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2. Literaturübersicht

2.1. Rhodococcus equi: der Erreger

2.1.1. Geschichte und Taxonomie

MAGNUSSON identifizierte 1923 erstmals Rhodococcus equi als ursächlichen Erreger einer purulenten Bronchopneumonie bei Fohlen und nannte ihn damals Corynebacterium equi. Darauf folgten weitere Beschreibungen des Keims durch MIESSNER und WETZEL (1923) in Hannover. Anfänglich herrschte über die taxonomische Einordnung keine Einigkeit. Erst durch bessere Untersuchungsmethoden konnten in der Zellwand dieses Bakteriums N-glykosilierte Muraminsäurereste nachgewiesen werden, die als spezifisch für Nocardien, Mykobakterien und Rhodokokken gelten. Durch neuere DNA- und RNA-Untersuchungen zur Unterscheidung der verschiedenen Keime erfolgte eine genauere Zuordnung des Erregers und eine endgültige Umbenennung in Rhodococcus equi (SUZUKI et al., 1981).

2.1.2. Morphologie und Kultivierung

Das Rhodococcus equi (R. equi) Bakterium hat ein pleomorphes Erscheinungsbild, lässt sich grampositiv anfärben, bildet keine Sporen, ist unbeweglich und umhüllt von einer Polysaccharidkapsel. Nach 24 Stunden aerober Bebrütung bei 37°C auf festem, nicht selektivem Nährboden, wie Blutagar, erscheinen kleine, feucht glänzende, schleimige, grau-weiße Kolonien. Nach 48 Stunden sind die Kolonien rötlich lachsfarben, haben einen erdigen Geruch, sind ca. 1-4 mm groß und haben die Tendenz zu konfluieren (MAGNUSSON, 1923; PRESCOTT, 1991). Für die gezielte Anzüchtung von R. equi haben sich Selektivmedien z.B. das so genannte NANAT-Selektivmedium (Nalidixin-Acid-Novobiocin-Acid-Tellurit) oder CAZ-NB-Medium (Ceftazidim-Novobiocin-Agar) bewährt (WOOLCOCK et al., 1979; BARTON u.

HUGHES, 1981; MARTENS et al., 1982; TAKAI u. TSUBAKI, 1985; VON GRAEVENITZ u. PÜNTER-STREIT, 1995).

2.1.3. Virulenzfaktoren

Da R. equi in den meisten Pferdebeständen nachzuweisen ist, es aber nicht überall zu Krankheitsausbrüchen kommt, wird angenommen, dass es Stämme mit höchst unterschiedlichen Virulenzfaktoren gibt. So sind Isolate klinisch erkrankter Fohlen virulenter als solche aus der Umwelt (ROONEY et al., 1966) und Stämme, die aus Bodenproben endemisch betroffener Betriebe isoliert werden, weit virulenter als solche aus Gestüten ohne R. equi-Vorgeschichte (BOWLES et al., 1987; TAKAI et al., 1991). Die unterschiedliche Virulenz der R. equi-Stämme beruht auf dem Vorhandensein so genannter Virulenzfaktoren (TAKAI, 1997).

Virulenzfaktoren können Kapselpolysaccharide sein, die die Leukozytenfunktion hemmen, oder auch andere Zellwandbestandteile, die vermutlich an der Granulombildung im Lungengewebe des Wirtes beteiligt sind (HONDALUS, 1997).

Ebenso können Enzyme wie z.B. die Cholesteroloxidase, die Cholinphosphohydrolase und das Exoenzym Phospholipase C die Membranstabilität beeinflussen.

Als wichtigster Virulenzfaktor von R. equi hat sich ein 15 - 17 kDa großes Protein erwiesen, das an der Oberfläche des Bakteriums expremiert wird, das so genannte VapA (Virulence associated proteinA) (TAKAI et al., 1995; HONDALUS, 1997;

GIGUÈRE et al., 1999; LÜHRMANN et al., 2004). Das vapA-Gen ist auf einem 80 - 85kb großen Plasmid lokalisiert (TAKAI et al., 1991; GIGUÈRE et al., 1999). R. equi-Stämme, die dieses Plasmid nicht besitzen, sind nicht fähig, sich in Makrophagen zu vermehren und sind daher avirulent für Fohlen (HONDALUS und MOSSER, 1994;

HONDALUS, 1997; WADA et al., 1997; GIGUÈRE et al., 1999; MEIJER und PRESCOTT, 2004).

Auch aus R. equi-Stämmen infizierter Schweine konnte ein Plasmid isoliert werden, das ein 20 kDa großes Protein, das VapB, kodiert (TAKAI et al., 2000; MAKRAI et al., 2002). In Mäusen sind Isolate vom Schwein, die VapB enthalten, allerdings weniger virulent als solche vom Fohlen, die VapA exprimieren (TAKAI et al., 1996;

LÜHRMANN et al., 2004). Sieben weitere extrazelluläre Proteine aus der Vap-Familie sind bis heute bekannt, VapC, D, E, F, G, H und I (TAKAI et al., 1991;

BYRNE et al., 2001; POLIDORI und HAAS, 2006). Die Expression der vap-Gene ist temperatur- und pH-Wert-abhängig, sie steigt bei höherer Temperatur (37 °C) und niedrigerem pH (6,5) (TAKAI et al.1996; MEIJER und PRESCOTT, 2004). Auch eine

niedrige Eisen-Konzentration wirkt förderlich auf die Genexpression (JORDAN et al., 2003; REN et al., 2003).

