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ihrer Perspektiven zu Schule erfasst werden und in den Mittelpunkt empirischer Datenerhebung rücken. Bei der Sichtung dieser Fachdisziplin entstehen zwei wesentliche Erkenntnisse: In Untersuchungsgebieten wie diesen werden einerseits Minderjährige in ihrer Position als Schulakteure und in ihren Sichtweisen, Orientierungs- und Handlungsmustern auf mannigfaltige Weise ergründet. Anderseits werden in den dazugehörigen Studien – zumindest in den vorliegenden, bearbeiteten – kaum Bezüge zu zuwanderungsspezifischen Belangen oder zum Migrationshintergrund der Untersuchten hergestellt.

Überblicksartig wird im Fortgang aufgezeigt, was für Untersuchungs-gegenstände stattdessen im Vordergrund stehen.

In solch fokussierten Beiträgen werden Kernfragen zur Schülerpersönlichkeit erörtert: Anhand eines interdisziplinären Zugangs, zum Teil unter Einbezug der pädagogischen Psychologie und der Persönlichkeitsforschung, finden Eruie-rungen dazu statt, inwiefern Schule als Sozialinstanz und inwieweit das Erzie-hungsverhalten von Lehrpersonen die Entwicklung Adoleszenter beeinflussen.

Was das betrifft, werden Zusammenhänge zwischen der Persönlichkeit und der Schulkarriere aufgehellt. Hinterfragt werden im Wesent-lichen die individuellen Grundvoraussetzungen für eine gelungene Fortentwick-lung und für die Durch-setzung von Bildungserfolg (Dalbert/Stöber 2008:905; Satow/Schwarzer 2000;

Helmke 1998; Jerusalem/Satow 1999; Köller/Baumert 1998; Schwarzer 1991).

Die Schulkarriere an sich, mitsamt den zugehörigen Aspekten rundum den Bildungs- und Lebensverlauf, wird ausgiebig thematisiert: Vornehmlich wird in Bezug darauf die jugendbiographische Bedeutung von Schulinstitutionen herausgearbeitet (Helsper 2008). Was das angeht, werden in erster Linie Hergänge der Typisierung, der Attribuierung und Stigmatisierung bei Nichtvoll-jährigen abgebildet (Tillmann et al. 1999; Zielke 1993; Holtappels 1987).

Lebenslaufstudien werden zu Schülerkohorten durchgeführt, um die Relevanz der schulischen Laufbahn für die Lebensführung zu beschreiben (Meulemann et al. 2001; Meulemann 1995; Schumannn 2003a,b). Verschiedene Übergänge, inbegriffen der Auf- und Abstieg im Werdegang werden inspiziert (Schneider/Wirringa 2011). Schulisch-institutionelle Rollenanforderungen werden darauf untersucht, wie junge Menschen diese individuell erfahren und deuten; und wie sie diese aufgestellten Ansprüche in einen

lebensgeschicht-lichen Gesamtzusammenhang integrieren (Baacke/ Sander 1999; Combe/

Helsper 1994; Kramer/Helsper 2000; Kramer 1999, 2000, 2004).

Ergänzend hierzu vertieft sich die schülerfokussierte Forschung in die Wechselbeziehungen zwischen Gleichaltrigen; hierzu insbesondere in die Peer-Kulturen (u. a. Breidenstein 2008): In Anlehnung an die Entwicklungspsycho-logie und an die Sozialisationstheorien wird die Lebenswirklichkeit von Schüler-innen und Schüler in Bezug auf andere Individuen und Personengruppen des gleichen Alters und Status vermittelt. Dementsprechend sind es die Interaktionen zwischen Minderjährigen und den Schuleinrichtungen, die detail-liert in Augenschein genommen werden. Zuvorderst wird in den entsprechenden Studien erschlossen, wie Jugendliche in diesen Austauschprozessen eigenstän-dige, von schulischen Zielsetzungen weitgehend unabhängige Gleichaltrigen-kulturen ausbauen.91

