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Regionale Untersuchungen und Studien von 1989 bis 1993 in der Unteren Süsswassermolasse und im Opalinuston

Im Dokument TECHNISCHER BERICHT 02-03 (Seite 70-75)

2 Regionale geologische Untersuchungen im Rahmen des Entsorgungsprogramms für hochaktive Abfälle

2.3 Untersuchungsprogramm Sedimentgesteine (1988–2000) .1 Sedimentstudie 1988

2.3.2 Regionale Untersuchungen und Studien von 1989 bis 1993 in der Unteren Süsswassermolasse und im Opalinuston

Aufgrund der Ergebnisse der Sedimentstudie 1988 (Nagra 1988) wurden, im Konsens mit den Aufsichtsbehörden und Experten des Bundes, der Opalinuston in der Nordschweiz und die Untere Süsswassermolasse (eine tonig-mergelige Formation mit Sandsteineinschaltungen) im Mittelland eingehender untersucht. Das Ziel der Untersuchungen war, eine breit abgestützte Datengrundlage bereitzustellen, um die Auswahl eines Sedimentgesteins erster Priorität und möglicher Untersuchungsgebiete nachvollziehbar begründen zu können. Die Ergebnisse wurden in zwei Zwischenberichten (Nagra 1991c, 1994b) veröffentlicht.

Untere Süsswassermolasse

Hauptziel der Studien über die Untere Süsswassermolasse (USM) war, zunächst den litho-logischen und faziellen Aufbau der USM in einem überregionalen Bild zusammenzufassen. Zu diesem Zweck wurden die verfügbaren Daten aus Tiefbohrungen und Seismiklinien (Nagra- und Fremddaten) aus dem Gebiet zwischen Bodensee und Neuenburgersee (Fig. 2.3-1) zum Teil neu ausgewertet und interpretiert. Unter Berücksichtigung der tektonisch-strukturellen Gegeben-heiten galt es, innerhalb der für ein Lager in Frage kommenden Tiefenbereiche Gebiete abzu-grenzen, die im Bedarfsfall für weitergehende regionale Untersuchungen in Betracht gezogen werden könnten. Hauptkriterium war die auf Bohrbefunde und seismofazielle Interpretation abgestützte Identifikation tendenziell ton- bis mergelreicher Ablagerungssequenzen.

Durchgeführte Arbeiten (1989–1993)

Die heterogene Zusammensetzung der fluvioterrestrischen Ablagerungen der Unteren Süss-wassermolasse wurde in einer regionalen Studie untersucht (Keller et al. 1990). Dabei konnten typische, die USM aufbauende Architekturelemente definiert werden, welche als sedimentäre Fazieseinheiten durch charakteristische geometrische und petrophysikalische Merkmale gekenn-zeichnet sind. Diese Studie bildete eine Grundlage für nachfolgende Untersuchungen, die eine Auswertung bestehender Daten von Tiefbohrungen und die darauf basierende seismofazielle Interpretation der Unteren Süsswassermolasse in reflexionsseismischen Linien durch den nördlichen Teil des schweizerischen Mittellands als Ziel hatten.

Als Basis für die seismofazielle Interpretation wurden verschiedene Untersuchungen und Studien zur Charakterisierung der USM in Bohrungen durchgeführt. Diese Arbeiten lassen die Möglichkeiten und Grenzen der Interpretation vorhandener Daten, aber auch von modernen Explorationsmethoden erkennen. Besonders aufschlussreich waren diesbezüglich die Befunde, welche durch Beteiligung an aktuellen Bohrarbeiten Dritter gemacht werden konnten. Dies betrifft zunächst die Untersuchungen in einem Erdsondenfeld (bei Burgdorf, Kt. Bern), wo die faziellen Architekturelemente geologisch und hydrogeologisch charakterisiert sowie ihre Erken-nung aufgrund petrophysikalischer Bohrlochmessungen erprobt werden konnte (Ammann et al.

