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4.5 Exkurs: Der Einstellvertrag und die Haftung des Stallbetreibers

4.5.3 Die Haftung des Einstellbetriebes

Eine Haftung des Stallbetreibers lässt sich vielseitig begründen. Es bestehen mehrere Anspruchsgrundlagen nebeneinander. Zum einen kommt es durch den Abschluss des Einstellvertrages zu einer Haftung ex contractu. Daneben sieht das Gesetz eine spezielle Haftungsregelung für Gastwirte nach § 970 Abs 2 ABGB vor, welche auch auf Stallbetreiber anzuwenden ist. Auch ist eine Haftung als Tierhalter nach § 1320 ABGB gegenüber Dritten nicht ausgeschlossen.196

4.5.3.1 Haftung aus dem Vertrag

Der Abschluss eines Vertrages ist zugleich eine Haftungsgrundlage. Der Vertragsinhalt und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen sind von beiden Vertragsparteien einzuhalten.

Eine Pflichtverletzung führt zu einer Haftung für den daraus resultierenden Schaden. Der Einstellvertrag ist grundsätzlich in die Kategorie Verwahrungsvertrag einzuordnen, es sei denn, es handelt sich um einen reinen Boxenmietvertrag, dessen Inhalt lediglich die Zur-Verfügung-Stellung einer Unterbringungsmöglichkeit für das Pferd umfasst. Hauptmerkmal eines Verwahrungsvertrages ist die Übernahme der Obsorge über die zu verwahrende Sache.

192 Https://www.pferderevue.at/magazin/recht/2010/12/einstellungs-sache.html (Zugriff 14.07.2020); vgl Häublein, NJW 2009, 2982-2987.

193 RIS-Justiz RS0027780.

194 siehe dazu OGH 1 Ob 113/08m Zak 2008/722 = RdW 2009, 15 = EFSlg 121.117.

195 Schuster, Reitstall 119 f.

196 Neumayer, Zak 2010/535; dazu ausführlich Kapitel 4.3.4.

Der Begriff Obsorge beinhaltet eine ordnungsgemäße Verwahrung sowie die Versorgung der Pferde.197 Der Stallbetreiber haftet demnach für Schäden am Pferd, soweit diese aus einer nicht ordnungsgemäßen Verwahrung oder Versorgung hervorgehen.198 Der OGH hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass eine Box, die den Mindestanforderungen der TierhaltungsV199 nicht genügt, haftungsbegründend ist, auch wenn die genaue Unfallursache nicht feststellbar ist.200 Das Gericht sah in der zu geringen Boxengröße201 eine Verletzung der Obsorgeverpflichtung des Stallbetreibers. Da sich die Obsorgeverpflichtung nicht nur auf die bloß passive Verwahrung bezieht, sondern auch all jene positiven Handlungen beinhaltet, die der Erhaltung der Sache dienen, nimmt die Rechtsprechung den Stallbetreiber dahingehend in die Pflicht, dass er bei Verletzungen eine tierärztliche Versorgung zu gewährleisten hat.202 So wurde entschieden, dass der Verwahrer für den Tod eines Pferdes haftet, wenn dieser bei Verletzungen den Tierarzt nicht rechtzeitig zu Rate zieht.203 Die Kosten für die tierärztliche Versorgung sind grundsätzlich vom Tierbesitzer zu bezahlen, sofern es sich um einen tierärztlichen Notfall handelte und die Handlung des Einstellbetriebes nützlich war. Es handelt sich um einen Fall der Geschäftsführung ohne Auftrag, welche nur zulässig ist, soweit sie sich nicht gegen den ausdrücklichen Willen des Einstellers richtet. Sollte der Einsteller nicht erreichbar sein, kann der Betreiber die tierärztliche Versorgung auf fremde Rechnung anordnen. Der Tierbesitzer muss für die Kosten aufkommen, auch wenn das Pferd einen irreparablen Schaden davonträgt oder trotz Bemühungen des Einstellbetriebes und des Tierarztes verendet.204

