigungsmaterial im Kontext des Lebenszyklus zu bewerten.117
Nachnutzung
Im Wesentlichen lassen sich drei Nachnutzungsmöglichkeiten von Baustoffen defi-nieren. Zur ökologischsten Variante zählt das Recycling, bei dem eine Weiterver-wendung der einzelnen Baustoffe oder eine Verwertung zu einem gleichwertigen Sekundär-Produkt angestrebt wird. Bei Berücksichtigung dieser Option bereits in der Planungsphase kann der Materialkreislauf verstärkt werden.118
Oftmals bietet sich eine energetische Verwertung von organischen Baustoffen an und deren Energieinhalt als Heizwert [MJ] zu nutzen. Als negativer Effekt dieser Methode ist die Freisetzung des gespeicherten Kohlenstoffdioxid (CO2). Wenn die bereits genannten Verwertungsmethoden nicht möglich sind, erfolgt die Deponie-rung der Baustoffe. Diese werden nach Inhaltsstoffen und möglichen Schadstoffen in unterschiedliche Deponierungsklassen unterteilt. Deponierung als Form der Ab-fallbehandlung zeichnet sich durch einen hohen Kostenaufwand und großen Flä-chenbedarf aus.119
Planungsgrundsätze auf Bauteilebene
Die Aspekte der Wartungssynergie, Wartungszugriff und Schichtentrennung nach Dauerhaftigkeit sollten bei der Konzeptionierung der Bauteile stets bedacht werden.
Die Baustoffschichten und Bauteile sollten stets so gewählt und geplant sein, um einen späteren Austausch, ohne Beeinträchtigung anderer Bauteile nach Ende ihrer Nutzungsdauer, zu ermöglichen. Um den Arbeits- und Materialaufwand zu senken,
117 Energie Atlas. Material: Hegger, Manfred u.a. 1. Auflage. München: Institut für internationale Ar-chitektur-Dokumentation GmbH & Co. KG 2007. S.172
118 Waltjen, Tobias u.a.: Passivhaus-Bauteilkatalog. Ökologisch bewertete Konstruktionen. Wien:
Springer-Verlag 2008. S.8
119 Energie Atlas. Material: Hegger, Manfred u.a. 1. Auflage. München: Institut für internationale Ar-chitektur-Dokumentation GmbH & Co. KG 2007. S.164f.
können einzelne Bauteilschichten nicht nur die ihnen zugedachte Funktion überneh-men, sondern auch teilweise die Leistungen anderer Bauteile ergänzen bzw. erset-zen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Zugänglichkeit besonders bei wartungsin-tensiven Bauteilen zu berücksichtigen. Auch die Nachrüstung der technischen Ge-bäudeausstattung sollte ohne größere Umstände austauschbar gestaltet werden können. Oftmals erfolgen einzelne Austauschprozesse einzelner Bauteile nicht nur nach Ablauf ihrer Nutzungsdauer, sondern aufgrund von Notwendigkeiten, bedingt durch Nutzerwechsel, Vermarkungsstrategien und andere Ereignisse.120
Festlegung des Untersuchungsrahmens
Im Rahmen der Untersuchung werden relevante Bauteilgruppen definiert und bei-spielhafte Bauteilaufbauten angenommen. Um eine Vergleichbarkeit der Baustoffe und Bauteile zu ermöglichen, werden wesentliche Baustoffökokennwerte erhoben.
Diese Werte werden im Kontext der relevanten Baustoffeigenschaften betrachtet und zu einer quantitativen Aussage ausgewertet.