1993). Im Winter 1992/1993 konnten in Zusammenarbeit mit der Universität Bern durch Vertiefung einer Geothermiebohrung (bei Bassersdorf, Kt. Zürich) rund 250 Meter der Unteren Süsswassermolasse mittels durchgehender Kernentnahme erschlossen und charakterisiert werden (Blaser et al. 1994). Damit ergab sich die Gelegenheit, die bereits vorher abgeschlossene seismofazielle Interpretation im östlichen Molassebecken zu überprüfen.

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Die Auswertung der Bohrresultate, vor allem auch im Zusammenhang mit den Studien über die Extrapolierbarkeit von Bohrbefunden (Bohrungen Herdern-1, Fendringen und Weiach) mit Hilfe der Seismik, hat substanziell zum Verständnis der sedimentologischen Besonderheiten der USM beigetragen.

Die Möglichkeiten und Grenzen der Interpretation bestehender (und gezielt reprozessierter) Seismiklinien bezüglich lithologisch-fazieller Aspekte der USM konnten mit den Studien von Meier (1994 a,b) aufgezeigt werden. Diese Studien bestätigten auch frühere Untersuchungen, wonach tendenziell ton- bis mergelreiche Sequenzen grösserer Ausdehnung in der USM vor-handen sind ("Aquitanian" im Osten, "Chattian" im Westen).

Fazit

Die Studien über die Möglichkeiten und Grenzen, Seismik-Daten für die Abgrenzung fazieller Architekturelemente zu verwenden, haben gezeigt, dass sich die Hauptlithologien (Sandstein, Mergel) grossräumig auch im Charakter der seismischen Fazies abzeichnen. Dem Auflösungs-vermögen sind aber auch bei guter Qualität der ausgewerteten Seismik Grenzen gesetzt; die vertikale Auflösung ist in der Regel nicht besser als einige Dekameter.

Die Untere Süsswassermolasse verfügt als potenzielles Wirtgestein sowohl im östlichen bis zentralen wie auch im westlichen Mittelland über eine vergleichsweise grosse Ausdehnung.

Allerdings ist das in Frage kommende Gesteinsvolumen durch den heterogenen Aufbau dieser fluvioterrestrischen Ablagerungen stark zu relativieren, da sich die für die Aufnahme eines Tiefenlagers potenziell geeigneten Zonen der USM auf ihre ton- bis mergelreichen Serien beschränken. Weitere Einschränkungen ergeben sich aufgrund der Vorgaben bezüglich der Tiefenlage, sowie tektonisch gestörter Zonen. Die grössten Vorbehalte bestehen indes bezüglich der Explorierbarkeit sicherheitsrelevanter Elemente, namentlich den Verlauf und die hydro-geologische Wirksamkeit von fluviatilen Rinnenfüllungen in Form von Sandstein.

Opalinuston

Für die Eingrenzung möglicher Untersuchungsgebiete im Opalinuston bestanden die Vorgaben betreffend die Langzeitsicherheit (minimale Felsüberdeckung ca. 400 m zum Schutz gegen Erosion) sowie die Maximaltiefe von ca. 900 m unter Terrain (aus Gründen der bergmännischen Erschliessung). Darauf basierend konnten zwei Gebiete abgegrenzt werden ("Nördlich Lägern–

Weinland" und "Jurasüdfuss–Bözberg", Fig. 2.3-1), wovon letzteres aus tektonischen Gründen und vor allem wegen des westlich der Aare als regionaler Aquifer in Erscheinung tretenden Hauptrogensteins (im Dach des Opalinustons) als Reserveoption eingestuft worden ist.

Bestimmendes Element des Konzepts für die regionale Untersuchung des Opalinustons (Nagra 1991c) war die Zielsetzung, den Stand der geologischen Kenntnisse über das Gebiet der Nord-ostschweiz soweit zu ergänzen, dass eines oder mehrere Teilgebiete für lokale Untersuchungen (3D-Seismik, Bohrung) abgegrenzt werden konnten.

