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Anaerobe Fermentation und Folgetechnologien

VERFAHRENSBESCHREIBUNG

Der biologische Abbau organischer Ressourcen unter anaeroben Bedingungen resultiert in einem Biogas, das insbesondere aus Methan (etwa 55–75 % v/v) und Kohlenstoffdioxid (etwa 25–45 % v/v) besteht.

Die Umwandlung organischer Moleküle wie Proteine, Lipide und Kohlenhydrate erfolgt mittels Mikro-organismen [Daniel-Gromke (2017); Kasinath (2021)] in vier wesentlichen Schritten: i) Hydrolyse komplexer Biopolymere in Monomere wie Zucker und Aminosäuren; ii) Acidogenese der Biomonomere in volatile Fettsäuren; iii) Acetogenese der Fettsäuren in kleinere Moleküle wie Wasserstoff, Kohlenstoffdioxid und Essigsäure, und iv) Methanogenese, bei der Methan und Kohlenstoffdioxid

entstehen [Matsakas (2016)]. Die biochemischen Vorgänge können unter psychrotrophen, mesophilen und thermophilen Bedingungen stattfinden, wobei aufgrund seiner höheren Stabilität der mesophile Vergärungsprozess am häufigsten Anwendung findet [Kasinath (2021); Matsakas (2016)].

Die Ressourcen, die sich für die Biogasproduktion eignen, sind vielfältig und umfassen beispielsweise feste Siedlungsabfälle, Lebensmittelabfälle, landwirtschaftliche Abfälle, lignocellulosehaltige Biomassen und Energiepflanzen. Diese organischen Materialien können entweder in Mono- oder in Co-Vergärung eingesetzt werden: Mittels Co-Vergärung wird auf bessere Betriebsbedingungen für die Mikroorganismen abgezielt, weshalb unterschiedliche Ressourcen im Prozess beispielsweise mit Blick auf deren pH-Wert, biologische Abbaubarkeit und Wassergehalt gemischt werden. Eine Vorbehandlung der Ressource (mechanisch, thermisch, chemisch oder biologisch) kann erforderlich sein, um u. a. die Substratfläche und damit die Verfügbarkeit für die Mikroorganismen zu erhöhen [Kasinath (2021)].

Der überwiegende Teil des in Deutschland produzierten Biogases wird (nach einer Entschwefelung und ggf. Trocknung) direkt vor Ort in Blockheizkraftwerken (BHKW) via Kraft-Wärme-Kopplung verstromt. Es werden Verbrennungsmotoren, Gasturbinen oder auch Brennstoffzellen mit anschließender Stromerzeugung durch Generatoren genutzt. Überdies kann das Rohbiogas zu Biomethan aufbereitet werden: Verfahren wie Druckwechseladsorption, Druckwasserwäsche oder Membrantrennung kommen hierbei zum Einsatz. Nach der Aufbereitung kann das erzeugte Biomethan verflüssigt oder komprimiert werden. Letzteres ist erforderlich, um das Biomethan in das Erdgasnetz einzuspeisen. Das in Abbildung 3-5 dargestellte Verfahrensfließbild fasst Nutzungsoptionen von Biogas beispielhaft zusammen.

Abbildung 3-5 Schematische Darstellung der Produktion von Biogas und entsprechenden Folgeprodukten

Biogas kann neben Methan und Kohlenstoffdioxid auch geringe Konzentrationen an Schwefelwasserstoff und Ammoniak enthalten [Daniel-Gromke (2017); Dannesboe (2021); Kasinath (2021)]. Dies muss insbesondere beim Einsatz von Folgetechnologien berücksichtigt werden. Einer möglichen Verwertung des Biogases wird in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt: der Dampfreformierung zur Gewinnung biogenen Wasserstoffs. Aus der Wasserstoffbereitstellung mittels Erdgas bekannt, beschreibt das Verfahren die endotherme Wasserdampfreformierung zu Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff mit anschließender Wassergas-Shift-Reaktion (WGS) zur Erhöhung des Wasserstoffgehaltes

Gasaufbereitung/

* Geeignet sind organische Frakt ionen aus der Lebensmittelindust rie, Siedlungsabfällen und der Landwirtschaft.