Durch die vielseitigen Anforderungen, die Gebäudeelemente erfüllen müssen, wer-den Baustoffe zumeist funktional kombiniert und kraftschlüssig verbunwer-den. Der Ver-gleich ökologischer Kennwerte eines Baustoffes, bezogen auf dessen Masse oder Volumen, ist aufgrund unterschiedlicher bautechnisch erforderlicher Mengen und Wichten daher kaum vergleichbar und somit nur im Kontext des Gesamtbauteils zu betrachten. Durch die unterschiedliche Nutzungsdauer der Bauteile, ändert sich die Gewichtung der Bauteile aufgrund der erforderlichen Instandsetzungs- und Moder-nisierungszyklen. Somit ergeben sich in der Nutzungsphase bei einigen Bauteilen vielfach größere ökologische Folgewirkungen als beim Ersteinbau.121
Zunächst werden für jede Bauteilgruppe beispielhafte funktionale Einheiten ge-wählt, die für dasselbe Einsatzgebiet konzipiert sind. Wesentliche Kennzahlen von Umweltfolgewirkungen des Herstellungsprozesses werden erhoben und im Kontext mit Lebensdauer und Austauschzyklen betrachtet. Weiters werden Parameter wie
120 Energie Atlas. Material: Hegger, Manfred u.a.1. Auflage. München: Institut für internationale Ar-chitektur-Dokumentation GmbH & Co. KG 2007. S.163f.
121 Hegger, Manfred u.a.: Energie Atlas. Material. 1. Auflage. München: Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG 2007. S.162f.
Reinigungs- und Wartungsaufwand und Verwertungsoptionen beim Rückbau be-rücksichtigt.
Im Anschluss wird auf Basis der erhobenen Kennwerte und Umwelteinflussfaktoren eine Sachbilanz erstellt, mit der die Auswirkung der Bauteile auf die Umwelt abge-schätzt werden kann. Diese Ergebnisse werden interpretiert und für jede einzelne Bauteilgruppe als Resultat dargestellt.122
Gewichtung und Bewertung
Bei der Bewertung der einzelnen Bauteile liegt das Hauptaugenmerk auf den öko-logischen Auswirkungen der Baustoffherstellung, auf die Instandhaltungsaufwand und den optimalen Nachnutzungsmöglichkeiten. Diese Aspekte werden zunächst separat betrachtet und zu einem gewichteten Gesamtergebnis zusammengefasst.
Die Gewichtung der übergeordneten Kategorien ist an die anteilige Bewertungsge-wichtung der Kriterien „Ökobilanz – Emissionsbedingte Umweltwirkungen“, „In-standhaltungs- und Reinigungsfreundlichkeit des Baukörpers“ und „Rückbau- und Recyclingfreundlichkeit“ des ÖGNI Zertifizierungssystem angelehnt. Die relevanten Themenfelder werden dabei nach deren Anteilen hinsichtlich der Gesamtbewertung gerundet und als Gewichtung angenommen. Somit setzt sich die Gewichtung des entwickelten Bewertungssystem aus 50% für die Umweltauswirkungen der Herstel-lung, 25% für den Reinigungs- und Instandhaltungsfreundlichkeit und weitere 25%
für die Nachnutzungsmöglichkeiten zusammen.123
Bewertung der Herstellung [50%]
Hinsichtlich der Herstellung werden wesentliche Umweltkennwerte in einem Zeitho-rizont von 100 Jahren ausgewertet. Somit wiederholen sich sämtliche Herstellungs-auswirkungen nach Ende ihrer Nutzungsdauer. Die Größenordnung der Umwelt-kennwerte und die Nutzungsdauer der unterschiedlichen Bauteile werden gegen-übergestellt und verglichen. Die Bewertung der Herstellung umfasst auch die
122 Eberle, Ulrike u.a.: Die Ökobilanz. Hamburg: Ökopol – Institut für Ökologie und Politik GmbH. S.6
123 ÖGNI: ÖGNI Systembroschüre 2019. In: https://www.ogni.at/wp-content/uplo-ads/O%CC%88GNI-Systembroschu%CC%88re-2019_web.pdf (letzter Zugriff 05. 07. 2020)
Auswirkungen der Auswechselbauteile auf den gewählten Zeithorizont. Bewegt sich die Nutzungsdauer der Bauteile zwischen einem Mindest- und einem Höchstwert, wird die gemittelte Nutzungsdauer zur Berechnung der Bewertung herangezogen.