Zusätzlich zu den bisher genannten Arbeitsbereichen existieren Fachgebiete, die sich primär mit den Standpunkten als auch mit den Orientierungs- und Handlungsweisen bei Schüler/innen beschäftigen (z. B. Schubarth/Speck 2008). Viele dieser Schülerbefragungen arbeiten mit quantitativ-empirischen Methoden, einschließlich mit standardisierten Fragebögen. In diesem Untersuchungskontext werden die Grunderfahrungen Heranwachsender mit Schule ausführlich ergründet. Ebenfalls kommen hierzu qualitative Forschungs-designs zum Einsatz; und in Form von Gruppen- und Einzelinterviews sowie von Tagebuchdokumentationen werden Räume hierfür geschaffen, relativ uneingeschränkt diverse Sachverhalte zu reflektieren: die Wahrnehmung von Schule und Unterricht im Allgemeinen; das Schüler-Lehrer-Verhältnis, mitsamt den sozialen Konfliktpotenzialen und Kommunikationsbarrieren; und die Erfahrungen mit pädagogischem Handeln, mit Zuständen schulischer

91 Hinsichtlich der Ermittlung schulischer Peerkulturen lässt sich prinzipiell entnehmen: Zwei bislang weitgehend unverbundene Forschungsbereiche liegen dazu vor, die der Schul- und die der Kindheits- und Jugendforschung (Breidenstein 2008:947). Die erst genannte Teildisziplin orientiert sich eng an den Anforderungen des Unterrichts; wohingegen Jugendstudien die Kulturen von Gleichaltrigen ethnographisch rekonstruieren und dabei aufzeigen, dass derartige Gegenkulturen eigenen Regeln und Signifikanzen folgen (ebd:48).

Schulpädagogische Erhebungen diesbezüglich: Kalthoff 1999; Helsper 1989; Studien der Jugendforschung: Krappmann/Oswald 1995; Göhlich/Wagner-Willi 2001; Breidenstein/Kelle 2002.

Ungleichheiten sowie mit dem kommunikativen Austausch unter den Schülerinnen und Schülern (z. B. Haselbeck 1999; Petillon 1987; Hagsted/

Hildebrand-Nilshon 1980). In diesen schülerzentrierten Feldern werden auch Beurteilungen zu einzelnen Unterrichtsfächern eruiert als auch Betrachtungs-weisen zu Lernarrangements und Unterrichtsmethoden nachgezeichnet;92 und ferner Grundauffassungen zum Schulverständnis, zur Schulorganisation und zur schulischen Kooperation ausgemacht.93 Bestimmte Erhebungen gehen der Hauptfrage nach, wie sich Adoleszente gegenüber der Leistungsbewertung, vor allem gegenüber Zeugnissen positionieren (z. B. Jachmann 2003). Neben solchen Sachverhalten wird darüber aufgeklärt, wie sich Kinder im Kontext der schulischen Selektion beim Übergang von der Primar- in die Sekundarstufe orientieren; welches Bewältigungspotenzial sie hierbei entwickeln und welcher Bildungshabitus sich bei ihnen bemerkbar macht (Kramer et al. 2009).

In der schülerzentrierten Einstellungsforschung werden, zusätzlich zu diesen genannten Themenfeldern, relevante Aspekte wie die Schulfreude und die Schulzufriedenheit näher ergründet (Kanders et al. 1997; Tillmann/Meier 2001;

Elsner 2001). Daneben befassen sich Forschungsprojekte mit der Partizipation und Öffnung von Schule, und zwar aus der Sicht junger Menschen. Unter anderem wird hinterfragt, wie das schulische Umfeld als Teilhaberaum auf Jugendliche wirkt; welche Einschätzungen diesbezüglich vorgenommen werden und wie sich Heranwachsende darin verorten (Oesterreich 2002;

Mauthe/Pfeiffer 1996; Keuffer et al. 1998). Gleichermaßen wird die Thematik

„gesundheitliches Wohlbefinden“ durchleuchtet. Hauptsächlich liegen Studien aus der Jugendforschung dazu vor, welche hervorheben, dass die Schulzeit häufig mit Stress, emotionalen Belastungen und entsprechendem Risikoverhalten verbinden ist (Palientien 1997; Hurrelmann 1999); und dass Furcht und Angstbewältigung Grundproblematiken in der Jugendphase

92 Beispielsweise werden Einstellungen und Einschätzungen zu bestimmten Schulformen und Schullernkulturen herausgearbeitet (z. B. Ries 2002). Berufs- und arbeitspädagogische Erhebungen untersuchen die Perzeption von berufsorientiertem Unterricht und den Lehr-und Lernumgebungen (z. B. Schollweck 2007).

