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RAL GÜTEZEICHEN Kompetenz richtig essen

3. Zertifizierungskonzepte in der GG

3.3 RAL GÜTEZEICHEN Kompetenz richtig essen

3.3.1 Beschreibung

Zu Beginn der 1960er Jahre wurde vom ReichsAusschuss fu r Lieferbedingungen (heute: RAL -Deutsches Institut fu r Gu tesicherung und Kennzeichnung e.V.) das RAL GU4TEZEICHEN Dia t-verpflegung ins Leben gerufen. Es gru ndete sich die gemeinnu tzige Organisation "Gu tege-meinschaft Dia tverpflegung", unterstu tzt durch die Deutsche Gesellschaft fu r Erna hrung (DGE), den Verband der Ko che Deutschlands (VKD), den Verband der Dia tassistenten (VDD), den Deutschen Heilba derverband (DHV) und den Deutschen Hotel- und Gaststa ttenverband (DEHOGA). Durch diesen Verein wurden die Gu tekriterien sta ndig u berarbeitet und die U4ber-pru fung bzw. Zertifizierung der Betriebe organisiert. Die ursU4ber-pru nglichen Gu te- und Pru fkrite-rien und die damit verbundenen Zertifizierungen waren schwerpunktma ßig auf Dia tangebote ausgerichtet. Dia tbedu rftige Touristen sollten auch an ihren Urlaubsorten Restaurants finden, die nach anerkannten dia tetischen Kriterien das Essen zubereiten.

In den 1990er Jahren wurden diese Kriterien grundlegend u berarbeitet und auch deutlich er-weitert. Die Erweiterung betraf sowohl die bewerteten Angebote wie auch die Anbieter. Nun waren es la ngst nicht mehr nur Hotels und Restaurants, die ihre Wa nde mit dem Gu tezeichen schmu cken konnten, sondern u.a. auch medizinische Einrichtungen, Betrieben der GG, Herstel-ler von Fertigmenu s. Fu r dieses modifizierte Gu tezeichen, nun als RAL-Gu tezeichen "Dia t und Vollkost" bezeichnet, waren nicht nur die Einhaltung definierter Gu te- und Pru fbestimmungen zum Speisen- und Getra nkeangebot maßgeblich. Es wurde auch festgelegt, welchen Kriterien die Beratung sowie die Betriebs- und Personalhygiene entsprechen mu ssen. Das neue Gu

tezei-9 GEK (Gütegemeinschaft Ernährungs-Kompetenz e.V.): www.gek-ev.de

chen wurde in den Jahren 2000 bis 2009 von der - nun umbenannten - "Gu tegemeinschaft Dia t und Vollkost e.V." (GDV) verliehen.

Die steigenden Qualita tsanforderungen, v.a. im Hinblick auf Vorgaben des Gesetzgebers und Anspru che aus Konsumentensicht, erforderten im komplexer werdenden und sich ausdiffe-renzierenden Markt der Außerhausverpflegung (AHV) eine erneute U4berarbeitung der Gu te-und Pru fbestimmungen. Mit Beginn des Jahres 2010 wurde die aktuell gu ltige Dachmarke

"RAL-GU4TEZEICHEN Kompetenz richtig Essen" pra sentiert. In diesem Zusammenhang wurde auch der Name der zertifizierenden Institution von "Gu tegemeinschaft Dia t und Vollkost e.V."

(GDV) nun zum zweiten Mal gea ndert, und zwar in "Gu tegemeinschaft Erna hrungs-Kompe-tenz e.V." (GEK) umbenannt.