Aus dem Vertragsverhältnis ergibt sich, dass die Anlage so beschaffen sein muss, dass keine Gefahren für die Einsteller oder Pferde bestehen. Die Obsorgeverpflichtung besteht zwar gegenüber der eingebrachten Sache, inkludierte Benützungsvereinbarungen für Koppeln, sanitäre Anlagen, Sattelkammer oder Reitplatz können jedoch eine Haftung des Betreibers für erlittene Verletzungen des Einstellers begründen. So nahm die Judikatur eine Haftung des Stallbetreibers an, da dieser es unterlassen hatte, die Reitplatzpflege ordnungsgemäß durchzuführen. Die Reiterin kam infolge von Unebenheiten auf dem Sandplatz beim

197 RIS-Justiz RS0019347.

198 Https://www.noeps.at/kolumne-recht-gehabt-teil-18/ (Zugriff 09.04.2021).

199 1. Tierhaltungsverordnung BGBl II 2004/485.

200 OGH 9 Ob 47/15z Zak 2016/438 = EvBl‑LS 2016/151 = CaS 2016, 392 = MietSlg 68.116.

201 Siehe Anlage 1 der 1. Tierhaltungsverordnung BGBl II 2004/485, diese sieht beispielsweise bei Pferden mit einem Stockmaß von 150-165 cm eine Boxenmindestgröße von 10 m2/Tier vor, wobei die kürzeste Seite mindesten 250cm/Tier betragen muss.

202 Griss/Weixelbraun-Mohr in KBB6 § 961 Rz 2.

203 OGH 6 Ob 72/08v Zak 2008/612.

204 Https://www.noeps.at/kolumne-recht-gehabt-teil-32-zum-thema-uebernahme-der-tierarztkosten-bei-nicht-erreichbarkeit-des-besitzers/ (Zugriff 03.08.2020).

Absteigen vom Pferd zu Sturz. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass sich die Verpflichtung des Stallbetreibers zur Pflege und Wartung des Vierecks aus dem Einstellvertrag ergibt, auch deshalb, weil darin ein zusätzliches Benützungsentgelt für den Reitplatz vereinbart wurde, das insb für dessen Instandhaltung zu entrichten war.205 Während sich die Obsorgeverpflichtung und die damit einhergehende Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung und Versorgung des Pferdes bereits aus dem Verwahrungsvertrag ergeben, besteht nach diesem Vertragsmodell grundsätzlich keine Haftung für erlittene Verletzungen des Einstellers selbst. Erst wenn Benützungsrechte von Anlageteilen Vertragsinhalt sind, kommt eine Instandhaltungspflicht des Stallbetreibers als vertragliche Pflicht hinzu.

Der Stallbetreiber haftet dem Einsteller gegenüber für seine Gehilfen nach § 1313a ABGB wie für eigenes Verschulden. Ebenfalls trifft ihn die Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB.206

4.5.3.2 Haftung für Bauwerke und Wege

Der Besitzer eines Gebäudes oder Werkes haftet gemäß § 1319 ABGB207 für Schäden, die durch Einsturz oder Ablösung von Teilen des Gebäudes oder eines auf einem Grundstück aufgeführten Werkes entstehen, wenn er nicht beweist, dass er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt aufgewendet hat. Das Umstürzen eines Werkes ist dem Einsturz gleichzusetzen. Besitzer ist nicht nur der Eigentümer, sondern auch derjenige, der Vorteile aus der Sache zieht, somit auch der Pächter.208 Da der Begriff des Werkes sehr weit gefasst ist209 und jeden künstlichen Aufbau erfasst, fallen auch Zäune210 und Koppeltore darunter.211 Dem Stallbetreiber obliegt die Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt in Bezug auf die Instandhaltung, um von Gebäuden oder Werken ausgehende Gefahren zu vermeiden.

Die Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB212 als spezielle Verkehrssicherungspflicht regelt die Haftung des Wegehalters gegenüber Dritten, sofern zu diesen kein vertragliches Rechtsverhältnis besteht.213 Der Begriff „Weg“ iSd § 1319a ABGB ist weit auszulegen.214

205 OGH 29.05.2001, 1 Ob 116/01t.

206 Neumayer, Zak 2010/535 (308).

207 Kaiserliche Verordnung über die dritte Teilnovelle zum allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch RGBl 1916/69.

208 Reischauer in Rummel, ABGB3 § 1319 Rz 12.

209 RIS-Justiz RS0029880.

210 RIS-Justiz RS0030172.

211 Vgl RIS-Justiz RS0029970.

212 Bundesgesetz vom 3. Juli 1975, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch durch die Regelung der Haftung für den Zustand eines Weges ergänzt wird BGBl 1975/416.

