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Neben der Anwendung von Sozialer Therapie in der stationären Suchhilfe soll es in dieser Arbeit auch um die Zusammenarbeit von Sozialer Arbeit und Psychotherapie in diesem Setting gehen. Klinische Soziale Arbeit versucht mit ihrem sozialtherapeutischen Blickwinkel eine Schnittstelle zwischen diesen beiden Professionen zu sein und beide Sichtweisen auf Problemlagen der KlientInnen zusammenzuführen. Aus diesem Grund soll nun erläutert werden, inwiefern sich diese beiden Fachrichtungen überschneiden bzw. voneinander abgrenzen, um so eine gute Basis für die nachstehende empirische Untersuchung zu schaffen.

Soziale Arbeit und Psychotherapie legen ihren Fokus bei der Behandlung ihrer KlientInnen prinzipiell auf zwei verschiedene Bereiche. Die Soziale Arbeit beschäftigt sich vor allem mit den sozialen Problemen, wobei die Psychotherapie ihren Fokus auf die Psyche der Menschen legt. Oft ist davon die Rede, dass sich SozialarbeiterInnen den Jetzt-Zustand einer Person anschauen, wobei sich die Psychotherapie mit der Vergangenheit beschäftigt. Allerdings entspricht diese Annahme nicht immer der Realität und Praxis. Denn auch für die Soziale Arbeit kann ein früheres Ereignis oder Erlebnis in der Arbeit relevant werden. Genauso wie die Psychotherapie nicht immer nur die Vergangenheit fokussiert, vor allem ja nach Paradigma, an dem sich die Methode orientiert (vgl. auch Kapitel 4). Auch hier kann in der Behandlung der Jetzt-Zustand des Menschen im Vordergrund stehen und dieser als Ausgangspunkt der Interventionen dienen. Schon hier lässt sich erkennen, dass eine Trennung zwischen diesen beiden Professionen nicht immer möglich oder auch sinnvoll ist. Maria Ohling (2015) führt in ihrem Werk Unterscheidungsmerkmale sowie Überschneidungspunkte von Psychotherapie und Sozialer Arbeit in verschiedenen Dimensionen an, die hier zur besseren Anschauung herangezogen werden sollen.

Ohling unterscheidet insgesamt acht Merkmale, in denen sie veranschaulicht, wie sich diese beiden Fachgebiete in der Behandlung bzw. Funktion voneinander unterscheiden.

Eines sind die „Aufgaben“ bzw. Aufgabengebiete, wie sie im oberen Absatz schon erläutert wurden. Sie macht allerdings auch noch darauf aufmerksam, dass Soziale Arbeit in der Bearbeitung der sozialen Dimension in den meisten Fällen die psychische Befindlichkeit sowie den gesundheitlichen Zustand eines Klienten/einer Klientin nicht außer Acht lassen kann (vgl. Ohling 2015: 69).

Außerdem erwähnt sie „soziale Gerechtigkeit“ sowie „In Verhältnisse einmischen“ als zwei Unterscheidungsmerkmale. Beides sind zwei Dimensionen, die eher auf die Soziale Arbeit als auf die Psychotherapie zutreffen, wobei soziale Gerechtigkeit, also für gesellschaftliche Eingliederung zu sorgen, auch in einer psychotherapeutischen Behandlung zu finden ist (ebd.: 67ff). Denn auch durch die Bearbeitung psychischer Störungen kann ein Therapeut/eine Therapeutin dafür sorgen, dass sich die Klientin/der Klient das Leben und den Alltag aktiv gestaltet. Der Aspekt der „Allzuständigkeit“, dem der Sozialen Arbeit gerne zugeschrieben wird, da sie sich nicht ausschließlich nur auf einen Aspekt beschränkt, wird ebenfalls als Unterscheidungsmerkmal herangezogen.

Psychotherapie gilt eher als spezifisches Fachgebiet, da ihr Aufgabengebiet, vor allem durch das Psychotherapeutengesetzt, genau definiert ist (ebd.: 68ff).

Des Weiteren übernehmen SozialarbeiterInnen eine „Kontrollfunktion“ in Bezug auf die Hilfestellung, die sie leisten. In den meisten Fällen agieren sie aufgrund von Weisungen und Anordnungen von höheren Instanzen, wodurch es zu dem sogenannten doppelten Mandat zwischen Hilfestellung und Kontrollfunktion kommt. Eine Vorbereitung auf diese Funktion ist schon im Studium der Sozialen Arbeit zu finden, wo „Rechtliche und administrative Kompetenzen“ gelehrt werden. Diese sind für die breitgefächerte Arbeit von großer Bedeutung. Auch die „Klientel“ stellt ein Unterscheidungsmerkmal beider Professionen dar, da eine Psychotherapie vergleichsweise eher schwer zugänglich ist, soll heißen Eigeneinsatz verlangt, während die Soziale Arbeit leichter zu erreichen und auch aufsuchend ist (ebd.: 70ff).