An der grundlegenden Ausrichtung hat sich indes wenig vera ndert. So sollen weiterhin Betrie-be mit dem Schwerpunkt AHV in den Sparten Kliniken- und Rehabilitationseinrichtungen, Se-niorenresidenzen und Seniorenpflegeheime, Hotels, Restaurants und Betriebskantinen, GV-Produktionssta tten sowie Dienstleistungsgesellschaften und Caterern erreicht und zertifiziert werden. In Abha ngigkeit vom betrieblichen Verpflegungsangebot und der spezifischen Aus-richtung gibt es nunmehr ein gro ßeres Spektrum an verschiedenen Spezifikationen mit den Bezeichnungen:

"Speisenvielfalt & Diäten" "Workshop Kochen"

"Vitalrestaurant" "Ernährungs-Coaching"

"Naturfrische Küche" "Catering-System"

Fu r die ersten fu nf Themen handelt es sich um eine spezifische Objektzertifizierung. Bei der sechsten RAL-Gu tezeichen-Spezifikation handelt es sich um eine Systemzertifizierung von z.B.

Catering-Dienstleistungen, wobei die Verpflegungsleistung (Rahmenbedingungen, vertragli-che Grundlagen, Personalstatus) bewertet wird. Im Fokus, unabha ngig von der jeweiligen Spe-zifikation, steht grundsa tzlich ein gesundheitsorientiertes Speisenangebot, das auf aktueller erna hrungswissenschaftlicher Grundlage unter Einbeziehung dia tetisch-medizinischer Er-kenntnisse sowie der rechtlichen Vorschriften zusammengestellt wird.

Die Basis der Zertifikate ist das Vorhandensein speziell ausgebildeter Fachkräfte (v.a. Dia tas-sistenten, Oecotrophologen, Ko che oder Ku chenmeister), regelma ßige Pflichtfortbildungen und Qualitätskontrollen, eine hygienische und schonende Speisenzubereitung sowie Nährwert-berechnungen. Auch das Eingehen auf bestimmte Erkrankungen der Ga ste/Patienten wie bspw. Diabetes, Bluthochdruck, Hypercholesterina mie oder Allergien geho rt dazu. Hiermit muss auch die Qualifikation fu r eine kompetente Beratung verbunden sein.

Nach eigenen Angaben wurden bislang etwa 250 Betriebe zertifiziert (Stand: 10/2014). Vom Ablauf her wird zwischen einer Selbstanalyse und einer anschließenden Fremdu berpru fung (Audit) differenziert. Die Fremdu berpru fung wird noch einmal in eine Betriebsbegehung sowie eine Sichtung und Evaluierung der betriebseigenen Dokumentation, Durchfu hrung einer Soll-Ist- und Schwachstellenanalyse, ggf. Supervision und Abschlussgespräch unterteilt. Bei Erfu llung der Gu tekriterien erfolgt die urkundliche Verleihung des RAL-Gu tezeichens mit der jeweiligen

Spezifikation und einer zweija hrigen Gu ltigkeit. Zur Aufrechterhaltung der Auszeichnung er-folgt im Zwei-Jahres-Turnus eine Wiederholungspru fung (Re-Audit) des Gu tezeichennutzers durch einen von der GEK beauftragten Sachversta ndigen.

3.3.2 Kommentar

Die Einbeziehung aktueller medizinischer und erna hrungswissenschaftlicher Erkenntnisse ist bei dieser von renommierten Organisationen unterstu tzten Gu tegemeinschaft als selbstver-sta ndlich anzunehmen. Es sollte sichergestellt sein, dass die neuesten Erkenntnisse den Ga s-ten in der AHV zugutekommen. Durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs auf andere Sektoren als fru her, als man sich nur auf Hotels und Restaurants der Individualgastronomie beschra nkte, ko nnte das Gu tezeichen eine sta rkere Verbreitung erzielen.

Positiv am Konzept ist zu bewerten, dass großer Wert auf das Vorhandensein von qualifizier-tem Fachpersonal (Dia tassistenten, Oecotrophologen oder Ko che) gelegt wird. Dieses Personal muss sich auch sta ndig weiterbilden, ein Spezifikum, was in dieser strikten Vorgabe selten bei Zertifizierungs- oder Gu tesiegelbedingungen verlangt wird. Hierzu bietet die GEK auch eigene Veranstaltungen an.

