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1 Einleitung

1.1 Rheumatoide Arthritis

1.1.2 Risikofaktoren

Als Risikofaktoren lassen sich genetische Faktoren von Umweltfaktoren unterscheiden.

Familienuntersuchungen zeigen, dass das Konkordanzrisiko für monozygote Zwillinge bei 15 Prozent liegt. Dies bedeutet, dass das Erkrankungsrisiko bei identischer DNA mehr als 18-fach erhöht ist. Trotzdem erkrankt bei 85 Prozent der monozygoten Zwillinge nur einer der beiden Zwillinge. Dies legt die Überlegung nahe, dass weder Genetik noch Risikofaktoren alleine für das Auftreten der Erkrankung verantwortlich sind, sondern vielmehr das Zusammenspiel dieser beiden Faktoren. Es besteht ein großer Einfluss von Umweltfaktoren,

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9 zu denen Alter, Geschlecht, hormonelle Faktoren, Infektionen, Traumata und sogenannte Lifestyle-Faktoren, wie Rauchen und Übergewicht zählen (Klareskog, Padyukov, &

Alfredsson, 2007; Symmons, 2002).

Schon 1978 entdeckte Statsny, dass ein Zusammenhang zwischen den Klasse-II-Haupthistokompatibilitätskomplex-Allelen HLA-DR4 (laut neuer Nomenklatur HLA-DRB1) und RA besteht. In Studien wurde gezeigt, dass 70 Prozent der RA-Patienten HLA-DRB1 exprimieren, im Vergleich zu 28 Prozent der gesunden Kontrollpersonen (Stastny, 1978).

Besonders bei Patienten mit AK gegen citrullinierte Peptide (Anti citrullinated peptide antibodies, ACPA) ist dieser Zusammenhang stark ausgeprägt (Song & Sieper, 2008). Eines der Gene auf diesem Gen-Locus kodiert für ein Enzym (Peptidylarginindeiminase I4, PADI4), das citrullinierte Peptide bildet (Suzuki et al., 2003). Es gibt außerdem ein weiteres Gen, bei dessen Genvarianten es vermehrt zu ACPA-positiver RA kommt. Dabei handelt es sich um das Gen der Protein-Tyrosin-Phosphatase PTPN22. Sowohl HLA-DRB1 als auch PTPN22 haben Funktionen im erworbenen Immunsystem. Die HLA-DRB1-Allele, die mit der RA assoziiert sind, werden auch als „shared epitope“ (SE) bezeichnet.

Es gibt aber wahrscheinlich auch nicht-genetische Ursachen für die Entstehung von ACPAs.

Interessanterweise dürften zwei davon ihren Ursprung nicht in Gelenknähe, sondern im Gastrointestinaltrakt und in der Lunge haben.

Bei erstgenanntem handelt es sich um eine Entzündung des Zahnhalteapparates, Periodontitis, die durch Porphyromonas gingivalis (P. gingivalis) ausgelöst wird. Dieses Bakterium besitzt eine bakterielle Peptidylarginindeiminase (PAD), die durch Deiminierung eines Arginis zu Citrullin führt (siehe unten). Dadurch kommt es vermehrt zu citrullinierten Peptiden, die Antigene für ACPAs darstellen. Es wurde gezeigt, dass Periodontitis zu erhöhten ACPA-Spiegeln führt.

Bei zweitgenanntem handelt es sich um die bereits erwähnte Tatsache, dass Zigarettenrauch der „Haupt-Umwelt-Risikofaktor“ (major environmental risk factor) für eine RA ist. Nun wurde gezeigt, dass in den Lungen von Rauchern auch erhöhte ACPA-Spiegel vorhanden sind. Dies scheint besonders dann der Fall zu sein, wenn zusätzlich zur Exposition mit Zigarettenrauch eine genetische Veranlagung im Sinne der HLA-DRB1-SE-Allele vorliegt (Lappin et al., 2013; Perry, Kelly, Eggleton, De Soyza, & Hutchinson, 2014).

Zudem scheint es einen weiteren Umweltrisikofaktor für RA zu geben. Laut einiger Studien wurde ein Zusammenhang zwischen Vitamin D und rheumatischen Erkrankungen beobachtet (Merlino et al., 2004). Es wäre möglich, dass Vitamin-D-Mangel das Risiko für die Entwicklung einer RA erhöht.