- PEI n.e. [MJ/m²]
- GWP [kgCO2 equ./m²]
- Dauerhaftigkeit [a]
Die Bewertung erfolgt anschließend mittels einer Punktevergabe, die sich aus der gewichteten Summe der Umweltkennzahlen ergibt. Die Gewichtung der Kennzah-len ist an das Bewertungssystem des OI3 Faktors angelehnt. Um negative Werte zu vermeiden, wird in der Berechnung der Punkte zur Bewertung der Herstellung die Zahl 50 addiert.124
f(x) = [101 * PEI n.e. +
1
2
* GWP ] *
100a+ 50
Formel 1: Punkteanzahl zur Bewertung der Herstellung
PEI n.e. … nicht erneuerbarer Primärenergieinhalt [MJ/m²]
GWP … Globales Erwärmungspotential [kgCO2 equ./m²]
a … Dauerhaftigkeit [a]
Bewertung des Reinigungs- und Wartungsaufwand [25%]
In der Nutzungsphase ist der Instandhaltungsaufwand ein wesentlicher Parameter für die Nachhaltigkeit eines Baustoffes. Somit wird bei der Bewertung der voraus-sichtliche Aufwand abgeschätzt und in drei Kategorien eingestuft.
1: Geringer Aufwand 2: Mäßiger Aufwand 3: Hoher Aufwand
124 IBO: Leitfaden zur Berechnung des Oekoindex OI3 für Bauteile und Gebäude. In:
https://www.ibo.at/fileadmin/ibo/materialoekologie/OI3_Berechnungsleitfaden_V4.0_20181025.pdf (letzter Zugriff 05. 07. 2020)
Dieser Teilaspekt fließt in die Gesamtbewertung als Faktor ein. Für die Bewertung wird dieser mit folgender Formel zu einem Faktor umgewandelt.
f(x) =
Zahl der KategorieAnzahl der Kategorien
+ 1
Formel 2: Faktor für Reinigungs- und Wartungsaufwand
Bewertung der möglichen Nachnutzung [25%]
Die Nachnutzungsmethoden werden mithilfe von Haupt- und Unterkategorien kas-kadenartig bewertet. Somit werden mögliche Nachnutzungskonzepte unter Berück-sichtigung des Aufwandes bewertet. Die vier wesentlichen Nachnutzungsmöglich-keiten, wie die Wiederverwertung, stoffliche Verwertung, energetische Verwertung und Deponierung, werden zunächst einzeln analysiert und werden in drei Klassen unterschieden.
1: möglich Die Verwertung bzw. Entsorgung auf diesem Wege ist ohne erheblichen Mehraufwand möglich.
2: eventuell möglich Die Verwertung bzw. Entsorgung in dieser Form ist nur mit Vorbehalt und unter bestimmten Umstän-den möglich.
3: nicht möglich Die Verwertung bzw. Entsorgung ist auf diesem Weg technisch und wirtschaftlich nicht möglich.
Um zu einer Gesamtbewertung der Nachnutzungsmöglichkeit zu gelangen, erfolgt aus der Auswertung der einzelnen Varianten eine Zuordnung zu einer übergeord-neten Kategoriengruppe. Sobald die vorteilhaftere, ökologischere Verwertungs- und Entsorgungsvariante nicht möglich ist, wird der Bauteil der darauffolgenden höheren Kategorie zugeordnet.
1: Wiederverwertung (möglich - 1)
2: Wiederverwertung (eventuell möglich - 2) 3: Stoffliche Verwertung (möglich - 1)
4: Stoffliche Verwertung (eventuell möglich - 2) 5: Energetische Verwertung (möglich - 1)
6: Energetische Verwertung (eventuell möglich - 2) 7: Deponierung (möglich - 1)
8: Deponierung (eventuell möglich - 2) 9: Deponierung (nicht möglich - 3)
Die Nachnutzung wird in der Gesamtbewertung auch als Faktor berücksichtigt. Mit folgender Formel wird dieser Multiplikator ermittelt.
f(x) =
Zahl der KategorieAnzahl der Kategorien
+ 1
Formel 3: Faktor zur Bewertung der möglichen Nachnutzung
Ökologische Gesamtbewertung
Um einen vergleichbaren Kennwert zu schaffen, der alle zuvor genannten Einfluss-faktoren berücksichtigt, wird eine Gesamtpunktezahl errechnet. Je niedriger diese Punktezahl ausfällt umso ökologischer ist der betrachtete Bauteil.
