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Meis2 bildet in der tektalen Anlage des Hühnchens Komplexe mit Otx2

3. ERGEBNISSE

3.4 Identifizierung von Meis2-Interaktionspartnern im anterioren Neuralrohr

3.4.1 Meis2 bildet in der tektalen Anlage des Hühnchens Komplexe mit Otx2

Wie die Ergebnisse der vorangegangen Kapitel gezeigt haben, übt Meis2 bei der Entwicklung des optischen Tektums eine Art Schlüsselfunktion aus. Meis2 legt tektales Zellschicksal fest und kann die Entwicklung tektumspezifischer Strukturen induzieren.

Dabei ist Meis2, im Gegensatz zu allen bisher beschriebenen Regulatoren der Tektum-entwicklung, nicht Teil der positiven Rückkopplungsschleife des MHO, welche bislang als unumgänglich für die Tektumentwicklung beschrieben wurde (Wurst und Bally-Cuif, 2001; Martinez, 2001; Nakamura et al., 2005). Daher stellte sich zunächst die Frage, welcher Mechanismus der Induktion eines tektalen Zellschicksals durch Meis2 zugrunde liegt.

Wie die in Kapitel 3.3 dargestellten Ergebnisse von Fehlexpressionsstudien mit Meis2 zeigten, ist die Tektum-induzierende Funktion von Meis2 auf die Alarplatte des Neural-rohrs anterior der Mittel-Hinterhirn Grenze beschränkt. Das anteriore Neuralrohr wird durch die Expression des Transkriptionsfaktors Otx2 gekennzeichnet und festgelegt. Somit ist die Funktion von Meis2 auf den Bereich beschränkt, in dem auch Otx2 exprimiert wird.

Otx2 ist, wie in der Einleitung beschrieben, auch für die weitere Spezifizierung von anterioren Hirnstrukturen, also für das Vorderhirn, dem Zwischenhirn und dem Mittelhirn, von Bedeutung. Daher bestand also die Möglichkeit, dass die Entwicklung tektaler Strukturen über eine Kooperation von Meis2 mit Otx2 erfolgt. Diese Hypothese wurde im Folgenden mit Hilfe unterschiedlicher biochemischer Methoden untersucht.

Die Immundetektion von Otx2 auf einem „Western-Blot“ nach Auftrennung von Gewebelysaten der tektalen Anlage in eine zytoplasmatische und eine nukleäre Zell-fraktion, sollte zunächst die zelluläre Lokalisation des Proteins überprüfen. Hier zeigte sich eine ausschließlich nukleäre Lokalisation von Otx2 im Mittelhirn des Hühnchens in den Stadien HH 14 - 16. Dies war deutlich an einer starken Bande bei 38 kDa in der nukleären Fraktion zu sehen (Abb. 30, Nukl). Zusätzlich war auch immer eine zweite, vergleichs-weise schwächere Bande bei ca. 42 kDa zu erkennen. Abbildung 30 (unten) zeigt die Immundetektion von Meis2 auf derselben PVDF-Membran. Hier war eine Bande bei ca. 48 kDa zu erkennen, die ebenfalls hauptsächlich in der nukleären Fraktion vorlag. Somit liegen in den untersuchten Entwicklungsstadien beide Proteine im Nukleus der Zellen vor.

Um eine mögliche Komplexbildung von Meis2 und Otx2 im Mittelhirn des Hühnchens zu überprüfen, wurden im Anschluss Ko-Immunopräzipitationen durchgeführt. Dazu wurden beide Zellfraktionen vereinigt und ein Teil des eingesetzten Lysates vor dem Versuch abgenommen (Abb. 30, In.). Um auszuschließen, dass Otx2 mit den eingesetzten ProteinG-Agarose-Kügelchen unspezifisch reagiert oder dass der für die Immundetektion eingesetzte Otx2-Antikörper mit Bestandteilen der aufgetragenen Kügelchen unspezifisch reagiert, wurde das Gewebelysat zunächst alleine mit der ProteinG-Agarose inkubiert. Hier waren keinerlei unspezifische Reaktionen zu erkennen (Abb. 30, ohne AK). Als Kontrolle für unspezifische Reaktionen von Otx2-Proteinen mit konservierten Regionen der Antikörper-moleküle wurde ein Antikörper gegen GFP verwendet (Abb. 30B, α-Kontroll-IgG).

