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Bewertung von Zertifikaten und Gütesiegeln

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Academic year: 2022

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Bewertung von Zertifikaten und Gütesiegeln

in der Gemeinschaftsgastronomie

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Erstpublikation: 7.10.17 - Letzter Stand: 1.7.20

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung...2

1. Hintergrund und Entwicklung...3

2. Arten der Überprüfung...4

2.1 Selbstüberprüfung...4

2.2 Fremdüberprüfung mittels Zertifizierungsaudit...4

2.3 Wiederholungsprüfung mittels Erhaltungsaudits...5

3. Zertifizierungskonzepte in der GG...6

3.1 Vorbemerkungen...6

3.2 DIN EN ISO 9001:2008 - DIN EN ISO 22000:2005...6

3.2.1 Beschreibung...6

3.2.2 Kommentar...8

3.3 RAL GÜTEZEICHEN Kompetenz richtig essen...8

3.3.1 Beschreibung...8

3.3.2 Kommentar...10

3.4 Kessel-Gütesiegel...16

3.4.1 Beschreibung...16

3.4.2 Kommentar...17

3.5 Qualitätsstandards der DGE...18

3.5.1 Beschreibung...18

3.5.2 Kommentar...20

3.6 Zertifizierungskonzept der Hochschule Niederrhein,...26

3.6.1 Beschreibung...26

3.6.2 Kommentar...29

3.7 International Featured Standards (IFS) ...32

3.7.1 Beschreibung...32

3.7.2 Kommentar...33

3.8 Zertifizierung durch die TU Dortmund...33

3.8.1 Beschreibung...33

3.8.2 Kommentar...34

4. Gesamtfazit und Ausblick...36

Stichwortverzeichnis...38

1 Basierend auf: Wetterau J, Peinelt V: K14. Zertifizierungen und Gütesiegel, Band 1, S. 328-376, in: Peinelt V, Wetterau J: Handbuch der Ge- meinschaftsgastronomie. Anforderungen-Umsetzungsprobleme-Lösungkonzepte, 2. Aufl., 2016, Rhombos-Verlag, Berlin, 1642 S.

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Zusammenfassung

In Zeiten des zunehmenden Qualita tsanspruchs und u berhaupt erho hter Anforderungen, die auf GG-Betriebe einwirken, wird es immer wichtiger, sich mit den Kriterien sowie dem Nutzen von Zertifikaten und Gu tesiegeln auseinanderzusetzen. Als wichtige Informations- und Ent- scheidungsgrundlage werden in diesem Artikel bekanntere Zertifizierungskonzepte fu r die GG vorgestellt. Sie werden auch kritisch kommentiert, so dass der Leser Hinweise bekommt, ob diese Konzepte fu r ihn interessant sind und wo er sich weiter informieren kann. Diese kriti- schen Ausfu hrungen sind auch fu r die Anbieter der jeweiligen Konzepte selbst wertvoll, die Anregungen erhalten, noch einiges an ihren Angeboten zu optimieren. Auf die Darstellung von Spezialbereichen, wie z.B. einer Bio-Zertifizierung, wird verzichtet.

Die Untersuchung der verschiedenen Zertifikatsangebote zeigte, dass in einigen Fa llen deutli- che Kritik zu a ußern war. So wurde in einem Fall mit Begriffen operiert, die als sehr schwam- mig, jedenfalls wissenschaftlich nicht gestu tzt, zu bezeichnen sind. Hierbei ist weitgehend un- klar, wie eine Bewertung u berhaupt erfolgen soll. Auch die eigentliche Referenz fu r die Anfor- derungen im GG-Bereich, die Qualita tsstandards der DGE, weisen Schwachstellen auf, die drin- gend einer U4berarbeitung bedu rfen. Dies betrifft sowohl die Qualita t der Kriterien, als auch deren Umfang, also Vielfalt. Fu r eine umfassende U4berpru fung sind die Standards noch nicht geeignet, da ja von ihnen die Pru fprozesse abgeleitet werden mu ssen. Hierfu r ist es erforder- lich, dass die Kriterien in den Standards klar und eindeutig formuliert werden, mo glichst auch schon viele Details fu r die Bewertung enthalten. Diese Bedingung erfu llen sie leider ha ufig nicht. Viele wichtige Aspekte fu r das einwandfreie Funktionieren des gesamten gastronomi- schen Systems werden in den Standards u berhaupt nicht angesprochen, geschweige denn, dass Hinweise fu r eine Pru fung gegeben wu rden. Wesentlich umfangreicher sind die Pru fpro- zesse, die nach der Kessel-Methode und nach dem Zertifizierungskonzept der Hochschule Nie- derrhein durchgefu hrt werden. Im Falle der Hochschule Niederrhein ist ein hochprofessionel- ler Partner in Form des TU4V Rheinland mit der U4berpru fung beauftragt.

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1. Hintergrund und Entwicklung

Im Laufe der vergangenen Jahre und Jahrzehnte sind eine Vielzahl von Zertifizierungskonzep- ten und Gu tesiegeln entwickelt worden, nach deren Vorgaben Zertifizierungen und Qualita ts- beurteilungen vorgenommen werden ko nnen. So gibt es allein in Deutschland u ber 1.000 Gu - tesiegel. Aus diesem "Siegel-Sammelsurium" seien exemplarisch folgende Beispiele herausge- griffen:

• Das Bio-Siegel nach EG-Öko-Verordnung ist ein fu r den o kologischen Landbau entwickeltes Gu tesiegel, das in der Europa ischen Gemeinschaft zur U4berwachung der Erzeugung, Verar- beitung und Vermarktung o kologisch bzw. biologisch produzierter LM dient.

• Das "Ohne-Gentechnik-Siegel" weist aus, dass bei diesen LM komplett auf gentechnisch ver- a nderte Inhaltsstoffe verzichtet wurde.

• Zudem gibt es seit Kurzem das Regional-Fenster-Gütesiegel, mit dem dokumentiert werden soll, welche LM und LM-Erzeugnisse aus einer bestimmten Region stammen und somit als regional einzustufen sind.

• Daru ber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Bio-Gütesiegel (bspw. Demeter, Bioland, Natur- land), welche die Qualita t der erstellten Erzeugnisse im Hinblick auf die Einhaltung von Richtlinien zum biologischen/o kologischen Anbau sowie zur artgerechten Tierhaltung si- cherstellen.

Unabha ngig von der Sinnhaftigkeit der vielen verschiedenen Einzelsiegel und der mit der Sie- gelvielzahl verbundenen Komplexita t sollen die einzelnen Siegel im weiteren Kapitelverlauf nicht aufgegriffen werden. Diese Vorgehensweise macht aus verschiedenen Gru nden Sinn. Die beiden zentralen Gru nde sind:

1. Derartige Gu tesiegel dienen in erster Linie zu Kundeninformation und Verbraucherschutz.

2. Fu r GG-Betriebe ko nnen sie zwar eine Grundlage bei der Qualita tskennzeichnung einzel- ner LM liefern und somit das mit der Verpflegungsleistung verbundene Qualita tsverspre- chen an die Ga ste bekunden. Ganzheitliche und umfassende QM-Systembeschreibungen, die den Betrieb als Ganzes kennzeichnen und optimieren, sind hiermit allerdings nicht mo glich. Siegel dru cken na mlich "nur" eine eingekaufte Produktqualita t aus.

Daher sollen im Folgenden die fu r GG-Betriebe in Frage kommenden Zertifizierungskonzepte spezifiziert und bewertet werden. Hierbei besteht kein Anspruch auf Vollsta ndigkeit. Es wer- den die aus Autorensicht wichtigsten Konzepte vorgestellt. Vorab soll aber nicht versa umt werden, zumindest kurz zu erwa hnen, was unter einer Zertifizierung zu verstehen ist:

Der Begriff Zertifizierung wird im deutschsprachigen Raum für eine Konformitäts- prüfung gemäß externer Vorgaben verwendet. Es wird durch einen unparteiischen Dritten bestätigt, dass sich ein System, ein Verfahren, ein Produkt oder eine Dienst- leistung in Übereinstimmung mit definierten Anforderungen befindet.

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2. Arten der Überprüfung

2.1 Selbstüberprüfung

Als Vorbereitung auf die eigentliche Zertifizierung ist im GG-Betrieb eine Selbstu berpru fung, auch als internes Audit bezeichnet, durchzufu hren. Neben diesen der Eigenkontrolle dienen- den internen Audits gibt es noch Fremdu berpru fungen, dann als externe Audits. Diese werden im na chsten Abschnitt na her erla utert. Ganz grundsa tzlich baut ein Audit immer darauf auf, dass bestimmte Fragen durch einen so genannten Auditor gestellt und die damit verbundenen Antworten von diesem angeho rt (audire = ho ren) und objektiv bewertet werden2. Auditoren sind Personen mit der Qualifikation, ein Audit durchzufu hren. Interne Auditoren geho ren dem zu auditierenden Betrieb mittelbar an. In der GG sind dies Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus angrenzenden Betriebsbereichen wie bspw. Verwaltung, Einkauf, Pflege oder Service, die zumindest eine grundlegende Fachkompetenz fu r die GG und eine Vertrautheit mit den be- triebsspezifischen Verha ltnissen und Prozessen aufweisen. Unabha ngig davon sollte parallel auch immer ein internes Audit durch direkte Befragung der Ku chenleitung selbst erfolgen (vorzugsweise nach dem Vieraugenprinzip mit einer weiteren Ku chenfachkraft).

Kernstu ck einer Selbstu berpru fung (interne Auditierung) ist eine umfassende Checkliste, die eine fachlich fundierte Ab- und U4berpru fbarkeit wichtiger Themenkomplexe im GG-Betrieb (bspw. zur Vollwertigkeit des Speisenplans oder zur Betriebs- und Personalhygiene) u ber- haupt erst mo glich macht. Eine solche Checkliste wird entweder vom Zertifizierer vorbereitet und dem zu zertifizierenden GG-Betrieb, zumindest auszugsweise, zur Verfu gung gestellt oder ist in Eigenleistung zu erstellen. Diese Checkliste ist durch die Beantwortung der darin enthal- tenen Fragen nach und nach durchzuarbeiten. Aus Gru nden des Handlings und der Versta nd- lichkeit empfiehlt sich das Stellen geschlossener Fragen mit den Antwortmo glichkeiten "nein",

"ja" und "trifft nicht zu/entfa llt". Interne Audits ko nnen jederzeit sowohl planma ßig (als Vor- bereitung auf eine Zertifizierung) als auch außerplanma ßig (zur Qualita tssicherung und konti- nuierlichen Qualita tsverbesserung) in beliebiger Anzahl durchgefu hrt werden.

