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1 Einleitung

1.3 Unterschiedliche Effektorfunktionen von IgG-AK

1.3.2 Einfluss der Glykosylierungen

Alle IgG-Moleküle sind Glykoproteine mit einem Zuckerrest an dem Asparagin 297 (ASN297) der CH2-Domäne der Fc-Fragmente. Diese Zuckerreste spielen eine große Rolle für die Stabilität der AK. Außerdem beeinflussen sie die Funktion der AK entscheidend, indem sie die Bindungsaffinität an den jeweiligen FcγR bestimmen. Wie oben beschrieben, gibt es aktivierende und hemmende FcγR. Dies bedeutet, dass je nach AK-Glykosylierung das Immunsystem aktiviert oder gehemmt wird. Es gibt also Glykosylierungen, die proinflammatorische oder antiinflammatorische Eigenschaften besitzen. Des Weiteren haben die Zuckerreste auch Einfluss auf die Komplementaktivierung (Scherer et al., 2010).

Der Vorgang der Glykosylierung ist die wichtigste posttranslationale Veränderung von Proteinen und findet im endoplasmatischen Retikulum (ER) und im Golgi-Apparat statt. Die glykosidische Bindung der AK ist eine N-Glykosylierung, da die Kohlenhydratseitenkette über eine NH-Gruppe (Asparagin) mit der Aminosäure verknüpft wird. Zunächst wird im Zytosol und im ER ein immer identisches Kohlenhydratgrundgerüst an die Aminosäure angefügt. Erst im Golgi-Apparat findet mittels spezifischer Glykosyltransferasen die Anheftung der Glykoprotein-typischen Saccharidreste statt (Horn, 2012).

Das Herz des Zuckerrests, der eine biantennäre, heptamere Struktur aufweist, besteht aus Mannose und N-Acetylglukosamin (GlcNAc). Diese Struktur wird auch als „Core“ oder Kern bezeichnet. An den Enden können zusätzlich noch Galaktose und Sialinsäure hängen. Dies ist variabel und nicht zwingend der Fall. Je nach Präsenz von Galaktose an den Enden, werden die IgG-Moleküle als IgG-G0/G1/G2 eingeteilt. Bei IgG-G0 ist keine Galaktose gebunden (und somit auch keine Sialinsäure, da diese an Galaktose gebunden ist). IgG-G1 hat ein Galaktosemolekül gebunden (und daran eventuell ein Sialinsäuremolekül). IgG-G2 besitzt zwei Galaktosemoleküle gebunden (und daran eventuell ein oder zwei Sialinsäuremoleküle) (Abbildung 5). Es gibt insgesamt 30 bis 40 Varianten von IgG im Serum Gesunder (Arnold, Wormald, Sim, Rudd, & Dwek, 2007). Die Entfernung des Zuckerrests stört die

Fc-Einleitung

22 abhängigen Effektorfunktionen und zwar sowohl die proinflammatorischen, als auch die antiiflammatorischen Funktionen (Kaneko et al., 2006). Dies zeigt, dass die Zucker eine wichtige Rolle bezüglich der Funktionalität der AK besitzen. Studien mit Patienten mit RA oder Spondylarthropatie zeigten, dass je nach Krankheitsaktivität unterschiedliche Glykosylierungen vorliegen (Parekh et al., 1988). Außerdem fand man heraus, dass bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen IgG-G0 (ohne Galaktose und Sialinsäure) erhöht war und es vermehrt zu Bindung an aktivierenden FcγR kam. Bei schwangeren Frauen hingegen, als Beispiel für einen antiinflammatorischen Zustand in dem autoimmune Prozesse unterdrückt werden, fand man häufiger die voll ausgebildete Glykanstruktur mit Galaktose und terminaler Sialinsäure (Scherer et al., 2010; van de Geijn et al., 2009).

Im Folgenden werden die entscheidenden Eigenschaften der vier variablen Zucker des IgG-Zuckerrests diskutiert.