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10 1.1.3 Ätiologie und Pathogenese

Noch immer ist keine eindeutige Ursache für die RA bekannt. Es gibt Theorien, laut derer als Ursache die Reaktion eines genetisch anfälligen Wirtes auf ein infektiöses Agens diskutiert wird. Da die rheumatoide Arthritis weltweit vorkommt, müsste es sich hierbei um einen ubiquitär vorkommenden Mikroorganismus handeln. Wie durch dieses infektiöse Agens eine chronisch entzündliche Arthritis ausgelöst werden könnte, ist bisher unklar (Song & Sieper, 2008).

Im Folgenden wird zunächst die Pathogenese der Synovitis und anschließend die Pathogenese der Knorpel- und Knochendestruktion besprochen.

Die ersten Läsionen der RA-Synovitis zeigen sich als mikrovaskuläre Schädigung im Synovium. Es wird eine Hyperplasie und Hypertrophie der Synovialdeckzellen beobachtet, welche als sogenannte „lining cells“ in der Lichtmikroskopie imponieren (Stanford et al., 2015). Schon vor Ausbruch der Erkrankung gibt es ein perivaskuläres Infiltrat aus myeolischen Zellen. Ab dem Stadium der klinisch manifesten Arthritis dominieren CD4-positive T-Lymphozyten das Zellbild. Durch aktivierte Mastzellen kommt es zur Degranulation der Mastzellgranula, welche ebenfalls die Entzündung in Gang halten. Die synovialen Fibroblasten sezernieren in ihrem aktivierten Zustand Matrix-abbauende Enzyme wie Kollagenase und Kathepsine. So steuern viele verschiedene Zellen den Krankheitsprozess durch Sekretion von Chemokinen und Zytokinen (Song & Sieper, 2008) . Die Unterhaltung des Krankheitsprozesses ist also immunologischer Natur, auch wenn der auslösende Faktor weiter nicht bekannt ist. Es wird angenommen, dass die Aufrechterhaltung der Entzündung durch CD4-positive T-Lymphozyten geschieht. Dafür spricht erstens die Prädominanz dieser Zellart im Synovium. Zweitens wird sowohl im Blut, als auch in der Synovialflüssigkeit, vermehrt der von diesen Zellen produzierte lösliche IL-2-Rezeptor gefunden. Des Weiteren wird eine Senkung der Krankheitsaktivität beobachtet, wenn es zur Verringerung der T-Lymphozyten kommt. Dies ist entweder durch Drainage des Ductus thoracicus oder durch periphere Lymphapharese möglich. Auch Medikamente, die zur Suppression der Proliferation oder Funktion der T-Zellen führen (Leflunomid, Ciclosporin), haben diesen Effekt. Das Biologikum Abatacept (CTLA-Ig) inhibiert die T-Zell-Aktivierung, indem es als T-Zell-Kostimulationskompetitor wirkt und somit zur Reduktion der Krankheitsaktivität führt. Die CD4-positiven T-Lymphozyten differenzieren sich zu T-Helferzellen Typ 1 (TH1-Zellen), welche das proinflammatorische IFN-γ sezernieren. Differenzierten sie sich hingegen zu T-Helferzellen Typ 2 (TH2-Zellen), käme es zur Sekretion des antiinflammatorischen IL-4. Durch IFN-γ kommt es zur Makrophagenaktivierung, welche

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11 ebenfalls proinflammatorische Substanzen wie TNF-α und IL-1 sezernieren (Raza et al., 2005; Song & Sieper, 2008). Die T-Zellen, welche CD154 exprimieren, produzieren außerdem Chemokine, die zur B-Zell-Aktivierung führen. Die B-Zellen werden zu Plasmazellen und bilden Immunglobuline und Rheumafaktor. Dieser führt zur Bildung von Immunkomplexen und zur Komplementaktivierung. Die Rolle der B-Lymphozyten am Entzündungsprozess zeigt sich bei Patienten, die mit Rituximab (monoklonaler AK gegen B-Zell-Marker CD20) behandelt wurden: Hier kommt es in Folge von einer Depletion der B-Lymphozyten zur Verminderung des Titers an Rheumafaktor und zur Besserung der Entzündungssymptome (Fillatreau, 2015; Song & Sieper, 2008).

Das wuchernde synoviale Gewebe, auch als Pannus bezeichnet, breitet sich über den Gelenkknorpel aus und initiiert so die Pathogenese der Knorpel- und Knochendestruktion.

