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Regulation der Meis2-Expression in der tektalen Anlage des Hühnchens

3. ERGEBNISSE

3.2 Regulation der Meis2-Expression in der tektalen Anlage des Hühnchens

Beginn an spezifisch im dorsalen mesenzephalischen Vesikel exprimiert. Das Expressions-muster von Meis2 weist also auf eine besondere Rolle des Transkriptionsfaktors bei der Entwicklung des optischen Tektums im Hühnchen hin.

Um zunächst einen Einblick in die Entstehung des spezifischen Expressionsmusters von Meis2 zu erhalten, wurden Fehlexpressionsstudien mit Hilfe der in ovo Mikroelektro-poration durchgeführt. Diese sollten klären, welchen regulatorischen Faktoren die Meis2-Expression im Mittelhirn unterliegt. Da die Meis2-Expression von Meis2 scharfe Grenzen zum umliegenden Gewebe aufweist wurde untersucht, ob Transkriptionsfaktoren und sezer-nierte Moleküle, welche in zur Meis2-Domäne benachbarten Regionen exprimiert werden, einen Einfluss auf die Expression von Meis2 ausüben. Fgf8 ist ein sezerniertes Protein, welcher posterior der isthmischen Einschnürung exprimiert wird. Um den Einfluss von Fgf8 auf die Expression von Meis2 zu untersuchen, wurde die vollständig kodierende Sequenz der Spleißvariante Fgf8b im mesenzephalischen Vesikel des Hühnchens HH 9 – 11 fehlexprimiert. Wie anschließende in situ Hybridisierungen an ganzen Embryos mit einer spezifischen Sonde gegen Meis2-Transkripte deutlich machten, kam es 24 h nach Elektroporation von Fgf8b zu einer Reduktion der Meis2-Expression im Mittelhirn (Abb.

10A; Pfeil, n = 7). Die Reduktion war nicht nach Elektroporation eines GFP-Kontroll-konstruktes zu beobachten (Abb. 10B; n = 5). Das Vorhandensein des elektroporierten Konstruktes in der gewünschten Region des Neuralrohrs wurde mit Hilfe von ko-elektroporiertem GFP überprüft (Abb. 10C). Diese Versuche lassen vermuten, dass das

sezernierte Protein Fgf8 die Expression von Meis2 direkt an der isthmischen Einschnürung bzw. im Hinterhirn unterdrückt.

Weitere Fehlexpressionsstudien zeigten, dass auch der Transkriptionsfaktor Pax6, der normalerweise im benachbarten Dienzephalon exprimiert wird (siehe Abb. 21), einen Einfluss auf die Meis2-Expression im Mittelhirn ausübt. Die Fehlexpression der kodieren-den Sequenz von Pax6 im Mittelhirn führte 24 h nach Elektroporation ebenfalls zu einer Unterdrückung der Meis2-Expression (Abb.10D – E’; n = 11). Hier wurden mittels einer Doppel-in situ Hybridisierung zusätzlich zu Meis2-Transkripten auch GFP-Transkripte nachgewiesen (Abb. 10E’). Dies bestätigte das Vorhandensein der elektroporierten Konstrukte im Mittelhirn und ließ erkennen, dass die Reduktion von Meis2 in den elektro-porierten Bereichen erfolgte (Abb. 10E, E’). Pax6 unterdrückt also die Expression von Meis2, was die Vermutung nahe legt, dass auf diese Weise die di-mesenzephale Grenze der Meis2-Expression entsteht.

Sonic Hegdehog (Shh), ein sezerniertes Molekül, wird während der Embryonalentwicklung in der Bodenplatte des gesamten Neuralrohrs exprimiert und in das benachbarte Gewebe sezerniert. Shh hat einen „ventralisierenden“ Einfluss auf das sich entwickelnde Neural-rohr. Es hemmt die Transkription dorsaler Markergene und induziert die Expression ventral-spezifischer Faktoren (Wilson und Maden, 2005). Um den Einfluss von Shh auf die Expression von Meis2 zu untersuchen wurde die kodierende Sequenz von Shh mittels eines retroviralen Konstruktes fehlexprimiert. Die Meis2-Expression war 48 h nach Injektion von Shh-RCAS(A) von Flecken durchbrochen, die keine Meis2-Transkripte aufwiesen (Abb. 10F, F’; n = 9). Dies war nicht nach Infektion des Gewebes mit einem retroviralen GFP-Konstrukt zu beobachten. Hier waren keine Veränderungen der Meis2-Expression zu erkennen (Abb. 10H, H’; n = 3). Somit resultierte die Fehlexpression von Shh ebenfalls in einer Unterdrückung der Meis2-Expression im Mittelhirn. Das sezernierte Protein Shh ist also ein weiterer negativer Regulator der Meis2-Expression.