f(x) =
P2
*
F14
*
F24
P … Punkte Herstellung
F1 … Faktor Instandhaltungsaufwand F2 … Faktor Nachnutzungsmöglichkeiten
Formel 4: Punkteanzahl der Gesamtbewertung
Bewertung von Bodenbelägen
Bodenbeläge sind ein Teil des Fußbodenaufbaus und bestehen aus der sichtbaren Nutzschicht und deren Befestigung am Untergrund. Für den Innenausbau lassen sich die verschiedenen Arten der Bodenbeläge in keramische bzw. mineralische Bodenplatten, Bodenbeläge aus Vollholz- und Holzwerkstoffe, elastische und textile Bodenbeläge zusammenfassen. Die ökologischen Kennwerte der Belagsarten vari-ieren und in Kombination mit einer niedrigen Dauerhaftigkeit kumulvari-ieren sich diese
Auswirkungen. Auch die Befestigungshilfsmittel der Belagsfläche spielen in der öko-logischen Betrachtung eine wesentliche Rolle.125
Bodenbeläge im Bestand
In den 60er und 70er Jahren waren hauptsächlich Teppich- und Kunststoffbeläge verbreitet. Teilweise waren auch Fußbodenbeläge aus Holz und Linoleum in den 60ern vertreten.126
Bei einem Fußbodenaufbau im Bestand bestehen bei Baustoffen des Bodenbelags, Unterbodens, Verbindungselemente, Anstrichen, Sperr- und Trennschichten Ver-dachtsmomente bezüglich einer Verunreinigung oder Gefährdungspotential durch Schadstoffe. Typische Schadstoffe bei elastischen Bodenbelägen sind Asbest und PCB. Bei Belagsmaterialien aus Holz können Altlasten wie PCB, PCP und Lindan auftreten. Bei Laminatbodenbelägen besteht die Möglichkeit auf einer Belastung von Formaldehyd. Mineralische Bodenbeläge können unter anderem Asbest und PCB aufweisen.127
Bewertung der Sanierungsmöglichkeiten von Bodenbelägen
Um im Falle einer Neuverlegung oder Verfließung des Fußbodens eine Vergleichbarkeit einiger Varianten zu gewährleisten, werden die zuvor erwähnten ökologischen Kennwerte der jeweiligen Bauteile erhoben und mit der weiters erstellten Berechnungsformel ausgewertet. In der Tabelle 3 werden nun die wesentlichen Einflussfaktoren und deren Ergebnis für Bodenbeläge dargestellt. Die vollständigen Datensätze, die zur Berechnung erforderlich sind, befinden sich im Anhang. Die Bauteile mit der niedrigsten Gesamtbewertungspunkteanzahl stellen
125 Energie Atlas. Material: Hegger, Manfred u.a. 1. Auflage. München: Institut für internationale Ar-chitektur-Dokumentation GmbH & Co. KG 2007. S.266
126 Altbau neu gedacht: Klasse Baualter! – Qualitäten der Baualtersklassen. In: https://www.altbau-neu-gedacht.de/2018/09/25/klasse-baualter-qualitaeten-der-baualtersklassen/ (letzter Zugriff 05. 07.
2020)
127 Wecobis: Bodenbeläge im Bestand. In: https://www.wecobis.de/en/bauproduktgruppen/boden-belaege/bodenbelaege-bestand-link.html (letzter Zugriff 05. 07. 2020)
somit die ökologischste Variante hinsichtlich der Herstellung, Instandhaltung und
Elastische Bodenbeläge
Linoleum 27,5 58,00 1 5 3,76
Tabelle 3: Bewertung von Bodenbelägen
128 Energie Atlas. Material: Hegger, Manfred u.a.1. Auflage. München: Institut für internationale Ar-chitektur-Dokumentation GmbH & Co. KG 2007. S.266f.