Wärme

Regulärer Prozessschritt Optionaler Prozessschritt © DBFZ, 10/2021

im Gas. Eine abschließende Aufbereitung durch Druckwechseladsorption wird zur Aufreinigung der Wasserstofffraktion vorgesehen.

Als Trockenreformierung wird die katalytische Spaltung von Methan mit CO2 unter hohen Temperaturen und Drücken bezeichnet. Das erzeugte Synthesegas enthält CO und H2 zu gleichen Anteilen, was die erforderliche Synthesegaszusammensetzung für die direkte Dimethylether (DME)-Synthese darstellt [Kiendl (2018)]. Im Rahmen der direkten DME-Synthese werden simultan Reaktionen der Methanolsynthese, der Wassergas-Shift-Reaktion und der Methanoldehydratisierung durchlaufen [Dahmen (2012); Kiendl (2018)].Als Trockenreformierung wird die katalytische Spaltung von Methan mit Kohlenstoffdioxid unter hohen Temperaturen und Drücken bezeichnet. Das erzeugte Synthesegas enthält CO und H2 zu gleichen Anteilen, was die erforderliche Synthesegaszusammensetzung für die direkte Dimethylether (DME)-Synthese darstellt [Kiendl (2018)]. Im Rahmen der direkten DME-Synthese werden simultan Reaktionen der Methanolsynthese, der Wassergas-Shift-Reaktion und der Methanoldehydratisierung durchlaufen [Dahmen (2012); Kiendl (2018)].

Methanpyrolyse ist eine weitere aktuell diskutierte Technologie, die für die Produktion biobasierten Wasserstoffs eingesetzt werden kann. Hierbei wird Methan (beispielsweise aus der Biogasfermentation) bei niedrigem Druck und hohen Temperaturen in Wasserstoff und Kohlenstoff gespalten [Sánchez‐

Bastardo (2020)]. Die jeweiligen Temperaturen können über ein elektrisch erzeugtes Plasma (Methanplasmalyse), durch die Verbrennung eines Teils des Eduktstromes oder über Flüssigmetallbäder erzeugt werden (thermische oder katalytische Methanpyrolyse) [Abbas (2010)].

Ein weiteres Verfahren zur Bereitstellung von Methan stellt, neben der im Abschnitt 3.8.7 behandelten katalytischen Methanisierung, die biologische oder mikrobielle Methanisierung dar. Hierbei werden Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff mittels Mikroorganismen anaerob zu Methan umgewandelt. Bei den Mikroorganismen handelt es sich um hochspezialisierte Archaeen, die bei Temperaturen bis 65 °C und einem Druck zwischen 5 und 10 bar Methanogenese betreiben. Dieses Power-to-Gas-Verfahren (Wasserstoff wird über Elektrolyse bereitgestellt) findet Anwendung beispielsweise in situ oder ex situ in oder an einer Biogas- oder Kläranlage – in jedem Fall kann dieser Anlagenteil die Methanausbeute des Prozesses erhöhen.

BEISPIELHAFTE FIRMEN UND INITIATIVEN

Biogas wird als Vorläufer für die Produktion von Biokraftstoffen in kleinem Maßstab betrachtet. In Dänemark beispielsweise werden im Rahmen von Forschungsaktivitäten kleine Anlagen zur Aufbereitung von Biogas zu Methanol mit oder ohne Zusatz von Wasserstoff entwickelt [DTU (2020); IEA Bioenergy (2020b)]. Das Unternehmen Oberon Fuels in den USA betreibt eine Demonstrationsanlage zur Herstellung von DME aus Biogas über das Zwischenprodukt Methanol [Oberon Fuels (2021)].