Durchgeführte Arbeiten

Den Schwerpunkt der Felduntersuchungen bildete die Aufnahme von insgesamt rund 220 km Seismiklinien im Winter 1991/92 zur Verdichtung des bestehenden Seismik-Netzes (Nagra- und Fremddaten) im Gebiet "Nördlich Lägern–Weinland". Die Auswertung der Seismik wurde ergänzt durch eine Reihe von begleitenden Untersuchungen und Studien zum Verständnis der regionalen Geologie und der Langzeitentwicklung.

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Fig. 2.3-1: Untersuchungsgebiete für die Sedimentgesteine Opalinuston und Untere Süss-wassermolasse.

Für die Nordostschweiz konnte aufgrund der Auswertung der seismischen Daten eine regionale strukturgeologische Übersichtskarte erstellt werden (Naef et al. 1995; Fig. 2.3-2). Das Gesamt-bild basiert auf den Erkenntnissen über das vormesozoische Grundgebirge sowie über das (mesozoische und tertiäre) Deckgebirge, deren Struktur dank einer umfassenden Synthese in der zentralen Nordschweiz (Diebold et al. 1991) bereits bekannt war und im östlich anschliessenden Opalinuston-Untersuchungsgebiet durch die seismischen Daten ergänzt werden konnte. Ein Inventar der im Aufschluss kartierbaren tektonischen Strukturen trug dazu bei, die auf der Seismik beruhende strukturelle Interpretation mit den entsprechenden Informationen aus den Beobachtungen im Gelände zu vergleichen.

Die ebenfalls erstellte Karte der Grundgebirgs-Oberfläche bildet eine Grundlage für die Abgren-zung von Permokarbon mit möglichen Kohlen- und Kohlenwasserstoffvorkommen (Thury et al.

1994). Die Kartierung der Felsoberfläche aufgrund seismischer Aufzeichnungen der ober-flächennahen Schichten und einer Kompilation von zum Teil unveröffentlichten Daten von Sondierbohrungen (Nagra- und Fremddaten) ermöglichte die Lokalisation von Quartärrinnen mit bis zu 300 m unter Terrain reichenden Übertiefungen (Freimoser & Frank 1993).

In einer Studie über die fazielle Entwicklung vom Oberen Keuper bis zum Malm wurden acht relevante Tiefbohrungen (Nagra- und Fremddaten) ausgewertet, um sowohl den Opalinuston als auch die darüber und darunter liegenden Schichten in einem regionalen Rahmen zu charakteri-sieren und potenzielle Aquifere zu identifizieren. Diese Studie erlaubte die Eingliederung des Untersuchungsgebiets in ein kohärentes überregionales paläogeographisches Bild.

Solothurn

Aarau

Luzern Bern

Zürich

Neuchâtel

Fribourg Yverdon

Sarine

Aare

Reuss Aare

Thur

Basel

Baden

50 km Rhein

Frankreich

Deutschland Schaffhausen

Zürcher Weinland Opalinuston-Gebiet 1. Priorität (Zürcher Weinland)

Reserve-Gebiete Opalinuston

Reserve-Option Untere Süsswassermolasse

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Fig. 2.3-2: Regionale strukturgeologische Übersicht der Nordostschweiz auf dem Niveau

"Basis Opalinuston".

Wissensstand von 1993 (vgl. Fig. A7.1 in Nagra 1994b): Grundlage für die Abgrenzung von Untersuchungsgebieten mit geringer tektonischer Beanspruchung.