Abbildung 5 (Lux & Nimmerjahn, 2011): Zuckerrest eines IgG-AKs am Asparagin 297 mit freundlicher Genehmigung des Springer-Verlags

Die schwarz und fettgedruckten Moleküle sind obligat vorhanden und bilden das Herz des Oligosacchararids. Die bunten Zucker sind variabel und können vorhanden sein. Je nach Vorhandensein von Galaktose werden die IgG-AK in Gruppen von IgG-G0-G2 eingeteilt.

Fucose:

Fucose moduliert die proinflammatorischen Veränderungen von IgG. Das Entfernen von Fucose führt zu einer 50-fach stärkeren ADCC-Aktivität von therapeutischen AK (Satoh, Iida,

& Shitara, 2006). Alle IgG-Subklassen zeigen erhöhte Aktivität nach Entfernen von Fucose (Niwa et al., 2005; Shinkawa et al., 2003). Für diese erhöhte Aktivität scheint die selektiv erhöhte Affinität für den aktivierenden FcγRIIIA verantwortlich zu sein, die durch das Entfernen von Fucose auftritt. Dies könnte daran liegen, dass der FcγRIIIA und IgG in Anwesenheit von Fucose in zu engem Kontakt stehen und es so durch ein sterisches Hindernis nicht zur Bindung kommt. Bei Abwesenheit von Fucose kann das IgG-Molekül dann ungehindert an den FcR binden (Ferrara, Stuart, Sondermann, Brünker, & Umaña, 2006).

Einleitung

23 N-Acetylglucosamin (GlcNAc):

Im Gegensatz zur häufigen Glykosylierung von IgG mit Fucose liegt eine Glykosylierung mit GlcNAc seltener vor. Was die Auswirkungen auf die ADCC-Aktivität betrifft, so wirkt GlcNAc weniger aktivierend als die Abwesenheit von Fucose (Shinkawa et al., 2003).

Galaktose:

Es gibt verschiedene Studien, die Glykosylierungen mit Galaktose untersucht haben. Die Resultate sind insgesamt allerdings nicht einheitlich, sodass aktuell nicht von einer evidenten Rolle auf die Beeinflussung der Aktivität von IgG ausgegangen werden kann (Lux &

Nimmerjahn, 2011). Es lässt sich aber festhalten, dass RA-Patienten vermehrt das keine Galaktose enthaltende IgG-G0 aufweisen (Rademacher, Williams, & Dwek, 1994).

Sialinsäure:

Die IgG-G0-AK zeichnen sich wie vorher beschrieben durch Abwesenheit von Galaktose und Sialinsäure aus. Ursprünglich ging man davon aus, dass dies die proinflammatorische Eigenschaft erkläre. Eine weitere Hypothese ist aber, dass durch den Verlust von Sialinsäure antiinflammatorische Eigenschaften verloren gehen. Dass AK auch antiinflammatorische Wirkung haben können, ist bekannt. Man macht sich dies bei der Therapie mit IVIG bei unterschiedlichen Autoimmunerkrankungen zunutze. Durch das Entfernen des Zuckerrests mit Sialinsäure verloren die IVIG ihre antiinflammatorische Wirkung (Nimmerjahn &

Ravetch, 2008). Interessanterweise hatten andere sialylierte Serumproteine keine entzündungshemmenden Eigenschaften. Dies bedeutet, dass sowohl die Glykosylierung mit Sialinsäure, als auch das IgG-Aminosäure-Grundgerüst vorhanden sein müssen, um die antiinflammatorische Wirkung zu entfalten (Kaneko et al., 2006). Eine mögliche Erklärung ist, dass die negativ geladenen Sialinsäurereste die Tertiärstruktur des IgGs verändern und somit Einfluss auf dessen Effektorfunktion haben. IgG-Moleküle, die Sialinsäure enthalten, haben eine geringe Affinität zu FcγR. Es gibt allerdings andere Rezeptoren, DC-SIGN, die bevorzugt von dieser IgG-Glykovariante gebunden werden (Anthony, Wermeling, Karlsson,

& Ravetch, 2008). Bei einer Therapie mit IVIG kommt es zur Hochregulierung von inhibitorischen FcγRIIB und zur Herunterregulierung von aktivierenden FcγR (Tackenberg et al., 2009). Dadurch ist die Schwelle zur Aktivierung des angeborenen Immunsystems erhöht und inflammatorische Prozesse werden gehemmt. Wie es genau zur Änderung in den FcγR kommt, ist noch unklar. Spekuliert wird über eine Beeinflussung durch antiinflammatorische Zytokine (Lux & Nimmerjahn, 2011).