Der Pannus ist ein gefäßreiches Granulationsgewebe, welches proliferierende Fibroblasten besitzt. Die Fibroblasten sind durch IL-1 und TNF stimuliert und produzieren Kollagenase und Stromelysin. Gemeinsam mit IL-6 führen diese Moleküle zur Aktivierung von Osteoklasten. Diese Zellen demineralisieren den Knochen und führen zu den Erosionen im Knochen (Song & Sieper, 2008).

1.1.4 Klinisches Bild

Die RA ist klassischerweise eine chronische Polyarthritis. Der Beginn ist bei circa 60 Prozent schleichend und geht mit Allgemeinsymptomen wie Abgeschlagenheit, Anorexie und undifferenzierten muskuloskelettalen Beschwerden einher. Durch diese Prodromi kann sich die Diagnosestellung verzögern, bevor Zeichen der Synovitis auf eine RA hinweisen.

Typischerweise besteht ein symmetrischer Befall mehrere Gelenke, meist der Finger-, Hand-, Knie- Zehen- und Fußgelenke. Der Schmerz ist das führende Symptom der klinisch manifesten RA, meist begleitet von einer sogenannten Morgensteifigkeit. Darunter wird die Schwierigkeit verstanden, die betroffenen Gelenke morgens nach dem Aufstehen oder nach längerem Verharren ein einer bestimmten Position zu bewegen (Lineker, Badley, Charles, Hart, & Streiner, 1999). Wie der Begriff vorwegnimmt, ist die Morgensteifigkeit zu Tagesbeginn am stärksten ausgeprägt. Dies liegt daran, dass nachts und in den frühen Morgenstunden der endogene Steroidspiegel am niedrigsten ist. Entgegengesetzt den niedrigen Spiegeln an Steroiden, scheint durch eine Änderung des zirkadianen Rhythmus das Epiphysenhormon Melatonin erhöht zu sein, welches einen proinflammatorischen Einfluss auf die zeitabhängige Entzündungsreaktion bei RA hat (Cutolo et al., 2005). Durch die Synovitis kommt es zu Schwellung, Druckschmerzhaftigkeit und Bewegungseinschränkung

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12 der betroffenen Gelenke. Am häufigsten sind die proximalen Interphalangealgelenke (PIP) und Metakarpophalangealgelenke (MCP) betroffen, während die distalen Interphalangealgelenke (DIP) meist ausgespart sind. Durch die persistierende Entzündung kann es zu typischen Deformitäten wie Ulnardeviation oder Z-Deformität, Schwanenhalsdeformität und Knopflochdeformität kommen (Song & Sieper, 2008).

Die RA ist eine systemische Erkrankung, bei der bis zu 40 Prozent der Betroffenen zusätzlich zu den Gelenkbeschwerden extraartikuläre Manifestationen aufweisen. Allgemein lässt sich sagen, dass diese gehäuft bei Patienten mit im Blut zirkulierendem Rheumafaktor (RF) oder ACPA auftreten. Es können hierbei Rheumaknoten, pleuropulmonale Manifestationen, eine rheumatoide Vaskulitis mit Polyneuropathie, sekundäres Sicca-Syndrom, ophthalmologische Manifestationen oder selten ein Felty-Syndrom mit Splenomegalie und Neutropenie auftreten (Carmona et al., 2003; Song & Sieper, 2008).

Außerdem haben Patienten mit RA ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko (Kramer & Giles, 2011).

1.1.5 Diagnostik

Zur Diagnosestellung der RA existiert kein einzelner diagnostischer Test, was die frühe Diagnosestellung erschwert (Visser, 2005). Deshalb müssen die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen kombiniert werden, um die klinische Verdachtsdiagnose zu sichern. Diese beinhalten sowohl Anamnese, klinische Untersuchung, Labortests, als auch bildgebende Verfahren.

RA-Patienten weisen meist eine unspezifische Entzündungskonstellation im Blut auf, dazu gehören eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und ein erhöhtes C reaktives Protein (CRP) (Sokka & Pincus, 2009). Spezifischere Labormethoden, um den Verdacht einer RA zu erhärten, sind der serologische Nachweis von Rheumafaktoren (RF) und ACPA.