129 Wecobis: Bodenbeläge. In: https://www.wecobis.de/en/bauproduktgruppen/bodenbelaege.html (letzter Zugriff 05. 07. 2020)
Diagramm 3: Bewertung von Bodenbelägen
Das Diagramm 3 veranschaulicht die Ergebnisse aus der Tabelle 3 und bietet einen Gesamtüberblick über die wesentlichen Eigenschaften der unterschiedlichen Be-lagsarten.
Plattenbeläge schneiden besonders durch deren hohe Dauerhaftigkeit, geringen In-standhaltungsaufwand, oftmals umweltschonenden Herstellungsprozess bei der Gesamtbewertung am besten ab.
Bodenbeläge aus Vollholzprodukten sind aufgrund deren höherer Dauerhaftigkeit in der Gesamtbewertung durchschnittlich besser bewertet werden als Laminatbeläge.
Insbesondere bei Teppichbelägen fällt die Befestigungsart des Belages negativ ins Gewicht, da diese oftmals über einen hohen PEI verfügt. Bei der Gesamtbewertung kommen der hohe Instandhaltungsaufwand und die verhältnismäßig geringe Dau-erhaftigkeit erschwerend hinzu. Kautschukbeläge schneiden in der Gesamtbewer-tung im Vergleich zu anderen Bodenbelägen negativ ab, da dieses synthetische Produkt den vergleichsweise höchsten PEI aufweist und zusätzlich dessen Nach-nutzungsmöglichkeiten wesentlich eingeschränkt sind.
27,32
0,00 5,00 10,00 15,00 20,00 25,00 30,00
Teppich vollsynthetisch
Ökonomische Aspekte von Bodenbelägen
Der Kostenaufwand kann aufgrund der Materialkosten und des Arbeitsaufwandes je nach Bodenbelagsart stark variieren. Es lässt sich jedoch festhalten, dass kera-mische Bodenbeläge mit Abstand die kostspieligste Belagsart sind. Während sich Holzböden vergleichsweise preislich im Mittelfeld bewegen, stellen Laminatbeläge oftmals die günstigste Option dar. Teppichböden fordern oftmals auch einen knapp überdurchschnittlichen Kostenaufwand, wobei zusätzlich eine geringe Dauerhaf-tigkeit zu bedenken ist.130
Bewertung von abgehängten Decken
Eine abgehängte Decke bildet eine zweite, nichttragende Decke, die in den meisten Fällen nachträglich aus optischen, wärmeschutz- oder schallschutztechnischen an-gebracht wird. Des Weiteren besteht die Möglichkeit in dem Zwischenraum Kabel und Leitungen, beispielsweise um eine eingelassene Beleuchtung oder Belüftungs-system unsichtbar zu verlegen. Sie besteht im Wesentlichen aus einer Verkleidung und einer Unterkonstruktion. Voraussetzung dieser Methode der Anpassung in Wohneinheiten ist, dass die gesetzlich vorgeschriebene Mindestraumhöhe nicht un-terschritten wird.131
Im Plattenbau ist eine Raumhöhe von 2,60 m üblich.132
Bewertung der Sanierungsmöglichkeiten von abgehängten Decken
Zur Berechnung und Bewertung kommen wieder die zuvor genannten Eigenschaf-ten der jeweiligen abgehängEigenschaf-ten Deckenkonstruktionen zum Einsatz. Zusätzlich zu den abgehängten Decken, wird die konventionelle Putzdecke betrachtet, um den Kontrast zu abgehängten Unterdecken zu veranschaulichen.
130 Sanier.de: Bodenbelag: Kosten und Preise. In: https://www.sanier.de/bodenbelag/bodenbelag-kosten-und-preise (letzter Zugriff 05. 07. 2020)
131 Sanier.de: Decke abhängen: Decke abhängen. In: https://www.sanier.de/innenausbau/decke-ab-haengen (letzter Zugriff 05. 07. 2020)
132 Jeder m² du: Grundrisse im Plattenbau. In: https://www.jeder-qm-du.de/platte-kreativ/raumloe-sungen/grundrisse/ (letzter Zugriff 05. 07. 2020)
Abgehängte
Tabelle 4: Bewertung von abgehängten Decken
Diagramm 4: Bewertung von abgehängten Decken
Die unterschiedlichen Oberflächenmaterialien der Beplankungen erfordern oftmals unterschiedliche Unterkonstruktionen. Die angesetzten Aufbauten sind im Anhang detailliert angeführt.