Einleitung

24 1.4 Ziel der Arbeit

Wie in den vorangehenden Abschnitten beschrieben, handelt es sich bei der rheumatoiden Arthritis (RA) um eine epidemiologisch bedeutsame Erkrankung von der eine Vielzahl von Menschen betroffen ist. Die vorliegende Arbeit soll auf lange Sicht zu einer Optimierung der Behandlung der Patienten beitragen.

Die Glykosylierung krankheitsspezifischer AK, aber auch der Gesamt-Immunglobuline, die jeder Mensch besitzt (IgG), besitzt wahrscheinlich eine große Rolle bei der Pathogenese der RA. Diese Glykosylierungen können sich in Abhängigkeit von der Krankheitsaktivität verändern. Dabei konnten bestimmte Gruppen spezifischer Zuckerreste in Verbindung mit entzündungsfördernden und andere mit entzündungshemmenden Eigenschaften gebracht werden. Ziel dieser Arbeit war es, zu untersuchen, inwiefern die AK-Glykosylierung auch durch immunmodulatorische Medikamente beeinflusst werden kann.

Um dies zu untersuchen, führten wir eine prospektive Studie durch. Es sollten aktive RA-Patienten eingeschlossen werden, die auf ein neues Medikament umgestellt wurden. An den Seren dieser Patienten sollte vor und nach Therapieumstellung die AK-Glykosylierung bestimmt werden. Um zu überprüfen, ob bestimmte Glykosylierungsmuster mit einer erhöhten oder erniedrigten Krankheitsaktivität korrelierten, wurde den Patienten bei jeder Visite ein Fragebogen zu Tätigkeiten des alltäglichen Lebens vorgelegt (HAQ).

Laborparameter, die für eine entzündliche Krankheitsaktivität sprechen, sollten ebenso bei jeder Vorstellung bestimmt werden. Zusammen mit der klinischen Untersuchung wurde daraus ein standardisierter Aktivitätsscore berechnet (DAS28). Um unsere Arbeitshypothese

„Glykosylierungen von AK verändern sich bei Therapieumstellung und stehen in Zusammenhang mit der Krankheitsaktivität“ zu überprüfen, sollten schlussendlich die gewonnenen Laborergebnisse mit den klinischen Parametern in Bezug gesetzt werden.

Um die erhobenen Daten auch für weitere RA-Forschungsprojekte zugänglich zu machen, wurde eine Microsoft®Access-Datenbank etabliert. Die Daten der Patienten, die in die Studie eingeschlossen wurden, obwohl sie nicht die Kriterien für Untersuchung der Glykosylierung erfüllten, sollten ebenfalls wissenschaftlich genutzt werden. Hiermit sollten epidemiologische Aspekte der RA überprüft werden, wie beispielsweise das Vorliegen von Risikofaktoren wie Nikotinabusus und Vitamin-D-Mangel und deren Zusammenhang mit ACPA- und RF-Positivität.

Material und Methoden

25

2 Material und Methoden

2.1 Erstellen einer Access-Datenbank

Das Erstellen einer passwortgeschützten Access-Datenbank (Microsoft Access™) war eines der Hauptaufgaben dieser Arbeit. Ziel war es, die gesammelten Daten der RA-Patienten in übersichtlicher Form zusammen zu führen und abrufbar zu machen. Hier gilt unser besonderer Dank der Unterstützung durch Frau Ingeborg Wünsche.