Die Röntgenuntersuchung stellt weiterhin ein wichtiges Verfahren der bildgebenden Diagnostik dar. Typische erosive Veränderungen in den Prädilektionsgelenken können eine RA beweisen, dies ist in der Frühphase der Erkrankung allerdings sehr selten der Fall (Aletaha et al., 2010). Frühestens nach 6 bis 24 Monaten zeigen sich bei einer aggressiv-erosiv verlaufenden RA röntgenologisch sichtbare Erosionen. Das Fehlen röntgenologischer Erosionen schließt eine RA in der Frühphase nicht aus (Machold et al., 2002). Weitere bildgebende Verfahren wie die Gelenksonographie, Magnetresonanztomographie und Szintigraphie haben ebenfalls ihren festen Stellenwert in

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13 der Diagnostik und eignen sich besonders in der Frühphase zur Darstellung von Gelenkergüssen und Knochenstoffwechselstörungen (Hetland et al., 2009).

Die Klassifikationskriterien des American College of Rheumatology (ACR) wurden 1987 aufgestellt. Die ACR-Kriterien (siehe Anhang 8.2) haben eine Sensitivität von 91-94 Prozent und eine Spezifität von 89 Prozent (Arnett et al., 2005). Außerdem wurden 2010 speziell zur Frühdiagnostik neue EULAR/ACR-Kriterien entwickelt. Diese beinhalten lediglich die Anzahl der geschwollenen Gelenke, Positivität von RF und/oder ACPA und Dauer der Beschwerden. Damit soll eine frühere Therapie möglich gemacht werden, da in der Frühphase einige der pathologischen Veränderungen noch reversibel sind und mit einer frühen aggressiven Therapie abgewandt werden können. Sie haben eine höhere Sensitivität, aber eine niedrigere Spezifität als die ACR-Kriterien von 1987 (Aletaha et al., 2010).

1.1.6 Therapie

Die verschiedenen Therapiemöglichkeiten dienen alle dem Ziel, die Beschwerden der RA symptomatisch zu verbessern, es handelt sich nicht um eine kurative Behandlung. Zum Teil werden dabei unspezifisch die entzündlichen und immunologischen Prozesse der Erkrankung supprimiert. Durch den noch recht neuen Einsatz von Biologika wird versucht, gezielt in das Krankheitsgeschehen einzugreifen. Die Behandlungsziele der RA-Therapie sind Schmerzlinderung, Hemmung der Entzündungsaktivität und Erhalt der Gelenkfunktion. Auf lange Sicht sollen auch Verhinderung der Gelenkdestruktion und Vermeidung weiterer Organkomplikationen eine Rolle spielen (Song & Sieper, 2008). In Abbildung 1 ist ein Schema dargestellt, das als Entscheidungshilfe zur individuellen Therapie dient. Das Ansprechen auf die jeweilige Therapie sollte in drei- bis sechsmonatigen Abständen überprüft werden und dann je nach Ergebnis eine Therapieeskalation vorgenommen werden. Die Erfassung der Krankheitsaktivität und des Krankheitsverlaufs wird mit Hilfe des DAS28 (28 joint Disease Activity Score, siehe Anhang 8.1) und des HAQ (Health Assessment Questionnaire, siehe Anhang 8.1) vorgenommen. In den DAS28 fließen die Anzahl der druckschmerzhaften sowie die Anzahl der geschwollenen Gelenke ein, außerdem entweder BSG oder CRP und eine Zahl von eins bis zehn auf der visuellen analogen Schmerzskala (VAS), die die aktuellen Schmerzen verdeutlichen soll. Mittels einer Formel wird ein Wert für den DAS28 berechnet, dieser verdeutlicht die aktuelle Intensität der Krankheitsaktivität (gering, moderat, hoch) oder das Vorliegen einer Remission. Der HAQ ist ein standardisierter Fragebogen zur Funktionalität, der abfragt in wieweit die Tätigkeiten des täglichen Lebens

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14 noch selbstständig durchführbar sind. Er kann Werte zwischen eins und drei annehmen, je höher der Wert umso größer sind die Einschränkungen der Patienten im täglichen Leben.

Therapeutisches Ziel sollte eine Remission der Erkrankung sein (ACR-EULAR-Remissionskriterien im Anhang 8.2).

