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Rechtlicher Rahmen für Kraftstoffe aus erneuerbaren Quellen

1.5 Deutschland

1.5.1 Rechtlicher Rahmen für Kraftstoffe aus erneuerbaren Quellen

Die Vorgaben der Erneuerbare-Energien-Richtlinie für den Verkehrssektor werden in Deutschland über

§ 37a–h des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz(BIMSCHG)) und die nachgeordneten Verordnungen zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (36.,37.,

UND 38. BIMSCHV) implementiert. Tabelle 1-4 enthält eine Übersicht der darin enthaltenen Verpflichtungen zur Treibhausgasminderung bei Kraftstoffen für die Jahre 2022 bis 2030. Analog zur RED II gibt es neben dem übergeordneten Ziel eine Unterquote für fortschrittliche Biokraftstoffe aus dafür definierten biogenen Rohstoffen bzw. Ressourcen. Darüber hinaus erfolgt eine verbindliche Festlegung einer Unterquote für die Luftfahrt ab 2026. Hier existieren noch keine europäischen Vorgaben, sie sollen jedoch zukünftig etabliert werden, wie in Abschnitt 1.6.1 beschrieben.

Tabelle 1-4 Ziele der nationalen RED-II-Umsetzung in Deutschland, Power-to-Liquid (PTL), Datenbasis: [THGMQWG (2021)]

Ziele Mindestanteil 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030

An die Erfüllung der vorgegebenen Quoten sind weitere Rahmenbedingungen geknüpft hinsichtlich der Begrenzung oder mehrfachen Anrechnung einzelner Optionen. Diese sind in Tabelle 1-5 zusammen-fassend dargestellt. Die deutsche THG-Quote orientiert sich dabei zwar am Rahmen der RED II (Abschnitt 1.4), weicht in den Details der Ausgestaltung allerdings auch davon ab.

Tabelle 1-5 Randbedingungen für Erfüllungsoptionen innerhalb der THG-Quote der RED-II-Umsetzung in Deutschland, Hinweis: erfolgt keine Angabe je Jahr, gibt es keine Vorgaben bzgl. der Mindest-/Maximalanteile, Datenbasis: [38.

BImSchV (2021)]

Anteil energetisch maximal 1,9%

Konventionelle Biokraftstoffe aus Rohstoffen, die auch den Nahrungs- und Futtermittelsektor bedienen

Anteil energetisch maximal 4,4%

Biokraftstoffe aus Rohstoffen mit hohem Risiko indirekter

Landnutzungsänderung (Palmöl)

ab 2022: maximal 0,9% ab 2023: 0%

Erfüllungsoption Erläuterung Bedingung Elektrischer Strom Strom für Elektrofahrzeuge1 3-fache Anrechnung;

Anpassungsmechanismus2 Upstream Emission Reduction (UER) THG-Vermeidung durch UER bis 2026: maximal 1,2 %

ab 2027: 0 %

Die Inverkehrbringer von Otto- und Dieselkraftstoffen sind zur Erfüllung der Quote zur THG-Vermeidung verpflichtet und müssen diese entsprechend den rechtlichen Anforderungen gegenüber der Quotenstelle nachweisen. Das Verfahren zu Handel und Nachweis der THG-Quote ist in Abbildung 1-3 vereinfacht schematisch dargestellt. Derzeit wird der überwiegende Teil der Quote durch die Beimischung von Biokraftstoffen in Otto- und Dieselkraftstoff realisiert (Mitte der Abbildung). In diesem Fall wird der erneuerbare Kraftstoff als Erfüllungskomponente der Quote vom Verpflichteten selbst in Verkehr gebracht, und der Nachweis erfolgt direkt gegenüber der zuständigen Quotenstelle beim Hauptzollamt.

Sofern die Erfüllung der Quote durch einen Kraftstoff, jedoch nicht durch die Beimischung in Otto- oder Dieselkraftstoff erfolgt, muss eine Übertragung der Verpflichtung zur Quotenerfüllung vom Verpflichteten, dem Mineralölunternehmen, an eine(n) Dritte(n) erfolgen, dargestellt im rechten Teil der Abbildung.

Diese(r) weist dann anstelle der/des Verpflichteten die entsprechende Erfüllung gegenüber der Quotenstelle nach. Dies ist beispielsweise bei Biomethan als erneuerbarem Substitut für CNG oder LNG oder bei der Anrechnung von erneuerbaren Reinkraftstoffen wie beispielsweise Biodiesel oder Pflanzenöl der Fall. Die Anrechnung von Strom im Straßenverkehr erfolgt gemäß dem im linken Teil der Abbildung dargestellten Vorgehen. Zur Anrechnung auf die THG-Quote kann die Menge an Strom gelangen, die über öffentlich zugängliche Ladepunkte oder über nicht öffentlich zugängliche Ladepunkte entnommen wurde.