Microsoft Access™ ist ein relationales Datenbanksystem. Für jeden neu eingeschlossenen Patient wurde ein Formular „Einschluss und Visite“ angelegt in das die verschiedenen Parameter eingetragen wurden. Dazu zählten Basisparameter wie Alter, Datum des Studieneinschlusses, Zeitpunkt der Erstmanifestation und Erstdiagnose, Größe, Gewicht, BMI (Body-Mass-Index). Außerdem wurden die errechneten Werte des DAS28 und des HAQ eingetragen. Folgende Laborwerte wurden bestimmt und eingetragen: CRP, BSG, Vitamin D, Kreatinin, Ferritin, Harnsäure, IgG, IgA, IgM. Außerdem wurde aus einer Liste mit möglichen RA-Medikamenten bei jeder Visite einzeln ausgewählt, welches der Patient zu diesem Zeitpunkt genommen hatte. Zusätzlich wurde eine Medikamententabelle für alle Medikamente, die der Patient jemals zuvor genommen hatte eingefügt. Ein Feld

„Medikamenten-Umstellung“ zur Auswahl „ja/nein“ wurde neben der Tabelle platziert um vergleichen zu können ob zwischen Ersteinschluss und Folgevisite oder zwischen erster und zweiter Folgevisite eine Therapieumstellung stattgefunden hatte (siehe Bildschirmfoto (Screenshot) der anonymisierten Datenbank im Anhang 8.5)

2.2 Patientenauswahl

Für die "RA-Kohorte" wurden sowohl ACPA-/RF-positive Patienten, als auch ACPA-/RF-negative RA-Patienten eingeschlossen.

2.2.1 Ersteinschluss

Die Einschlusskriterien für unsere Studie waren wie folgt definiert:

- ärztlich diagnostizierte RA (ACR-EULAR-Klassifikationskriterien erfüllt) und - Patienten mit Erstdiagnose (Therapieeinleitung) oder

- Patienten, die unter DMARD-/Biologikum-Therapie aktiv sind und umgestellt werden sollen (Therapieumstellung)

Material und Methoden

26 Um die potentiell in Frage kommenden Patienten heraus zu filtern, wurden wöchentlich die Terminplaner aller Rheumaambulanzen des Universitätsklinikum Freiburg (UKF) durchgeschaut. Bei allen RA-Patienten wurde eine entsprechende Memo-Notiz in das Kalenderfeld eingefügt. Damit sollten die Ambulanzärzte darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie bei diesem Patient die Einschlusskriterien individuell prüfen und den Patient gegebenenfalls in die Studie einschließen sollten.

Im Falle eines Studieneinschlusses wurde der Patient über die Studie und den Verbleib seiner Daten aufgeklärt (Einverständniserklärung im Anhang 8.1) sowie die gegebenenfalls offenen Fragen beantwortet. Dann wurde dem Patienten ein standardisierter HAQ-Fragebogen ausgehändigt und der jeweilige Ambulanzarzt berechnete den aktuellen Aktivitätsscore DAS28. Außerdem wurden zwei Serumröhrchen abgenommen und an das immunologische Labor des UKF geschickt. Dort wurden alle Routineparameter bestimmt. Bei Ersteinschluss waren das Folgende: RF, ACPA, ANA-Screening, quantitative Immunglobuline IgG/IgM/IgA und CRP. RF wurde nephelomethrisch als IgM-AK gemessen, die Bestimmung des ACPA-Titers erfolgte durch CCP-2-ALISA. Im allgemeinen Routinelabor des UKF wurde außerdem ein großes Blutbild und ein Differentialblutbild angefordert. Zusätzlich wurde bei jeder Visite eine BSG abgenommen.

Die eingeschlossenen Patienten wurden im immunologischen Labor systematisch erfasst, die Proben dort systematisch gesammelt und bei -80°C gelagert. Es wurden die Einverständniserklärungen und HAQ-Fragebögen für jeden neu eingeschlossenen Patient alphabetisch in Ordner abgeheftet und im Rheumazentrum unter Sicherstellung des Datenschutzes aufbewahrt. Die Werte des DAS28 wurden dem zugehörigen Arztbrief entnommen. Der neu eingeschlossene Patient wurde dann mit einem neuen Formular in die Access-Datenbank aufgenommen.

