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4.6 Verwahrung und Beaufsichtigung

4.6.4 Die Verwahrung von Reitpferden

4.6.4.1 Reiten im Wald

Der Wald dient der Allgemeinheit, jedoch ist die Benutzung auf Erholungszwecke beschränkt. Eine darüberhinausgehende Nutzung, worunter das Reiten fällt, ist nur mit Zustimmung des Waldeigentümers, bei Forststraßen mit Zustimmung jener Person, der die Erhaltung der Forststraße obliegt, zulässig.340 Daraus folgt, dass das Reiten im Wald grundsätzlich verboten ist. Die Zustimmung des Waldbesitzers kann individuell, also nur an einen oder mehrere Reiter, oder allgemein erteilt werden. Es liegt in der Hand des Grundeigentümers, ob und wem er die Erlaubnis zum Bereiten seines Waldgrundstücks einräumt. Eine Zustimmung an die Allgemeinheit kann durch das Aufstellen von Hinweistafeln verfügt werden.341 § 1 Abs 7 FKV sieht vor, dass das Aufstellen einer Kennzeichnungstafel eine ausdrückliche Zustimmung ersetzt. Eine solche Tafel hat eine rechteckige Form mit einer Mindestbreite von 35 cm und einer Mindesthöhe von 45 cm aufzuweisen. Sie ist in weißer Farbe zu halten und am oberen und unteren Rand mit einem gelben Streifen von jeweils einer Höhe von zirka einem Sechstel der Tafelhöhe abzuschließen. Im weißen Feld ist in schwarzer Aufschrift die Art der zulässigen Benützung ersichtlich zu machen. Ergänzend können auch Symbole verwendet werden. Ebenfalls soll die Tafel Auskunft über zeitliche und örtliche Beschränkungen geben.342 Trotzdem ist es dem Grundbesitzer freigestellt, eine andere Beschilderung vorzunehmen. Der Vorteil einer standardisierten Kennzeichnungstafel ist aber, dass für kundige Reiter sofort erkennbar ist, dass die Zustimmung zur Benutzung gegeben ist, sofern die Tafel sichtbar angebracht wird.

Demgegenüber werden Zusatztafeln wie „Reiten verboten“ in der Praxis häufig verwendet, um auf die ausschließliche Nutzung des Waldes zu Erholungszwecken hinzuweisen. Sie stellen einen zusätzlichen Hinweis für unkundige Waldbesucher dar, sind rechtlich aber nicht notwendig. Solche Schilder sind in der Regel rund und weisen einen roten Rand auf.

338 OGH 2 Ob 46/01f Jus-Extra OGH-Z 3153.

339 OGH 3 Ob 2229/96 SZ 69/162; 2 Ob 180/98d ZVR 1999, 373 = ÖAMTC-LSK 1998, 152.

340 Forstgesetz-Novelle 1987 BGBl 1987/576.

341

Https://www.pferderevue.at/magazin/freizeit/2015/09/reiten_im_wald_wodarfgerittenwerdenundwonicht.ht ml (Zugriff 03.08.2020).

342 Forstrechtliche Kennzeichnungsverordnung idF BGBl. Nr. 179/1976.

Im inneren Kreis auf weißem Hintergrund befindet sich eine aussagekräftige Abbildung der verbotenen Tätigkeit.343

Reitwegekarten ersetzen die Zustimmung des Waldeigentümers nicht. Sie werden meist von Dritten erstellt und bergen oft das Risiko, veraltet oder schlecht recherchiert zu sein. Sie geben also keine Garantie, dass die notwendige Benutzungserlaubnis tatsächlich vorliegt, weswegen vor einem geplanten Ausritt, der nicht nur auf markierten Reitwegen stattfinden soll, die Absprache mit dem Grundeigentümer empfehlenswert ist.344

Das Reiten im Wald ohne ausdrückliche Zustimmung ist unzulässig und kann nach dem ForstG mit einer Geldstrafe von bis zu € 150,- bestraft werden.345 Neben verwaltungsrechtlichen Konsequenzen können auch zivilrechtliche Folgen drohen. Die Tierhalterhaftung nach § 1320 ABGB gilt im Wald ebenso, weswegen für entstandene Schäden einzustehen ist. Da für einen Ausritt in den Wald, soweit damit nicht die Benützung von öffentlichen Straßen verbunden ist, kein Mindestalter festgelegt ist, besteht die Schadenersatzpflicht grundsätzlich ab einem Alter von 14 Jahren. Darunter können Kinder dann schadenersatzpflichtig werden, wenn die Einsichtsfähigkeit im Hinblick auf die Verursachung des Schadens bereits gegeben ist. Der Reiterpass, der als Nachweis für die Befähigung zum Ausreiten gilt, kann Indiz für die Einsichtsfähigkeit sein, da für die Ablegung der Prüfung bereits Kenntnisse über das Verhalten im Straßenverkehr und im freien Gelände zu Pferd vorausgesetzt werden. Trotzdem hat der Reiter unabhängig vom Alter im Schadensfall sein Reitvermögen nachzuweisen. Der Besitz einer Qualifikation, wie etwa eines Reiterpasses, gilt nicht automatisch als Freibeweis.346

