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Rechtliche Möglichkeiten der Umlage von Sanierungskosten auf die Miete 170

Im Dokument 73/2016 (Seite 171-174)

5 Fallstudien zu ausgewählten Politikinstrumenten

5.4 Anreize zur Förderung energetischer Gebäudesanierungen

5.4.2 Beschreibung der Instrumente

5.4.4.1 Rechtliche Möglichkeiten der Umlage von Sanierungskosten auf die Miete 170

Die Wirkungen der beschriebenen Instrumente werden im Bereich der vermieteten Gebäude unter anderem dadurch beeinflusst, inwieweit die Kosten energetischer Sanierungen auf die Miete umgelegt werden können. Es bestehen zwei Möglichkeiten47 (vgl. Klinski 2009: 62ff):

Die erste Möglichkeit besteht im Anheben der auf die ortsübliche Vergleichsmiete. § 558 BGB erlaubt Mieterhöhungen auf die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete, soweit die Kappungsgrenze für Miet-erhöhungen von 20 Prozent nicht überschritten wird. Zwischen einzelnen MietMiet-erhöhungen müssen mindestens 15 Monate liegen.

Die zweite Möglichkeit besteht in einer Modernisierungsmieterhöhung. § 559 BGB erlaubt Vermie-ter/innen die Umlage von 11 Prozent der gesamten Investitionskosten einer baulichen Maßnahme auf die Jahresmiete. Dafür müssen die baulichen Maßnahmen „die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken“ (§ 559 BGB (1)).

Inwiefern sich diese Mieterhöhungen tatsächlich umsetzen lassen, hängt von den Gegebenheiten auf dem regionalen Mietmarkt ab – nach dem derzeitigen Stand wird dies in Ballungszentren eher durch-setzbar sein als in ländlichen Gegenden.

5.4.5 Verhaltensänderungen aufgrund der Instrumente

Ob Eigentümer/innen von Gebäuden sich für die Durchführung energetischer Sanierungen entschei-den, hängt von mehreren Faktoren ab. Ein wichtiger Aspekt ist ihre persönliche Einschätzung der Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen (Albrecht/Zundel 2010). Zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit

47 Diese sind nur im Falle „normaler“ Mietverträge anwendbar, nicht im Fall von Staffelmietverträgen oder Indexmietverträ-gen (Klinski 2009: 63).

171 gibt es mehrere Verfahren. Einen großen Einfluss auf die berechnete Wirtschaftlichkeit hat die Frage, ob die gesamten Sanierungskosten berücksichtigt werden, oder ob der Sanierungszyklus berücksich-tigt wird. Im zweiten Fall wird davon ausgegangen, dass ohnehin Sanierungen durchgeführt werden müssen.

Um die Wirtschaftlichkeit zu beurteilen, werden nach dieser Logik nur die durch die Sanierung zusätz-lichen Kosten betrachtet. Um die Wahrscheinlichkeit von durch das Instrument bewirkten energeti-schen Gebäudesanierungen abzuschätzen, kann auf Wirtschaftlichkeitsberechnungen zurückgegriffen werden. Die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) hat gemeinsam mit dem IWU zwei umfangreiche Studien zur Wirtschaftlichkeit energetischer Sanierungen im Mietwohnungsbestand (Discher et al.

2010) und in selbstgenutzten Wohngebäuden (Stolte et al. 2012) durchgeführt. In beiden Fällen er-wiesen sich die Sanierungen als so rentabel, dass die Kosten in einem angemessenen Zeitraum amorti-siert werden konnten. Eine Ausnahme bildete nur der höchste Sanierungsstandard. Stolte et al. (2012:

45) gehen von den Energiekosten im Jahr 2012 aus (Gas: 6,0 Cent/kWh, Öl: 7 Cent/kWh, Pellet: 4,7 Cent/kWh, Mittelwert Öl und Gas: 6,66 Cent/kWh). Unter der Annahme, dass eine jährliche Energie-preissteigerung von zwei Prozent pro Jahr zu erwarten ist, ermitteln sie die Differenz zwischen den Kosten für das Erreichen verschiedener Sanierungsstandards und der Energiekostenersparnis über einen Betrachtungszeitraum von 25 Jahren. Abbildung 15 zeigt die Ergebnisse. Dabei werden die Durchschnittswerte für sechs Einfamilienhäuser aus sechs verschiedenen Baualtersklassen dargestellt.

Es zeigt sich, dass bis auf den Effizienzhaus-55-Standard alle Erhöhungen bereits wirtschaftlich sind.

Die Wirtschaftlichkeit wird durch eine zusätzliche Erhöhung der Energiekosten durch den nach Treib-hausgasrelevanz gestaffelten Zuschlag zur Energiesteuer auf Heizstoffe noch erhöht (ebd. 45ff.).

Abbildung 15: Erforderlicher Break-Even und erwartete Einsparungen

Quelle: Stolte et al. (2012: 47).

Auch in der vorliegenden Studie werden nur die energiebedingten Mehrkosten der Sanierung berück-sichtigt. Neben der reinen Wirtschaftlichkeit sind jedoch weitere persönliche Eigenschaften der Ge-bäudeeigentümer/innen für eine Sanierungsentscheidung relevant: Dabei handelt es sich um Kriterien wie Einstellungen, Orientierungen und die emotionale Bindung an das Gebäude (Stieß et al. 2010).

Diese Kriterien können jedoch im Rahmen der Modellierung nicht berücksichtigt werden.