93 Exemplarisch hierfür die Studie von Nölle (1995): Schüler/innen werden im Hinblick auf ihr Grundverständnis von Schule (ebd:105-115), auf die Wahrnehmung schulorganisatorischer Strukturen (ebd:121-127) und auf das kooperative Auftreten solcher Bildungseinrichtungen (ebd:131-138) befragt.

darstellen (Krohne 1996). Auch Problemstellungen zu Schulverweigerung und -absentismus werden aus einer schülerzentrierten Perspektive bearbeitet; und entsprechende Datenerhebungen zur Schuldistanz werden durchgeführt (Thimm 2000; Ehmann/Rademacker 2003; Ricking 2003; Fischere 2005).

Überdies wird „abweichendes Verhalten“ vom Standpunkt der Schülerinnen und Schüler erforscht. Mittels empirischer Vertiefungen werden zudem wichtige Punkte wie Jugendgewalt (Speck 2008) als auch schulische Erscheinungen von Gewalt behandelt (Raithel/Mansel 2003; Tilmann 1999).

Vereinzelt gibt es auch Studien, welche die Schülerwissensbestände und die dazugehörigen Logiken zum Untersuchungsgegenstand erheben: Zu diesem Punkt rekonstruiert Jünger (2008; 2009) sorgfältig, welche schulischen Spielregeln und Gesetzmäßigkeiten Kinder aufspüren; auf welche Weise ihrem Empfinden nach Schule gewöhnlich abläuft; und welche Strategien sie sich schließlich aneignen, um möglichst eine vielversprechende Schulteilnahme zu erreichen. In der Hauptsache widmet sich Jünger den schulischen Logiken von ressourcenprivilegierten und nicht derart privilegierten Grundschulkindern.

Gezielt nachgegangen wird einem Forschungsdefizit; dieses besteht darin, dass die Anschauungsweisen von sehr jungen Bildungsteilnehmenden aus der Primarstufe bis jetzt nicht ausreichend Eingang in die Forschung gefunden haben (Jünger 2008:20). Anhand einer interdisziplinären Verknüpfung, mittels soziologischer und erziehungswissenschaftlicher Methoden, wird der Diskurs zur Abhängigkeit des Bildungserfolgs von sozialer Herkunft erweitert. Vorrangig wird analysiert, inwiefern unterschiedliche soziale und familiale Ausstattungen auf Schullogiken einwirken und inwieweit hergestelltes Schulwissen den Bildungshabitus und längerfristig die Bildungsteilhabe beeinflusst (ebd:19 f).

Neben diesen hier aufgezählten schülerfokussierten Arbeiten zu grundverschie-denen Themen gibt es ethnographische, langfristig angelegte Unterrichtsbeob-achtungen, die sich besonders tiefgehend mit den Schülerhandlungen beschäf-tigen: In diesem Kontext ist die bedeutende Studie von Georg Breidenstein (2006) zu nennen. Der Schwerpunkt dieser Schulethnographie liegt auf der Herausarbeitung des „Schülerjobs“ – auf der Sichtbarmachung verschiedener Formen der Schülertätigkeit, die innerhalb der regulären Unterrichtseinheit stattfinden. In diesem Zusammenhang fasst

Breidenstein den Gegenstand „Teilnahme am Unterricht“ neu. Hauptsächlich wird nachvollzogen, wie die elementaren praktischen Anforderungen an Schülerinnen und Schüler in der Unterrichtssituation aussehen; welche Handlungen sie durchführen und insbesondere wie sie diese vollziehen;94 und vor allem welche Bedeutung dem Kontext der Schulklasse zukommt, wie sich eben die Schulkinder aufeinander beziehen, während sie gemeinsam am Unterricht partizipieren. Zu diesen Punkten werden diverse Unterrichtskonstellationen, wie unter anderem der Frontalunterricht und die Gruppen- und Partnerarbeit, präzise erkundet (ebd:87-224).95