Im Bereich der Biogas- und Biomethan-Dampfreformierung befinden sich im Pilotmaßstab derzeit eine modulare Anlage der Firma BtX energy GmbH im Bau und eine Testeinheit für die oxidative Dampfreformierung durch das Konsortium BioROBURplus in Planung. Darüber hinaus wird von der Firma DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH derzeit ein Kompaktreformer zur Dampfreformierung methanreicher Gase in Betrieb genommen. Die Firma Graforce GmbH ist seit einigen Jahren im Bereich der Methan-Plasmalyse aktiv und hat ihr Portfolio zur Wasserstoffproduktion auf Abwässer und Kunststoffabfälle erweitert [GRAFORCE (2020)]. Ein Konsortium rund um BASF erforscht bis Ende Mai 2022 den Bau und die Inbetriebnahme einer Versuchsanlage zur Methanpyrolyse in Ludwigshafen; sie dient als Grundlage für die Auslegung einer zukünftigen Pilotanlage [BASF (2021); BMBF (2019)].

Die trockene Reformierung von (fossilem) Methan und die weitere Produktion zu DME wurde durch eine Kooperation zwischen BASF und Linde in einer Versuchsanlage in Deutschland entwickelt [Linde (2020)].

Die biobasierte Produktion von DME durch trockene Reformierung von Biogas befindet sich derzeit im Labormaßstab; ein Beispiel für die Entwicklung stammt vom DBI Freiberg [DBI (2019)].

Prominente Vertreter der biologischen Methanisierung sind die Firmen microbEnergy GmbH und VIESSMANN Climate Solutions SE, die das BiON®-Verfahren entwickelten. Eine entsprechende Pilotanlage ist seit 2015 in Allendorf (Eder) in Betrieb [microbEnergy (2020)].

FORSCHUNGS- UND ENTWICKLUNGSBEDARF

Die anaerobe Vergärung ist eine etablierte Technologie (TRL 11). Deutschland ist mit über 8.000 installierten Anlagen führend in Europa [Daniel-Gromke (2017)]. In Europa liegt die übliche Kapazität für Biogasanlagen zur Stromerzeugung zwischen 0,5 und 2,7 MW [IEA (2020)]. Die durchschnittliche Kapazität einer Methanaufbereitung liegt in Deutschland bei 3,42 Tsd. t/a Biomethan [bdew (2021)], weltweit liegt die durchschnittliche Kapazität bei 2,53 Tsd. t/a Biomethan [IEA Bioenergy (2021c)].

Die Weiternutzung des Biogases oder Biomethans zur Produktion von Wasserstoff über Dampfreformierung bedarf besonderer Aufmerksamkeit mit Bezug auf potenzielle Katalysatorgifte wie beispielsweise Schwefel-, Silizium- und Chlorverbindungen. Zudem muss im Vergleich zur reinen Nutzung der Methanfraktion bei der Verwendung von Biogas insbesondere auf die Auswirkungen des Kohlenstoffdioxidanteils auf die Anlagendimensionierung, die Katalysatorlebensdauer und das Trennverhalten des Produktgases geachtet werden. Die Gesamtkette ist mit einem TRL 6–8 zu bewerten.

Während die Methanplasmalyse bereits auf einem TRL 8 einzuordnen ist, stößt die katalytische und thermische Methanpyrolyse vor Ihrer industriellen Implementierung noch auf Herausforderungen: Die Katalysatoren befinden sich noch in der Entwicklung (hauptsächlich Metall-, Kohlenstoff- oder geschmolzene Metall-/Salzkatalysatoren), der Markt für das Nebenprodukt Kohlenstoff muss zunächst etabliert werden (die Qualität des erzeugten Kohlenstoffs ist ebenfalls Gegenstand der Forschung) und die Prozess-/Reaktorkonzepte befinden sich noch in der Entwicklung [Sánchez‐Bastardo (2020)]. Ihr technischer Entwicklungsstand ist eher auf TRL 3–4 einzuordnen.