Letzteres ergibt sich aus dem Nachweis durch den Stromanbieter oder einen Dritten über die Anzahl an Stromkunden, auf die nachweislich ein reines Batterieelektrofahrzeug zugelassen ist, in Verbindung mit einem Schätzwert von 2.000 kWh pro Jahr und Fahrzeug für Pkw, 3.000 kWh für leichte Nutzfahrzeuge der Klasse N 1 sowie 72 000 kWh für Busse [Bekanntmachung Anrechnung Strom (2021)]. Diese Schätzwerte sind bis auf Weiteres ab dem Kalenderjahr 2022 anzuwenden, bis zum Jahr 2021 wurde für batterieelektrische Pkw ein Wert von 1.943 kWh pro Jahr und Fahrzeug verwendet [Bekanntmachung Anrechnung Strom (2017)]. Die resultierende Minderung kann wiederum über einen entsprechenden Handel und die formale Übertragung der Quotenverpflichtung auf eine(n) Dritte(n), in diesem Fall die Stromanbieter, auf die Quote Anrechnung finden [38. BImSchV (2021)]. Der Emissionsfaktor für Strom für den Verkehrssektor wird jährlich angepasst und im Vorjahr durch das Umweltbundesamt (UBA) festgelegt und veröffentlicht. Für das Kalenderjahr 2021 beträgt er 147 kg CO2-Äq./GJ (UBA 2020), für das Kalenderjahr 2022 nur noch 119 kg CO2-Äq./GJ [Bekanntmachung THG-Minderung (2021)]. Die Ermittlung der Treibhausgasvermeidung erfolgt nach einer definierten Methode (Abbildung 1-4).

Inverkehrbringer von flüssigen oder gasförmigen biogenen Kraftstoffen können diese nur dann auf die Quotenverpflichtung anrechnen lassen, wenn sie belegen können, dass diese die gemäß Biokraft-NachV

Strom aus öffentlichen und privaten Ladepunkten

(Verordnung über Anforderungen an eine nachhaltige Herstellung von Biokraftstoffen (Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung)) erforderlichen Nachhaltigkeitskriterien erfüllen [Biokraft-NachV (2009)].

Dieser Nachweis wird über die staatliche Web-Anwendung Nachhaltige-Biomasse-Systeme (Nabisy) der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) erbracht.

Abbildung 1-3 Quotennachweis und -handel in Deutschland (Übertragung der Erfüllung der Verpflichtung auf Dritte), Hinweis:

vereinfachte schematische Darstellung ohne Anspruch auf Vollständigkeit, Quotenhandel entspricht Übertragung der Erfüllung der Verpflichtung auf Dritte(n), weiterführende Informationen: [DV THG-Quote (2016)]

Die THG-Vermeidung, siehe auch Abschnitt 7.3.1, gemäß dem Ziel der Quote berechnet sich grundsätzlich aus dem Verhältnis von (realen) Emissionen im Verkehr (Abbildung 1-4, in der Formel als Zähler) gegenüber einem Referenzwert (in der Formel als Nenner). Den Zähler bildet die Summe der jeweils eingesetzten energetischen Menge des Kraftstoffes multipliziert mit dessen spezifischem Emissionsfaktor (oder einem Standardwert) unter Berücksichtigung von Mehrfachanrechnungen und eventuellen Faktoren der Antriebseffizienz. Der Nenner stellt wiederum die Summe aller im Zähler berücksichtigten Energiemengen, inklusive eventueller Mehrfachanrechnungen, multipliziert mit dem Basiswert von 94,1 kg CO2-Äq./GJ dar. Bis zum Verpflichtungsjahr 2026 werden zudem vorgelagerte

Quotenhandel = Übertragung der Erfüllung der Verpflichtung auf Dritte(n)

© DBFZ 12/2021

Emissionsminderungen (engl.: Upstream Emission Reduction – UER) bis maximal 1,2 % in der Quote berücksichtigt.

Abbildung 1-4 Vereinfachte Formel zur Berechnung der THG-Quote ab 2022, detaillierte Formel unter https://www.dbfz.de/Monitoring-EE-im-Verkehr/rahmenbedingungen [Naumann (2021b)]

Der fossile Kraftstoffmix bestimmt zunächst aufgrund definierter Emissionsfaktoren für alle fossilen Flüssigkraftstoffoptionen die Höhe der erforderlichen THG-Vermeidung. So erfordert der derzeit relativ hohe Anteil von Dieselkraftstoff faktisch eine höhere THG-Vermeidung als nur die gemäß BImSchG vorgegebenen Mindestanteile. Alle Faktoren sowie Randbedingungen zur Quote sind in Tabelle 1-5 zusammengefasst, die Berechnung folgt einer komplexen Systematik, die Formel dazu kann auf der Website abgerufen. [DBFZ (2022)]

Die Verordnung über Anforderungen an eine nachhaltige Herstellung von Biokraftstoffen (Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung (BIOKRAFT-NACHV)) trat 2009 in Kraft, um die Vorgaben der EU-Richtlinien 2009 / 30 / EG und 2009 / 28 / EG zu erfüllen, wobei für 2022 eine Revision geplant ist. Biokraftstoffe, die auf die Biokraftstoffquote angerechnet werden, müssen die in der Verordnung enthaltenen Kriterien erfüllen. Die Berechnung der THG-Emissionen erfolgt nach der in der Verordnung festgelegten Methodik.

