• Keine Ergebnisse gefunden

5 Marktübersicht

5.2 Produktion

Im Jahr 2020 hat die COVID-19-bedingte pandemische Situation die Nachfrage nach Kraftstoffen und damit auch den Bedarf an erneuerbaren Energien im Verkehr weltweit deutlich verändert. Die Auswirkungen sind auch noch im Jahr 2021 zu bemerken und werden ggf. auch in den folgenden Jahren zu spüren sein. Weltweit ist Bioethanol weiterhin der bedeutendste regenerative Kraftstoff im Verkehrs-sektor. Die weltweite Bioethanolproduktion ist infolge von COVID-19 im Jahr 2020 geringer ausgefallen als ursprünglich erwartet. Vor allem die USA und Brasilien waren stark betroffen, da ihre Bioethanol-märkte von Kraftstoffalkohol dominiert werden. Der weltweite Produktionsrückgang von Bioethanol betrug etwa 10 % im Jahr 2020. Für die Jahre 2021 und 2022 wird für Bioethanol als Kraftstoff ein Wachstum um insgesamt 4 % bzw. 5 % erwartet, womit die verfügbare Menge auch im dritten Jahr nach Ausbruch der Pandemie noch unterhalb der verfügbaren Menge von 2019 bliebe. [IHS Markit (2021g), (2021l)] Kurz- bis mittelfristig werden weltweit neue Absatzmärkte für Biokraftstoffe im Allgemeinen und solche aus bisher noch unbedeutenden Ausgangsstoffen im Besonderen in den Fokus rücken. Neben den historisch gewachsenen Schwerpunkten der Produktion von FAME und HVO/HEFA bauen vor allem asiatische Produzenten derzeit ihre Rolle als Lieferant von modernen Biokraftstoffen aus. Diese Anbieter von fortschrittlichem FAME und HVO/HEFA zielen auch auf die europäischen und die US-amerikanischen Importmärkte ab, angereizt durch die Dekarbonisierungsziele für den Straßen-, Luft- und Seeverkehr in Europa und den USA sowie deren Präferenzen für fortschrittliche Rohstoffe (Abschnitt 1).

In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben die Maßnahmen zur Beschränkung von Kontakten Mobilität und Kraftstoffverbrauch im Straßenverkehr reduziert, wobei der Rückgang an Ottokraftstoffen deutlich stärker ausfiel als bei Diesel. Durch diesen Rückgang sank auch die Produktion von Bioethanol-kraftstoff in Europa um 8 % im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr. Das Niveau von 2019 wird wahr-scheinlich erst im Jahr 2022 wieder erreicht. [IHS Markit (2021g), (2021h)] Die Nachfrage nach Diesel ist im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 4 % zurückgegangen. Für das Jahr 2021 wird ebenso eine unterdurchschnittliche Dieselnachfrage erwartet. Diese COVID-19-bedingten Marktentwicklungen fallen mit den Dekarbonisierungsbemühungen der Europäischen Union zusammen. Die sukzessiv steigenden Ziele für die Nutzung erneuerbarer Energien und die Reduzierung von Treibhausgasen (RED/FQD/ESR) gleichen den Rückgang der Kraftstoffnachfrage im Straßenverkehr im Jahr 2020 aus und ermöglichen

darüber hinaus einen gewissen Anstieg der Nachfrage an FAME (schätzungsweise 19,5 Mio. t im Jahr 2020 gegenüber 18,9 Mio. t im Jahr 2019). In den Jahren 2021 und 2022 kann die Nachfrage auf 20,8 bzw. auf 22,6 Mio. t steigen. [IHS Markit (2021i)]

Allgemein zeichnen sich derzeit folgende Entwicklungstrends im europäischen Biokraftstoffmarkt ab:

▪ Fokus auf Biokraftstoffe aus Rest- und Abfallstoffen: Aufgrund der Mehrfachanrechnung aus-gewählter Optionen in der RED werden u. a. Biokraftstoffe aus bestimmten Rohstoffen gefördert.

Trotz einiger Engpässe bei den verfügbaren Ressourcen sind die Anteile dieser Biokraftstoffe (bisher vor allem Biodiesel aus Altspeisefetten und tierischen Fetten) im letzten Jahrzehnt deut-lich gestiegen. Die Gesamtnachfrage an FAME im Rahmen von Anhang IX Teil B der RED II betrug im Jahr 2020 etwa 3,3 Mio. t. Dies entspricht etwa 1,3 % der Nachfrage nach flüssigen Straßen-kraftstoffen und liegt damit unter der in der RED II festgelegten Obergrenze von 1,7 %. [IHS Markit (2021e)] Damit könnte die Verwendung von FAME aus Altspeiseölen und -fetten kurz- bis mittel-fristig bis zur Obergrenze weiter ansteigen. Die Erzeugung von Energie aus Abfällen ist generell zu einem attraktiven Geschäft geworden, was zur Etablierung globaler Handelsnetze führt.