Neben der Putzdecke bestimmt die Unterkonstruktion wesentlich die ökologischen Eigenschaften des Bauteils. Durch den erhöhten Materialeinsatz der
133 Energie Atlas. Material: Hegger, Manfred u.a. 1. Auflage. München: Institut für internationale Ar-chitektur-Dokumentation GmbH & Co. KG 2007. S.265
134 Wecobis: Bauplatten. In: https://www.wecobis.de/bauproduktgruppen/bauplatten.html (letzter Zu-griff 05. 07. 2020)
135 Wecobis: Stahl. In: https://www.wecobis.de/bauproduktgruppen/grundstoffe-gs/metalle-gs/stahl-gs.html (letzter Zugriff 05. 07. 2020)
136 Wecobis: Gipsputz. In: https://www.wecobis.de/bauproduktgruppen/moertel-estriche/putzmoer-tel/gipsputz.html (letzter Zugriff 05. 07. 2020)
8,80 5,56
4,44 3,31
1,97
0,00 1,00 2,00 3,00 4,00 5,00 6,00 7,00 8,00 9,00 10,00
Paneeldecke Stahl Gipsfaserplatte Putzdecke Flachpressplatte Holzwolleplatte
Unterkonstruktionssysteme verfügen abgehängte Decken über einen höheren PEI als flächig angebrachte Unterdecken.137
Im Wesentlichen lassen sich die Unterkonstruktionen in drei Systeme einteilen. Die übliche Methode ist eine Holzkonstruktion, die als stabile Holzrahmenkonstruktion ausgeführt wird und an der Decke befestigt und beplankt wird. Für besonders kleine Aufbauhöhen bietet sich die Variante der Direktabhängung an, welche mit den Me-tallprofilen eine zeitsparende und einfache Alternative zur Holzkonstruktion darstellt.
Weiters gibt es die Option eines Abhängesystems mit DU-Wandanschlussprofilen, CD-Profilen und Direktabhängern. Hierfür steht der Vorteil einer geringen Anfällig-keit durch Temperaturschwankungen und FeuchtigAnfällig-keit.138
Ökonomischer Aspekte von abgehängten Decken
Die Materialkosten der klassischen Methode der Holzkonstruktion sind mit Abstand am günstigsten, während die Direktabhängung sich im Mittelfeld bewegt. Das pro-fessionelle Deckenabhängsystem ist sowohl am aufwendigsten als auch am kost-spieligsten. Die Komplexität der Grundrisse und die Art der Beplankung beeinflus-sen die Kosten auch maßgeblich. Unter Berücksichtigung des Arbeitsaufwandes ist die Methode der Direktabhängung grundsätzlich am günstigsten. Die Variante der Holzbeplankung ist aufgrund des oftmaligen Entfallens von Spachteln, Tapezieren, Streichen oder Schleifen preisgünstiger als die Beplankung mit Gipskartonplat-ten.139
Bewertung von Innendämmungen
Dämmschichten bestehen aus einer Dämmstoffplatten und deren Befestigung am Untergrund. Der Einsatz von Dämmungen soll die Heiz- und Energieaufwand
137 Energie Atlas. Material: Hegger, Manfred u.a. 1. Auflage. München: Institut für internationale Ar-chitektur-Dokumentation GmbH & Co. KG 2007. S.265
138 Sanier.de: Decke abhängen. In: https://www.sanier.de/innenausbau/decke-abhaengen (letzter Zugriff 05. 07. 2020)
139 Sanier.de: Decke abhängen. In: https://www.sanier.de/innenausbau/decke-abhaengen (letzter Zu-griff: 21. 06. 2020)
reduzieren und auch den Komfort der Nutzer steigern. Die Investition einer nach-träglichen Dämmung amortisiert sich somit über die Nutzungsdauer relativ rasch.140
Bewertung der Sanierungsmöglichkeiten von Innendämmungen
Bewertung der Sanierungsmöglichkeiten von Innendämmungen