Für die Abschätzung der Lenkungswirkung des Zuschlags zur Energiesteuer kann auf Studien zurück-gegriffen werden, die Elastizitäten von Energieträgern untersucht haben. In einer Studie im Auftrag der Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) ermittelte die Prognos AG (2013: 52) für private

Haushal-172 te für die Energieträger Heizöl (leicht), Erdgas und Strom für die Erzeugung von Raumwärme eine Preiselastizität von -0,2 und für die Warmwasserbereitung eine Preiselastizität von -0,05. Die Nachfra-ge ist demnach relativ unelastisch. Bergs et al. (2007) differenzieren die Preiselastizität verschiedener Energieträger zusätzlich zwischen kurz- und langfristigen Elastizitäten. Zudem geben sie die Einkom-menselastizitäten verschiedener Energieträger an. Dabei gehen sie davon aus, dass Haushalte in un-terschiedlichen Einkommensklassen unterschiedlich auf Änderungen reagieren. Ärmere Haushalte könnten eher als reichere Haushalte zu Einsparungen gezwungen werden. Zudem verfügen sie über weitaus geringere Einsparmöglichkeiten, z. B. durch Sanierungsmaßnahmen, da sie entweder den Wohnraum nur mieten oder aber finanziell nicht dazu in der Lage sind (ebd. 28). Sie bestimmen die Elastizitätswerte verschiedener Energieträger in Anlehnung an Liu (2004), dabei differenzieren sie anders als Prognos (2013) nicht nach dem Verwendungszweck des Energieträgers.

Tabelle 23: Elastizitätswerte verschiedener Energieträger

Strom Gas Heizöl Treibstoff

kurzfristige

Preiselastizi-tät -0,03 -0,10 -0,14 -0,21

langfristige

Preiselastizi-tät -0,16 -0,36 -0,32 -0,55

kurzfristige

Einkom-menselastizität 0,06 0,14 0,03 0,40

langfristige

Einkom-menselastizität 0,30 0,49 0,07 0,72

Quelle: Bergs et al. (2007: 31)

Bürger et al. (2013: 304) halten die Lenkungswirkung eines Zuschlags zur Energiesteuer allein, also ohne die Verwendung des zusätzlichen Steueraufkommens für die Förderung energetischer Sanierun-gen, für relativ gering, da sich die Preiserhöhungen sogar bei einer Erhöhung um 5 Mrd. Euro noch unterhalb der „von Jahr zu Jahr üblichen Marktpreisschwankungen“ (ebd.) bewegen würden. Zudem halten sie das Instrument für zu wenig zielgerichtet, um eine ausgeprägte Wirkung zu entfalten, da es

„für jedweden Erwerb von Heizstoffen – und damit für alle Gebäude – gelten würde“ (ebd. 281), auch für vergleichsweise energieeffiziente Gebäude.

In einer Studie für das BMVBS untersuchen Diefenbach et al. (2013) verschiedene Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele des Energiekonzepts der Bundesregierung im Gebäudebereich. Dabei betrachten sie Szenarien zur Zielerreichung auf der Grundlage der „Datenbasis Gebäudebestand“ des IWU. Für das Beispiel von Außenwanddämmungen, welche das wichtigste Element einer energetischen Sanierung darstellen, errechnen sie, dass Energiepreiserhöhungen, wie z. B. durch den hier untersuchten Zu-schlag zur Energiesteuer auf fossile Heizstoffe, einen deutlichen Einfluss auf die Bewertung der Wirt-schaftlichkeit der Außenwanddämmung haben. Jedoch würde eine vorgezogene energetische Sanie-rung erst ab einer Energiepreiserhöhung von 4 Cent pro Kilowattstunde als wirtschaftlich erachtet (ebd. 118).

In Bezug auf die Lenkungswirkung wäre die gebäudebezogene Klimaschutzabgabe das effektivere der Instrumente. Sie wirkt zielgenauer, da sie nur die Eigentümer/innen von Gebäuden in einem schlech-ten Sanierungszustand in die Pflicht nimmt, und nicht auf jeglichen, auch für Gebäude in einem guschlech-ten energetischen Zustand in kleinerem Umfang notwendigen, Erwerb von Heizstoffen anzuwenden ist.

Bürger et al. (2013: 228) schreiben der gebäudebezogenen Klimaschutzabgabe, insbesondere in Kom-bination mit einem Förderfonds, eine starke Lenkungswirkung zu. Zudem betonen sie (ebd. 238) die angemessene Kostenallokation des Instrumentes: Wie der Zuschlag zur Energiesteuer entspreche sie

173 dem Verursacherprinzip und setze bei dem Akteur an, der die Entscheidung über die Sanierungsmaß-nahme trifft.

Marktbasierte Instrumente mit Anreizwirkungen, die gewünschte Verhalten belohnen, wie die in die-ser Studie betrachtete KfW-Förderung, erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Sanierungen durchge-führt werden, da die Wirtschaftlichkeit der Sanierungen steigt. Damit können „Grenzsanierer“, die sich ohne die Förderung knapp gegen eine Sanierung entschieden haben, umgestimmt werden (Diefenbach et al. 2013: 3). Die Effektivität der KfW-Förderung zur Setzung von Sanierungsanreizen wird in regel-mäßigen Evaluationen geprüft48.

5.4.6 Ökonomische Wirkungen

Im Dokument 73/2016 (Seite 171-174)