680 280280

700 260 10km

Frauenfeld

Schaffhausen Weiach

Siblingen Herdern-1 Lindau-1

A B C

B a d e n

Ir

c h e

l

H e

r

d e

r

n

-L

i

n e a m e n

t Winterthur

B

Abgrenzungskriterien(1993) InnerhalbBodensee-Graben Regionalruhiggelagert InnerhalbFernschub (kompressivüberprägt)

A B C

Tiefbohrungen imBereich BasisOpalinuston KoteBasisOpalinuston[mü.M.] NordrandFernschubWestgrenzeBodensee-Graben

-600 -600

-600

-100 -100

-600

Aufschiebung Abschiebung Flexur

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Ein Teil der in den Nagra-Bohrungen Riniken, Weiach und Schafisheim im Deckgebirge durch-geführten hydraulischen Tests wurde einer ergänzenden, auf die Sedimentgesteine fokussierten Auswertung unterzogen (Keuper, Lias, Dogger). Die hydraulischen Durchlässigkeiten im Oberen Dogger, Opalinuston und Oberen Lias sind sehr gering. Die durch Analysen von Daten aus Fremdbohrungen berechneten hydraulischen Potenziale sind allerdings mit grösseren Unsicherheiten behaftet (Johns et al. 1994).

Die Kompilation hydrogeologischer Beobachtungen in Opalinuston-Teilstrecken von Untertage-bauten (mehrheitlich Tunnel im Faltenjura) ergab den Befund, dass im Opalinuston keine Wasserzutritte oder Feuchtstellen notiert worden sind, wenn die Felsüberdeckung mehr als 200 m betrug (Gautschi 1994). Auch der oberflächennahe Opalinuston der Schwäbischen Alb ist, unterhalb einer 10 bis 30 m mächtigen wasserführenden Auflockerungszone, durch eine sehr geringe Durchlässigkeit gekennzeichnet (Hekel 1994).

Fazit

Die prinzipielle Eignung des Opalinustons als Wirtgestein konnte im regionalen Massstab bestätigt werden, ebenso das Vorhandensein weiterer geringdurchlässiger Schichten über und unter dem Opalinuston, die als Rahmengesteine mit zusätzlicher Barrierenfunktion in Betracht gezogen werden können.

In der sedimentären Schichtserie und namentlich im Opalinuston wurden in den seismischen Profilen Mächtigkeitsänderungen erfasst. Die darauf basierenden Isopachenkarten zeigten eine Opalinuston-Mächtigkeit von 100 bis 120 m.

Die Eigenschaften des Opalinustons, insbesondere seine Mächtigkeit, wurden mithin im gesam-ten Untersuchungsgebiet in erster Näherung als konstant angenommen; demnach wurde das Kriterium der tektonischen Beanspruchung richtungsweisend für die weitere Abgrenzung möglicher Standortgebiete. Die Untersuchungsergebnisse der regionalen Seismik in der Nord-ostschweiz ermöglichten eine Gliederung in verschiedene Teilgebiete mit unterschiedlicher tektonischer Beanspruchung; Figur 2.3-2 dokumentiert den damaligen Wissensstand.

A: Ein Teilgebiet im westlichen Randbereich des Hegau–Bodensee–Grabens, mit tendenziell eher extensiver Deformation

B: Zwei dem (unter die Molasse einfallenden) Tafeljura zugehörige Teilgebiete mit regional ruhiger Schichtlage, ohne Anzeichen für tektonische Verformung

C: Ein Teilgebiet innerhalb der noch vom alpinen Fernschub geprägten Zone nördlich der Lägern (Vorfaltenzone), mit Anzeichen kompressiver Beanspruchung

In den Teilgebieten konnten bis mehrere Quadratkilometer grosse, von Störungen weitgehend unbeeinflusste Kompartimente im Opalinuston abgegrenzt werden. Die Präferenz für die Teil-gebiete des molassebedeckten Tafeljuras (B) war durch Fehlen grösserer Anzeichen für De-formationen begründet.

Nicht nur die Merkmale und Qualitäten des Opalinustons – als Material an sich –, auch die regionaltektonischen Verhältnisse in der Nordostschweiz erfüllten also aufgrund des damaligen Kenntnisstandes prinzipiell die Anforderungen an ein Wirtgestein in einer geologisch günstigen Gesamtsituation.

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2.3.3 Konsens über Priorität und Konzept für die lokale Erkundung des

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