Zu Beginn der Erkrankung werden nicht-steroidalen Antiphlogistika (NSAID, nonsteroidal antiinflammatory drugs) und niedrig dosierte orale Glukokortikoide zur Therapie empfohlen, gleichzeitig soll aber eine Basistherapie begonnen werden. Bei den NSAID handelt es sich um Hemmer der Cyclooxygenase (COX). Es gibt eine Unterform, die Coxibe, welche selektiv die COX-2 hemmen und dadurch seltener gastrointestinale Nebenwirkungen wie Magenulcera verursachen (Bombardier et al., 2000). Allerdings konnte in Studien gezeigt werden, dass Coxibe mit einem erhöhtem kardiovaskulärem Risiko einhergehen (Solomon et al., 2008).

Dies kann speziell bei RA-Patienten ein Problem darstellen, da diese RA-bedingt ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko haben (s.o.). Naproxen, ein unselektives NSAID, kann bei RA-Patienten zum Einsatz kommen. Es hat einen protektiven Faktor auf die Koronargefäße, führt allerdings wie die anderen NSAIDs zu vermehrt gastrointestinalen Beschwerden (Bombardier et al., 2000). Deshalb sollte bei jedem Patienten individuell abgewogen werden, ob selektive COX-2-Hemmer oder unselektive NSAIDs zu empfehlen sind. Bei dem Einsatz von niedrig dosierten oralen Glukokortikoiden (< 7,5 mg/Tag) werden sich die entzündungshemmenden Eigenschaften von Steroiden zu Nutze gemacht. Außerdem wurde ein positiver Einfluss auf die Hemmung der Gelenkdestruktion nachgewiesen (Kirwan, Bijlsma, Boers, & Shea, 2007).

Häufig werden Steroide mit einer Substanz der zweiten Therapiestufe kombiniert.

Als zweites ist die Gruppe der krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (disease-modifying anti-rheumatic drugs, DMARD) zu nennen. Sie zielen darauf ab, den Verlauf der Erkrankung positiv zu beeinflussen und nicht nur die Symptome zu lindern. Die im Folgenden aufgeführten Substanzen werden zu den „klassischen“ DMARDs gezählt, da auch Steroide und Biologika in das Krankheitsgeschehen eingreifen können und somit auch im weiteren Sinne als „DMARDs“ bezeichnet werden können. Methotrexat hat sich als Mittel der Wahl durchgesetzt, es werden auch Substanzen wie Sulfasalazin, (Hydroxy-)Chloroquin, Leflunomid eingesetzt. Azathioprin, Ciclosporin und Cyclophosphamid, Goldsalze und D-Penicillamin gelten als Reservesubstanzen. Da sie nur minimale direkt antientzündliche/analgetische Wirkung haben, sollten sie zumindest anfangs mit einem NSAID kombiniert werden. Häufig sind unter dieser Therapie auch die serologischen Entzündungsmarker (CRP, BSG, Rheumafaktor) rückläufig. Heute ist bewiesen, dass der frühe Einsatz dieser Medikamentengruppe einen wesentlichen Einfluss auf die Progression

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15 der Erkrankung im Sinne radiologisch nachweisbarer Erosionen hat. Es können verschiedene DMARD untereinander oder mit anderen Medikamentengruppen kombiniert werden (O'Dell, 2004; O'Dell et al., 1996).

Bei nicht-Erreichen des Therapieziels durch Mono- oder Kombinationstherapie mit klassischen DMARDs wird die Gruppe der Biologika eingesetzt. Es handelt sich hierbei um therapeutische AK, die Moleküle binden und somit direkt in das immunologische Geschehen eingreifen können. Die größte Gruppe stellen die Inhibitoren des Tumor-Nekrose-Faktors dar (TNF-Blocker). Dazu zählen die monoklonalen AK Adalimumab, Certolizumab, Infliximab, Golimumab sowie das Fusionsprotein Etanercept. TNF-Blocker bringen ihren größten Nutzen in Kombination mit Methotrexat. Ein weiterer Angriffspunkt der therapeutischen AK ist das Oberflächenprotein CD20. Rituximab bindet CD20 und führt so zu einer Depletion der B-Zellen (Edwards et al., 2004). Diese Therapie ist vor allem bei Patienten mit RF- und ACPA-positiver RA erfolgreich (McInnes & O'Dell, 2010). An anderer Stelle greift Anakinra, ein rekombinanter IL-1-Rezeptor-Antagonist, in das Krankheitsgeschehen ein und verhindert somit die Bindung der proinflammatorischen Interleukine IL-1α und IL-1β an ihren Rezeptor.