Treten im Rahmen von internen Audits gravierende und eklatante Ma ngel ans Tageslicht, so sind diese unverzu glich zu beseitigen. Die Beantragung eines im Folgenden beschriebenen Zertifizierungsaudits ist, allein schon aus Kostengru nden, erst dann vorzunehmen, wenn aus der Selbstu berpru fung die Zertifizierungseignung des GG-Betriebes deutlich wird.

2.2 Fremdüberprüfung mittels Zertifizierungsaudit

Nach positiver Ergebnisbeurteilung der Selbstpru fung(en) wird eine Zertifizierungsstelle mit der Zertifizierung beauftragt. Der Zertifizierer kla rt zuna chst in Vorgespra chen (meist unter Verwendung der Checkliste) ab, ob aus seiner Sicht die notwendigen Voraussetzungen fu r die Durchfu hrung einer Zertifizierung erfu llt werden. Ist dies der Fall, beginnt der eigentliche Zer- tifizierungsprozess. Bei allen U4berlegungen ist zu bedenken, dass eine Zertifizierung in aller Regel auf freiwilliger Basis erfolgt und sich in eine Kontrollphase (Zertifizierungsaudit) und eine Erhaltungsphase (Rezertifizierungsaudit) untergliedert.

In Zertifizierungsaudits wird von externen Auditoren festgestellt, inwieweit das implemen- tierte QM-System festgelegten Anforderungen entspricht. Externe Auditoren sind Personen,

2 Becker P: Prozessorientiertes Qualitätsmanagement, 5. Auflage, Expert Verlag 2006, 134 S., s.S. 91ff

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die den Betrieb "von außen" mit einem betriebsexternen Blick u berpru fen und im Idealfall von einer akkreditierten Zertifizierungsstelle eingesetzt und nach der DIN-Norm 19011 qualifi- ziert werden3. Das Zertifizierungsaudit entspricht in Aufbau und Ablauf grundsa tzlich der Selbstu berpru fung (interne Auditierung), mit dem Unterschied, dass es von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer zertifizierenden Institution unter Pru fbedingungen durchgefu hrt wird.

Im Rahmen des Zertifizierungsaudits vergewissern sich die Zertifizierer, dass die festgelegten Anforderungen auch in der betrieblichen Praxis eingehalten werden.

Wird im Rahmen des Zertifizierungsaudits die Funktionsfa higkeit und Wirksamkeit des QM- Systems besta tigt, verleiht die Zertifizierungsgesellschaft ein Zertifikat mit begrenzter Gu ltig- keit (i.d.R. mit einer Laufzeit u ber drei, teilweise auch u ber zwei Jahre). In einem abschließen- den Auditbericht sowie in einem perso nlichen Gespra ch zwischen Zertifizierern und Zertifi- zierten werden die Ergebnisse zusammengetragen und mo gliche Verbesserungs- und Opti- mierungspotenziale aufgezeigt. Liegen schwerwiegende Ma ngel vor, wird das Zertifikat hinge- gen (noch) nicht verliehen. Es sind dann (weitere) Korrekturmaßnahmen einzuleiten und um- zusetzen, um Fehler zu beheben. In diesem Fall besteht die Mo glichkeit, ein externes Zertifi- zierungsaudit zu einem spa teren Zeitpunkt erneut zu beantragen4.

2.3 Wiederholungsprüfung mittels Erhaltungsaudits

Im Anschluss an das arbeitsintensive Verfahren der Zertifizierung des QM-Systems mu ssen in turnusma ßigen Absta nden Erhaltungsaudits durchgefu hrt werden. Sie sollen verhindern, dass im Laufe der Zeit Schwachstellen im QM-System entstehen. Neben internen Erhaltungsaudits, die mindestens einmal ja hrlich durchgefu hrt werden sollten, um die Qualita t der eigenen Leis- tungen nachhaltig zu besta tigen, werden in den beiden aufeinanderfolgenden Jahren nach ei- ner erfolgreichen Zertifizierung regelma ßig (i.d.R. einmal ja hrlich) externe Erhaltungsaudits vorgenommen5.

Mit ihrer Hilfe wird u berpru ft, ob das implementierte und zertifizierte QM-System auch wei- terhin den Anforderungen des Zertifizierers entspricht. Treten Abweichungen vom geforder- ten Soll-Zustand auf (bspw. Hygienema ngel), sind diese umgehend durch Korrekturmaßnah- men zu beseitigen. Gravierende strukturelle oder prozessuale Fehler ko nnen bis hin zur Aber- kennung des Zertifikats fu hren.

Im Abstand von jeweils drei Jahren (spa testens aber vor Ablauf des Zertifikats) erfolgen ein Re- zertifizierungsaudit und die Rezertifizierung. Hierbei u berpru ft der Zertifizierer, ob das QM- System immer noch wirksam umgesetzt wird und das Zertifikat fu r weitere drei Jahre verge- ben werden kann. Nach einer erneuten Zertifikatvergabe schließen sich dann die wiederkeh- renden internen und externen Erhaltungsaudits an. Nach drei Jahren folgen wiederum das ex- terne Rezertifizierungsaudit und die Rezertifizierung.

3 DIN (Deutsches Institut für Normung): Leitfaden zur Auditierung von Managementsystemen. DIN EN ISO 19011:2011-12, Dez. 2011, 58 S.

4 Bruhn M, Stauss B: Dienstleistungsqualität - Konzepte, Methoden, Erfahrungen, 3. Aufl., Springer Gabler 2000, 607 S., s.S. 586

5 Kahla-Witzsch HA: Zertifizierung im Krankenhaus nach DIN EN ISO 9001:2008 - ein Leitfaden. 3. Aufl., Kohlhammer 2010, 171 S., s.S. 14ff

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3. Zertifizierungskonzepte in der GG

3.1 Vorbemerkungen

Fu r einen GG-Betrieb kommen in erster Linie Zertifizierungen nach DIN EN ISO 9001:2008 und 22000:2005, nach dem RAL-Gütezeichen Kompetenz richtig essen, der Kessel-Methode, den DGE-Qualitätsstandards sowie dem Zertifizierungskonzept der Hochschule Niederrhein in Frage. Wegen des Bekanntheitsgrades wird auch kurz auf den International Food Standards (IFS) eingegangen, obwohl er fu r die GG weniger interessant ist. Er hat aber eine Bedeutung fu r die LM-Industrie. Ferner wird auch noch das Angebot der TU Dortmund beschrieben, was fu r die Schulverpflegung bedeutsam ist.

Diese Zertifizierungskonzepte werden im Folgenden zuna chst kurz charakterisiert und dann anschließend auf ihre Tauglichkeit fu r die GG bewertet.

3.2 DIN EN ISO 9001:2008 - DIN EN ISO 22000:2005

3.2.1 Beschreibung

Diese Qualita tsnormen sind von der Normungsorganisation "International Standardization Organization (ISO)" entwickelte und herausgegebene Normenreihen, die sowohl in das euro- pa ische Normenwerk als Europa ische Normenreihe (EN) als auch in das Deutsche Normen- werk als Deutsche Industrienormenreihe (DIN) u bernommen wurden. Beide Normen stellen grundlegende Anforderungen an die Strukturierung eines betrieblichen QM-Systems dar.

Grundsa tzlich kann zwischen Anforderungen an das QM-System selbst, Anforderungen an die Verantwortung der Leitung, das Management von Ressourcen, die Produktrealisierung sowie die Messung, Analyse und Verbesserung unterschieden werden.

Wa hrend die DIN EN ISO 9001:2008 allgemeiner Natur ist und fu r alle Organisationen in je- dem beliebigen Industrie- und Wirtschaftssektor Anwendung finden kann, unabha ngig vom angebotenen Produkt oder von der angebotenen Dienstleistung6, ist die DIN EN ISO 22000:2005 speziell fu r den Bereich der LM-Sicherheit ausgearbeitet worden. Sie baut auf den formalen Elementen der DIN EN ISO 9001 auf und fokussiert sich auf die Ausgestaltung eines Managementsystems fu r Organisationen in der gesamten LM-Kette, wobei die Einfu hrung ei- nes HACCP-Konzeptes im Vordergrund steht7. Abb. 1 zeigt die verschiedenen Positionen inner- halb eines QM-Regelkreises sowie die Interdependenzen.

Typisch fu r beide Normen ist der prozessorientierte Aufbau, der in Abb. 1 anschaulich darge- stellt wird:

6 DIN (Deutsches Institut für Normung): Qualitätsmanagementsysteme-Anforderungen. DIN EN ISO 9001:2008-12, 12/2008, 45 S.

7 DIN (Deutsches Institut fu r Normung): Managementsysteme fu r die Lebensmittelsicherheit-Anforderungen an Organisationen in der Lebensmittelkette. DIN EN ISO 22000:2005-11, Nov. 2005, 44 S.

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Abb. 1: Prozessorientierter Aufbau von Normen8

Der Zertifizierungsnachweis wird im Rahmen eines strukturierten Zertifizierungsprozesses erbracht. Es wird von einer unabha ngigen Zertifizierungsstelle wie der Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen (DQS) oder dem Technischen U4berwachungsver- ein (TU4V) mittels eines Zertifizierungsaudits festgestellt, ob das QM-System definierten Anfor- derungen entspricht. Ist dies der Fall, wird ein zeitlich befristetes Zertifikat (i.d.R. fu r drei Jah- re) verliehen. Regelma ßige Erhaltungsaudits sichern die Qualita t der Leistungen im Zeitab- lauf. Durch Rezertifizierungsaudits wird die Gu ltigkeit des Zertifikats verla ngert.

Leider liegen den Autoren keine exakten Daten u ber die Anzahl der nach diesen Qualita tsnor- men zertifizierten GG-Betriebe vor. Informationen eines Dachverbands mit ca. 60 großen GG- Einheiten sowie von Pru finstitutionen zufolge du rften es nur vergleichsweise wenige sein. Ein Problem der Quantifizierung besteht darin, dass ein GG-Betrieb oftmals als Teileinheit eines u bergeordneten Tra gers fungiert (bspw. Ku che eines Krankenhauses, Mensa eines Studenten- werkes). In diesen Fa llen erfolgt ha ufig eine Gesamtzertifizierung der Organisation, und die GG wird dann quasi "mitzertifiziert". Ein wesentliches Kennzeichen der beiden genannten Qualita tsnormen besteht darin, dass sie in erster Linie formale Vorgaben zur Ausgestaltung ei- nes betrieblichen QM-Systems machen. Der hierfu r zu leistende Aufwand fu r den inhaltlichen Input ist fu r einen GG-Betrieb jedenfalls sehr hoch. Auch dies du rfte ein Grund sein, dass nur wenige nach diesen Qualita tsnormen zertifiziert sind.