213 Weixelbraun-Mohr in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.06 § 1319a Rz 1-7.

214 RIS-Justiz RS0115172.

Vorausgesetzt ist, dass die Landfläche jedermann oder wenigstens einem eingeschränkten Personenkreis zu Verkehrszwecken zur Verfügung steht.215 Eine auf einem Privatgrundstück liegende Fläche ist, auch wenn diese für bestimmte Personen wie Einsteller zugänglich ist, noch kein Weg nach dieser Bestimmung, da die „Zulässigkeit der allgemeinen Benützung“

fehlt.216 Dem Reitstallbetreiber kommt daher das Haftungsprivileg nach § 1319a ABGB, nämlich eine Haftung erst bei nachgewiesenem grobem Verschulden, nur eingeschränkt zugute. Er haftet Dritten gegenüber im Schadensfall daher unabhängig vom Verschuldensgrad, entsprechend den allgemeinen Verkehrssicherungspflichten nach § 1293ff ABGB.217 Einstellern gegenüber haftet der Betreiber aus dem Vertrag, da die Wegehalterhaftung nach § 1319a ABGB durch ein vertragliches Schuldverhältnis verdrängt wird.218

4.5.3.3 Die Haftung des Stallwirts nach § 970 Abs 2 ABGB

Die besondere Haftungsbestimmung nach § 970 Abs 2 ABGB gilt für sämtliche Unternehmer, die Stallungen betreiben. Dabei handelt es sich um eine Sonderform der Gastwirtehaftung. § 970 Abs 2 ABGB sieht vor, dass Einstellbetriebe für die bei ihnen eingestellten Tiere und die bei diesen befindlichen Sachen haften,219 vorausgesetzt es besteht eine sog „Gefahr des offenen Hauses“, die dann anzunehmen ist, wenn der Einstellbetrieb auch von dritten Personen betreten werden kann. Kann ein Raum nur von Einstellern benutzt werden oder nur von befugten Personen, die durch eine Absperrung die Möglichkeit haben, dritte Personen von der Benützung auszuschließen, ist eine solche Gefahr für diese Räumlichkeiten nicht anzunehmen. Die Gewerbsmäßigkeit ist für das Vorliegen der Gefahr des offenen Hauses entgegen der Meinung Schuberts220 keine Voraussetzung. Viel eher ist auf das Vorliegen einer Betriebsorganisation abzustellen, die auch für die Unternehmereigenschaft maßgeblich ist.221 Die Rechtsprechung sieht die Gefahr des offenen Hauses im Bereich der Privatzimmervermietung bereits bei Vorhandensein von 18 verfügbaren Betten verwirklicht.222 Einstellbetriebe sind ähnlich zu beurteilen. Es kann

215 OGH 2 Ob 59/05y ZVR 2005, 375; 2 Ob 217/08p SZ 2009/57 = Zak 2009/431 = ÖGZ 2009, 54 = EvBl 2009/126 = ecolex 2009, 864 = immolex 2010, 24 (Maier-Hülle) = ZVR 2009, 331 (Huber) = SZ 2009/57 = MietSlg 61.197 = MietSlg 61.210 = MietSlg 61.468.

216 OGH 5 Ob 117/07b immolex 2007, 345 = MietSlg 59.195 = wobl 2008, 81 = Zak 2007/61; RIS- Justiz RS0109222; vgl auch RS0030061.

217 Call, wobl 21, 81.

218 RIS-Justiz RS0023459.

219 Kaiserliche Verordnung über die dritte Teilnovelle zum allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch RGBl 1916/69.

220 Vgl Schubert in Rummel, ABGB3 § 970 Rz 11.

221 Neumayer, Zak 2010/535.

222 OGH 5 Ob 729/78 SZ 51/158= MietSlg 30133 = RZ 1979, 277.

davon ausgegangen werden, dass bereits bei Bestehen von mindestens 5 Einstellboxen eine Betriebsorganisation vorliegen muss und damit die Gefahr des offenen Hauses begründet wird.223

Der Stallbetreiber haftet wie ein Verwahrer. Grundsätzlich ist es aber nicht notwendig, dass dem Rechtsverhältnis zwischen Einsteller und Einstellbetrieb ein Verwahrungsvertrag zugrunde liegt.224 Viel eher begründet das Vorliegen der Gefahr des offenen Hauses die Haftung als Verwahrer selbst.225 Geschützt sind alle Arten von eingebrachten Sachen.