Vom Wirkmechanismus ähnlich, aber am IL-6-Rezeptor angreifend wirkt Tocilizumab.

Zuletzt ist noch Abatacept zu nennen, ein Fusionsprotein aus CTLA4 und dem Fc-Teil von IgG1, das die T-Zell-Aktivierung hemmt. Es wird vor allem bei Patienten angewandt, die nicht auf eine TNF-Blockade angesprochen haben (McInnes & O'Dell, 2010; O'Dell, 2004;

Song & Sieper, 2008).

Außerdem spielen bei der RA auch nicht-medikamentöse Behandlungsformen eine große Rolle. Zu nennen sind hier ausreichend Bewegung, Physiotherapie, eine ausgewogene Ernährung und alternative komplementärmedizinische Arzneimittel (Rao & Mihaliak, 1999).

Abbildung 1: Medikamentöse Therapie der RA

Die Behandlung beginnt bei gesicherter RA mit einem klassischen DMARD in Kombination mit NSAID und/oder Steroiden, bei Nicht-Erreichen des Therapie-Ziels werden Biologika hinzugegeben, auch hier kann ein Wechsel durchgeführt werden (modifiziert nach Zeitschrift für Rheumatologie, S1 Leitlinie: Medikamentöse Therapie der rheumatoide Arthritis, deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V.)

•  klassische DMARDs in Monotherapie oder Kombination (+/- NSAID +/- Steroide)

•  1. Biologikum (+/- klassisches DMARD +/- NSAID +/- Steroide)

•  2. Biologikum (+/- NSAID +/- Steroide)

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16 1.1.7 Einteilung der Erkrankung mittels RA-spezifischer AK

Bei 65-80 Prozent der RA-Patienten lassen sich Rheumafaktoren (RF) mittels ELISA-Testverfahren (Enzyme-linked Immunosorbent Assay) nachweisen. Es handelt sich um AK gegen den Fc-Teil des humanen Immunglobulin-γ (IgG). Wird bei diesen Patienten eine RA diagnostiziert, werden diese auch als „seropositive“ RA-Patienten bezeichnet.

Patienten mit diagnostizierter RA und negativem RF zählen formal zur Gruppe seronegativer Patienten, auch bei ACPA-Positivität. Dies hat historische Gründe, da RF schon vor ACPAs zur Diagnostik der rheumatoiden Arthritis verwendet wurde. In dieser Arbeit wird auf die Unterteilung in „seropositiv“ und „seronegativ“ verzichtet, statt dessen unterscheiden wir zwischen RF-positiven und ACPA-positiven Patienten. Die Spezifität von RF für RA-Patienten liegt bei 80%, die Sensitivität bei 70%. Allerdings können RF auch bei anderen rheumatologischen Erkrankungen auftreten (systemischer Lupus erythematodes (SLE), Sjögren-Syndrom) und auch bei der gesunden Bevölkerung lassen sie sich in fünf Prozent nachweisen, mit dem Lebensalter zunehmend (Saraux et al., 2002).

ACPAs haben eine ähnliche Sensitivität wie RF von 64-76%, ihr Vorteil diesen gegenüber ist aber eine höhere Spezifität von über 95% (Whiting et al., 2010). Das Vorhandensein von ACPAs kann mehrere Jahre vor Ausbruch einer manifesten RA ein früher und spezifischer Hinweis auf das mögliche Entwickeln einer RA sein. Der positive prädiktive Wert ist hoch mit einer Odds Ratio zwischen 58 und 8 (im Gegensatz Odds Ratio von RF zwischen 29 und 5,6) (Nishimura et al., 2007; Symmons, 2002). Rantapää-Dahlqvist et al. führten eine Fall-Kontroll-Studie in Schweden durch, mittels der getestet werden sollte, ob RA-Patienten auch schon vor Ausbruch der Erkrankung erhöhte ACPA-Werte vorwiesen. Die Patienten dieser Studie hatten vor Beginn der RA-typischen Symptome Blut gespendet. Mit diesen Seren wurde ein Anti-CCP-2-ELISA durchgeführt und die ACPA-Titer bestimmt. Die Sensitivität stieg von 4% neun Jahre vor Krankheitsausbruch auf 52% anderthalb Jahre vor Krankheitsausbruch mit einer gleich bleibenden Spezifität von 98% an (Rantapää-Dahlqvist et al., 2003).