8 Wetterau J, Schade M, Fladung U: Erfolgsfaktor Qualitätsmanagement in Küchen. DFV, 2005, 212 S., s.S. 47

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3.2.2 Kommentar

Die DIN EN ISO-Qualita tsnormen sind eher allgemein gehalten. Die darin enthaltenen, zumeist rein formalen Vorgaben zur Ausgestaltung eines QM-Systems sind "Fluch und Segen" zugleich.

So liefern diese Qualita tsnormen einen grundlegenden strukturellen Ansatz, wie ein GG-Be- trieb sa mtliche Prozesse vom Wareneingang bis zur Entsorgung, sozusagen "vom Acker bis auf den Teller", prozessorientiert und systematisch aufbauen kann. Das Fu llen mit Inhalten endet dann aber zumeist in einer "inhaltlichen Sisyphusarbeit", die nur bei angemessenem Ex- pertenwissen zu empfehlen ist.

Problemtisch ist außerdem, dass die zu erreichenden Qualita tsstandards vom GG-Betrieb selbst definiert werden. "Und ein Pferd springt ha ufig nur gerade so hoch, wie es eben muss."

Die Gu te der eigenen Leistungen und der erbrachten Qualita ten muss zumindest kritisch hin- terfragt und mo glichst objektiviert werden (bspw. durch die Sicherstellung der Einhaltung an- erkannter Standards, wie z.B. den Qualita tsstandards der DGE). Sonst besteht die Gefahr, dass die eigene Leistung in unangemessener Art und Weise "gescho nt wird".

Daher ist es eher zu empfehlen, sich nach guten Standards pru fen und zertifizieren zu lassen, bei denen die Inhalte konkret vorgegeben werden. Somit hat man als Verantwortlicher eines GG-Betriebs einen doppelten Vorteil: Der Aufwand, eigene Standards zu entwickeln, entfa llt und die Anforderungen Externer la sst keinen Verdacht aufkommen, sich das Leben durch ein- fache Vorgaben leicht machen zu wollen.

3.3 RAL GÜTEZEICHEN Kompetenz richtig essen

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3.3.1 Beschreibung

Zu Beginn der 1960er Jahre wurde vom Reichs-Ausschuss fu r Lieferbedingungen (heute: RAL - Deutsches Institut fu r Gu tesicherung und Kennzeichnung e.V.) das RAL GU4TEZEICHEN Dia t- verpflegung ins Leben gerufen. Es gru ndete sich die gemeinnu tzige Organisation "Gu tege- meinschaft Dia tverpflegung", unterstu tzt durch die Deutsche Gesellschaft fu r Erna hrung (DGE), den Verband der Ko che Deutschlands (VKD), den Verband der Dia tassistenten (VDD), den Deutschen Heilba derverband (DHV) und den Deutschen Hotel- und Gaststa ttenverband (DEHOGA). Durch diesen Verein wurden die Gu tekriterien sta ndig u berarbeitet und die U4ber- pru fung bzw. Zertifizierung der Betriebe organisiert. Die urspru nglichen Gu te- und Pru fkrite- rien und die damit verbundenen Zertifizierungen waren schwerpunktma ßig auf Dia tangebote ausgerichtet. Dia tbedu rftige Touristen sollten auch an ihren Urlaubsorten Restaurants finden, die nach anerkannten dia tetischen Kriterien das Essen zubereiten.

In den 1990er Jahren wurden diese Kriterien grundlegend u berarbeitet und auch deutlich er- weitert. Die Erweiterung betraf sowohl die bewerteten Angebote wie auch die Anbieter. Nun waren es la ngst nicht mehr nur Hotels und Restaurants, die ihre Wa nde mit dem Gu tezeichen schmu cken konnten, sondern u.a. auch medizinische Einrichtungen, Betrieben der GG, Herstel- ler von Fertigmenu s. Fu r dieses modifizierte Gu tezeichen, nun als RAL-Gu tezeichen "Dia t und Vollkost" bezeichnet, waren nicht nur die Einhaltung definierter Gu te- und Pru fbestimmungen zum Speisen- und Getra nkeangebot maßgeblich. Es wurde auch festgelegt, welchen Kriterien die Beratung sowie die Betriebs- und Personalhygiene entsprechen mu ssen. Das neue Gu tezei-

9 GEK (Gütegemeinschaft Ernährungs-Kompetenz e.V.): www.gek-ev.de

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chen wurde in den Jahren 2000 bis 2009 von der - nun umbenannten - "Gu tegemeinschaft Dia t und Vollkost e.V." (GDV) verliehen.

Die steigenden Qualita tsanforderungen, v.a. im Hinblick auf Vorgaben des Gesetzgebers und Anspru che aus Konsumentensicht, erforderten im komplexer werdenden und sich ausdiffe- renzierenden Markt der Außerhausverpflegung (AHV) eine erneute U4berarbeitung der Gu te- und Pru fbestimmungen. Mit Beginn des Jahres 2010 wurde die aktuell gu ltige Dachmarke

"RAL-GU4TEZEICHEN Kompetenz richtig Essen" pra sentiert. In diesem Zusammenhang wurde auch der Name der zertifizierenden Institution von "Gu tegemeinschaft Dia t und Vollkost e.V."

(GDV) nun zum zweiten Mal gea ndert, und zwar in "Gu tegemeinschaft Erna hrungs-Kompe- tenz e.V." (GEK) umbenannt.

An der grundlegenden Ausrichtung hat sich indes wenig vera ndert. So sollen weiterhin Betrie- be mit dem Schwerpunkt AHV in den Sparten Kliniken- und Rehabilitationseinrichtungen, Se- niorenresidenzen und Seniorenpflegeheime, Hotels, Restaurants und Betriebskantinen, GV- Produktionssta tten sowie Dienstleistungsgesellschaften und Caterern erreicht und zertifiziert werden. In Abha ngigkeit vom betrieblichen Verpflegungsangebot und der spezifischen Aus- richtung gibt es nunmehr ein gro ßeres Spektrum an verschiedenen Spezifikationen mit den Bezeichnungen:

"Speisenvielfalt & Diäten" "Workshop Kochen"

"Vitalrestaurant" "Ernährungs-Coaching"

"Naturfrische Küche" "Catering-System"

Fu r die ersten fu nf Themen handelt es sich um eine spezifische Objektzertifizierung. Bei der sechsten RAL-Gu tezeichen-Spezifikation handelt es sich um eine Systemzertifizierung von z.B.

Catering-Dienstleistungen, wobei die Verpflegungsleistung (Rahmenbedingungen, vertragli- che Grundlagen, Personalstatus) bewertet wird. Im Fokus, unabha ngig von der jeweiligen Spe- zifikation, steht grundsa tzlich ein gesundheitsorientiertes Speisenangebot, das auf aktueller erna hrungswissenschaftlicher Grundlage unter Einbeziehung dia tetisch-medizinischer Er- kenntnisse sowie der rechtlichen Vorschriften zusammengestellt wird.

Die Basis der Zertifikate ist das Vorhandensein speziell ausgebildeter Fachkräfte (v.a. Dia tas- sistenten, Oecotrophologen, Ko che oder Ku chenmeister), regelma ßige Pflichtfortbildungen und Qualitätskontrollen, eine hygienische und schonende Speisenzubereitung sowie Nährwert- berechnungen. Auch das Eingehen auf bestimmte Erkrankungen der Ga ste/Patienten wie bspw. Diabetes, Bluthochdruck, Hypercholesterina mie oder Allergien geho rt dazu. Hiermit muss auch die Qualifikation fu r eine kompetente Beratung verbunden sein.

Nach eigenen Angaben wurden bislang etwa 250 Betriebe zertifiziert (Stand: 10/2014). Vom Ablauf her wird zwischen einer Selbstanalyse und einer anschließenden Fremdu berpru fung (Audit) differenziert. Die Fremdu berpru fung wird noch einmal in eine Betriebsbegehung sowie eine Sichtung und Evaluierung der betriebseigenen Dokumentation, Durchfu hrung einer Soll- Ist- und Schwachstellenanalyse, ggf. Supervision und Abschlussgespräch unterteilt. Bei Erfu llung der Gu tekriterien erfolgt die urkundliche Verleihung des RAL-Gu tezeichens mit der jeweiligen

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Spezifikation und einer zweija hrigen Gu ltigkeit. Zur Aufrechterhaltung der Auszeichnung er- folgt im Zwei-Jahres-Turnus eine Wiederholungspru fung (Re-Audit) des Gu tezeichennutzers durch einen von der GEK beauftragten Sachversta ndigen.

3.3.2 Kommentar

Die Einbeziehung aktueller medizinischer und erna hrungswissenschaftlicher Erkenntnisse ist bei dieser von renommierten Organisationen unterstu tzten Gu tegemeinschaft als selbstver- sta ndlich anzunehmen. Es sollte sichergestellt sein, dass die neuesten Erkenntnisse den Ga s- ten in der AHV zugutekommen. Durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs auf andere Sektoren als fru her, als man sich nur auf Hotels und Restaurants der Individualgastronomie beschra nkte, ko nnte das Gu tezeichen eine sta rkere Verbreitung erzielen.

Positiv am Konzept ist zu bewerten, dass großer Wert auf das Vorhandensein von qualifizier- tem Fachpersonal (Dia tassistenten, Oecotrophologen oder Ko che) gelegt wird. Dieses Personal muss sich auch sta ndig weiterbilden, ein Spezifikum, was in dieser strikten Vorgabe selten bei Zertifizierungs- oder Gu tesiegelbedingungen verlangt wird. Hierzu bietet die GEK auch eigene Veranstaltungen an.

Auch in der aktuellen Form der Zertifizierungsbedingungen profitieren besonders Ga ste bzw.

