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Die Zulässigkeit der Drittbegünstigung setzte sich im 20. Jahrhundert in allen Rechtsordnungen von Europa durch. In Frankreich wurde im Jahr 1930 die Lebensversicherung für fremde Rechnung kodifiziert. In Portugal wurde im gleichen Jahr ein Paragraph ergänzt um klarzustellen, dass der Dritte ein Forderungsrecht hat.

Auch im griechischen Gesetzbuch von 1940 wurde die Drittbegünstigung anerkannt. In Italien wurde im Jahr 1942 die Gültigkeit des Vertrags zugunsten Dritter kodifiziert, jedoch mit der Voraussetzung, dass der Promissar ein Interesse an der Leistung vorweisen kann. Die Rechtsprechung ließ jedoch ein moralisches Interesse genügen.

Das Gesetzbuch der Niederlande von 1992 erklärte den Vertrag zugunsten Dritter ebenfalls für zulässig. In England hingegen fand der Vertrag zugunsten Dritter 1915 keine Anerkennung. Im Verlauf des Jahrhunderts wurden von der Rechtsprechung immer mehr Ausnahmen judiziert. Die Anerkennung des Vertrags zugunsten Dritter erfolgte erst im Jahr 1999 durch den Contracts (Rights of Third Partys) Act. 183

Das deutsche BGB trat in Relation zum ABGB erst relativ spät im Jahre 1900 in Kraft. 184 Bei den Vorarbeiten zum BGB war die Zulässigkeit des Vertrags zugunsten Dritter und somit der Drittbegünstigung grundsätzlich anerkannt. 185

8.2. Entstehungsgeschichte des BGB

Im Jahr 1863 trat das sächsische Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft. In diesem Werk wurde der Vertrag zugunsten Dritter anerkannt. Für die Unwiderruflichkeit der Begünstigung war jedoch die Annahmeerklärung des Dritten erforderlich. Bald darauf wurde mit den Vorarbeiten zum BGB begonnen. 186

183 Vgl. Vogenauer in Schmoeckl/Rückert/Zimmermann (Hrsg), Historisch kritischer Kommentar zum BGB, Band II Schuldrecht: Allgemeiner Teil §§ 241-432 (2007) §§ 328-335 Rz 59.

184 Vgl. Parapatits, Vertrag 28.

185 Vgl. Vogenauer in Schmoeckl/Rückert/Zimmermann (Hrsg), BGB §§ 328-335 Rz 57.

186 Vgl. Wesenberg, Vertrag 130.

Für das Schuldrecht im BGB war Franz Phillip von Kübel zuständig. Für ihn war die römische Regel alteri stipulari nemo potest nicht mehr mit dem Verkehrs- und Rechtsleben vereinbar. Von Kübel überreichte einen Entwurf über die volle und unbeschränkte Wirksamkeit der Verträge zugunsten Dritter der Ersten Kommission, von welcher noch vereinzelt Kritik geübt wurde.

Die Erste Kommission beschloss jedoch in Folge im Einklang mit von Kübel, dass ein besonderes Interesse des Promissars an der Drittleistung nicht erforderlich sei, damit der Vertrag zugunsten Dritter Wirksamkeit entfaltet. Dieser Entwurf wurde veröffentlicht und von niemanden mehr in Frage gestellt. In weiterer Folge konnte die Drittbegünstigung in § 328 BGB geregelt und durch das Inkrafttreten des BGB im Jahr 1900 bedungen werden. Der Vertrag zugunsten Dritter fand auch in das geplante nationalsozialistische Volksgesetzbuch sowie in das Zivilgesetzbuch der DDR von 1976 Eingang. 187

8.3. Der Vertrag zugunsten Dritter in § 328 BGB

§ 328 des deutschen BGB lautet wie folgt:

§ 328 (1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

(2) In Ermanglung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.188

Durch Willenseinigung im Deckungsverhältnis zwischen Versprechenden und Versprechensempfänger erwirbt der Dritte ein eigenes Forderungsrecht gegen den