Auch in der aktuellen Form der Zertifizierungsbedingungen profitieren besonders Ga ste bzw.

Patienten mit erna hrungsmitbedingten Erkrankungen von den zertifizierten Angeboten. Da-her ist dieses Zertifizierungskonzept auch fu r GG-Betriebe aus dem Care-Bereich geeignet, denn hier werden Dia ten am ehesten beno tigt. Klar definierte Dia ten ko nnen fu r eine zuneh-mende Zahl von Menschen außerhalb der gewohnten Umgebung eine wertvolle Stu tze sein.

Sie helfen, den Aufenthalt in der Fremde dia tetisch gut zu u berstehen.

Die einzelnen Bereiche, fu r die ein Gu tezeichen erworben werden kann, werden systematisch dargestellt. Hierfu r gibt es jeweils "Allgemeine und besondere Gu te- und Pru fbestimmungen", die nach einem bestimmten Schema aufgebaut sind, beginnend mit dem Geltungsbereich. Fu r die inhaltlichen Anforderungen dieser Bestimmungen ist der Punkt "Verfahrensorientierte Abla ufe (Prozesse)" wichtig. Diese Ausfu hrungen wurden den nachfolgenden Darstellungen und Bewertungen zugrunde gelegt. Andere Unterlagen, z.B. Checklisten oder weitere Pru fun-terlagen, standen hierfu r nicht zur Verfu gung. Laut Aussage der GEK soll auf der Homepage ab 2015 eine entsprechende Checkliste mit Pru fkriterien sowie weitere Informationen vero ffent-licht werden.

Die Frage, ob die Gu tezeichen fu r Betriebe der GG von Interesse sind, kann nicht so ohne Wei-teres beantwortet werden. Daher ist es no tig, die Anforderungen, aber auch Hintergru nde zu den Gu tezeichen etwas genauer herauszuarbeiten, bevor sie einer kritischen Wu rdigung un-terzogen werden. Es wa re dem Leser nur wenig damit gedient, wenn die Anforderungen nur kurz kommentiert und bewertet wu rden, weil sie dadurch kaum nachvollzogen werden ko nn-ten. Daher fa llt der Kommentar hier etwas la nger aus.

I. "Speisenvielfalt und Dia ten"

Die Spezifikation "Speisenvielfalt und Dia ten" beschreibt die Zusammensetzung der relevan-ten Speisenangebote, insgesamt dreizehn unterschiedliche Kostformen. Die Vollkost und leich-te Vollkost geho ren auch dazu, obwohl im Tileich-tel nur von "Dia leich-ten" die Rede ist. Da die Dia leich-ten aber von der Vollkost abgewandelt werden, ist sie die Grundlage. Dies ha tte einmal erwa hnt

werden ko nnen. Die Darstellung der Vollkost erfolgt u ber sehr detaillierte Na hrstoffanforde-rungen der D-A-CH-Referenzwerte. Allerdings beziehen sich diese Angaben auf den Tag. Fu r einzelne Mahlzeiten mu ssten die entsprechenden Anpassungen, wie in den entsprechenden Standards der DGE dargestellt10, herangezogen werden.

Die Angaben fu r die anderen zwo lf Kostformen erscho pfen sich in minimalistischen Ausfu h-rungen von wenigen Zeilen, wobei meist Hinweise auf europa ische Verordnungen oder a rztli-che Anordnungen erfolgen. Angesichts eines derartig geringen Informationswerts der Anga-ben wa re zu u berlegen, ob es nicht ausreichen wu rde, wenn man an die Fachkompetenz der zusta ndigen Kra fte appelliert, auf die ja großer Wert gelegt wird. Dann ko nnte es jedoch zu unterschiedlichen Auslegungen kommen. Am besten wa re es daher, man bezieht die Konkreti-sierung auf ein bestimmtes Werk, um sich selbst lange Ausfu hrungen zu sparen. Die dritte Mo glichkeit wa re, dass die wesentlichen Inhalte eines solchen Standardwerks in gestraffter, u bersichtlicher und systematischer Form dargestellt werden. Dadurch wa ren die Ausfu hrun-gen wesentlich aussagefa higer als bisher.