Patienten mit erna hrungsmitbedingten Erkrankungen von den zertifizierten Angeboten. Da- her ist dieses Zertifizierungskonzept auch fu r GG-Betriebe aus dem Care-Bereich geeignet, denn hier werden Dia ten am ehesten beno tigt. Klar definierte Dia ten ko nnen fu r eine zuneh- mende Zahl von Menschen außerhalb der gewohnten Umgebung eine wertvolle Stu tze sein.

Sie helfen, den Aufenthalt in der Fremde dia tetisch gut zu u berstehen.

Die einzelnen Bereiche, fu r die ein Gu tezeichen erworben werden kann, werden systematisch dargestellt. Hierfu r gibt es jeweils "Allgemeine und besondere Gu te- und Pru fbestimmungen", die nach einem bestimmten Schema aufgebaut sind, beginnend mit dem Geltungsbereich. Fu r die inhaltlichen Anforderungen dieser Bestimmungen ist der Punkt "Verfahrensorientierte Abla ufe (Prozesse)" wichtig. Diese Ausfu hrungen wurden den nachfolgenden Darstellungen und Bewertungen zugrunde gelegt. Andere Unterlagen, z.B. Checklisten oder weitere Pru fun- terlagen, standen hierfu r nicht zur Verfu gung. Laut Aussage der GEK soll auf der Homepage ab 2015 eine entsprechende Checkliste mit Pru fkriterien sowie weitere Informationen vero ffent- licht werden.

Die Frage, ob die Gu tezeichen fu r Betriebe der GG von Interesse sind, kann nicht so ohne Wei- teres beantwortet werden. Daher ist es no tig, die Anforderungen, aber auch Hintergru nde zu den Gu tezeichen etwas genauer herauszuarbeiten, bevor sie einer kritischen Wu rdigung un- terzogen werden. Es wa re dem Leser nur wenig damit gedient, wenn die Anforderungen nur kurz kommentiert und bewertet wu rden, weil sie dadurch kaum nachvollzogen werden ko nn- ten. Daher fa llt der Kommentar hier etwas la nger aus.

I. "Speisenvielfalt und Dia ten"

Die Spezifikation "Speisenvielfalt und Dia ten" beschreibt die Zusammensetzung der relevan- ten Speisenangebote, insgesamt dreizehn unterschiedliche Kostformen. Die Vollkost und leich- te Vollkost geho ren auch dazu, obwohl im Titel nur von "Dia ten" die Rede ist. Da die Dia ten aber von der Vollkost abgewandelt werden, ist sie die Grundlage. Dies ha tte einmal erwa hnt

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werden ko nnen. Die Darstellung der Vollkost erfolgt u ber sehr detaillierte Na hrstoffanforde- rungen der D-A-CH-Referenzwerte. Allerdings beziehen sich diese Angaben auf den Tag. Fu r einzelne Mahlzeiten mu ssten die entsprechenden Anpassungen, wie in den entsprechenden Standards der DGE dargestellt10, herangezogen werden.

Die Angaben fu r die anderen zwo lf Kostformen erscho pfen sich in minimalistischen Ausfu h- rungen von wenigen Zeilen, wobei meist Hinweise auf europa ische Verordnungen oder a rztli- che Anordnungen erfolgen. Angesichts eines derartig geringen Informationswerts der Anga- ben wa re zu u berlegen, ob es nicht ausreichen wu rde, wenn man an die Fachkompetenz der zusta ndigen Kra fte appelliert, auf die ja großer Wert gelegt wird. Dann ko nnte es jedoch zu unterschiedlichen Auslegungen kommen. Am besten wa re es daher, man bezieht die Konkreti- sierung auf ein bestimmtes Werk, um sich selbst lange Ausfu hrungen zu sparen. Die dritte Mo glichkeit wa re, dass die wesentlichen Inhalte eines solchen Standardwerks in gestraffter, u bersichtlicher und systematischer Form dargestellt werden. Dadurch wa ren die Ausfu hrun- gen wesentlich aussagefa higer als bisher.

Das Attribut der "Vielfalt" findet sich zwar im Titel, taucht dann aber nicht mehr in den Pru f- bestimmungen auf. Sicher ist es sinnvoll, dies zusa tzlich zur Zusammenstellung der Speisen herauszuheben und bei der Pru fung darauf zu achten, um Monotonie im Speisenangebot zu verhindern. Es ha tten daher Kriterien aufgestellt werden mu ssen, um bewerten zu ko nnen, ob ein Mindestmaß an Vielfalt gegeben ist. Nach welchem Maßstab wird das nun bewertet? Ist es vo llig in das Belieben des Auditors gestellt? Vielfalt mu sste u brigens auch differenziert wer- den, da nicht bei jeder Speisengruppe die gleiche Vielfalt verlangt werden kann, z.B. bei den Hauptkomponenten eine andere als bei den Sta rkebeilagen. Hier mu ssten die Pru fbestimmun- gen also erga nzt werden.

Zwei Gu tezeichen betreffen das Angebot gesundheitsbetonter Gerichte, worauf nachfolgend etwas na her eingegangen wird.

II.

" Vitalku che "

Problematisch erscheint zuna chst die Namensgebung "Vitalku che". Der Begriff "vital" ist um- stritten, da er nicht aus dem wissenschaftlichen Bereich stammt und kaum definiert ist. Es verwundert daher, dass sich auch eine serio se Organisation wie die GEK und die sie tragenden Verba nde diesen Begriff zueigen gemacht haben. Das Wort "Vitalku che" assoziiert die Vorstel- lung von Speisen mit hohem Gehalt an "Vitalstoffen", die fru her einmal von Protagonisten ei- ner naturbelassenen Kost postuliert wurden (u.a. Kollath, Bircher-Benner, Bruker), um ge- sundheitsfo rdernde Na hrstoffe damit zu bezeichnen, u ber die man damals noch wenig wusste.

Heute sind diese Inhaltsstoffe genauer bekannt und werden unter dem Begriff "bioaktive Sub- stanzen"11 als wichtige Bestandteile gescha tzt. Auch in amtlichen Publikationen, wie in den Er- na hrungsberichten, finden sie inzwischen als "sekunda re Pflanzenstoffe" ihren Platz, sogar in eigenen Kapiteln, so auch im letzten Erna hrungsbericht12. Sie sind v.a. in Gemu se und Obst enthalten, vorzugsweise im rohen Zustand. Dennoch liegen noch keine exakten Kenntnisse, ge- schweige denn spezifische Zufuhrempfehlungen u ber diese sehr heterogenen Substanzgrup-

10 DGE (Deutsche Gesellschaft fu r Erna hrung e.V.): Qualita tsstandards fu r Kindertagessta tten, Schulen, Betriebe, Unterneh- men, stationa re Einrichtungen, Essen auf Rädern und Rehabilitationskliniken, Bonn seit 2007

11 Leitzmann C, Keller M: Vegetarische Ernährung. Eugen Ulmer, Stuttgart, 3. Auflage, 2013, 380 S., s.S. 214ff 12 DGE (Hrsg.): 12. Ernährungsbericht. Warlich Druck, Meckenheim, 2012, 427 S., s.S. 355ff

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pen vor, so dass lediglich der reichliche Verzehr pflanzlicher LM, v.a. Obst und Gemu se, propa- giert werden kann13. Eine Kostform oder Ku che, die das Wort "vital" im Namen tra gt, mu sste sich daher durch einen besonders hohen Anteil dieser LM auszeichnen, wollte man der Bedeu- tung dieser Stoffgruppe gerecht werden.

Eine Kostform mit besonders hohem Anteil an Obst und Gemu se wird aber von der GEK nicht gefordert. Stattdessen ist nur von normalen Kostformen die Rede, na mlich der Vollkost, der leichten Vollkost, der brennwertreduzierten Mischkost und der vegetarischen Kost. Einen er- ho hten Anteil von "Vitalstoffen" (im o.g. Sinn) ko nnte man am ehesten der vegetarischen Kost- form zugestehen. Warum alle diese normalen Kostformen unter dem Begriff der "Vitalku che"

subsumiert werden, kann nicht nachvollzogen werden und wird leider auch nicht begru ndet.

Eine mo gliche Erkla rung ko nnte sein, dass vollwertige Kostformen per definitionem alle wich- tigen Na hrstoffe enthalten und daher im hohen Maße zur Vitalita t beitragen. Daher ha tte man folgendermaßen argumentieren ko nnen:

Um den hohen Nährstoffgehalt der Vollkost u.a. griffig zu verpacken und somit den Gast besser ansprechen zu können, wurde der Begriff der "Vitalküche" gewählt.

Somit wa re der Begriff auch einem Marketingdenken geschuldet. Eine solche Erkla rung wa re ehrlich und auch durchaus vertretbar, ist jedoch nicht zu finden.

Zusa tzlich wird verlangt, dass die Ga ste vom zertifizierten Betrieb fachlich informiert und ent- sprechende Angebote gemacht werden. Hierfu r muss die no tige Kompetenz bestehen. Ein qualifiziertes Beratungs- und Schulungsangebot erfolgt v.a. u ber Ko che oder auch Hauswirt- schafter, z.B. zu Fragen der Lebensmittelkunde, Koch- und Ku chentechnik oder der Zuberei- tungsweise. Wollte man dies fu r die gesamte GG umsetzen, mu ssten qualifizierte Fachkra fte, insbesondere auch Oecotrophologen und Dia tassistenten, zur Verfu gung stehen. Wenn sie vor- handen sind, mu ssen sie zusa tzlich noch eine Qualifikation fu r derartige Schulungen aufwei- sen. Dadurch werden die Hu rden sehr hoch gelegt. Wenn man bedenkt, dass durch Schulun- gen und Beratungen ein erheblicher Zeitbedarf verbunden sein kann, z.B. in einem GG-Betrieb mit vielen Ga sten, sind damit auch hohe Kosten verbunden. Vermutlich ist dieses Gu tezeichen prima r fu r Hotels oder Kliniken gedacht, die Dia ten anbieten, wo schon entsprechende Fach- kra fte arbeiten.

III.

