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Die Entstehung der Kodifikationen war in Europa auf das Streben nach Rechtssicherheit, nach Rechtsvereinheitlichung und auf die Verdrängung des römisch-gemeinen Rechts durch das Naturrecht zurückzuführen. In Deutschland wurde von manchen bereits im 17. Jahrhundert eine Kodifikation des Rechtsstoffes gefordert. Die Kodifikation wurde zur Aufgabe der modernen Großstaaten des 18. Jahrhunderts. 90

4.2. Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis

Alleiniger Schöpfer des Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis war Aloysius Wiguläus Freiherr von Kreittmayr. Dieser Codex für Bayern erschien im Jahr 1756 und ist eher als Vorstufe zu den naturrechtlichen Kodifikationen anzusehen. Das Werk ist neben dem starken Einfluss vom Usus Modernus Pandectarum noch von der Subsidiarität des römisch-gemeinen Rechts geprägt. 91

Kreittmayer entschied sich für Normen die sich zwischen Naturrecht, römischen Recht, einheimischen Gesetzesrecht, älteren Gewohnheiten und neuer gerichtlicher Rechtspraxis bewegten. Er entschied sich somit für einen Kodex, der ganz dem Usus modernus iuris romani in foro germanico entsprach. Es wurden nur Normen in den Kodex hineingenommen, die unter Offenlegung der Quellen und Abwägung der Möglichkeiten, vernünftige Lösungen anboten. Das Vertragsrecht wurde den naturrechtlichen Merkmalen von Konsensualität, Formfreiheit und Typenfreiheit gerecht. 92

90 Vgl. Meder, Rechtsgeschichte3 (2008) 251 ff.

91 Vgl. Kocher, Grundzüge der Privatrechtsentwicklung und der Geschichte der Rechtswissenschaft in Österreich2 (1997) 62 f.

92 Vgl. Luig, Die Grundsätze des Vertragrechts in Kreittmayrs Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1756 in (Bauer/Schlosser Hrsg), Wiguläus Xaver Aloys Freiherr von Kreittmayr 1705-1790: Ein Leben für Recht, Staat und Politik (1991) 60 (60 ff).

Gemäß Teil IV Cap. 1 § 13 Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis konnte für all jene, welche man zwecks väterlicher Gewalt oder Curatel oder sonst von Rechtswegen zu vertreten hatte, stipuliert werden. Für andere Dritte konnte nur insoweit stipuliert werden, als es ihnen nützlich war und nach der Hand angenommen oder ratifiziert wurde. In diesem Fall war zu unterscheiden, ob für einen Dritten conjunctive, privative oder alternative stipuliert wurde. Wurde privative stipuliert verwehrte das römische Recht die Stipulation. Wurde conjunctive stipuliert, ließ das römische Recht die Stipulation zur Hälfte zu, also zu den Teil der den Stipulanten betraf. Wurde alternative stipuliert, wurde dies vom römischen Recht zugelassen.

Hinsichtlich des Dritten aber nur insoweit, dass er statt des Stipulanten die Bezahlung annehmen konnte, nicht aber fordern oder sich zueignen konnte.

Weiters war im Codex jedoch normiert, dass nach deutschem Recht die Stipulation in allen drei Fällen zulässig war. Bei der privativen Stipulation kam diese dem Dritten allein und privative, bei der conjunctiven zu gleichen Teilen, sofern nichts anderes festgelegt wurde, und bei der alternativen Stipulation entweder dem Stipulanten oder dem Dritten, welchen der Debitor von beiden wählte, zu Gute. 93

Kreittmayr bemerkte zu der Abkehr vom römischen Recht, dass der Grundsatz alteri stipulari nemo potest weder mit dem Christentum, wonach einer dem anderen Gutes tun sollte, noch mit der Menschlichkeit kombinierbar war. Die Lehre als auch die Praxis waren sich einig, dass der Grundsatz nur noch in jure romano civili und stricto begründet war, nicht aber in jure naturale, cononici, consuetudinario communi oder germanico.