Das Vorliegen von ACPAs und RF bei einer frühen RA spricht außerdem für einen schweren, erosiv-destruierenden Verlauf bei Fortschreiten der Erkrankung (Nishimura et al., 2007).

Seit 2010 sind RF und ACPAs auch in den neuen ACR/EULAR-Kriterien zur Diagnose einer frühen RA enthalten.

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17 1.2 Citrullinierung als posttranslationale Veränderung der RA

Posttranslationale Veränderungen sind Modifikationen von bestimmten Peptidsequenzen, die nach der Biosynthese in das Protein eingefügt werden (Schartl, Gessler, & Eckardstein, 2009).

In Kapitel 1.1 wurde schon mehrfach auf sogenannte ACPAs eingegangen. Dies sind AK, die citrullinierte Peptide binden. Bei der Citrullinierung handelt es sich um eine posttranslationale Veränderung, die im Folgenden näher beschrieben wird. Eine noch größere Rolle für diese Arbeit spielt allerdings eine weitere posttranslationale Veränderung: die Glykosylierung von Peptiden, also das Anheften von Kohlenhydratketten an bestehende Proteine. Alle AK sind Glykopeptide, die erst durch die Glykosylierung voll funktionsfähig sind (siehe 1.3).

1.2.1 Citrullinierung

Bei der Citrullinierung handelt es sich um eine Deiminierung der Aminosäure Arginin zu Citrullin (Abbildung 2). Dies geschieht durch ein calciumabhängiges Enzym, die Peptidylarginindeiminase (PAD). Es wurde außerdem ein neues AK-System unabhängig von RF und ACPAs entdeckt. Dabei handelt es sich um AK gegen carbamylierte Proteine (Anti-carP-AK). Anfangs wurde angenommen, dass diese Anti-carP-AK ebenfalls mittels CCP-ELISA erkannt würden. Dies war allerdings nicht der Fall. Das bedeutet, dass es sich hiermit um eine eigenständige Gruppe handelt, die es in Zukunft ermöglichen könnte, RA-Patienten noch weiter in Gruppen zu klassifizieren (Shi et al., 2011). Carbamylierung und Citrullinierung ähneln sich in vielerlei Hinsicht. Sowohl die Citrullinierung als auch die Carbamylierung sind posttranslationale Veränderungen von Aminosäuren. In beiden Fällen wird eine positiv geladene Aminosäure durch eine negativ geladene ersetzt. Dies sind physiologische Prozesse, die unter physiologischen und pathologischen Bedingungen stattfinden können. Es wird angenommen, dass auch Stress und Entzündung Trigger sein könnten, die diese posttranslationalen Veränderungen initiieren. Normalerweise sind sie für unser Immunsystem unsichtbar, da es sich um körpereigene Substanzen handelt. Bei der RA

Bei der Citrullinierung handelt es sich um eine Deiminierung der Aminosäure Arginin zu Citrullin (Abbildung 2). Dies geschieht durch ein calciumabhängiges Enzym, die Peptidylarginindeiminase (PAD). Es wurde außerdem ein neues AK-System unabhängig von RF und ACPAs entdeckt. Dabei handelt es sich um AK gegen carbamylierte Proteine (Anti-carP-AK). Anfangs wurde angenommen, dass diese Anti-carP-AK ebenfalls mittels CCP-ELISA erkannt würden. Dies war allerdings nicht der Fall. Das bedeutet, dass es sich hiermit um eine eigenständige Gruppe handelt, die es in Zukunft ermöglichen könnte, RA-Patienten noch weiter in Gruppen zu klassifizieren (Shi et al., 2011). Carbamylierung und Citrullinierung ähneln sich in vielerlei Hinsicht. Sowohl die Citrullinierung als auch die Carbamylierung sind posttranslationale Veränderungen von Aminosäuren. In beiden Fällen wird eine positiv geladene Aminosäure durch eine negativ geladene ersetzt. Dies sind physiologische Prozesse, die unter physiologischen und pathologischen Bedingungen stattfinden können. Es wird angenommen, dass auch Stress und Entzündung Trigger sein könnten, die diese posttranslationalen Veränderungen initiieren. Normalerweise sind sie für unser Immunsystem unsichtbar, da es sich um körpereigene Substanzen handelt. Bei der RA