" Natur frische Ku che "

Schauen wir uns nun die zweite RAL-Gu tezeichen-Spezifikation fu r gesundheitsbetonte Ange- bote ein wenig genauer an. Auch der Begriff einer "Naturfrischen Ku che" ist mit Emotionen befrachtet und ruft die Assoziation hervor, die Gerichte seien aus "frischen" LM hergestellt und besonders schonend behandelt. Das Attribut "frisch", in allen mo glichen Variationen, sug- geriert beim Verbraucher oder Gast die ho chstmo gliche Qualita t einer Speise. Hierbei wird aber leicht vergessen, dass durch die Aufbewahrung von Gemu se im Ku hlhaus (geschweige denn bei Zimmertemperatur) schon nach wenigen Tagen sehr deutliche Vitaminverluste auf- treten ko nnen sowie zusa tzliche Verluste durch die Lagerung beim Lieferanten14. Anscheinen-

13 DGE (Hrsg.): 12. Ernährungsbericht. Warlich Druck, Meckenheim, 2012, 427 S., s.S. 369

14 Schlich E, Schlich M: Nährstoffveränderung bei der Lebensmittelzubereitung im Haushalt. aid-Special, Best.-Nr: 3048, Bonn, 2008, 4. Aufl. 48 S.

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de Frische kann also mit tatsa chlich hohen Verlusten einhergehen. Umgekehrt ko nnen gerade durch eine besondere Behandlung der LM die Na hrstoffe gut erhalten werden - mo glicherwei- se besser als durch die u blichen Behandlungsverfahren. Dies wa re z.B. bei der Temperaturent- koppelung der Fall. Somit kann die Frische weder an einem geringen Behandlungsgrad noch an kurzen Zeitra umen nach der Ernte festgemacht werden.

Es muss also sehr genau definiert werden, worin der Vorteil oder die Besonderheit von Spei- sen besteht, die dieses Gu tezeichen tragen. Außerdem mu sste auch streng kontrolliert wer- den, dass bestimmte, qualita tsrelevante Bedingungen eingehalten werden. Hierbei ist zu be- denken, dass gerade im Bereich von GG-Betrieben eine Zwischenlagerung von bereits produ- zierten Speisen kaum zu vermeiden ist, die dann nur kurz sein darf. In einem Restaurant oder Hotel ließe sich das im AL-la-minute-Gescha ft wohl eher vermeiden. Da eine solche Definition und Abgrenzung zu anderen Speisen bzw. Systemen nicht ganz einfach sein du rfte, la sst sich dieses Gu tezeichen nur schwer vermitteln. Umso mehr kommt es darauf an, eine u berzeugen- de Definition zu liefern.

Wenn man ferner bedenkt, dass die schonende Verarbeitung der LM ein wesentlicher Be- standteil des gesamten Konzepts der GEK ist, so erscheint die Heraushebung einer grundsa tz- lichen Anforderung durch ein eigenes Gu tezeichen schon recht seltsam. Der Unterschied zu anderen Speisen und Gerichten, die mit einem Gu tezeichen der GEK ausgezeichnet werden, sollte nur gering sein. Mo glicherweise besteht er darin, dass gar keine Behandlung stattgefun- den hat, insbesondere keine Erhitzung oder nur eine sehr schonende. Es muss allerdings dar- auf hingewiesen werden, dass bereits die heutigen Gargera te in gut ausgestatteten Betrieben der GG standardma ßig eine sehr schonende Verarbeitung gewa hrleisten ko nnen. Da diese Ge- ra te in erster Linie in Großku chen zu finden sind, trifft diese Aussage auch eher fu r die GG zu, weniger fu r kleinere Hotels oder Restaurants.

Von der GEK wird die "Naturfrische Ku che" in den Gu tebestimmungen nun so definiert: "… die Speisen sollen weitestgehend in ihrer Zusammensetzung, Herstellung und Verteilung den Erhalt der Ursprungsqualität der LM sichern". Das Angebot eines Hauses kann schon mit diesem Gu te- zeichen ausgezeichnet werden, wenn nur die Hälfte aller Speisen den Kriterien fu r diese Ku che entspricht, also nicht das gesamte Angebot. Besser wa re es, dass die Eigenschaften dieser Ku - che zu 100% fu r ein bestimmtes Angebot zutreffen. Dann kann man bei der Wahl dieser Spei- sen sicher sein, dass die zertifizierten Eigenschaften auch zutreffen.

Es soll also in jeder Hinsicht, v.a. in erna hrungsphysiologischer und sensorischer, die Qualita t erhalten werden, wobei der Begriff "weitestgehend" unscharf ist. Dies ist v.a. durch Rohkost mo glich oder bei gegarten Speisen unter Verwendung modernster Gera te und schonender Garverfahren, wobei auch alle anderen, qualita tsrelevanten Prozesse einer strengen Pru fung bzgl. einer maximalen Erhaltung der Qualita t unterliegen mu ssten.

Denn was nutzt es, wenn die strengsten Bedingungen fu r die Zusammenstellung der Speisen und bei der Herstellung eingehalten werden, die Speisen dann aber z.B. zu lange heiß gehalten werden? Ein optimaler Ansatz zur Qualita tserhaltung sollte auch die Herkunft einschließen, also die landwirtschaftliche Erzeugung. Dies soll wohl dadurch geschehen, dass ein hoher An- teil (>50% des zertifizierten Angebots) an Bio-LM verwendet wird. Allerdings muss hier ange- merkt werden, dass allein die Art des Anbaus noch keine Garantie dafu r bietet, dass die Quali- ta t maximal erhalten wird. Es kommt z.B. auch auf den optimalen Erntezeitpunkt, die schnelle Ernte und Nachbehandlung sowie Verarbeitung und optimale Lagerung an. Es kommt nicht

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von ungefa hr, dass z.B. große Firmen der LM-Industrie fu r die landwirtschaftliche Produktion sehr detaillierte Vorgaben machen.

Nach den U4berlegungen zur Problematik des Begriffs dieses Gu tezeichens fragt sich, mit wel- chen Kriterien "Frische" und "Na hrstofferhalt" in den Gu tebestimmungen sichergestellt wer- den soll. Dort ist zu lesen, dass derartige Kriterien nicht vorgelegt werden, sondern es nur wieder um das Angebot der ga ngigen Kostformen geht, na mlich die Vollkost (alternativ die Vollwert-Erna hrung) sowie die vegetarischen Kostformen. Diese Kostformen werden lediglich bzgl. ihrer Na hrstoffanforderungen sowie der zu verwendenden LM definiert.

Mit der Festlegung von Kostformen hat die urspru ngliche Definition dieses Gu tezeichens ei- gentlich gar nichts zu tun. Die Definition sagt nichts u ber den Na hrstoffgehalt der Kost aus, sondern nur u ber deren Erhaltung. Es du rfte also nur darum gehen, mit welchen Methoden oder Verfahren eine hohe Erhaltung mo glich ist. Wenn aber auch gleichzeitig ein hoher Na hr- stoffgehalt Bedingung sein soll, mu sste dies in der Definition erga nzt werden. Erga nzt werden mu sste auch, wie die Anforderungen an eine Vollkost fu r einzelne Komponenten oder Mahlzei- ten am Tag abzuwandeln sind.

Interessant wa re jedoch - im Sinne der urspru nglichen Definition - eine Aussage gewesen, wie hoch die Verluste sein du rfen, um dem hehren Anspruch der "weitestgehenden Erhaltung" von Vitaminen gerecht zu werden. Irgendein Anhaltspunkt oder Richtwert fu r diese Forderung sollte schon gegeben werden, z.B. mindestens 75% des Ausgangswertes. Auch wa re es wichtig, dem sich bewerbenden Betrieb mitzuteilen, wie diese hohe Erhaltung erreich- und feststellbar ist. Eine lebensmittelchemische Analyse kommt aus verschiedenen Gru nden nicht in Betracht, mit der man den Start- und Endpunkt der Na hrstoffgehalte messen ko nnte, um die Verluste u berhaupt erst einmal ermitteln zu ko nnen. Daher mu ssten geeignete Maßnahmen ersatzwei- se genannt werden, um bei den verschiedenen Prozessen die Verluste zu minimieren und so das geforderte Optimum zu erreichen. Leider ist nichts u ber derartige Prozesse im Text zu fin- den (im Unterschied zum Gu tezeichen u ber "Catering-Systeme", s.u.).

Stattdessen wird ausfu hrlich auf die Kommunikation eingegangen, da ein Betrieb mit diesem Gu tezeichen wieder eine Beratung und Schulung anbieten muss. Hier gilt das bereits zur "Vi- talku che" Gesagte. Ein qualifiziertes Beratungs- und Schulungsangebot erfolgt v.a. u ber Ko che oder auch Hauswirtschafter, z.B. zu Fragen der Lebensmittelkunde, Koch- und Ku chentechnik oder der Zubereitungsweise. Man fragt sich allerdings angesichts des Fehlens wichtiger Krite- rien, wie das Ziel der "Naturfrischen Ku che" erreichbar ist, also was eigentlich kommuniziert werden soll. Daher wa re zuna chst diese inhaltliche Ausgestaltung des Gu tezeichens zu leisten.

Nachfolgend noch ein paar Anmerkungen zum Catering-System. Auf die Punkte “Workshop Kochen“ und “Erna hrungs-Coaching“ im Konzept der GEK wird hier nicht eingegangen.

IV.

"Catering-Systeme"

Das Gu tezeichen fu r "Catering-Systeme" du rfte fu r die GG von besonderem Interesse sein.

Hierbei handelt es sich um das ju ngste Produkt der Gu tezeichen-Reihe der GEK, wobei es um die "Qualita t von Catering-Verpflegungssystemen" geht. Mit diesem Gu tezeichen ist - im Unter- schied zu allen anderen Gu tezeichen - eine System-Zertifizierung verbunden. Zertifiziert wird das Catering-Unternehmen.

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In den Einzelheiten zu den Anforderungen/Pru fkriterien an das Catering-System finden sich zehn Unterpunkte. Vieles davon sind formale Aspekte, z.B. wie eine Vertragsgestaltung auszu- sehen hat. Bei den fachlichen Anforderungen geht es zuna chst um die Personalqualifikation, Fragen der Kennzeichnung oder das Bestellwesen.

Auf einer Seite werden dann hygienerelevante Aspekte dargestellt. Es handelt sich um ein Dut- zend Fragen, mit denen das komplexe Thema der Hygiene wohl kaum erscho pfend gepru ft werden kann. Auf einer weiteren Seite werden Anforderungen fu r die LM-Verarbeitung aufge- fu hrt, wobei auch auf die ga ngigen Produktionssysteme in Kurzform eingegangen wird. Mit diesen Kurzbeschreibungen lassen sich noch keine hinreichenden Pru fungen durchfu hren. Sie bieten lediglich eine gute U4bersicht u ber die Verfahren und geben sicher einige wichtige Hin- weise, worauf zu achten ist. Diese technologischen Angaben werden noch erga nzt um Hinwei- se zur Hygiene, sensorischen Qualita t und Vollwertigkeit.

