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Romantik – Biedermeier

Im Dokument Joseph Lanner (Seite 110-114)

„Ich habe letzthin in dem herrlichen und reizenden Garten-Lokale

‚Zum guten Hirten‘ Lanners neueste Composition ‚Die Abenteurer‘ gehört, und während die eine Hälfte meiner Seele gewalzt hat,

hat die andere Hälfte sinnend und sinnig manchen Tönen gelauscht, die aus seiner Violine wie lange dunkle Locken hineinflatterten in die halberhellte Nacht, und sich Thränennaß um Herz und Ohr wickelten.

Seine Violine ist eine Doppelgängerin, sie lacht unter Thränen, ist Heiter und Ernst zugleich, und seine Composition lässt durch tausend zum Tanz verschlungene Gruppen oft die Perspective auf eine romantische Landschaft mit melancholischen Schatten und trauernden Genien offen.“

(Theaterzeitung 23. 8. 1834)

Wien am Beginn des 19. Jahrhunderts bot dem Betrachter ein verwirrendes Bild: eine Stadt, die be-herrscht war von einer vom Zeitalter des Barocks geprägten Kultur der Inszenierung, in der Theater und Oper in Hochblüte standen, der Wiener voll Sinn für Schaulust und volkstümliche Unterhaltung war.

In Österreich kämpfte (antiklerikale) josephinische Spätaufklärung gegen (antirevolutionären und anti-napoleonischen) christlichen Konservativismus. Romantische (politische) Ideen, von deutschen Literaten herein getragen, konnten hingegen kaum sich durchsetzen.283

Im frühen 19. Jahrhundert wurden Theorie und Ästhetik der Musik zu einem großen Teil von Poeten und Literaten formuliert. E. T. A. Hoffmans bereits erwähnte Besprechung der 5. Sinfonie von Beethoven steht am Beginn und reiht sich in eine lange Liste von Werkbetrachtungen, die mehr über den Standpunkt des Verfassers als über die Komposition aussagen. Sie spiegeln wider, was das 19. Jahrhundert – auch – prägen sollte: die Funktion des Zuhörers als aktiver Partner des Komponisten (das Werk entsteht im Augenblick der Aufführung, in der Auffassung des Zuhörers), aber auch die prominenter werdende Rolle der Interpreta tion.

281 Theaterzeitung 10. 11. 1831.

282 Zitiert nach: Schönherr, Werkverzeichnis Johann Strauß Vater, a.a.O. S. 198.

283 Siehe die diversen Aufsätze in: Paradoxien der Romantik, hrsg. Aspalter, Müller-Funk, Saurer, Schmidt-Dengler, Tantner, Wien 2006.

Der Kapellmeister in seinen vielfältigsten Aufgaben rückt in den Mittelpunkt des Interesses, er herrscht, vermittelt und fasziniert. Er erst erzeugt die Affekte im Publikum wie im Rezensenten, er entscheidet über Erfolg oder Misserfolg. Er ist durch und durch romantisch (ist er antiromantisch, so ist er es bewusst).

Sulzers Verdikt „In die letzte Stelle setzen wir die Anwendung der Musik auf Concerte, die blos zum Zeitvertreib und etwa zur Übung im Spielen angestellt werden. Dazu gehören die Concerte, die Sympho-nien …, die insgemein ein lebhaftes und nicht unangenehmes Geräusch, oder ein artiges und unterhal-tendes, aber das Herz nicht beschäftigendes Geschwätz vorstellen.“284 träfe Lanner ins Mark, hätte er sich jemals mit theoretischen Überlegungen beschäftigt. Seine zahllosen Réunions und Soirées wären mit der oben zitierten Definition nicht übel charakterisiert worden, könnte man jeweils im Vorhinein feststellen, was nun „das Herz beschäftigt“ (und vor allem: wie). Das Konzert- wie Opernleben noch um 1840 war in Wien weit von Standards entfernt, die weitergehende ästhetische Urteile überhaupt zugelassen hätten.