Eingebracht ist eine Sache dann, wenn sie dem Stallbetreiber übergeben wurde.226 Darunter fallen vor allem das Pferd sowie alle für das Pferd benötigten Sachen wie Sattel, Zaumzeug, Pflegeutensilien etc.227

Der Betreiber haftet nicht nur für eigenes Verschulden, sondern auch für von seinen Gehilfen verursachte Schäden. Darüber hinaus statuiert § 970 ABGB eine Haftung für Schäden, die durch fremde Dritte herbeigeführt wurden. Als fremd sind jene Personen anzusehen, die sowohl zum Einsteller als auch zum Stallbetreiber in keiner Nahebeziehung stehen. Es besteht daher keine Haftung für Schäden, die durch Besucher des Einstellers oder des Betreibers verursacht wurden.228 Für Schäden, die durch Zufall entstehen, muss keine Haftung übernommen werden, es sei denn, der Schaden hätte bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt abgewendet werden können.229 Ebenfalls haftet der Betreiber nicht, wenn Schäden durch Einbrüche oder Zutrittsbeschaffung durch Gewaltanwendung entstehen. Die Rechtsprechung beurteilt dieses Kriterium allerdings sehr streng. So hat der Stallbetreiber für Schäden, die durch Einstiegdiebe, also durch fremde Personen, die sich ohne Gewaltanwendung Zutritt zu einem Raum verschaffen, entstehen, zu haften.230

§ 970a ABGB sieht eine Haftungsbeschränkung vor. So haften Stallbetreiber für Kostbarkeiten, Geld und Wertpapiere nur bis zu einem Betrag von € 550. Die Haftungsbeschränkung kommt dem Betreiber allerdings nur zugute, wenn er die Gegenstände nicht in Kenntnis ihres tatsächlichen, höheren Wertes zur Aufbewahrung

223 Neumayer, Zak 2010/535 (309).

224 RIS-Justiz RS0019285.

225 Neumayer, Zak 2010/535 (309).

226 Schubert in Rummel, ABGB3 § 970 ABGB Rz 5 (Stand 1.1.2000, rdb.at); s auch RIS-Justiz RS0019231.

227 Https://www.noeps.at/46-recht-gehabt-haftungsfragen-rund-um-die-versperrbare-sattelkammer/ (Zugriff 09.04.2021).

228 Ollinger, Haftungsfalle 54.

229 RIS-Justiz RS0019234.

230 OGH 7 Ob 263/75 SZ 49/10 = EvBl 1976/167; RIS-Justiz RS0019290; RS0019257.

übernommen hat.231 Im Schadensfall wird eine unverzügliche Meldung durch den Einsteller vorausgesetzt. Erfolgt diese Meldung nicht, erlischt der Ersatzanspruch. Keine Anzeigepflicht besteht, wenn der Schaden durch den Stallbetreiber oder seine Leute verursacht wurde oder wenn die Sachen besonders zur Verwahrung übergeben wurden.232 Die Anzeigepflicht des Einstellers soll einen Ausgleich für die strenge Haftung des Stallbetreibers schaffen. Da im Rahmen des § 970 ABGB als Verwahrer gehaftet wird, ist § 967 ABGB anwendbar, der eine 30-tägige Frist für die Anzeige des Schadens vorsieht.233 Eine Anzeige bei der Polizei ist nur dann ausreichend, wenn auch der Betreiber innerhalb der 30-Tage-Frist von dem Schadensfall Kenntnis erlangt.234