Schließlich wird noch auf Anforderungen beim Verteilen und Entsorgen eingegangen. Hierbei werden grundsa tzliche Aussagen gemacht, z.B. zu den maximalen Transportzeiten oder den Mindesttemperaturen. Viele dieser Angaben mu ssten fu r Pru fzwecke noch in konkrete Pru f- verfahren u bersetzt werden. Das trifft z.B. auch fu r die sicher wu nschenswerte "hohe sensori- sche Qualita t" der Speisen zu, wie dies bei der Verarbeitung zu Recht gefordert wird. Wer be- wertet das? Handelt es sich hierbei nur um eine Stichprobe des Auditors? Oder wird die Ak- zeptanz auch bei den Ga sten ermittelt und dann u ber einen la ngeren Zeitraum und in regel- ma ßigen Absta nden? Dann mu sste das auch eingefordert werden. Wichtig wa re in diesem Zu- sammenhang das Vorhandensein eines Beschwerdemanagementsystems, das aber auch nicht gefordert wird. Mit einem solchen System ko nnte man zumindest erkennen, wie ha ufig Be- schwerden auftreten, welcher Art sie sind und was dagegen unternommen wurde.

Inwieweit diese notwendige Konkretisierung der Pru fkriterien erfolgt ist, kann aus den einge- sehenen Pru fbestimmungen nicht entnommen werden. Die geforderte Selbstanalyse mu sste jedenfalls schon mit einem solchen konkreten Fragebogen oder einer Checkliste durchgefu hrt werden. Hinweise, wie diese Selbstanalyse gemacht wird, wurden nicht gegeben. Vermutlich muss ein Betrieb die einzelnen Punkte der Gu tebestimmungen irgendwie durchgehen.

Hierbei wa re noch zu kla ren, welche Anforderungen als essenziell zu bezeichnen sind und ob eine Gewichtung besteht. Es hat den Anschein, als seien alle Anforderungen zu erfu llen. Dann wu rden sie alle als essenziell einzustufen sein. Wa re es nicht sinnvoller, wenn man Anforde- rungen auch dann stellt, wenn sie nur wu nschenswert sind? Damit ko nnte auch eine Differen- zierung der Leistung eines Hauses vorgenommen werden. So aber erfu llen die Betriebe "nur"

das Notwendige. Besondere Leistungsmerkmale werden bei dieser System-Zertifizierung nicht beru cksichtigt. Alle Ha user bekommen das gleiche Gu tezeichen, egal ob sie so eben das Soll erfu llt haben oder ob sie weit daru ber liegen. Dies muss von guten Ha usern als "Gleichma- cherei" empfunden werden. Doch diese einheitliche Gu tezeichenvergabe ist ein Charakteristi- kum des Zertifizierungssystems der GEK.

V. Abschließende Bemerkungen

Soviel zu den Bereichen, wofu r von der GEK ein Gu tezeichen vergeben wird und die fu r Betrie- be der GG interessant sein ko nnten. Ganz allgemein sind jedoch noch ein paar kritische An- merkungen zu machen.

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Irritierend und verwirrend ist der wiederholte Wechsel in der Namensbezeichnung der zu- grunde liegenden Dachmarke (RAL-Gu tesiegel) und der Zertifizierungsgesellschaft (Gu tege- meinschaft). Unabha ngig von inhaltlichen A4nderungen, die u ber die Zeit angebracht sein mo - gen, tra gt der ha ufige Namenswechsel sicher nicht dazu bei, eine Kontinuita t in den Augen der Kunden und der allgemeinen O4ffentlichkeit zu erzeugen.

Ein Wort sei auch noch zur Darstellung erlaubt. Der Internet-Auftritt der GEK ist durchaus an- sprechend gestaltet. Allerdings erha lt man hier nur oberfla chliche Informationen. Wer sich u ber die Anforderungen der einzelnen Gu tezeichen in den Gu tebestimmungen im Detail infor- mieren will, muss sich mu hsam durch die einzelnen Bereiche durcharbeiten. Viele Formulie- rungen in den Texten der Gu tesicherung sind umsta ndlich und bewegen sich teilweise an der Grenze der Unversta ndlichkeit. Hier ha tte, bei allem Versta ndnis fu r eine systematische Dar- stellung, vieles klarer formuliert und v.a. erkla rt oder definiert werden mu ssen. Die Ausfu h- rungen in diesem Kapitel zur "Vitalku che" und zur "Naturfrischen Ku che" sind zwei Beispiele dafu r.

Zusammenfassend ist die Zertifizierung von speziellen Kostformen, insbesondere bei Dia ten, nach wie vor als hilfreich einzustufen. Hier leistet die GEK eine wertvolle Arbeit, die von kei- ner anderen Institution angeboten wird. Die zusa tzlichen Gu tezeichen, die im Laufe der Jahr- zehnte hinzugekommen sind, mu ssen jedoch kritisch gesehen werden. Hier muss gefragt wer- den, was genau eigentlich zertifiziert werden soll. Es besteht die Gefahr, dass die geweckten Erwartungen bei den Ga sten nicht erfu llt werden. Auch sind die Anforderungen in den Gu te- bestimmungen nicht konkret genug auf das jeweilige Thema fokussiert. Es fragt sich, wie die Anforderungen in eine Pru fung "u bersetzt" werden und schließlich, warum eine Differenzie- rung der unterschiedlichen Leistungen der Betriebe nicht erfolgt.

3.4 Kessel-Gütesiegel

3.4.1 Beschreibung

Das als "MyKessel 3.0" bezeichnete Kessel-Gu tesiegel ist ein internetbasiertes Qualita tspru f- verfahren fu r die Individual- und Gemeinschaftsgastronomie, nach dem bis dato u ber 300 Be- triebe (v.a. Restaurants, Schulen, Betriebskantinen, Krankenha user) zertifiziert wurden (Stand: 09/2014)15. Es wurde ein kundenspezifisches Tool mit der Bezeichnung "Kessel-Me- thode" kreiert, das nach Vertragsabschluss freigeschaltet wird und dem Kunden eine struktu- rierte Selbstbewertung ermo glicht. Als Orientierungs- und Anwendungshilfe wird zusa tzlich noch ein Handbuch zur Verfu gung gestellt.

Die Kessel-Methode ist dreistufig konzipiert. In einem ersten Schritt erfolgt ein sog. Quickscan (Schnell- bzw. Kurzu berpru fung) zu Grundsatzfragen bzgl. Mahlzeiten- und Personalstruktur, zum Wareneinsatz oder zur o kologischen Grundausrichtung.

Fu r den darauf folgenden umfassenden Qualitäts-Check ist ein Fragebogen mit etwa 360 zu beantwortenden Fragen zu folgenden Oberpunkten entwickelt worden:

• Qualita t

• Marketing

• Mitarbeiter und

15 Kessel-Methode. www.mykessel.com

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• Wirtschaftlichkeit

Schwerpunktma ßig geht es hier u.a. um 1. Wareneinkauf

2. Speisenzubereitungsverfahren

3. Vielfalt und Abwechslung im Speisenangebot 4. Ku chenhygiene

5. Rentabilita tskennzahlen

6. Maßnahmen zur Umsetzung von Kundenwu nschen

7. Maßnahmen zur Erhaltung und Fo rderung der Mitarbeitergesundheit 8. O4kologische Bewertung mit separater Auszeichnung (Bla tter)

Im dritten und letzten Step der Kessel-Methode dreht sich alles um die Ambitionen des Kunden.

So werden hier zuna chst betriebseigene Visionen auf- und festgestellt, die in aussagekra ftige Ziele (kurz-, mittel- und langfristiger Art) u berfu hrt und somit quantifizierbar und demnach messbar gemacht werden. Ein beigefu gter Online-Kalender dient der Terminierung dieser Zie- le. Somit kann jeweils gecheckt werden, ob die Ziele im definierten Zeitrahmen realisiert wer- den. Zur Sicherstellung der Zielerreichung ko nnen die hierzu eingeleiteten Maßnahmen (bspw. eingesetzter Schulungsplan, durchgefu hrte Aktionen) dokumentiert werden.

MyKessel 3.0 folgt der ga ngigen Praxis, dass im Anschluss an eine Selbstu berpru fung die strukturierte Fremdu berpru fung durch externe Auditoren erfolgt. Hierzu ist eine spezifische Audit- und Auditorenplattform geschaffen worden. Im Rahmen der Audits findet in erster Li- nie eine differenzierte Besprechung und Analyse des Quickscans und des Qualita ts-Checks statt. Die ermittelten Ergebnisse werden darauf aufbauend in Form von Diagrammen (v.a. Bal- ken- und Liniendiagrammen) anschaulich dargestellt. Sa mtliche Ergebnisse werden in einem umfassenden Qualita tsbericht zusammengestellt und dem Kunden, auf Wunsch auch dem ge- samten Ku chenteam, pra sentiert. Im Erfolgsfall wird schlussendlich ein Zertifikat von ein bis fu nf Kesseln (ho chste erreichbare Qualita tsstufe) u bergeben.

Als spezifisches Charakteristikum der MyKessel-3.0-Methode wird dem Kunden eine formal vorstrukturierte Informations- und Kommunikationsplattform bzgl. des Zertifizierungsvorha- bens zur Verfu gung gestellt, die er mit betriebseigenen Inhalten fu llen kann. Mittels dieser Plattform ist es mo glich, qualita ts- und zertifizierungsrelevante Aktivita ten (bspw. in Form von Fotos) einzustellen, wichtige Notizen zu hinterlegen oder in Form eines runden Tisches, a hnlich einem Chat-Room, miteinander zu kommunizieren. Außerdem ko nnen zertifizierungs- relevante Veranstaltungen (bspw. Kick-off-Veranstaltungen) fru hzeitig und zentral vero ffent- licht werden.