Liebhaberkonzerte vermittelten mehr Ahnung als Vollendung, engagierte Dilettanten konnten zuweilen wahrhaftigere Ergebnisse hervorbringen als professionelle Routiniers. Die Qualität der Aufführungen ist nicht mehr nachprüfbar, zu vage sind die Schilderungen, zu sehr von persönlichem Geschmack und Vor-lieben die Rezensionen geprägt.

Selbst wenn man Lanners Leistungen als Orchesterleiter und die von ihm durchgeführten Konzerte wür-digt, der Walzer- und Ländlerkomponist bleibt biedermeierlich-blass, findet unversehens in einer Ecke sich wieder mit Spitzwegs Bettelmusikant und Stifters Zitherspieler. Ausgerechnet dem Komponisten der Walzerkette „Die Romantiker“ wird romantisch als schmückendes Adjektiv nicht zuteil.

Das war nicht immer so: zu seiner Zeit wurde Lanner und seine Musik durchaus als „romantisch“ emp-funden. Seine Auftritte als Leiter seines Orchesters, als Interpret seiner auch konzertant dargebotenen Piecen beflügelten die Phantasie der Zuhörer und Journalisten: „Wenn Lanner, der unermüdliche aalför-mige Proteus im Walzerreiche musicirt, dann ist dies die schönste Illusion … die Molltöne Lanner’scher Violinsaiten durchströmen mit magischer Wirkung die Herzen der Zuhörer. Nicht der bacchantische Tanz im vulkanischen Schweiße des Antlitzes, die tarantellartig gestochene Fußgymnastik entzückt das Auge, ein höheres, tieferes Entzücken birgt das ästhetische Lauschen Lanner’schen Kunstsinnes … Lan-ner, …der mit seiner jovialen, belebenden Tanzmusik den Griesgramigen metamorphosirt, die Furchen des Kummers auf seiner Stirne glättet …“285

Vieles entstammt dem gängigen romantischen Vokabular, sei es in der Beschreibung von Musik, von Li-teratur, von bildender Kunst. „Illusion“ gehört zur Grundbefindlichkeit des Romantikers, der die Wirk-lichkeit flieht, um sich seine eigene zu schaffen. Die Assoziation von Moll mit Melancholie, ja Trauer, ist ein immer wiederkehrender Topos der Musikgeschichtsschreibung.

Nun könnte man über die oben zitierte Schilderung leichten Herzens hinwegsehen, würde sie nicht in einigen wesentlichen Punkten Sulzers verächtlicher Klassifizierung der unterhaltenden Musik diametral entgegenstehen. Zunächst wird Tanz gegen aufmerksames Zuhören ausgespielt: Tanzen ist nicht roman-tisch, Tanzen ist Sport, ist Bewegung, ist bacchantische Lust, die das Herz nicht anzusprechen, das Hirn nicht anzuregen vermag. Der ästhetische Genuss – also das, was Apologeten der „absoluten Musik“ als das übergeordnete Ziel eines Konzertbesuches als allein selig machend gelten lassen – ergibt sich nur durch das Zuhören, das „Lauschen“. Paradoxon hier: es ist die gleiche Musik, die zu Tanz anregt, aber auch Hör-genuss inklusive Gemütsaufwallung (oder –beruhigung) hervorbringt, es ist die gleiche Veranstaltung, die die Tanzenden zu wilder Lust anstachelt, den Zuhörer aber in romantische Gefilde driften lässt. Und es sind die identen Walzer, die unter Lanners kundiger Führung beide Reaktionen hervorzurufen imstande sind.

284 Johann G. Sulzer, Allgemeine Theorie der schönen Künste, zitiert in: Carl Dahlhaus, Die Idee der absoluten Musik, Kassel 1978.