2.2.2 Folgevisite

Die Folgevisite sollte drei bis sechs Monate nach Ersteinschluss und erfolgter Therapieumstellung erfolgen. Das genaue Datum wurde dem Arztbrief des Ersteinschlusses entnommen und dann in ein Feld "Folgevisite" in die Access-Datenbank eingetragen. So konnte man in einer Abfrage chronologisch alle Folgevisitentermine des jeweiligen Patienten überblicken. Einige Tage vor der Folgevisite wurde dem/der Arzt/Ärztin, der/die in der jeweiligen Ambulanz, in der der Patient seinen Wiedervorstellungstermin hatte, eine E-Mail geschickt, um ihn an die Folgevisite im Rahmen der Studie zu erinnern. In dem Terminplaner des UKF wurde außerdem eine Erinnerungsnotiz für die Ambulanzärzte eingefügt.

Material und Methoden

27 Für die Folgevisite wurden folgende Laborparameter abgenommen: im immunologischen Labor des UKF quantitative Immunglobuline (IgG, IgM, IgA), CRP und im Routinelabor des UKF kleines Blutbild inklusive Ferritin, Kreatinin und Harnsäure. Wie bei der ersten Visite wurde auch bei allen Folgevisiten die BSG bestimmt und damit der DAS28 berechnet sowie der HAQ-Fragebogen ausgefüllt. Alle Parameter wurden daraufhin in das Formular

"Folgevisite" der Access-Datenbank eingetragen. Des Weiteren wurde die aktuelle Medikation mit der Medikation bei Ersteinschluss verglichen und bei einer Änderung das Feld "Medikamenten-Umstellung" mit „ja“ vermerkt.

2.2.3 Auswahl der Patienten für den Lektin-ELISA

Die Laborexperimente zur Bestimmung der Glykosylierung des Gesamt-IgG mittels Lektin-ELISA wurden an einer Subgruppe der Studienpopulation durchgeführt. Die Kriterien anhand derer wir die Seren für die Experimente auswählten, definierten wir folgendermaßen:

Einschlusskriterien für den Lektin-ELISA für Gesamt-IgG:

- ärztlich diagnostizierte aktive RA

- mindestens zwei Visiten im Rahmen der RA-Studie (Einschlussvisite und mindestens eine Folgevisite im Abstand von drei bis sechs Monaten)

- Medikamentenumstellung oder Medikamentenneueinstellung erfolgt zwischen zwei Visiten (=Blutentnahmen) und Einnahme des neuen Medikaments für mindestens drei Monate

Um die Arbeitshypothese „Änderung der Glykosylierung von AK je nach Krankheitsaktivität und Art der Medikamenteneinnahme“ zu überprüfen, wählten wir einen Abstand von drei bis sechs Monaten zwischen den beiden Blutentnahmen, denn Immunglobuline haben eine Plasmahalbwertszeit von drei bis vier Wochen (Mankarious et al., 1988). Dies bedeutet, dass sich nach drei bis sechs Monaten 87,5% bis 93,75% der im Blut zirkulierenden Immunglobuline verändert haben könnten, da sie in der Zwischenzeit zerfallen und neu gebildet worden sind.

Um sicher zu stellen, dass die Patienten in diesem Zeitraum auch tatsächlich das neu verordnete Medikament eingenommen hatten, wurde im MeDoc-Terminplaner des UKF überprüft, an welchem Datum nach Einschluss in die Studie ein Rezept mit dem neuen Medikament ausgestellt worden war und wann der Patient in der Infusionsambulanz des UKF zur Applikation des neuen Medikaments vorstellig war. Bei oral einzunehmen Medikamenten wie Sulfasalazin oder Methotrexat in Tablettenform wurde das Datum der Rezeptausstellung

Material und Methoden

28 verwendet und im folgenden Arztbrief überprüft, ob der Patient eine regelmäßige Einnahme bestätigte.