Als letzten Punkt führt Ohling die „Methode“. Hier weist sich darauf hin, dass sich die Soziale Arbeit, vor allem mit der Entstehung der Einzelfallhilfe, schon seit längerem Methoden der Psychotherapie bedient. Allerdings würde eine alleinige psychotherapeutische Behandlung der KlientInnen sowie ihren Problemlagen einer ganzheitlichen Betrachtungsweise nicht gerecht werden. Somit ist diese Überschneidung hilfreich. Allerdings betont Ohling, dass auf soziale Probleme nicht allein nur mit psychotherapeutischen Methoden reagiert werden sollte, da diese Herangehensweise nicht zielführend wäre. Es würde die ganzheitliche Behandlung eines Menschen außer Acht lassen (ebd.: 73f).

Hier wurden nun einige Dimensionen genannt, um zu veranschaulichen, wo sich Soziale Arbeit und Psychotherapie voneinander abgrenzen lassen. Diese Arbeit will sich aber vor allem mit den Überschneidungspunkten auseinandersetzen, die in der Arbeit mit suchterkrankten Personen auftauchen. Daher soll jetzt noch auf die Berührungspunkte eingegangen werden, die sich in Bezug auf diese beiden Fachrichtungen finden lassen.

Hinsichtlich Überschneidungen beider Professionen gilt es vor allem die Beziehungsarbeit zwischen helfender Instanz und KlientIn besondere Aufmerksamkeit zu schenken (ebd.: 80). Sowohl Psychotherapie als auch Soziale Arbeit sind auf diesen Aspekt in der Arbeit mit ihrer Zielgruppe angewiesen. Bevor nicht eine Basis geschaffen wurde, die vor allem Vertrauen gegenüber der helfenden Person voraussetzt, kann eine erfolgreiche Bearbeitung der Probleme nicht erfolgen. Auch was die Klientel betrifft finden sich Überschneidungspunkt, denn KlientInnen der Sozialen Arbeit können ebenso KlientInnen der Psychotherapie sein (ebd.: 83).

Wie schon erwähnt finden sich auch in der Entwicklung der Einzelfallhilfe, oder genauer gesagt in der Entstehung des Casework in den USA, Überschneidungen zu psychotherapeutischen Schulen. Es ging nicht mehr nur um die soziale Dimension der Probleme, also die soziale Eingliederung eines Menschen in die Gesellschaft, sondern auch um die Gefühlswelt sowie das Handeln (ebd.: 74). Es wurde also der Blickwinkel auf eine Ebene gelegt, der insbesondere der Psychotherapie zugeschrieben wurde. V or allem auch in medizinischen Belangen wird deutlich, dass Soziale Arbeit auch den gesundheitlichen sowie psychischen Zustand bei ihrer Behandlung berücksichtigen muss, um ein Ganzheitliches Bild zu erhalten (ebd.: 79). In vielen Belangen der sozialen Ebene ist es nicht mehr nur möglich, eine oberflächliche Position einzunehmen, wenn es um komplexe Problemlagen geht. Eine Verhalten oder eine Handlung ist meistens ausschlaggeben dafür, dass eine Krise oder eine Belastung entsteht. Somit muss es in der Problembehandlung mitbedacht werden. Klinische Soziale Arbeit setzt genau hier an.

Vor allem im Zuge der psychosozialen sowie sozialtherapeutischen Behandlung von Personen in Multiproblemlagen ist es von Vorteil sich ebenfalls mit verschiedenen Konzepten und Ansätzen der psychotherapeutischen Schulen auseinanderzusetzten (vgl.

Pauls 2013: 125). Die innerpsychischen Vorgänge sind ein wichtiger Teil dessen, was einen Menschen dazu veranlasst, eine Handlung zu setzten oder ein Verhalten an den Tag zu legen.

Um diese Vorgänge also verstehen zu können, darf eine Auseinandersetzung mit der psychischen Befindlichkeit eines Menschen nicht fehlen. Somit kann nicht mehr von einer gerne postulierten und immer wieder geforderten strikten Trennung zwischen sozialer und psychischer Dimension gesprochen werden.

Denn bis jetzt wurde lediglich davon gesprochen, was sich die Soziale Arbeit ebenso wie die Klinische Soziale Arbeit von psychotherapeutischen Schulen zu Nutzen gemacht bzw.

adaptiert hat. Allerdings wird in der Literatur nicht davon gesprochen, wie es umgekehrt der Fall sein könnte. Wenn davon ausgegangen wird, dass soziale Lebenslagen von Menschen nur unzureichend ohne einen Einblick auf die innerpsychischen Vorgänge veränderbar sind, dann sollten doch auch psychische Erkrankungen immer unter den momentanen Lebensumständen beleuchtet werden. Belegt wird dieser Umstand schon mit der Tatsache, dass das soziale Leben ein wichtiger Indikator für die Entstehung von körperlichen und psychischen Erkrankungen ist, wie im Kapitel „Klinische Soziale Arbeit“

schon ausführlich erläutert wurde.