Da nach dem Forstgesetz ausdrücklich nur das Reiten von der allgemeinen Benutzungsberechtigung ausgenommen ist, stellt sich die Frage, ob ein Spaziergang mit dem Pferd zu Fuß grundsätzlich erlaubt ist. Ausschlaggebend für das Auftauchen dieser Rechtsfrage war ein Beschluss des OLG Dresden. Während das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft die Auffassung vertritt, dass die Zustimmung des Waldeigentümers auch für das Führen eines Pferdes durch das Waldgrundstück gegeben sein

343 Wieser, Beschilderung 24.

344

Https://www.pferderevue.at/magazin/freizeit/2015/09/reiten_im_wald_wodarfgerittenwerdenundwonicht.ht ml (Zugriff 03.08.2020).

345 Forstgesetz 1975 BGBl 1975/440.

346Https://www.propferd.at/main.asp?VID=1&kat1=96&kat2=643&GenLiPage=4&DDate=28112015&NID

=2896 (Zugriff 03.08.2020).

muss, vertrat das OLG Dresden die gegenteilige Auffassung.347 Zunächst bleibt festzuhalten, dass die anzuwendende deutsche Bestimmung348 durchaus mit der österreichischen Regelung vergleichbar ist. Beide Normen beziehen sich explizit auf das Verbot des Reitens im Wald. Das OLG verweist bei der Frage nach der Gleichsetzung der Wortlaute „Reiten“

und „Führen“ darauf, dass schon nach dem Wortsinn ein Unterschied bestehen müsse. Der Begriff „Reiten“ umschreibt nach allgemeiner Auffassung die Fortbewegung eines Menschen auf einem Tier. Demgegenüber wird das Tier beim „Führen“ gerade nicht zur Fortbewegung genutzt.349 Diese Ansicht teilen auch österreichische Juristen. So meint Lechner350, dass in der zugrunde liegenden Norm nicht auf das „Bewegen eines Pferdes“, sondern ausdrücklich darauf abgestellt wird, dass es geritten wird. Außerdem wäre es unbillig, eine Unterscheidung zwischen dem Führen eines Hundes, das grundsätzlich auch im Wald erlaubt ist, und dem Führen eines Pferdes zu treffen. Schuster351 argumentiert unter anderem mit dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip. Dieses garantiert, dass nur solche Taten bestraft werden dürfen, wenn auch nur verwaltungsrechtlich, die ausdrücklich durch das Gesetz mit Strafe bedroht sind. Daraus ergibt sich, dass durch Analogie keine neuen Tatbestände geschaffen oder bestehende Tatbestände erweitert werden dürfen. Seiner Ansicht nach würde die Auslegung des Wortes „Reiten“ als „Führen eines Pferdes“ die maßgebliche Grenze des äußersten Wortsinnes von „Reiten“ übersteigen. Der Gesetzgeber müsste, wenn er das Führen eines Pferdes in einer Reitverbotszone verbieten wollte, dies ausdrücklich gesetzlich verankern.

Auch wenn die Argumentationen gegen eine verwaltungsrechtliche Verantwortlichkeit für das Führen eines Pferdes im Wald und auf Fortstraßen durchaus treffend sind, stellte das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft auf Anfrage des OEPS klar: „Das Führen eines Pferdes am Zügel stellt jedenfalls eine über das Betreten zu Erholungszwecken im forstgesetzlichen Sinn hinausgehende und folglich zustimmungspflichtige Nutzungsart dar.

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass § 33 Abs. 3 ForstG u.a. zwar das

„Reiten“, nicht jedoch das Führen eines Pferdes am Zügel nennt, denn § 33 Abs. 3 ForstG

347 Https://www.propferd.at/main.asp?VID=1&kat1=87&kat2=644&NID=2833 (Zugriff 03.08.2020).

348 § 52 Abs 2 Nr. 6 iVm § 12 Abs 1 SächsWaldG idF SächsGVBl 137.

349 OLG Dresden 10.09.2015, 26 Ss 505/15 (Z); gegenteilig LG Ried im Innkreis 12.05.1997, 6 R 123/97y, das auch eine Person, die von dem Pferd absteigt und es am Zügel führt, weiterhin als Reiter beurteilt, wonach das Führen eines Pferdes im Wald und auf Fortstraßen ohne Zustimmung unzulässig ist.

350 Https://www.propferd.at/main.asp?VID=1&kat1=87&kat2=644&NID=2833 (Zugriff 03.08.2020).

351 Https://www.pferderevue.at/magazin/freizeit/2018/02/fuehren_trotz_reitverbotssosiehtesdasgesetz.html (Zugriff 12.08.2020).

enthält eine lediglich demonstrative – und damit eine einer Erweiterung zugängliche – Aufzählung“.352