Der Nachweis über die Einhaltung dieser Anforderungen erfolgt über dafür installierte Zertifizierungssysteme. [Biokraft-NachV (2009)] Seit Januar 2011 müssen alle in Deutschland auf die Quote angerechneten Biokraftstoffe entsprechend den Anforderungen der Biokraft-NachV zertifiziert sein. Der Nachweis über die Erfüllung der Anforderungen erfolgt über Zertifizierungssysteme, welche auf nationaler Ebene durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) bzw. auf europäischer Ebene durch die Europäische Kommission zugelassen sein müssen.

Die Verordnung zur Anrechnung von Upstream-Emissionsminderungen auf die Treibhausgasquote (Upstream-Emissionsminderungs-Verordnung (UERV)) regelt die Ermittlung und Anrechnung von Upstream-Emissionsminderungen sowie deren Nachweisführung. Upstream-Emissionen sind sämtliche Treibhausgasemissionen, die entstehen, bevor der Raffinerierohstoff für fossile Otto-, Diesel- und Flüssig-gaskraftstoffe in die Raffinerie oder Verarbeitungsanlage gelangt. Auf Basis der UERV können bis zu 1,2 % Treibhausgasvermeidung durch die Reduktion der Emissionen dieser Vorkette auf das Treibhaus-gasminderungsziel nach § 37a BIMSCHG angerechnet werden. [UERV (2018)] Für das Quotenjahr 2020 wurden Emissionsminderungen durch UER in Höhe von insgesamt 783.000 t CO2-Äq. verifiziert (eigene Berechnung auf Basis von [DEHSt (2021)], Stand 21.12.2021), was einem Beitrag von etwa 0,37 % zur THG-Quote entspricht.

Die Verordnung über die Beschaffenheit und die Auszeichnung der Qualitäten von Kraft- und Brennstoffen (Zehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (10. BIMSCHV)) stellt Anforderungen an die Beschaffenheit von Ottokraftstoffen, Dieselkraftstoff, Biodiesel, Ethanolkraftstoff, Flüssiggaskraftstoff, Erdgas und Biogas sowie Pflanzenölkraftstoff jeweils im geschäftlichen Verkehr mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern [10. BImSchV (2019)]. Sie gibt Inhalt und Form der Auszeichnung der Kraftstoffe und die an den Kraftfahrzeughersteller oder -einführer gerichteten Anforderungen an die Bekanntmachung der empfohlenen Kraftstoffqualitäten vor. Teilweise werden Verweise auf spezifische Kraftstoffnormen verwendet (siehe Abschnitt 6.1). So müssen etwa

𝑇𝐻𝐺 − 𝑄𝑢𝑜𝑡𝑒 ≤100 % 𝑒𝑖𝑛𝑔𝑒𝑠𝑒𝑡𝑧𝑡𝑒 𝑀𝑒𝑛𝑔𝑒 𝐾𝑟𝑎𝑓𝑡𝑠𝑡𝑜𝑓𝑓×𝐸𝑚𝑖𝑠𝑠𝑖𝑜𝑛𝑠𝑓𝑎𝑘𝑡𝑜𝑟×𝐴𝑛𝑡𝑟𝑖𝑒𝑏𝑠𝑓𝑎𝑘𝑡𝑜𝑟×𝐹𝑎𝑘𝑡𝑜𝑟𝑓ü𝑟 𝑑𝑖𝑒 𝑀𝑒ℎ𝑟𝑓𝑎𝑐ℎ𝑎𝑛𝑟𝑒𝑐ℎ𝑛𝑢𝑛𝑔 − 𝑈𝐸𝑅 (𝑒𝑖𝑛𝑔𝑒𝑠𝑒𝑡𝑧𝑡𝑒 𝑀𝑒𝑛𝑔𝑒 𝑑𝑒𝑟 𝐾𝑟𝑎𝑓𝑠𝑡𝑜𝑓𝑓𝑎𝑟𝑡×𝐹𝑎𝑘𝑡𝑜𝑟 𝑓ü𝑟 𝑑𝑖𝑒 𝑀𝑒ℎ𝑟𝑓𝑎𝑐ℎ𝑎𝑛𝑟𝑒𝑐ℎ𝑛𝑢𝑛𝑔) ×𝐵𝑎𝑠𝑖𝑠𝑤𝑒𝑟𝑡

entsprechen (§ 4(1)). Andere Dieselkraftstoffnormen wie beispielsweise die DIN EN 15940 (paraffinische Dieselkraftstoffe), der der biobasierte Reinkraftstoff HVO-Diesel (Diesel aus hydroprozessierten Pflanzenölen, engl.: Hydrotreated Vegetable Oils – HVO) zugeordnet wird, sind laut 10. BImSchV für Deutschland nicht zugelassen.