4.5.3.4 Haftungsausschlüsse

Der Stallbetreiber haftet für Sach- und Personenschäden aufgrund mehrerer in Frage kommender Anspruchsgrundlagen. Die vielfältige Haftbarkeit bringt Verunsicherung bei den Stallbetreibern mit sich, weswegen es sich zur gängigen Praxis entwickelt hat, Haftungsausschlüsse in Einstellverträgen zu vereinbaren. Haftungsausschlüsse haben den Zweck, die Haftung vertraglich auszuschließen bzw die Haftbarkeit zu beschränken.235 Das Konsumentenschutzgesetz236 enthält Bestimmungen, an denen die Zulässigkeit und Wirksamkeit von solchen Ausschlussklauseln gemessen wird. Diese legen fest, dass ein Haftungsausschluss für Personenschäden absolut unzulässig ist, was bedeutet, dass eine Haftung auch für leichte Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen werden kann. Für den Bereich der Sachschäden sieht das Konsumentenschutzgesetz etwas Handlungsspielraum vor. Eine Vereinbarung der Beschränkung der Haftung auf grobes Verschulden ist zulässig. Ein Ausschluss der Haftung bei Sachschäden, die aufgrund leichter Fahrlässigkeit entstehen, ist demnach erlaubt.237

4.5.3.5 Zurückbehalterecht

Die Hauptverpflichtung des Einstellers besteht darin, die monatlichen Kosten in Form der Einstellgebühr an den Einstellbetrieb abzuführen. Dafür wird meist eine Frist vereinbart, zu welchem Zeitpunkt das Geld monatlich beim Betreiber eingelangt sein muss.238 Um ein

231 Karner in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 970a Rz 3 (Stand 1.7.2018, rdb.at).

232 Schubert in Rummel, ABGB3 § 970b Rz 1.

233 Pletzer in Schwimann/Neumayr, ABGB-TaKom5 § 970b Rz 1 ff.

234 OGH 1 Ob 738/81 JBl 1982, 537 = ZVR 1983, 17 = SZ 54/181.

235 Schuster, Reitstall 121.

236 § 6 Abs 1 Z 9 KSchG.

237 Schuster, Reitstall 121 f.

238 Finzimayer in Kammel/Schummer, Verträge 55.

Gegengewicht für die strenge Haftung des Stallwirtes nach § 970 ABGB zu schaffen, gewährt § 970c ABGB gewerbsmäßigen Stallbetreibern ein gesetzliches Zurückbehalterecht, soweit der Einsteller der Verpflichtung zur Bezahlung nicht nachkommt. Das Zurückbehalterecht besteht an den eingebrachten Sachen, also allen voran am Pferd.239 Ein solches Recht muss aufgrund der gesetzlichen Regelung nicht ausdrücklich im Einstellvertrag vereinbart werden. Das Zurückbehalterecht gibt dem Einstellbetrieb das Recht, die Herausgabe des Pferdes so lange zu verweigern, bis die ausständigen Kosten vollständig beglichen worden sind. Die Möglichkeit der Verwertung der eingebrachten Sachen ergibt sich daraus nicht,240 weswegen es ratsam ist, zusätzlich ein Verwertungsrecht im Einstellvertrag zu vereinbaren. Es gibt immer wieder Fälle, in denen ein Pferd im Einstellbetrieb zurückgelassen wird. In einem solchen Fall ist der Einstellbetrieb durch das gesetzlich verankerte Zurückbehalterecht nicht ex lege befugt, die ausständigen Kosten durch die Verwertung des Pferdes zu decken, lediglich ein ausdrücklich vereinbartes Verwertungsrecht gibt diese Möglichkeit. Der Verkaufserlös dient zur Deckung der angefallenen Kosten, ein eventueller Restbetrag steht dem Pferdebesitzer zu.241

4.5.4 Zwischenergebnis

Einstellbetriebe agieren, je nach Ausgestaltung und Intensität der Eingliederung der Pferde in den Wirtschaftsbetrieb, als Mithalter oder Gehilfen.242 Der Einstellvertrag, welcher die Rechte und Pflichten der Parteien festlegt, kann als Hilfsmittel für die Qualifikation des Einstellbetriebes als Mithalter oder Gehilfe dienen, da auch der Vertragstyp von der Intensität der Übernahme von Verwahrungsaufgaben abhängig ist.243 Die Haftung des Stallbetreibers kann auf vielfältige Weise begründet werden. Allerdings wird dabei häufig nur auf das Verhältnis zwischen Einstellbetrieb und Einsteller abgestellt. Die Haftung für Schäden von Dritten lässt sich wiederum nur aus der Haltereigenschaft oder Gehilfenstellung begründen, da weder der Einstellvertrag noch die spezielle Haftung nach § 970c ABGB eine Haftung für Schäden von Dritten beinhaltet.244