2.3 Probengewinnung und -lagerung

Von allen eingeschlossenen RA-Patienten wurden jeweils zwei Serumröhrchen abgenommen und ins immunologische Routinelabor des UKF geschickt. Dort wurden diese aliquotiert und jeweils zehn Aliquots à 300-500 µl bei -80°C eingefroren (Gefrierschrank Liebherr premium (neu)). Es wurde jedem Patient bei jeder Visite im Rahmen der RA-Studie eine laufende Nummer zugewiesen. Bei einem Patient, der beispielsweise drei mal zur RA-Visite kam, hatten wir insgesamt drei mal zehn Aliquots, von denen die zehn immer der gleichen laufenden Nummer zugeordnet waren. Im Gefrierschrank wurden immer zehn mal zehn Aliquots einer laufenden Nummer in einer Box verstaut und außen mit den beinhaltenden laufenden Nummern (1-10, 11-20, 21-30 etc.) beschriftet. Diese laufenden Nummern wurden in das Formular „Labor“ der Access-Datenbank eingefügt. So wurde ermöglicht, gezielt Seren aufzutauen und für weitere Untersuchungen zu verwenden.

2.4 Lektin-ELISA für Gesamt-IgG

Zum Nachweis der spezifischen Glykosylierung des Gesamt-IgGs wurde ein Lektin-ELISA durchgeführt. Dieser war bereits im Labor der AG Voll von Dr. rer. nat. Andrea Maul-Pavicic (Diplom-Biologin) und Sandra Schaffer (Diplom-Biologin) etabliert worden. Dabei handelt es sich um einen Enzym-gekoppelten Immunadsorptionstest, bei dem Lektine spezifische Zuckerreste binden. Es wurden die Lektine Sambucus nigra Lektin (SNA) und Lens culinaris Lektin (LCA) verwendet. Da SNA an Sialinsäure und LCA an Mannose bindet, konnten diese beiden Zucker spezifisch an den IgG-AK nachgewiesen werden.

Es wurden MaxiSorp® 96-Loch-Flachbodenplatten (Nunc) verwendet, welche mit 10 µg/ml Ziege anti-human IgG Fab-Fragmenten (Jackson) in 50 µl Volumen pro Vertiefung bei 4°C über Nacht inkubiert wurden. Anschließend wurde die Platte dreimal mit PBS-T (0,05%

Tween20) gewaschen. Um die unspezifischen Bindungsstellen zu blockieren, wurde im Anschluss 30 Minuten mit einem kohlenhydratfreien Blockierungspuffer (Carbo-Free™

Blocking Solution, Vector Laboratories) blockiert. Nun wurden die Patientenseren in geeigneter Verdünnung auf die Platte aufgetragen und eine Stunde bei Raumtemperatur (RT) inkubiert. Dann wurde erneut dreimal mit PBS-T gewaschen und daraufhin wurden 100 µl des jeweiligen Lektins in Lektinpuffer verdünnt aufgetragen und eine Stunde bei RT

Material und Methoden

29 inkubiert. Nach erneutem dreimaligem Waschen mit PBS-T wurde die Platte mit 0,1 µg/ml Meerrettichperoxidase-gekoppeltem Streptavidin (Sigma) in einem Volumen von 100 µl/Vertiefung eine Stunde bei RT inkubiert. Durch Streptavidin wurde die Bindung an die biotinylierten Proteine erzielt. Die Peroxidase führt zu einem grünen Farbumschlag, der photometrisch als optische Dichte (OD) messbar ist. Anschließend wurden 100 µl ABTS (Roche) pro Vertiefung hinzugegeben, das als Substrat für die Peroxidase fungiert. Dieses wurde vor Zugabe circa 20-30 Minuten bei RT equilibriert. Die Enzym-Substrat-Reaktion wurde an einem zuvor ermittelten geeigneten Zeitpunkt mit einer einprozentigen Natriumlarylsulfat-Lösung (SDS-Lösung) abgestoppt und die OD photometrisch bei einer Wellenlänge von 490nm bestimmt (Infinite® ELISA-Reader, Tecan).

Die Gesamt-IgG-Konzentration unserer Patientenseren war bereits bei der Ersteinschluss-/Folgevisite Blutentnahme im immunologischen Labor des UKF bestimmt worden. Schließlich wurde die gemessene OD der Lektine auf diese Gesamt-IgG-Konzentration normiert. Es wurde jeweils die Ratio OD SNA:IgG-Konzentration und die Ratio OD LCA:IgG-Konzentration berechnet.