Abbildung 10: Regulation der Meis2-Expression im Mittelhirn des Hühnchens. In situ Hybridisierungen an ganzen Embryos mit einer Meis2-spezifischen Sonde 24 h nach Überexpression von Fgf8-pMIWIII (A), GFP-pMIWIII (B) und Pax6-pMIWIII (D – E’) und 48 h nach Injektion von Shh-(RCAS (A)) (F, F’) oder GFP-(RCAS(A)) (H, H’). (E, E’) Rückansicht eines Embryos 24 h nach Fehlexpression von Pax6-pMiWIII.

(C) zeigt die GFP-Fluoreszenz zur Kontrolle der Elektroporation. (E’) Doppel-in situ Hybridisierung mit einer Meis2-spezifischen Sonde und einer GFP-Sonde zum Nachweis des elektroporierten Bereiches. (F’, H’) Vergrößerte Ausschnitte der Embryos in F und H. (G) In situ Hybridisierung mit einer RCS-Sonde zum exemplarischen Nachweis der Virusinfektion durch Shh-(RCAS (A)). (I) Schematische Darstellung der Meis2-Regulation im Mittelhirn des Hühnchens. Die Meis2-Expression (rot) wird durch Fgf8 am isthmischen Organisator (blau), durch Pax6 im Dienzephalon (orange) und durch Shh im ventralen Mittelhirn (grün) unterdrückt. Maßstab: A – D: 200 µm; E, E’: 200 µm; F,H: 500 µm.

Zusammenfassend zeigten diese Versuche, dass die Expression von Meis2 im Mittelhirn einer strengen negativen Regulation durch Transkriptionsfaktoren und sezernierten Faktoren, welche in benachbarten Regionen exprimiert werden, unterliegt. Gemeinsam formen diese Faktoren das Expressionsmuster von Meis2 im Mittelhirn und bewirken, dass

Meis2 in diesem Bereich des Neuralrohrs ausschließlich im dorsalen Mittelhirn exprimiert werden kann (Abb. 10I).

3.3 Funktion von Meis2 bei der Entwicklung des Tectum opticums

Um im Folgenden zu untersuchen, ob Meis2 entsprechend seines spezifischen Expres-sionsmusters eine besondere Funktion bei der Entwicklung des optischen Tektums einnimmt, wurden zunächst eine Reihe von Überexpressions- und Fehlexpressionsstudien durchgeführt. Dazu wurde auch hier die Methode der in ovo Mikroelektroporation herangezogen. Für diese Versuche wurden zwei unterschiedliche Herangehensweisen gewählt. Es wurde zum einen ein dominant negativ wirkendes Konstrukt verwendet, so dass über die Unterdrückung der Meis2-Funktion auf die Rolle von Meis2 geschlossen werden konnte. Bei diesem dominant negativ wirkenden Konstrukt (Meis2EnR) handelt es sich um ein Fusionsprotein der gesamten kodierenden Sequenz von Meis2a an die Repres-sordomäne des engrailed Proteins aus D. melanogaster (Dibner et al., 2001; Inbal et al., 2001; Heine et al., 2008). Das Fusionsprotein kann nach Überexpression an dieselben regulatorischen DNA-Zielsequenzen binden wie auch das endogene Meis2. Anstatt die Transkription des Zielgens zu induzieren, werden jedoch über die EnR-Repressordomäne Ko-Repressoren rekrutiert, und es kommt zu einer aktiven Unterdrückung der Expression von Meis2-Zielgenen. In einem zweiten Ansatz wurde die gesamte kodierende Sequenz von Meis2a, fusioniert an ein dreifaches HA-Epitop (Hämagglutinin aus dem Influenza-virus), im Hühnchenembryo fehlexprimiert. So konnte hier die Funktion von Meis2 über eine Funktionssteigerung untersucht werden. Die Funktion von Meis2 wurde in unterschiedlichen Entwicklungsstadien und auf unterschiedliche Aspekte der Tektum-entwicklung hin beleuchtet. Daher wurden die Embryos nach der Manipulation im Stadium HH 9 – 11 für unterschiedliche Zeiten bei 37 °C inkubiert. Mit Hilfe von in situ Hybridisierungen an ganzen Embryos oder an Vibratomschnitten und mit Hilfe von Immunfloureszenzfärbungen wurden die Embryos histologisch oder auf eine Veränderung der Genexpression hin untersucht. Standardmäßig wurde auch hier zusammen mit dem entsprechenden Expressionskonstrukt ein GFP-Konstrukt ko-elektroporiert, um zu gewähr-leisten, dass die Embryos, welche für die Untersuchungen eingesetzt wurden, das gewün-schte Plasmid an der richtigen Position enthielten. Um eventuelle unspezifische Effekte der Elektroporationstechnik oder des Enr-Fusionsproteins auszuschließen, wurden als Kon-trollexperimente Embryos entweder nur mit GFP, oder mit einem anderen nicht relevanten