3.4.2 Kommentar

Mit der MyKessel-3.0-Methode ko nnen qualita tsrelevante Betriebsdaten ermittelt, ausgewer- tet und statistisch aufbereitet werden, um betriebsinterne und betriebsexterne Benchmarking- vergleiche anzustellen. Die Aufbereitung derartiger Daten im Rahmen der Qualita tssicherung wird von keinem anderen Konzept angeboten. Allerdings muss die Aussagekraft von Bench- markvergleichen mit externen Betrieben kritisch hinterfragt werden. Fragwu rdig ist u ber- haupt die starke Betonung des Faktors Wirtschaftlichkeit. In Zeiten des zunehmenden wirt-

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schaftlichen Drucks mu ssen sich auch GG-Betriebe immer mehr mit solchen Fragen auseinan- dersetzen und tun dies schon seit Langem. Im Sinne einer bedarfswirtschaftlichen Grundaus- richtung sollte der Faktor Wirtschaftlichkeit aus Autorensicht aber nicht zu sehr in den Vor- dergrund geru ckt werden. Natu rlich sollte jeder Betrieb versuchen, o konomische Sparpoten- ziale auszuscho pfen. Allerdings sollte die Qualita t hierbei nicht auf der Strecke bleiben. So wird es immer zu einer Abwa gung kommen mu ssen, welche Sparmaßnahmen als akzeptabel empfunden werden und welche nicht.

Dies ist letztlich auch eine Frage der Betriebskultur und der o konomischen Mo glichkeiten ei- nes Betriebs. Deshalb sind Verallgemeinerungen schwierig und auch Vergleiche (Benchmarks) aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen in den Betrieben als problematisch anzuse- hen. Wegen der spezifischen Situation eines jeden Betriebs muss sich daher eine solche Be- wertung auf die konkreten Verha ltnisse beziehen. Im U4brigen du rfte eine betriebswirtschaftli- che Analyse und Bewertung mit Verbesserungsvorschla gen, wenn sie mit der no tigen Detail- kenntnis und den erforderlichen Hintergrundinformationen gemacht werden, sehr aufwendig sein. Nicht ohne Grund sind darauf spezialisierte Unternehmen mit mehreren Personen la nge- re Zeit damit bescha ftigt. Deshalb ist zu fragen, ob dieses Thema im Rahmen einer vielfa ltigen Qualita tsbewertung auch noch mitbearbeitet werden sollte. Es du rfte kaum mo glich sein, die- se komplexe Thematik in einem aussagefa higen Umfang und der no tigen Tiefe abzuhandeln.

Der Umfang der restlichen Pru fungen der Kessel-Methode erscheint so schon groß genug.

Eine Besonderheit liegt in der Berechnung und dem Ausweis eines O4kofaktors (mit bis zu fu nf Bla ttern). So werden bspw. reine Obst- und Gemu selieferanten gu nstiger bewertet als Fleisch- lieferanten. Der Ausweis eines solchen "o kologischen Fingerabdrucks", wie ihn die Autoren bezeichnen, mag sinnvoll sein, kann aber mangels einer Begru ndung oder na herer Erla ute- rung der vorgenommenen Gewichtung nicht eingescha tzt werden. Derartige Bewertungen sollten aber nachvollziehbar sein, da sie sonst nicht kommunizierbar sind.

Positiv zu bewerten ist die internetbasierte und interaktive Informations- und Kommunikati- onsplattform, die eine wichtige Basis fu r den internen Informations- und Kommunikations- fluss liefert. So ko nnen bspw. Vorbehalte gegenu ber einer Qualita tspru fung und einer damit verbundenen Zertifizierung durch die vorhandene Transparenz vermieden oder beseitigt wer- den. Zudem ko nnen auch bislang unbeteiligte Mitarbeiter neue Informationen und Gedanken einbringen. Hierdurch ko nnen u.U. Verbundvorteile durch Teamarbeit getreu dem Prinzip

"vier Augen sehen mehr als zwei" entstehen. In der Wissenschaft werden solche durch Team- arbeit erzielte Wissens- und Verbundvorteile als "economies of scope" bezeichnet.

3.5 Qualitätsstandards der DGE

3.5.1 Beschreibung

Zu den Qualita tsstandard der DGE existiert eine wesentlich ausfu hrlichere Abhandlung16. Die nachfolgenden Ausfu hrungen sind nur die Kurzform. In diesem Kapitel geht es um Zertifizie- rungen und Gu tesiegel im Bereich der GG. Hier werden nun aber die Standards der Deutschen Gesellschaft fu r Erna hrung (DGE) fu r alle wesentlichen Bereiche der GG vorgestellt, was als deplatziert aufgefasst werden ko nnte17. Der Grund ist, dass auf der Basis dieser Standards

16 Peinelt V: Zu den Qualitätsstandards der DGE. https://ewd-gastro.jimdo.com/schulverpflegung/stellungnahmen/dge-qual-standards/

17 DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.): Qualitätsstandards für Kindertagesstätten, Schulen, Betriebe, Unternehmen, stationäre Ein- richtungen, Essen auf Rädern und Rehabilitationskliniken, Bonn ab 2007

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auch die Zertifizierungen der DGE und einiger anderer Organisationen durchgefu hrt werden.

Daher mu ssen sie zuna chst einmal dargestellt und erla utert werden.

Die DGE-Qualita tsstandards wurden im Auftrag des Bundesministeriums fu r Erna hrung und Landwirtschaft (BMEL) entwickelt und sind fu r alle wesentlichen Bereiche der GG vero ffent- licht und verfu gbar (Stand: 11/2014):

I. Tageseinrichtungen für Kinder "FIT KID - Die Gesund-Essen-Aktion fu r Kitas"

II. Schulen "Schule + Essen = Note 1"

III. Betriebe und Unternehmen "JOB&FIT - Mit Genuss zum Erfolg"

IV. Station. Senioreneinrichtungen und Essen auf Rädern "Fit im Alter - Gesund essen, besser leben"

V. Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken "Station Erna hrung - Vollwertige Ver- pflegung in Krankenha usern und Rehakliniken"

Bei den Qualita tsstandards der DGE geht es in erster Linie um die Festlegung von Kriterien fu r ein gesundheitsfo rderndes Verpflegungsangebot in der GG. Es werden hierzu Vorgaben zur Speisen- und Getra nkeversorgung (Lebensmittelqualita ten und -quantita ten, Getra nkeange- bot) sowie Speisenplanung und Speisenherstellung (Vor- und Zubereitung, Speisenplanung, Warmhaltezeiten, Sensorik, Na hrstoff- und Energiezufuhr) gemacht. Zusa tzlich werden die Rahmenbedingungen fu r die Verpflegung, wie Hygiene-Bestimmungen und Kennzeichnung sowie Kriterien zur Essatmospha re (ansprechende Gestaltung des Verzehrsraums, kompeten- te und freundliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) und zur O4kologie angesprochen.

Je nach Segment der GG wird auf spezifische Besonderheiten und den Bedarf der jeweiligen Ga stegruppen in ihren Lebens- und Erna hrungswelten eingegangen. Fu r Kindertagessta tten und Schulen sind dies bspw. die Anforderungen an die Erna hrungsbildung und die fru hzeitige Ausbildung eines gesundheitsfo rdernden Lebensstils. In Betrieben und Unternehmen wird Wert auf die vollwertige Verpflegung am Arbeitsplatz und die Mo glichkeit einer optimalen Ga stekommunikation gelegt. Fu r stationa re Senioreneinrichtungen, Essen auf Ra dern, Kran- kenha user und Rehabilitationskliniken ist auf ein krankheitsspezifisches und alter(n)sgerech- tes Versorgungsangebot zu achten, bspw. in Form von Dia t- und Sonderkostformen bei Fehl- oder Mangelerna hrung. Fu r alle Bereiche und Lebenswelten spielen grundsa tzlich die Einhal- tung ausreichend langer Essenszeiten sowie ein angemessener Service durch freundliches und kompetentes Personal eine wichtige Rolle.

Bis dato (Stand: 11/2014) konnten nach den Qualita tsstandards der DGE u ber 880 GG-Betrie- be zertifiziert werden (322 Kindertagessta tten, 52 Schulen, 209 Betriebsrestaurants, 3 Men- sen, 28 Kliniken, 15 Rehaeinrichtungen, 44 Senioreneinrichtungen, 10 Anbieter von Essen auf Ra dern sowie 197 Caterer fu r unterschiedliche Lebenswelten). Die Zertifizierung folgt hierbei der klassischen Vorgehensweise: Selbsteinscha tzung, Auditierung, Zertifikatverleihung und Reauditierung/Rezertifizierung.

Fu r eine strukturierte Selbsteinscha tzung werden Checklisten fu r die Qualita tsbereiche LM, Speisenplanung und -herstellung sowie Lebenswelt zur Verfu gung gestellt, die zur eigensta n- digen U4berpru fung des gegenwa rtigen Verpflegungsangebots dienen. Diese Qualita tsbereiche und die damit verbundenen Kriterien bilden auch die Grundlage fu r die sich daran anschlie-

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ßende Vorortpru fung (Auditierung) durch von der DGE autorisierte Auditoren. Durch regel- ma ßige Re-Audits soll zudem die zertifizierte Qualita t langfristig gesichert werden. U4berpru ft werden pro Audit zwei 4-Wochen-Speisenpla ne. In beiden Speisenpla nen mu ssen die gefor- derten Kriterien zu mindestens 60% erfu llt sein, damit das "Basis-Zertifikat" verliehen wer- den kann. Existieren mehrere Menu linien, ist die zertifizierte Menu linie im Ausgabebereich (bspw. auf Speisenpla nen oder Hinweistafeln) gesondert zu kennzeichnen und auszuloben.

Daru ber hinaus bietet die DGE ein sog. Premiumzertifikat an. Hierzu mu ssen, aufbauend auf der Basiszertifizierung, zusa tzlich noch na hrstoffoptimierte Speisenpla ne fu r vier bis sechs Wochen vorliegen und eingereicht werden. In Schulen wird daru ber hinaus die Zwischenver- pflegung zertifiziert. Fu r eine Zusammenarbeit mit Caterern ist zu konstatieren, dass hier an- dere Auditlisten, Logos und Zertifikate vorliegen. Na here Informationen hierzu ko nnen bei der DGE erfragt werden.

3.5.2 Kommentar

Positiv sind die u bersichtlichen Internetplattformen fu r die einzelnen GG-Bereiche mit spezifi- schen Implementierungshilfen, Seminarangeboten, Rezeptdatenbanken und Antworten auf ha ufig gestellte Fragen zu bewerten. Die DGE-Qualita tsstandards geben einen umfangreichen U4berblick u ber die vielfa ltigen Kriterien einer vollwertigen Erna hrung fu r die Zielgruppen in der GG. Die Standards weisen aber auch zahlreiche Schwachstellen auf, die eine U4berarbeitung nahelegen. Diese werden nachfolgend dargestellt und erla utert.