187 Vgl. Vogenauer in Schmoeckl/Rückert/Zimmermann (Hrsg), BGB Rz 57 f.

188 Vgl. Parapatits, Vertrag 28.

Versprechenden. § 328 BGB beschränkt den Vertrag zugunsten Dritter nicht auf bestimmte Rechtsgeschäfte, die Drittbegünstigung kann vielmehr zu jedem erlaubten Zweck erfolgen. Notwendig ist lediglich die Willenseinigung der Parteien. 189 Wie in Österreich wird in Deutschland das Rechtsinstitut in den echten und unechten Vertrag zugunsten Dritter unterteilt. Der Rechtserwerb des Dritten hängt wie im ABGB vom Willen der Parteien und deren Vertragsinhalt ab. Der Dritte muss auch keine Mitwirkungshandlungen für einen gültigen Rechtserwerb setzen.

Der deutsche Gesetzgeber war sich uneinig ob das unmittelbare, selbstständige und eigene Forderungsrecht des Dritten durch originären oder abgeleiteten Rechtserwerb begründet wird und äußerte sich in Folge im BGB nicht dazu. Der Dritte erwirbt das Recht in dem Zeitpunkt, der von den Kontrahenten bestimmt wurde.

Ansonsten ist dies aus den Umständen, also insbesondere dem Vertragszweck zu entnehmen. Eine Ausnahme normiert § 331 I BGB für eine Drittbegünstigung, die als Zeitpunkt der Leistung den Tod des Versprechensempfängers beinhaltet. Dann erwirbt der Dritte das Recht im Zweifel zum Zeitpunkt des Todes des Versprechensempfängers.

Nach § 333 II BGB kann das Recht des Dritten nicht widerrufen werden, weil der Versprechensempfänger vor der Geburt des Dritten verstirbt. Gemäß § 332 BGB können die Kontrahenten eine Parteienvereinbarung abschließen, wonach dem Versprechensempfänger die einseitige Befugnis zukommt, die Begünstigung des Dritten durch eine Verfügung von Todes wegen zu entziehen. Diese Regelung unterscheidet sich vom ABGB, da sich hier die Widerruflichkeit nach dem Zeitpunkt der Rechtsentstehung richtet. Der Dritte kann die Leistung fordern und auch Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung geltend machen. Durch die Rechtsprechung und Lehre ist ebenso anerkannt, dass der Dritte Haftungsfreizeichnungen oder Haftungsausschlüsse des Versprechensempfängers gegenüber dem Versprechenden geltend machen kann. 190

189 Vgl. Parapatits, Vertrag 28 f.

190 Vgl. Vogenauer in Schmoeckl/Rückert/Zimmermann (Hrsg), BGB Rz 61 ff.

Wie im ABGB seit 1816 wird dem Dritten in § 333 BGB das Recht zuerkannt, die Begünstigung mit rückwirkender Kraft zurückzuweisen. 191

§ 335 BGB normiert, das im Zweifel auch der Versprechensempfänger neben dem Dritten die Leistung an den Dritten fordern kann. In der Vorlage der Vorkommission für das BGB konnte der Versprechensempfänger wie im ABGB die Leistung an den Dritten stets fordern. Die Zweite Kommission wandelte diese Vorlage in die heute noch Geltung genießende Zweifelsregelung um. Problematisch ist in dieser Hinsicht vor allem, dass unklar bleibt ob die Gestaltungsrechte im Falle von Leistungsstörungen dem Versprechensempfänger oder dem Dritten zukommen.

Nach § 334 BGB erhält der Versprechende das Recht, alle Einwendungen die er gegen den Versprechensempfänger einwenden könnte, auch gegenüber den Dritten geltend machen kann. 192

191 Vgl. Parapatits, Vertrag 28.

192 Vgl. Vogenauer in Schmoeckl/Rückert/Zimmermann (Hrsg), BGB Rz 113 ff.