Das Attribut der "Vielfalt" findet sich zwar im Titel, taucht dann aber nicht mehr in den Pru f-bestimmungen auf. Sicher ist es sinnvoll, dies zusa tzlich zur Zusammenstellung der Speisen herauszuheben und bei der Pru fung darauf zu achten, um Monotonie im Speisenangebot zu verhindern. Es ha tten daher Kriterien aufgestellt werden mu ssen, um bewerten zu ko nnen, ob ein Mindestmaß an Vielfalt gegeben ist. Nach welchem Maßstab wird das nun bewertet? Ist es vo llig in das Belieben des Auditors gestellt? Vielfalt mu sste u brigens auch differenziert wer-den, da nicht bei jeder Speisengruppe die gleiche Vielfalt verlangt werden kann, z.B. bei den Hauptkomponenten eine andere als bei den Sta rkebeilagen. Hier mu ssten die Pru fbestimmun-gen also erga nzt werden.

Zwei Gu tezeichen betreffen das Angebot gesundheitsbetonter Gerichte, worauf nachfolgend etwas na her eingegangen wird.

II.

" Vitalku che "

Problematisch erscheint zuna chst die Namensgebung "Vitalku che". Der Begriff "vital" ist um-stritten, da er nicht aus dem wissenschaftlichen Bereich stammt und kaum definiert ist. Es verwundert daher, dass sich auch eine serio se Organisation wie die GEK und die sie tragenden Verba nde diesen Begriff zueigen gemacht haben. Das Wort "Vitalku che" assoziiert die Vorstel-lung von Speisen mit hohem Gehalt an "Vitalstoffen", die fru her einmal von Protagonisten ei-ner naturbelassenen Kost postuliert wurden (u.a. Kollath, Bircher-Benei-ner, Bruker), um ge-sundheitsfo rdernde Na hrstoffe damit zu bezeichnen, u ber die man damals noch wenig wusste.

Heute sind diese Inhaltsstoffe genauer bekannt und werden unter dem Begriff "bioaktive Sub-stanzen"11 als wichtige Bestandteile gescha tzt. Auch in amtlichen Publikationen, wie in den Er-na hrungsberichten, finden sie inzwischen als "sekunda re Pflanzenstoffe" ihren Platz, sogar in eigenen Kapiteln, so auch im letzten Erna hrungsbericht12. Sie sind v.a. in Gemu se und Obst enthalten, vorzugsweise im rohen Zustand. Dennoch liegen noch keine exakten Kenntnisse, ge-schweige denn spezifische Zufuhrempfehlungen u ber diese sehr heterogenen

Substanzgrup-10 DGE (Deutsche Gesellschaft fu r Erna hrung e.V.): Qualita tsstandards fu r Kindertagessta tten, Schulen, Betriebe, Unterneh-men, stationa re Einrichtungen, Essen auf Rädern und Rehabilitationskliniken, Bonn seit 2007

11 Leitzmann C, Keller M: Vegetarische Ernährung. Eugen Ulmer, Stuttgart, 3. Auflage, 2013, 380 S., s.S. 214ff 12 DGE (Hrsg.): 12. Ernährungsbericht. Warlich Druck, Meckenheim, 2012, 427 S., s.S. 355ff

pen vor, so dass lediglich der reichliche Verzehr pflanzlicher LM, v.a. Obst und Gemu se, propa-giert werden kann13. Eine Kostform oder Ku che, die das Wort "vital" im Namen tra gt, mu sste sich daher durch einen besonders hohen Anteil dieser LM auszeichnen, wollte man der Bedeu-tung dieser Stoffgruppe gerecht werden.