285 Der Wanderer, 22. 8. 1840.

Die Werke lassen von ihrem Interpreten sich nicht trennen. „Er selbst, der Unnachahmliche, Einzi-ge, gebiethet mit schöpferischen Griffen und Zügen den einschmeichelnden Tönen der Saiten, denen wir mit Entzücken lauschen, bei denen wir unwiderstehlich aufjubeln.“286 Vor Lanner (abgesehen von Virtuosen wie Paganini, siehe oben) sind derart enthusiastische Deskriptionen einer Interpretenleistung absolut unüblich. Zwar mag Lanners äußeres Erscheinungsbild287 einiges zu romantisierender Verklärung beigetragen haben, es darauf zu reduzieren, wäre ungerecht: „Aber man sehe und höre den Virtuosen in seiner interessanten, räthselhaften, fast faustischen Erscheinung und Förmlichkeit, und bleibe still, wo Einem das Herz in der Brust mächtig pulsirt …“288 Die zierlichen Vignetten auf dem Titelblatt der Klavierausgaben finden ihre Entsprechung in der Inszenierung des Auftritts Lanners: „In der That ist der geniale Lanner auch der Künstler, dem es seiner ganzen Befähigung nach allerliebst ansteht, vor den Augen des Publikums förmlich als eine Art Concertist, im Rücken ein herrliches Stein’sches Fortepiano, zu erscheinen.“289 Vor unseren Augen entsteht das Bild eines geigenden Lanners, hineingestellt in einen von Blumen umrankten Ehrenbogen, umgeben von Tanzpaaren, Musikern oder huldvoll Lorbeerkränze reichenden Musen. Wie anders treten uns Beethovens Büsten entgegen: titanenhafter Blick, auf sich kon-zentriert, in sich hörend, ohne schmückendes Beiwerk oder dekorative Putten um sein markantes stets geneigtes Haupt.

Typisch romantische Chiffren finden sich in Lanners Walzern zuhauf. Über eine unbestimmte Gefühls-haltung hinaus lassen konkrete Elemente sich bestimmen, lassen Querverbindungen vor allem zu Schu-bert sich ziehen.

Unbestritten gehört dazu „Wandern“ in seinen vielfältigsten Ausformungen. Wandern in der freien Na-tur, zur Erholung von den Mühen der Stadt, prägte das Freizeitverhalten im 19. Jahrhundert bis weit in die „Wandervogel“ – Bewegung am Beginn des 20. Jahrhunderts. Wandern ist Bewegung, gleichmäßig, zweckfrei.

Konzeption, aber auch Rezeption des Walzers zeigen ähnliche Züge: das „Walzen“ ist nicht nur wildes

„Herumgehopse“ wie der Galopp, sondern in seiner gleichmäßigen Bewegungsart dem Wandern nicht unähnlich. Beides ist „sinnlos“, ist Selbstzweck. Wandern wie Tanzen im ewig gleichen Schrittablauf hat keinen Anfang, kein Ende, kein Ziel. Es kann unterbrochen oder abgebrochen werden, es ermüdet, kann bis zur totalen Erschöpfung gehen.

Die Gleichmäßigkeit der Bewegung macht den Kopf frei für Gedanken. Der Walzer war nicht zuletzt deshalb so beliebt, weil er keine komplizierten Tanzschritte kannte, das Tanzpaar sich nicht auf Figuren konzentrieren musste, sondern sich seinen Gefühlen ganz hingeben konnte. Wandern in der Romantik war Suche, nach Sinn, nach Selbstverwirklichung, nach Abenteuer (Abenteuer auch im Ballsaal: die unbe-deutende Kammerzofe tanzte mit ihrem eigenen Dienstherrn, der Küchenjunge mit der adeligen Dame).

Die Albertibässe der Vorklassik, die simplen Begleitfiguren des Rokokos transformiert Schubert in Chiff-ren der Wanderbewegung, in munteres Ausschreiten, in müdes Sich-vorwärts-schleppen.

Freiwerden für Gedanken ist in der Romantik nicht nur positiv besetzt: dem immer gleichen Schritt – Fuß vor Fuß – entsprechen die bohrenden Gedanken, die den Wanderer der „Winterreise“ aus der Stadt, in den Wahnsinn treibt. Das ostinate Fis der lieben Farbe wird zu den unerbittlich pochenden Portato-Achteln, mit denen der Geselle seinem Mädchen eine Gute Nacht wünscht. Fremd ist er eingezogen (fremd ging die Dame, der Herr zur maskierten Redoute), fremd wieder ausgezogen, da er sein Glück nicht fand (enttäuscht kehrte die Dame, der Herr wieder heim in die ärmliche Stube oder den leeren adeligen Salon). Ewiges Weiterwandern und Weiterwalzen, ewig gleiche (düstere) Gedanken, bis hin zum psychischen wie physischen Zusammenbruch.