Die „vorher-nachher“-Seren eines Patienten wurden jeweils auf der gleichen ELISA-Platte getestet. Dadurch wurden systematische Fehler, die alle Seren bei Ersteinschluss oder alle Seren bei Folgevisite betreffen könnten, verhindert und der direkte Vergleich zwischen Ersteinschluss und Folgevisite ermöglicht.

2.5 Statistische Methoden

Für die Auswertung der Daten wurde zwischen deskriptiver und induktiver Statistik unterschieden. Zunächst werteten wir die Daten unserer Stichprobe deskriptiv mit Tabellen und Diagrammen aus. So konnten die „Eigenschaften“ der Studienpopulation analysiert werden. Mit dem Programm Microsoft®Excel und der Statistiksoftware GraphPadPrism® wurden Kenngrößen wie Mittelwert und Standartabweichung berechnet.

Um anschließend die Ergebnisse unserer Stichprobe zu verallgemeinern und auf ihre statistische Signifikanz zu prüfen, nutzten wir GraphPadPrism® zur induktiven Statistik. Das Ziel hierbei war das Übertragen der Ergebnisse unserer Studienpatienten auf die Grundgesamtheit.

Um zu entscheiden, welche statistischen Tests sinnvoll waren, wurde zu Beginn geprüft, ob eine Normalverteilung der Zufallsvariablen vorlag. Da dies nicht der Fall war, wurde sich anstelle des parametrischen t-Tests für die nicht-parametrischen Rangsummentests Wilcoxon-Test und Mann-Whitney-U-Test entschieden. Ein weiterer Grund für die Wahl der

Material und Methoden

30 nicht-parametrischen Tests war, dass sich einige der Messwerte oberhalb beziehungsweise unterhalb der Messgrenze lagen. Dabei handelte es sich beispielsweise um CRP-Werte < 3,48 mg/l oder ACPA-Werte > 200 IE/ml. Wenn in diesen Fällen der Höchst- oder Tiefstwert einfach „geschätzt“ worden wäre, hätte dies bei einem t-Test die Ergebnisse verzerrt, da diese stark von der Schätzung abhängig gewesen wären. Auch durch Ausschluss dieser Werte wären die Ergebnisse verzerrt worden. Da bei Verwendung von nicht-parametrischen Rangsummentests nicht mit Absolutwerten, sondern mit den Rangziffern gerechnet wird, wurde dieses Problem umgangen. Durch Zuordnung der Werte „> max“ so hohe Werte zugeordnet werden, dass sie den höchsten Rang erhielten und Werten „< min“ den niedrigsten Rang erhielten, kam es zu keiner Verzerrung der Ergebnisse.

Statistische Signifikanz definierten wir als p-Werte < 0,05. „Sehr signifikant“ werteten wir Ergebnisse mit p-Werten < 0,01 und „hochsignifikant“ Ergebnisse mit p-Werten < 0,0001.

Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test (Wilcoxon-signed-rank-test)

Es handelt sich um einen nicht-parametrischen Test für zwei verbundene Stichproben.

In GraphPadPrism® konnten über die „Funktion“ „gepaarte Proben“ (paired samples) direkt zwei durch den gleichen Patienten verbundene Werte verglichen werden. Diesen Test nutzten wir für den vorher-nachher-Vergleich bei einzelnen Patienten. „Vorher“ stellte dabei die Visite vor Therapieumstellung dar und „nachher“ die Visite nach Therapieumstellung.

Mann-Whitney-U-Test

Hierbei handelt es sich um einen nicht-parametrischen Test zum Vergleich von zwei unverbundenen Stichproben. Dieser Test wurde angewandt um die Ergebnisse des ELISAs ACPA-positiv versus (vs.) ACPA-negativ auf statistisch signifikante Unterschiede zu prüfen.

Wir prüften damit beispielsweise, ob sich die Mediane der Glykosylierungen von Sialinsäure

Wir prüften damit beispielsweise, ob sich die Mediane der Glykosylierungen von Sialinsäure