Eine Kostform mit besonders hohem Anteil an Obst und Gemu se wird aber von der GEK nicht gefordert. Stattdessen ist nur von normalen Kostformen die Rede, na mlich der Vollkost, der leichten Vollkost, der brennwertreduzierten Mischkost und der vegetarischen Kost. Einen er-ho hten Anteil von "Vitalstoffen" (im o.g. Sinn) ko nnte man am ehesten der vegetarischen Kost-form zugestehen. Warum alle diese normalen KostKost-formen unter dem Begriff der "Vitalku che"

subsumiert werden, kann nicht nachvollzogen werden und wird leider auch nicht begru ndet.

Eine mo gliche Erkla rung ko nnte sein, dass vollwertige Kostformen per definitionem alle wich-tigen Na hrstoffe enthalten und daher im hohen Maße zur Vitalita t beitragen. Daher ha tte man folgendermaßen argumentieren ko nnen:

Um den hohen Nährstoffgehalt der Vollkost u.a. griffig zu verpacken und somit den Gast besser ansprechen zu können, wurde der Begriff der "Vitalküche" gewählt.

Somit wa re der Begriff auch einem Marketingdenken geschuldet. Eine solche Erkla rung wa re ehrlich und auch durchaus vertretbar, ist jedoch nicht zu finden.

Zusa tzlich wird verlangt, dass die Ga ste vom zertifizierten Betrieb fachlich informiert und ent-sprechende Angebote gemacht werden. Hierfu r muss die no tige Kompetenz bestehen. Ein qualifiziertes Beratungs- und Schulungsangebot erfolgt v.a. u ber Ko che oder auch Hauswirt-schafter, z.B. zu Fragen der Lebensmittelkunde, Koch- und Ku chentechnik oder der Zuberei-tungsweise. Wollte man dies fu r die gesamte GG umsetzen, mu ssten qualifizierte Fachkra fte, insbesondere auch Oecotrophologen und Dia tassistenten, zur Verfu gung stehen. Wenn sie vor-handen sind, mu ssen sie zusa tzlich noch eine Qualifikation fu r derartige Schulungen aufwei-sen. Dadurch werden die Hu rden sehr hoch gelegt. Wenn man bedenkt, dass durch Schulun-gen und BeratunSchulun-gen ein erheblicher Zeitbedarf verbunden sein kann, z.B. in einem GG-Betrieb mit vielen Ga sten, sind damit auch hohe Kosten verbunden. Vermutlich ist dieses Gu tezeichen prima r fu r Hotels oder Kliniken gedacht, die Dia ten anbieten, wo schon entsprechende Fach-kra fte arbeiten.

III.

" Natur frische Ku che "

Schauen wir uns nun die zweite RAL-Gu tezeichen-Spezifikation fu r gesundheitsbetonte Ange-bote ein wenig genauer an. Auch der Begriff einer "Naturfrischen Ku che" ist mit Emotionen befrachtet und ruft die Assoziation hervor, die Gerichte seien aus "frischen" LM hergestellt und besonders schonend behandelt. Das Attribut "frisch", in allen mo glichen Variationen, sug-geriert beim Verbraucher oder Gast die ho chstmo gliche Qualita t einer Speise. Hierbei wird aber leicht vergessen, dass durch die Aufbewahrung von Gemu se im Ku hlhaus (geschweige denn bei Zimmertemperatur) schon nach wenigen Tagen sehr deutliche Vitaminverluste auf-treten ko nnen sowie zusa tzliche Verluste durch die Lagerung beim Lieferanten14.