286 Der Wanderer, 27. 8. 1840.

287 Siehe auch: Joseph Lanner: Zur Person, in: Lanner-Katalog S. 135ff.

288 Der Wanderer, 3. 11. 1840.

289 Ebd.

Bei seinem letzten Gang trifft der Wanderer auf den Leiermann. Das routinierte Drehen der Leier ent-spricht der Walzerdrehung wie dem Wanderschritt: durch nichts abzulenken, weder von einem prächtig dekorierten Ballsaal noch durch eine karge Winterlandschaft. „Soll ich mit dir gehn? Willst zu meinen Liedern deine Leier drehn?“ fragt der einsame Reisende auf seinem letzten Gang. Lieder ohne Worte sind es, die der Leiermann seinem kümmerlichen Kasten entlockt.

Flüchtig und unstet sind romantische Begegnungen: für einen einzigen Tanz finden Menschen zueinander, die nach dem letzten Akkord wortlos von einander scheiden. Eine scheue Berührung da, ein ängstlicher Blick dort: Beziehungen werden eingegangen, halten oft nicht einmal die Karnevalssaison, ehe das Mäd-chen, der junge Mann erneut sich wieder auf die Suche nach dem Glück, diesmal dem richtigen begibt.

Fremdheit, Einsamkeit prägt den romantischen Menschen. In der Gesellschaft findet er sich nicht zu-recht, fühlt sich unverstanden, ausgestoßen. Im größten Trubel bleibt er alleine. Tanzende Paare können sich verlieren inmitten der rauschenden Ballgesellschaft, drehen selbstvergessen im Liebesglück für sich ihre Runden. Aber auch die einzelne Tänzerin, der einzelne Tänzer können einsam und verloren sich füh-len: das junge Mädchen im Arm eines älteren Tanzpartners, einem trostlosen Schicksal an der Seite eines verständnislosen und gefühlskalten Ehemanns ausgeliefert, der ältere Kavalier, der bei der Damenwahl regelmäßig übersehen wird, der resigniert sein Alter, seine schwindende Attraktivität auf das schönere Geschlecht verspüren muss.

Die Natur als poetische Gegenwelt wurde mit zum stärksten Ausdrucksmittel der Romantik. Novalis blaue Blume, Schuberts Lindenbaum wurden zu Synonymen für Sehnsüchte, für Orte des gewonnenen und wieder verlorenen Glücks. Unter Bäumen saßen Lanners Zuhörer, im Paradiesgarten, in Haimbach, auf dem Brigittakirtag. Schuberts Gesellen verhießen die Zweige trügerische Ruhe, Lanners Publikum tröstete sich mit irdischen, aber nicht minder im Wind „verflogenen“ und verfremdeten Klängen.

Der Kreislauf der Natur wirkte auf den Ballkalender: mit Blumenfesten wurde die Sommersaison eröff-net, mit „Floras Abschied“ Lebewohl gesagt den Soiréen in lauer Abendstimmung, den Kirtagen, den Wirtshausgärten voll blühender und duftender Blüten. Blumendekorationen finden sich im Winter in den Tanzsälen, Kunstblumen täuschen dort noch „Natur“ vor, wo die Eisblumen an den Fensterscheiben die reale Natur erahnen lassen.

Schuberts Wanderer ergibt sich der feindlichen Natur, wird am Ende mit ihr verschmelzen, mit ihr eins werden. Lanners Ballbesucherin schaudert und flieht sie: im dünnen Ballkleidchen, das die Kälte einen bis in die Knochen spüren lässt, eilt sie (eine Kutsche kann sie sich nicht leisten) zur Redoute, der eisige Wind faucht bis ins Vestibül hinein und hebt den Rocksaum (zur Freude der männlichen Besucher). Dem Winter trotzt sie auf ihre Weise: nach einer ausladenden Walzertour, erhitzt, mit rotglühenden Wangen, lutscht sie an ihrem „Gefrorenen“, dreht dem Winter die lange Nase, nicht ahnend, dass der Tod heute Nacht noch sie holen wird aus ihrer ungeheizten Dachkammer.