Ein Transkriptionsrepressor, der die eisenabhängige Genexpression reguliert, ist IdeR (Iron-Dependent-Regulatory-Protein). Es unterdrückt die Transkription in Gegenwart von Eisen, indem es an eine verwandte Bindungsstelle bindet. Da die Promotorregion des vapA-Gens eine für IdeR übereinstimmende Bindungsstelle besitzt, ist anzunehmen, daß die eisenabhängige VapA-Expression durch das ideR-Gen kontrolliert wird (REN et al., 2003; MEIJER und PRESCOTT, 2004). Ein weiteres Gen, das für die Virulenz von R. equi eine Rolle spielt, ist die Isocitratlyase (aceA), die für die Assimilation von Fettsäuren und Acetat erforderlich ist (KELLY et al., 2002; WALL et al., 2005).

2.1.4. Epidemiologie und Pathogenese

Bei der R. equi-Pneumonie des Fohlens handelt es sich um eine weltweit verbreitete Erkrankung mit wachsender wirtschaftlicher Bedeutung. Mit Streptococcus equi ssp.

zooepidemicus ist R. equi der häufigste Infektionserreger bei Atemwegserkrankungen des Fohlens im Alter von vier Wochen bis sechs Monaten (BARTON u. HUGHES, 1980; GIGUÈRE u. PRESCOTT, 1997; ALTHAUS, 2004;

COHEN et al., 2005). In betroffenen Gestüten werden bei Fohlen Erkrankungsraten von 40 bis 80 % und eine Letalität von 5 bis 17 % beobachtet (MARTENS et al., 1982).

Insgesamt kommen R. equi-Erkrankungen in einigen Gestüten endemisch und in anderen nur sporadisch vor. Die R. equi-Pneumonie wird in einigen Gestüten in manchen Jahren saisonal gehäuft diagnostiziert (CHAFFIN et al., 2003). Laut TAKAI et al. (1991, 1994) korreliert die Krankheitshäufigkeit allerdings nicht mit dem Keimdruck, sondern mit dem Vorhandensein des Virulenzproteins A.

Besonders in warmen, trockenen und windigen Sommern wird der Großteil der Fälle diagnostiziert, da in dieser Zeit ein besonders staubiges Klima herrscht. Obwohl R.

equi keine Sporen bildet, besitzt der Keim eine große Widerstandsfähigkeit (MAGNUSSON, 1923; ELLENBERGER u. GENETZKY, 1986), vor allem gegenüber Trockenheit, UV-Strahlung, Säuren und Basen (TAKAI et al., 1991). In feuchter Umgebung verläuft die Vermehrung des Erregers weniger effektiv (BARTON u.

HUGHES, 1984; HUGHES u. SULAIMAN, 1987).

Bei R. equi handelt es sich um einen ubiquitär vorkommenden Bodensaprophyten (SMITH, 1966) mit hoher Tenazität und mit geringen Wachstums- und Nährstoffansprüchen. Der Keim vermehrt sich im Kot von Pferden, Rindern, Schafen, Ziegen, Hunden, Katzen, Hühnern und Tauben. (BARTON u. HUGHES, 1984).

Dabei kommt es bei anderen Tierarten, im Gegensatz zu Pferden, nur vereinzelt zu den charakteristischen Erkrankungsformen des Atmungstraktes (CARMAN u.

HODGES, 1987).

Als Infektionswege kommen vor allem die Aufnahme von Kot und das Einatmen von R. equi-haltigem Staub in Frage. Auch kontaminierte Ställe sind ein hoher Risikofaktor (MUSCATELLO et al., 2006). Es wird aber auch die Möglichkeit einer omphalogenen oder intrauterinen Infektion diskutiert (BARTON und HUGHES, 1980;

BEECH und SWEENEY, 1991). Danach entwickeln Fohlen vorwiegend Lungenläsionen in den cranioventralen Lungenarealen (MARTENS et al., 1982;

BARTON u. EMBURY, 1987; ALTHAUS, 2004).

Die orale Infektion bzw. das Abhusten und anschließende Herunterschlucken des Erregers führten bei etwa 50% der Fohlen, bei denen in der Sektion eine R. equi-Pneumonie diagnostiziert wurde, auch zu intestinalen Veränderungen (ZINK et al., 1986; TAKAI et al., 1995). Makroskopisch sichtbare Darmläsionen treten nur dann auf, wenn Fohlen große Keimmengen über längere Zeit oral aufgenommen haben (ZINK et al., 1986).

Im Gegensatz zu der hohen Prävalenz bei Fohlen, werden Erkrankungen durch den Erreger R. equi bei adulten Pferden nur in Einzelfällen beschrieben (PRESCOTT, 1991). In diesen seltenen Fällen liegt meistens eine andere Erkrankung vor, die das Immunsystem schwächt, wie ein Tumor oder eine Pneumonie. Allerdings kann es bei der Stute bei Infektionen des Genitaltraktes zu Fertilitätsproblemen und Aborten kommen (BRUNER et al., 1939; SIPPEL et al., 1968; SZEREDI et al., 2006).