Bei Verwendung des Meis2-Antikörpers konnte eine massive Präzipitation von Otx2-Proteinen beobachtet werden (Abb. 30A, IP), während sich nach einer Ko-IP mit dem Kontroll-Antikörper kein Otx2 im Präzipitat nachweisen ließ (Abb. 30B, IP). Ein Vergleich der Bandenstärken der Banden bei 38 kDa, zeigte eine starke Konzentrierung von Otx2 im Präzipitat gegenüber der eingesetzten Menge an Otx2 im Versuch mit dem Meis2-Antikörper (Abb. 30A, In, IP). Bemerkenswert ist, dass die bereits im Lysat erkennbare, schwache zweite Bande bei ca. 42 kDa ebenfalls mit dem Meis2-Antikörper präzipitierte. In der Kontrolle hingegen war auch diese Bande nicht zu finden.

Abbildung 30: Meis2 bildet in vivo Komplexe mit Otx2 in der tektalen Anlage des Hühnchens.

Nachweis von Otx2 auf einem „Western-Blot“ nach Ko-Immunopräzipitation aus nativen Lysaten von HH 14 – 16 Hühnchen-Mittelhirnen mit einem Meis2-Antikörper (A) und einem nicht relevanten Antikörper als Kontrolle (B). Unten: Immundetektion von Meis2 auf derselben Membran. Zyt: zytoplasmatische Zellfraktion; Nukl.: nukleäre Zellfraktion; In: „Input“, eingesetztes Zelllysat nach Vereinigung der zyto-plasmatischen und nukleären Zellfraktionen; Üb: Überstand; ohne AK: Zelllysat nach Inkubation mit ProteinG-Agarose-Kügelchen ohne Antikörper. W.: letzter Waschschritt; IP: Eluat der Immunopräzipitation.

Otx2 präzipitiert mit dem Meis2-Antikörper, nicht aber mit dem Kontroll-Antikörper oder mit den Kügelchen alleine.

Die Immundetektion von Meis2 auf derselben Membran als zusätzliche Kontrolle zeigte einen kompletten Verlust von Meis2-Proteinen in der Überstandskontrolle des Experi-mentes. Dies bestätigt die Bindung der endogenen Meis2-Proteine an den eingesetzten Meis2-Antikörper (Abb. 30A, unten, Üb). Im Kontrollexperiment mit dem GFP-Anti-körper hingegen, war ungefähr die gleiche Menge an Meis2 im Überstand wie vor Zugabe des Antikörpers zu sehen, so dass davon ausgegangen werden kann, dass Meis2 nicht vom GFP-Antikörper gebunden wurde (Abb. 30B, Ü). Der Nachweis von Meis2 zeigte im Präzipitat beider Versuche eine massive Färbung (Abb. 30, unten, IP). Die in der IP eingesetzten Antikörper werden ebenfalls präzipitiert. Daher ist im Experiment mit dem Meis2-spezifischen Antikörper die Immundetektion von Meis2 nicht zum Nachweis von endogenem Meis2 geeignet. Hier wurde für die Ko-IP sowie für die Immundetektion der gleiche Antikörper verwandt. Daher wird die Meis2-spezifische Bande vermutlich durch den in der Ko-IP eingesetzten Antikörper überdeckt. Im Kontrollexperiment war ebenfalls eine deutliche Färbung zu sehen, die jedoch auch auf den im Eluat der Ko-IP befindlichen GFP-Antikörper zurückzuführen ist. Der GFP-Antikörper wurde, wie auch der Meis2-Antikörper, im Kaninchen hergestellt und wurde daher bei der Immundetektion vom Zweitantikörper erkannt, welcher gegen das FC-Fragment des Kaninchens gerichtet ist.

Die starken Färbungen in den Eluaten der Ko-IPs, bestätigen somit ein massives Vor-handensein der entsprechenden Antikörper in den entsprechenden Experimenten.

Diese Ko-Immunopräzipitations-Experimente zeigten, dass Meis2 in der tektalen Anlage von HH 14 – 16 Hühnchen in vivo in Komplexen mit Otx2 vorliegt.

3.4.2 Die Meis2/Otx2-Interaktion ist DNA-unabhängig und wird über mehrere