Anscheinen-13 DGE (Hrsg.): 12. Ernährungsbericht. Warlich Druck, Meckenheim, 2012, 427 S., s.S. 369

14 Schlich E, Schlich M: Nährstoffveränderung bei der Lebensmittelzubereitung im Haushalt. aid-Special, Best.-Nr: 3048, Bonn, 2008, 4. Aufl. 48 S.

de Frische kann also mit tatsa chlich hohen Verlusten einhergehen. Umgekehrt ko nnen gerade durch eine besondere Behandlung der LM die Na hrstoffe gut erhalten werden - mo glicherwei-se besglicherwei-ser als durch die u blichen Behandlungsverfahren. Dies wa re z.B. bei der Temperaturent-koppelung der Fall. Somit kann die Frische weder an einem geringen Behandlungsgrad noch an kurzen Zeitra umen nach der Ernte festgemacht werden.

Es muss also sehr genau definiert werden, worin der Vorteil oder die Besonderheit von Spei-sen besteht, die dieses Gu tezeichen tragen. Außerdem mu sste auch streng kontrolliert wer-den, dass bestimmte, qualita tsrelevante Bedingungen eingehalten werden. Hierbei ist zu be-denken, dass gerade im Bereich von GG-Betrieben eine Zwischenlagerung von bereits produ-zierten Speisen kaum zu vermeiden ist, die dann nur kurz sein darf. In einem Restaurant oder Hotel ließe sich das im AL-la-minute-Gescha ft wohl eher vermeiden. Da eine solche Definition und Abgrenzung zu anderen Speisen bzw. Systemen nicht ganz einfach sein du rfte, la sst sich dieses Gu tezeichen nur schwer vermitteln. Umso mehr kommt es darauf an, eine u berzeugen-de Definition zu liefern.

Wenn man ferner bedenkt, dass die schonende Verarbeitung der LM ein wesentlicher Be-standteil des gesamten Konzepts der GEK ist, so erscheint die Heraushebung einer grundsa tz-lichen Anforderung durch ein eigenes Gu tezeichen schon recht seltsam. Der Unterschied zu anderen Speisen und Gerichten, die mit einem Gu tezeichen der GEK ausgezeichnet werden, sollte nur gering sein. Mo glicherweise besteht er darin, dass gar keine Behandlung stattgefun-den hat, insbesondere keine Erhitzung oder nur eine sehr schonende. Es muss allerdings dar-auf hingewiesen werden, dass bereits die heutigen Gargera te in gut ausgestatteten Betrieben der GG standardma ßig eine sehr schonende Verarbeitung gewa hrleisten ko nnen. Da diese Ge-ra te in erster Linie in Großku chen zu finden sind, trifft diese Aussage auch eher fu r die GG zu, weniger fu r kleinere Hotels oder Restaurants.

Von der GEK wird die "Naturfrische Ku che" in den Gu tebestimmungen nun so definiert: "… die Speisen sollen weitestgehend in ihrer Zusammensetzung, Herstellung und Verteilung den Erhalt der Ursprungsqualität der LM sichern". Das Angebot eines Hauses kann schon mit diesem Gu te-zeichen ausgezeichnet werden, wenn nur die Hälfte aller Speisen den Kriterien fu r diese Ku che entspricht, also nicht das gesamte Angebot. Besser wa re es, dass die Eigenschaften dieser Ku -che zu 100% fu r ein bestimmtes Angebot zutreffen. Dann kann man bei der Wahl dieser Spei-sen sicher sein, dass die zertifizierten Eigenschaften auch zutreffen.

Es soll also in jeder Hinsicht, v.a. in erna hrungsphysiologischer und sensorischer, die Qualita t erhalten werden, wobei der Begriff "weitestgehend" unscharf ist. Dies ist v.a. durch Rohkost mo glich oder bei gegarten Speisen unter Verwendung modernster Gera te und schonender Garverfahren, wobei auch alle anderen, qualita tsrelevanten Prozesse einer strengen Pru fung bzgl. einer maximalen Erhaltung der Qualita t unterliegen mu ssten.