Die vertragsschließenden Parteien können, bevor die Ratifikation erfolgt, den Vertrag wieder aufheben. Nach der Ratifikation kann der Vertrag ohne Mitwirkung des Dritten nicht mehr aufgehoben werden. 94

Der Vertrag zugunsten Dritter wird im Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis unter die Kategorie der Stellvertretung gestellt. Der Vertrag zugunsten Dritter ist gültig, soweit er vom Dritter hinterher genehmigt wurde. 95

93 Vgl. Unger, Verträge zugunsten Dritter (1869) 92 f.

94 Vgl. Bayer, Vertrag 57 f.

4.3. Allgemeines Preußisches Landrecht von 1794

Erste Versuche für ein Allgemeines Preußisches Landrecht wurden 1714 unter Friedrich Wilhelm I. mit der Juristenfakultät Halle und Thomasius unternommen. Im Jahre 1738 wurde Cocceji mit der Schaffung eines auf Grundlage des römisch-gemeinen Rechts basierenden Gesetzbuches beauftragt. 1746 erging ein erneuter Auftrag an Cocceji, er solle das Gesetzbuch auf Basis der Landesverfassung und der Vernunft schaffen. 1751 erschien der erste Teil des Gesetzbuches mit dem Personenrecht. Wegen des Todes von Cocceji und Geldknappheit wurde das Werk jedoch nicht vollendet. Im Jahr 1780 wurde unter der Leitung des Kanzlers Johann Heinrich Casimir von Carmer und seinem Mitarbeiter Carl Gottlieb Svarez die Arbeit an dem Gesetzbuch fortgesetzt und später mit Erfolg beendet. 96

Im § 75 I 5 des Allgemeinen Preußischen Landrecht war der Vertrag zugunsten Dritter grundsätzlich anerkannt, denn Gegenstand eines Vertrags können die Vorteile eines Dritten sein. Es wurde kein Eigeninteresse des Promissars an der Leistung verlangt, aber der Vertrag war nur zwischen den vertragschließenden Parteien bindend und berechtigte nur den Promissar die Leistung vom Promittenten zu fordern.

Der Dritte erwarb erst selbst ein Recht, nachdem er dem Vertrag mit Bewilligung der Hauptparteien beigetreten war. Bis der Beitritt des Dritten erfolgte, konnten die Kontrahenten den Vertrag ändern oder sogar aufheben. Wurde der Dritte zum Vertragsbeitritt aufgefordert, mussten die Hauptparteien die Antwort des Dritten abwarten. 97

Der uneigentliche Vertrag zugunsten Dritter war nach dem Allgemeinen Preußischen Landrecht erlaubt. 98 Die geforderte Bewilligung der Hauptparteien konnte jedoch die Berechtigung des Dritten vereiteln, wenn der Promittent der Aufforderung zum Beitritt durch den Promissar widersprach. Das Preußische Obertribunal entschied demnach, dass eine gemeinsame Bewilligung nur für solche Verträge zugunsten Dritter erforderlich war, bei denen beide Hauptparteien einen

95 Vgl. Unger, Verträge 94.

96 Vgl. Kocher, Privatrechtsentwicklung2 63.

97 Vgl. Gareis, Verträge 165; Wesenberg, Verträge 119; Bayer, Vertrag 58 f.

98 Vgl. Wesenberg, Verträge 119.

Vorteil für den Dritten bezweckten. Hatte jedoch nur der Promissar ein Interesse an der Drittbegünstigung, dann konnte nur dieser über den Beitritt des Dritten befinden. 99

4.4. Code Civil

Auf Grund der französischen Revolution wurde eine umfassende und einheitliche Gesetzgebung zu einem nationalen Anliegen. In der konstituierenden Versammlung 1790 wurde eine Kodifikation gefordert. Der Code Civil trat 1804 in Kraft und wurde zur erfolgreichsten naturrechtlichen Kodifikation. 100

Die Regelungen über Verträge zugunsten Dritter im Code Civil wurden hauptsächlich von Pothier erarbeitet. Dieser hielt an der römischen Regel alteri stipulari nemo potest fest und sprach sich somit gegen eine vertragliche Drittberechtigung aus. Ein im eigenen Namen geschlossener Vertrag konnte keinen Dritten berechtigen oder verpflichten. Ein anderer Artikel erkannte jedoch die Drittstipulation unter gewissen Voraussetzungen an. Der Promittent und der Promissar konnten eine Drittbegünstigung vereinbaren, wenn ein Eigeninteresse des Promissars an der Leistung für den Dritten vorhanden war. 101

99 Vgl. Bayer, Vertrag 59 f.

100 Vgl. Meder, Rechtsgeschichte3 260 ff.

101 Vgl. Müller, Entwicklung 153 f; Bayer, Vertrag 61 f.

5. Historische Rechtsschule