▪ Förderung alternativer erneuerbarer Energien im Verkehr: Erneuerbare Energien im Verkehr sind inzwischen auch im politischen Kontext nicht nur auf flüssige Biokraftstoffe begrenzt.

Weitere Optionen in einigen Mitgliedstaaten sind beispielsweise komprimiertes oder verflüssigtes Biomethan, Strom aus erneuerbaren Energien oder Wasserstoff. In Deutschland dürfen Raffinerien sogar Upstream-Emission-Reduction(UER)-Projekte in einem bestimmten Umfang nutzen, um ihre Treibhausgasquote zu erfüllen (Abschnitt 1.5.1).

▪ Fokus auf HVO/HEFA: Erneuerbarer Diesel in Form von HVO/HEFA bietet im Vergleich zu FAME bessere physikalische und chemische Eigenschaften (Cetanzahl, Energiegehalt) sowie eine höhere Beimischungsgrenze. Er hat sich daher in den letzten Jahren zu einer wichtigen Option in vielen europäischen Ländern entwickelt (Abbildung 6-1). Darüber hinaus stehen Mineralöl-konzerne unter dem Druck, ihre Wertschöpfungsketten zu dekarbonisieren. Die Umrüstung einer bestehenden Raffinerie (ggf. zunächst teilweise) in eine Anlage für erneuerbaren Diesel stellt dabei eine interessante Option dar. [IHS Markit (2021i)]

▪ Überschüsse an Gutschriften für erneuerbare Energien bzw. THG-Reduktionen: Wie in Deutschland existieren auch in einer Reihe weiterer EU-Mitgliedstaaten Gutschriften aus den Verpflichtungszeiträumen vor dem Jahr 2020. Es ist wahrscheinlich, dass diese Guthaben im letzten Jahr noch weiter angewachsen sind, da teilweise Biokraftstoffmengen vor COVID-19 unter optimistischeren Nachfrageprognosen gekauft wurden. Die daraus resultierenden Überschüsse können für den Verpflichtungszeitraum 2021 sowie in den Folgejahren Anrechnung finden und reduzieren dort den erforderlichen Bedarf an erneuerbaren Kraftstoffen und Strom.

Im Folgenden werden der Status quo (in der Regel mit dem Bezugsjahr 2020) der Produktionsmengen von kommerziell verfügbaren Biokraftstoffen sowie die vorhandenen und absehbaren Produktions-kapazitäten von erneuerbaren Kraftstoffen für den Verkehr dargestellt. Kommerziell verfügbare Kraftstoffe sind solche, die TRL 10 bis 11 gemäß der Einordnung nach Abbildung 3-2 zugeordnet werden, also im großindustriellen Maßstab produziert werden. Entsprechend sind Bioethanol, FAME, HVO/HEFA-Diesel sowie in geringerem Umfang Biomethan dieser Kategorie zuzuordnen. Die aktuellen Produktions-mengen der im kommerziellen Maßstab verfügbaren flüssigen Biokraftstoffe sind für das Jahr 2020 in Abbildung 5-3, Abbildung 5-4 und Abbildung 5-5 dargestellt: Die weltweite Produktion von Bioethanol sank im Jahr 2020 nach langjährigem Wachstum um etwa 8 % gegenüber dem Vorjahr auf 119 Mio. m³ (2.485 PJ). Neben 99 Mio. m³ Bioethanol als Kraftstoff wurden weitere 20 Mio. m³ Industriealkohol zur

stofflichen Nutzung im Jahr 2020 bereitgestellt. Die wichtigsten weltweiten Märkte sind die USA, Brasilien und zunehmend China sowie auf europäischer Ebene Frankreich [IHS Markit (2021g)].

Abbildung 5-3 Bioethanolkraftstoff – weltweite und europäische Produktionsmengen im Jahr 2020, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, eigene Berechnung auf Datenbasis: [IHS Markit (2021g)]

Auch die weltweite Produktion von FAME ging im Jahr 2020 um 4 % gegenüber dem Vorjahr auf 38.000 t (1.411 PJ) zurück. Während der Großteil der Bioethanol-Produktion in Nord- und Südamerika stattfindet, ist die Verteilung der Produktion von FAME weltweit sehr homogen. Die wichtigsten Länder sind hierbei Indonesien, die USA und Argentinien sowie auf europäischer Ebene Deutschland. [IHS Markit (2021f)]

Abbildung 5-4 FAME – weltweite und europäische Produktionsmengen im Jahr 2020, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, eigene Berechnung auf Datenbasis: [IHS Markit (2021f)]

Lediglich die Produktion von HVO/HEFA-Diesel stieg trotz Pandemie leicht auf 6,2 Mio. t (273 PJ) im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr an (Abbildung 5-5). Die wichtigsten Erzeugerländer sind hier die USA, Singapur und die Niederlande. [IHS Markit (2021f)]

Abbildung 5-5 HVO/HEFA-Diesel – weltweite Produktionsmengen im Jahr 2020, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, eigene Berechnung auf Datenbasis: [IHS Markit (2021f)]