Denn was nutzt es, wenn die strengsten Bedingungen fu r die Zusammenstellung der Speisen und bei der Herstellung eingehalten werden, die Speisen dann aber z.B. zu lange heiß gehalten werden? Ein optimaler Ansatz zur Qualita tserhaltung sollte auch die Herkunft einschließen, also die landwirtschaftliche Erzeugung. Dies soll wohl dadurch geschehen, dass ein hoher An-teil (>50% des zertifizierten Angebots) an Bio-LM verwendet wird. Allerdings muss hier ange-merkt werden, dass allein die Art des Anbaus noch keine Garantie dafu r bietet, dass die Quali-ta t maximal erhalten wird. Es kommt z.B. auch auf den optimalen Erntezeitpunkt, die schnelle Ernte und Nachbehandlung sowie Verarbeitung und optimale Lagerung an. Es kommt nicht

von ungefa hr, dass z.B. große Firmen der LM-Industrie fu r die landwirtschaftliche Produktion sehr detaillierte Vorgaben machen.

Nach den U4berlegungen zur Problematik des Begriffs dieses Gu tezeichens fragt sich, mit wel-chen Kriterien "Frische" und "Na hrstofferhalt" in den Gu tebestimmungen sichergestellt wer-den soll. Dort ist zu lesen, dass derartige Kriterien nicht vorgelegt werwer-den, sondern es nur wieder um das Angebot der ga ngigen Kostformen geht, na mlich die Vollkost (alternativ die Vollwert-Erna hrung) sowie die vegetarischen Kostformen. Diese Kostformen werden lediglich bzgl. ihrer Na hrstoffanforderungen sowie der zu verwendenden LM definiert.

Mit der Festlegung von Kostformen hat die urspru ngliche Definition dieses Gu tezeichens ei-gentlich gar nichts zu tun. Die Definition sagt nichts u ber den Na hrstoffgehalt der Kost aus, sondern nur u ber deren Erhaltung. Es du rfte also nur darum gehen, mit welchen Methoden oder Verfahren eine hohe Erhaltung mo glich ist. Wenn aber auch gleichzeitig ein hoher Na hr-stoffgehalt Bedingung sein soll, mu sste dies in der Definition erga nzt werden. Erga nzt werden mu sste auch, wie die Anforderungen an eine Vollkost fu r einzelne Komponenten oder Mahlzei-ten am Tag abzuwandeln sind.

Interessant wa re jedoch - im Sinne der urspru nglichen Definition - eine Aussage gewesen, wie hoch die Verluste sein du rfen, um dem hehren Anspruch der "weitestgehenden Erhaltung" von Vitaminen gerecht zu werden. Irgendein Anhaltspunkt oder Richtwert fu r diese Forderung sollte schon gegeben werden, z.B. mindestens 75% des Ausgangswertes. Auch wa re es wichtig, dem sich bewerbenden Betrieb mitzuteilen, wie diese hohe Erhaltung erreich- und feststellbar ist. Eine lebensmittelchemische Analyse kommt aus verschiedenen Gru nden nicht in Betracht, mit der man den Start- und Endpunkt der Na hrstoffgehalte messen ko nnte, um die Verluste u berhaupt erst einmal ermitteln zu ko nnen. Daher mu ssten geeignete Maßnahmen

Interessant wa re jedoch - im Sinne der urspru nglichen Definition - eine Aussage gewesen, wie hoch die Verluste sein du rfen, um dem hehren Anspruch der "weitestgehenden Erhaltung" von Vitaminen gerecht zu werden. Irgendein Anhaltspunkt oder Richtwert fu r diese Forderung sollte schon gegeben werden, z.B. mindestens 75% des Ausgangswertes. Auch wa re es wichtig, dem sich bewerbenden Betrieb mitzuteilen, wie diese hohe Erhaltung erreich- und feststellbar ist. Eine lebensmittelchemische Analyse kommt aus verschiedenen Gru nden nicht in Betracht, mit der man den Start- und Endpunkt der Na hrstoffgehalte messen ko nnte, um die Verluste u berhaupt erst einmal ermitteln zu ko nnen. Daher mu ssten geeignete Maßnahmen