I. Spiegelung der Standards in den Checkliste n

In den Checklisten, die in den Standards aufgelistet sind, werden die Kriterien im engeren Sin- ne abgefragt, die sich mit den LM selbst befassen. Andere wichtige Themenfelder, die auch in den Standards behandelt werden, finden nur einen unzureichenden Eingang in die U4berpru - fung. So wird die Hygiene zwar als sehr wichtig bezeichnet. Hierzu werden aber nur wenige Fragen gestellt. Im Grunde werden nur zwei Temperaturen abgefragt. In den DGE-Standards fu r eine Zertifizierung wird die Einhaltung geltender rechtlicher Bestimmungen "vorausge- setzt". So wird z.B. zur Hygiene auf die LM-U4berwachungsbeho rden verwiesen. Das macht ver- sta ndlich, warum in den Checklisten so gut wie keine Fragen zu diesem Komplex gestellt wer- den.

Der alleinige Verweis auf die staatliche LM-Kontrolle ist jedoch problematisch. Erfahrungsge- ma ß werden diese Pru fungen in bestimmten Bereichen, z.B. in der Schulverpflegung, ha ufig zu selten durchgefu hrt, so dass eine Beru cksichtigung in den Standards sowie in den Checklisten - und somit auch bei den Pru fungen - sinnvoll wa re. Dies belegt eine gro ßere Untersuchung der Schulverpflegung in Gymnasien in NRW der Hochschule Niederrhein, wobei immerhin ein Drittel der Schulen zugab, kein Hygienekonzept zu haben18,19. Auch eine großangelegte Studie zur Schulverpflegung kam ku rzlich zum gleichen Ergebnis20. Dies mu sste eigentlich bei einer LM-Kontrolle aufgefallen sein, woraus entsprechende Konsequenzen zu ziehen wa ren, was aber offensichtlich nicht der Fall ist. Eine Redundanz der Kontrolle wa re im U4brigen ja kein Schaden.

18 Peinelt V: Schulverpflegung an Gymnasien in NRW. Ernährung im fokus. 13-09-10/13 (2013), 292-295

19 Auch zu finden unter: Peinelt V: Ist-/Soll-Analyse. https://ewd-gastro.jimdo.com/schulverpflegung/bestandsanalyse/

20 BMEL (Hrsg): Qualität der Schulverpflegung - Bundesweite Erhebung. Abschlussbericht. 5.2015. www.in-form.de

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Auch die Vielfalt und Abwechslung des Speisenplans werden anscheinend kaum u berpru ft. Je- denfalls sind hierzu lediglich einige wenige Fragen, z.B. zur Fleischart oder zur Saisonalita t, zu finden. Die Checklisten, die als Vorbereitung auf eine Zertifizierung dienen sollen, klammern also bestimmte Bereiche fu r ein erfolgreiches Verpflegungskonzept aus. Allerdings teilte die DGE auf Anfrage mit, dass fu r die Audits noch andere, erweiterte Fragenkataloge verwendet werden21. Es fragt, sich wann diese zusa tzlichen Kriterien bekannt gemacht werden. Dies be- deutet mo glicherweise, dass ein Pru fbetrieb erst ganz zum Schluss erfa hrt, na mlich beim Au- dit, welche Schwachstellen sonst noch bestehen, die aber besser zu einem wesentlich fru heren Zeitpunkt mitgeteilt werden, um fru hzeitig gegenzusteuern.

Einige wichtige Themen, die in den Standards immerhin noch dargestellt sind, wenn auch nur kurz, werden in den Checklisten nicht behandelt. Dies trifft z.B. fu r die O4kologie zu. Die dort gemachten, eher beispielhaften Hinweise ko nnen die notwendigen Anforderungen nicht defi- nieren. Diese sollten daher in die Checkliste aufgenommen werden.

II.

Fehlen wichtiger Themen in den DGE -Standards

Andere wichtige Themenbereiche eines ganzheitlichen Verpflegungskonzepts fehlen in den Standards vo llig und werden vermutlich auch nicht u berpru ft. Aber nur, wenn alle wesentli- chen Bereiche in eine U4berpru fung einbezogen werden, ist eine dauerhaft gute Qualita t si- cherzustellen. Als Beispiele fu r diese Defizite sind der Arbeits- und Gesundheitsschutz des Per- sonals, die Akzeptanzbefragung oder das Beschwerdemanagement zu nennen. Alle diese The- men sind entweder gesetzlich vorgegeben oder fu r den "Kontinuierlichen Verbesserungspro- zess" (KVP) notwendig. Auch bei diesen Themen sollte nicht davon ausgegangen werden, dass eine U4berpru fung mo glicherweise durch andere erfolgt.

Des Weiteren fehlen Definitionen fu r qualita tsrelevante Verpflegungs- oder Produktionssyste- me. Dieses Thema wurde in fru heren Auflagen zumindest noch kurz angesprochen, allerdings ohne dabei u berpru fbare Kriterien festzulegen. In spa teren Auflagen wurden selbst diese kur- zen Hinweise wieder entfernt, statt sie zu erweitern und die Kriterien hierfu r nachzuliefern.

Fu r die Warmverpflegung wurden die elementaren Eckpunkte fu r die Qualita t genannt (Tem- peratur und Zeit), nicht aber fu r die temperaturentkoppelten Systeme, die aus Sicht der Auto- ren immer wichtiger werden. Damit diese Systeme einwandfrei laufen, sind solche qualita tsre- levanten Vorgaben sowie die Beschreibung von Voraussetzungen wu nschenswert. Dabei ist es nicht erforderlich, dies in allen Details zu beschreiben. Es wu rde reichen, wesentliche Hinwei- se zu geben und ansonsten auf bestimmte anerkannte Definitionen zu verweisen, die quasi Be- standteil der Standards wa ren.

Mit solchen offiziellen Hinweisen in den DGE-Standards wa re es in der Praxis leichter, die Ent- scheidungstra ger davon zu u berzeugen, auf unrealistische Forderungen zu verzichten und das fu r sie geeignete System zu wa hlen. Dies wu rde in vielen Fa llen helfen, Fehlentscheidungen zu vermeiden. Selbstversta ndlich sollte fu r den Einzelfall auch ein kompetenter Fachplaner hin- zugezogen werden.

21 Pfefferle H (DGE): Stellungnahme auf eine Anfrage der Autoren zu verschiedenen Punkten der Qualitätsstandards und der Zertifizierung der DGE. Brief vom 5.12.14

(22)

III.

Nachvollziehbarkeit der A4nderungen

A4nderungen der Standards von Auflage zu Auflage werden von der DGE nicht erla utert bzw.

begru ndet. Nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht wa re es wu nschenswert zu erfahren, war- um sich etwas a nderte, einige Passagen verschwanden oder neu hinzukamen. Es wird in sepa- raten Publikationen jedoch nur darauf hingewiesen, was sich gea ndert hat.

Gerade weil die Standards der DGE eine wichtige Vorgabe sind, die inzwischen bei Ausschrei- bungen immer ha ufiger eingefordert werden, sollten die A4nderungen nachvollziehbar sein.

Ein Caterer sollte schon wissen, warum sein Angebot fu r die na chste Zertifizierung zu a ndern ist, denn er ist es, der gegenu ber seinem Auftraggeber und den Ga sten Rede und Antwort ste- hen muss.

IV.

Bedingungen fu r Zertifikate a) Erfüllungsgrad der Anforderungen

Ferner mu ssen die Bedingungen fu r die Vergabe von Zertifikaten kritisch hinterfragt werden.

Bereits bei Erfu llung von nur 60% der Kriterien22 ist es mo glich, ein Zertifikat zu erreichen, was bedeutet, dass 40% der Kriterien nicht erfu llt werden mu ssen. Das kann auch sehr wichti- ge Kriterien betreffen. Beispielsweise machen die Forderungen fu r die Mindestha ufigkeit im

"Qualita tsbereich LM: Mittagsverpflegung" bei Gemüse, Molkereiprodukten oder Obst zusam- men weniger als 40% aus23. Wenn diese Mindestha ufigkeiten nicht erreicht werden, handelt es sich um gravierende Defizite bei der LM-Auswahl fu r die Speisenplanung, weshalb kein Zer- tifikat vergeben werden sollte.

Jedenfalls erfolgt keine Differenzierung des erzielten Ergebnisses, z.B. durch eine besondere Auslobung bei gutem oder sehr gutem Erfolg. Beispielsweise sollten Betriebe, bei denen die Anforderungen zu 100% erfu llt werden, andere Zertifikate erhalten als solche, die gerade eben die Mindestanforderung von 60% erreichten. Dies ko nnte ein Premium-Zertifikat sein.

Gema ß der Standards der DGE wird ein solches Zertifikat aber nur mit einer starken Fokussie- rung auf die Na hrstoffoptimierung vergeben.

b) Nährwertberechnungen

Dies ist insbesondere im Hinblick auf die vielfa ltigen Herausforderungen bei der exakten Be- rechnung fragwu rdig. Hier sei auf die zunehmende Verwendung von Convenienceprodukten gerade in der GG hingewiesen, deren Na hrstoffgehalt oft nicht in der offiziellen Datenbank, dem Bundeslebensmittelschlu ssel, enthalten ist. Daher sind derartige Berechnungen gar nicht oder nur mit erheblichen Unsicherheiten mo glich. Es gibt noch einige weitere Probleme hier- bei. Na heres soll aber im Rahmen dieses Kapitels nicht dargestellt werden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf eine Spezialpublikation verwiesen24,25.

Abgesehen von der Validita t der Na hrwertberechnungen wirft das Premium-Zertifikat der DGE noch weitere Probleme auf. Es mu sste definiert und mitgeteilt werden, wann die Ergeb- nisse der Na hrwertberechnungen anerkannt werden. Klar ist, dass eine exakte Einhaltung der

22 DGE (Hrsg): Qualitätsstandards für die Betriebsgastronomie. in form. Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung.

BMELV, 4. Aufl., 1. korr. Nachdruck 2015, 48 S., s.S. 35 23 Ebenda, s.S. 36

24 Peinelt V: Nährwertberechnung als Qualitätssicherungsinstrument in der Gemeinschaftsgastronomie? Ernährung im fokus (10), 370-375 (2010) 25 Peinelt V: NW-Berechnung als Instrument der QS. https://ewd-gastro.jimdo.com/schulverpflegung/stellungnahmen/naehrwertberechnungen/

Referenzen

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