Natur ist grausam, ist unromantisch: Die Zeitungen sind voll von Ankündigungen von Wohltätigkeits-bällen zugunsten von Opfern von Überschwemmungen, von Eisstoß, von Hagelunwettern. Man spendet für den guten Zweck und dreht sich – wohlig schaudernd – munter weiter auf dem glatten Parkett.

Die Romantik entdeckte die Nacht: nächtliches Dunkel begleitet Don Giovanni bei seinem Überfall auf Donna Anna, hilft ihm bei seinem Kleidertausch mit Leporello. Die Nacht wird Vertraute von Tris-tan und Isolde (Höhepunkt und Schwanengesang aller romantischen Liebespaare). TrisTris-tan schaudert es vor dem Anbruch des Tages, Brangänes warnende Worte möchte er nicht hören, Markes jähes Eindrin-gen nicht sehen. Der überwieEindrin-gende Teil der Lannerschen VeranstaltunEindrin-gen fand in der Nacht statt. Ball-säle öffneten um Acht oder noch später ihre Pforten, Soiréen im Sommer wurden unterm funkelnden Sternenhimmel abgehalten. Winterliche Nachmittagsunterhaltungen sahen die Dämmerung durch die Fensterscheiben anbrechen, genüsslich schlürfte man Kaffee oder Punsch. Lanners Walzer beschwören Nachtstimmungen, seien es die „Abendsterne“, denen der Rezensent der Theaterzeitung in einer

„halb-erhellten Nacht“ lauscht (siehe oben), seien es die dunklen Orchesterklänge der „Pesther-Walzer“ oder der „Nacht-Violen“.

Romantik ist Werden und Vergehen, nie ist es Sein. Feststehendes ist dem Walzer fremd wie dem Wan-derer, Fließendes kennzeichnet beide. Kongenial zu seinen Melodien entwirft Lanner seine rhythmischen Modelle: Hemiolen, Synkopen heben den starren Walzerrhythmus auf, überlagern, stören ihn. In seinen Introduktionen baut Lanner Szenen des Sich-Annäherns, an die Tanzfläche, an den Tanz, aber auch an Vertrautheit, Verliebtheit, an Liebe. Zögernd, forsch, sich hingebend, dann wieder zurückziehend sind seine Charaktere. „Erwachen heiterer Gefühle“ könnte über vielen seiner Einleitungen stehen, mit sto-ckenden Fermaten, mit Themen, die sich entwickeln wie unbestimmte und unbestimmbare Ahnungen, die oft erst am Ende, in der Kadenz sich festigen, sich finden.

Die vorangegangenen Absätze lassen bewusst auf das fragwürdige Abenteuer sich ein, romantische Musik in romantischer Sprache zu beschreiben. E. T. A. Hoffmanns Rezension (gleiches gilt für alle poetischen Aufsätze von Tieck, Wackenroder bis hin zu Schumann) bleibt unkonkret dort, wo die geschilderten Gemütszustände in der jeweiligen Komposition zu verorten wären. Komorzynskys Vogelruf290 ist das Victory-Zeichen des deutschen Widerstandes in London, was den einen Beethovens Schicksalsgepoche ist, ist dem anderen ein dreinotiges auftaktiges Motiv mit anschließendem Terzfall.291 Die poetische Idee nachzuweisen, die seit 1800 jedem Stück zugrunde zu liegen hat, stellt den Analytiker vor unlösbare Pro-bleme: der Wesenszug des Poetischen wie der Idee liegt gerade in seiner Offenheit für den Betrachter, in der je individuellen Auslegungsfreiheit und Aufnahmebereitschaft.

Im Dokument Joseph Lanner (Seite 110-114)